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Full text of "Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen : monographisch dargestellt"

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MEDUSEN. 


MONOGRAPHISCH  DARGESTELLT 


VON 

OSCAR  HERTWI&  um  RICHARD  HERWIG-, 

PRIVATDOCENTEN  AN  DER  UNIVERSITÄT  JENA. 


MIT  10  LITHOGRAPHIRTEN  TAFELN. 


LEIPZIG, 

VERLAG  VON  F.  C.  W.  VOGEL. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2016 


https  ://arch  ive.org/details/b22297 1 08 


IHREM  LIEBEN  VATER 


CARL  HEETWIG 

IN  TREUER  DANKBARKEIT 


GEWIDMET. 


Lieber  Vater! 


Wenn  wir  Dir  dieses  Werk  gemeinsamer  Tliätigkeit  widmen,  so  steht  uns  das  leibhafte  Interesse 
vor  Augen,  welches  Du  dem  Studium  der  Naturwissenschaften  von  früher  Jugend  an  entgegerigebracht 
und  fortdauernd  Dir  auch  inmitten  Deines  durch  geschäftliche  Thätigkeit  in  Anspruch  genommenen 
Lehens  erhalten  hast.  Verdanken  wir  doch  seihst  diesem  Interesse  die  ersten  Anregungen , die  für 
unsere  ganze  Entwicklung  bestimmend  geworden  sind.  Schon  in  den  lieranwachsenden  Knaben 
erwecktest  Du  die  Liebe  zur  Natur,  indem  Du  auf  gemeinsamen  Ausflügen  uns  mit  der  Pflanzen- 
und  Thierwelt  vertraut  zu  machen  und  den  Sinn  für  Beobachtung  in  uns  auszubilden  suchtest;  als 
wir  dann  die  Universität  bezogen,  folgtest  Du  mit  väterlicher  Theilnahme  unseren  Studien  und  lebtest 
Dich  später  selbst  mit  in  die  wissenschaftlichen  Aufgaben  hinein,  die  uns  jetzt  beschäftigen. 

Empfange  als  ein  geringes  Zeichen  treuer  Dankbarkeit,  lieber  Vater,  diese  morphologischen 
Untersuchungen,  von  denen  Dir  bereits  so  mancher  Brief  erzählt  hat,  als  wir  an  den  herrlichen  Ge- 
staden des  Mittelmeers  gleichzeitig  die  Schönheit  der  südlichen  Natur  und  die  Freude  am  ungestörten 
wissenschaftlichen  Arbeiten  genossen. 


VORWORT. 


In  den  vorliegenden  Untersuchungen,  welche  ein  Winteraufentbalt  in  Messina  in  das  Leben  gerufen  hat, 
übergeben  wir  das  Resultat  gemeinsam  ausgeführter  Studien  unseren  Fachgenossen.  Die  ersten  hier  einschlägigen 
Beobachtungen  wurden  von  uns  in  den  Monaten  November  und  December  1876  angestellt  zu  einer  Zeit,  wo  im 
Anschluss  an  früher  unternommene  Arbeiten  der  eine  von  uns  hauptsächlich  sein  Augenmerk  den  ersten  Entwick- 
lungsvorgängen in  den  Eizellen  verschiedener  pelagischer  Thiere  zugewandt  hatte,  der  andere  mit  der  Erforschung 
des  feineren  Baues  der  Radiolarien  beschäftigt  war,  jener  formenreichen  Protistengruppe,  die  im  Hafen  von  Messina 
wie  an  keinem  anderen  Ort  des  Mittelmeers  sich  in  oft  erstaunlicher  Fülle  zeigt.  Dagegen  wurden  die  folgenden 
Monate  unseres  Messineser  Aufenthaltes,  die  Monate  Januar,  Februar  und  März  fast  ausschliesslich  dem  Studium 
der  Medusen  gewidmet,  indem  wir  es  uns  zur  Aufgabe  setzten,  das  Nervensystem  und  die  Sinnesorgane  dieser 
anscheinend  so  einfach  gebauten  Meeresbewohner  sowohl  im  Einzelnen  möglichst  erschöpfend  als  auch  auf  breiter 
Grundlage  an  den  verschiedensten  Arten  zu  durchforschen.  Obwohl  der  Winter  namentlich  während  des  März, 
der  gewöhnlich  für  einen  der  reichsten  Monate  gilt,  ganz  aussergewöhnlich  kalt  und  stürmisch  war,  so  bot  uns 
doch  die  pelagische  Fischerei  meist  reiche  Ausbeute,  und  versorgten  uns  die  wöchentlich  mehrfach  unternommenen 
Ausfahrten  mit  einem  genügenden  Arbeitsmaterial.  Die  ihrem  wesentlichen  Inhalt  nach  bereits  am  Mittelmeer 
durchgeführte  Arbeit  wurde  nach  unserer  Rückkehr  während  des  Sommers  noch  weiter  fortgesetzt  und  durch 
Untersuchung  zweckmässig  conservirter  Medusen  nach  mehreren  Richtungen  mehr  im  Einzelnen  vervollständigt. 

Was  unseren  beiderseitigen  Antheil  an  der  Untersuchung  betrifft,  so  ist  die  vorliegende  Arbeit  in  jeder 
Beziehung  als  eine  gemeinsame  zu  bezeichnen.  Ein  jeder  von  uns  hat  alle  einzelnen  Arten  selbst  untersucht,  so 
dass  die  meisten  Beobachtungen,  besonders  alle  wichtigen,  von  uns  beiden  angestellt  worden  sind.  Wenn  auch 
nach  gewonnenem  Ueberblick  es  sich  bei  der  genaueren  Ausführung  von  selbst  ergab,  dass  der  Eine  mit  diesem, 
der  Andere  mit  jenem  Objecte  sich  eingehender  beschäftigte,  so  hat  doch  stets  eine  gemeinsame  Prüfung  der 
erhaltenen  Präparate  stattgefunden,  so  dass  wir  auch  in  den  Einzelheiten  für  die  Ergebnisse  beide  einstehen  können. 
Wir  glauben,  dass  so  unsere  Untersuchungen  eine  grössere  Genauigkeit  und  Vollständigkeit  erlangt  haben,  als  es 
bei  getrennter  Arbeitsweise  wohl  möglich  gewesen  wäre,  da  es  dem  Einen  hier,  dem  Anderen  dort  gelang,  durch 
Anwendung  einer  modificirten  Methode  oder  Dank  der  günstigeren  Beschaffenheit  seines  Untersuchungsobjectes  in 
den  anatomischen  Bau  der  Organe  weiter  einzudringen  und  hierdurch  auch  dem  Anderen  seine  Aufgabe  zu 
erleichtern.  Ebenso  wie  die  Beobachtungen  sind  die  allgemeinen  Anschauungen,  die  am  Schluss  dieses  Werkes 
entwickelt  worden  sind,  eine  Frucht  gemeinsamen  Nachdenkens  und  sind  durch  gegenseitigen  Gedankenaustausch 
zum  Theil  schon  am  Mikroskopirtisch  entstanden. 

Da  in  den  älteren  Arbeiten,  soweit  sie  den  feineren  Bau  der  Medusen  behandeln,  die  Methode  der  Quer- 
schnitte und  geeignete  Macerationsverfahren  zur  Isolirung  der  einzelnen  Elementartheile  noch  in  wenig  ausgiebiger 


VIII 


Weise  zur  Auwendung  gekommen  sind,  wurde  zur  Veranschaulichung  unserer  Beschreibungen  eine  grössere  Anzahl 
von  Abbildungen  erforderlich,  die  von  uns  selbst  mit  wenigen  Ausnahmen  mit  dem  Zeichenprisma  entworfen  und 
durch  die  geschickte  Hand  des  Herrn  Funke  mit  grosser  Sorgfalt  lithographisch  ausgefiihrt  worden  sind.  Die 
Zeichnungen  behandeln  nur  den  feineren  Bau  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane;  die  beobachteten  Medusen 
selbst  mit  abzubilden  haben  wir  unterlassen,  da  von  den  meisten  sich  schon  in  älteren  Arbeiten  zum  Theil  vor- 
treffliche Darstellungen  finden.  Dagegen  haben  wir  es,  um  das  Verständniss  der  Lagebeziehung  der  unter- 
suchten Organe  zu  erleichtern,  für  zweckmässig  erachtet,  Schemata  der  verschiedenen  Medusenarten  auf  Tafel  X. 
zu  entwerfen. 

Dass  unsere  Arbeit  in  der  angedeuteten  Weise  unseren  Wünschen  gemäss  ausgestattet  werden  konnte, 
verdanken  wir  dem  überaus  freundlichen  Entgegenkommen  unseres  Herrn  Verlegers,  welcher  die  oft  so  schwierige 
Herausgabe  umfangreicherer  Untersuchungen  uns  auf  das  Liebenswürdigste  erleichtert  hat;  wir  nehmen  die  Gelegen- 
heit wahr,  ihm  hierfür  unseren  besten  Dank  auszudrücken. 

Jena,  den  16.  Februar  1878. 


Die  Verfasser. 


INHALT. 


Seite 


Einleitung 1 

Ausgang  und  Ziel  der  Untersuchung  1 

Material  und  Methode  der  Untersuchung 3 

Analytischer  Theil 

A.  Craspedota 9 

I.  Trachymedusae ti 

L Aeginidae 11 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands 12 

Schwimmglocke  und  Velum  12 

Gastrovascularsystem  und  Tentakeln  ...  14 

Literatur 18 

b.  Das  Nervensystem 20 

Oberer  Nervenring  nebst  Radialstrang  und 

Nesselstreifen 21 

Unterer  Nervenring 26 

Peripheres  Nervensystem 27 

Literatur 28 

c.  Die  Sinnesorgane 29 

Cunina  lativentris 30 

Aeginopsis  mediterranea 33 

Cunina  sol  maris 34 

Literatur 36 

2.  Trachynemidae 38 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands 39 

Schwimmglocke,  Nesselwulst,  Yelum  ...  39 

Gastrovascularsystem,  Tentakeln 40 

b.  Das  Nervensystem 41 

Oberer  Nervenring 41 

Unterer  Nervenring 42 

c.  Die  Sinnesorgane 43 

1.  Die  Gehörorgane  43 

Aglaura  hemistoma 43 

Rhopalonema  velatum 44 

Literatur 45 

2.  Die  Tastorgane 46 

3.  Geryonidae 48. 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands 49 

Nesselzellenwulst 49 


Seite 


Velum  und  Subumbrella 50 

Ringkaual,  Tentakeln  und  Mantelspangen  . 53 

b.  Das  Nervensystem 55 

Oberer  Nervenring  und  Nesselstreifen  ...  55 

Unterer  Nervenring 59 

Communication  beider  61 

Peripheres  Nervensystem  62 

Literatur  . . . , 63 

c.  Die  Sinnesorgane 65 

Literatur 68 

II.  Vesiculatae 70 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands 70 

Yelum  und  Subumbrella 70 

Ringkanal,  Tentakeln  und  Subumbrellapapillen  7 1 

b.  Das  Nervensystem 74 

Oberer  Nervenring 74 

Unterer  Nervenring 77 

Peripheres  Nervensystem 79 

Literatur 80 

c.  Die  Sinnesorgane 81 

Gehörgruben  (Mitrocoma  Annae) 81 

Literatur 85 

Gehörbläschen  (Aequorea  Forskalea)  ...  86 

„ (Eucheilota  (?),  Octorchis  Ge- 

genbauri) 90 

„ (Obelia  polystyla,  Phialidium 

viridicans)  91 

Literatur  92 

III.  Ocellatae 95 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands 95 

b.  Das  Nervensystem 97 

Der  Nervenring 97 

Das  periphere  Nervensystem 98 

Literatur 99 

c.  Die  Sinnesorgane 100 

Die  Ocellen  von  Lizzia 100 

Die  Ocellen  von  Oceania 101 

Literatur 102 


X 


Seite  I 


B.  Acraspeda 

I.  Nausithoe  albida  

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands 

b.  Die  Sinneskörper 

Literatur 

II.  Pelagia  noctiluca.  Phacellophora  camtscha- 

tica.  Aurelia  aurita 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands  von  Pelagia 

b.  Die  Sinneskörper  von  Pelagia 

c.  Beschreibung  und  Vergleichung  der  übrigen 

Acraspeden  

Literatur . 

III.  Charybdeidae 

Synthetischer  Tlieil 

Erster  Abschnitt 

1.  Morphologie  und  Physiologie  des  Nervensystems 
der  Medusen 


104 

105 

105 

106 
109 

109 

109 

110 

112 

115 

119 


124 


124 


Geschichtliche  Entwicklung  der  Kenntnisse  vom 


Nervensystem 124 

Morphologie  des  Nervensystems 126 

a.  der  Craspedoten 126 

b.  der  Acraspeden 129 

c.  Vergleichung 129 


Physiologie  des  Nervensystems 

a.  Begründung  der  Deutung  der  dem  Nerven- 
system zugerechneten  Theile  

1.  histologische  Begründung 

2.  experimentelle  Begründung  (Romanes. 

Eimek) 

b.  Function  des  oberen  und  des  unteren  Ner- 

venrings 

2.  Morphologie  und  Physiologie  der  Sinnesorgane 

der  Medusen 

Geschichtliche  Entwicklung  der  Kenntnisse  von 

den  Sinnesorganen 

Allgemeine  Charakteristik  der  Sinnesorgane  . . 

Tastofgane 

Ocellen  . . * 

Gehörorgane  

Morphologie  der  Gehörorgane 

I.  Typus.  Vesiculatae 

II.  Typus,  a.  Trachymedusae  

b.  Acraspeda 

c.  Vergleichung 

d.  Homologie  der  Hörkölbchen  mit 

Tentakeln  

Physiologie  der  Gehörorgane  ....... 


130 

130 

131 

132 

134 

135 

135 

137 

139 


140 
140 
142  | 

145 

146 

147 
147 


Seite 


Zweiter  Abschnitt 152 

Systematische  Bedeutung  des  Nervensystems  und 
der  Sinnesorgane  der  Medusen 152 

1.  des  Nervensystems 152 

2.  der  Ocellen 152 

3.  der  Gehörorgane 153 

Dritter  Abschnitt  157 

Phylogenetische  Bedeutung  des  Nervensystems  und 
der  Sinnesorgane  der  Medusen 157 

1.  Die  Abstammung  der  Elemente  der  Sinnes- 

organe und  des  Nervensystems  (Sinneszellen 
und  Ganglienzellen)  aus  dem  Ektoderm  . . 157 

a.  Ontogenetische  Untersuchungen  ....  157 

b.  Histologische  Untersuchungen 158 

c.  Phylogenetische  Folgerungen  Gegenbaur’s 

und  IIaeckel’s. 158 

d.  Phylogenetische  Bedeutung  des  Nerven- 
systems der  Beroiden  nach  Eimer  . . . 158 

e.  Phylogenetische  Bedeutung  des  Nerven- 
systems der  Medusen 160 

2.  Die  Abstammung  der  Musculatur  aus  dem 

Ektoderm 161 

3.  Die  Entstehung  des  Zusammenhangs  von  Mus- 

kelzellen,  Ganglienzellen  und  Sinneszellen  . . 162 

a.  Kritik  der  Theorieen,  die  einen  secun- 

dären  Zusammenhang  zwischen  Nerv  und 
Endorgan  annehmen  (His,  Claus)  . . . 162 

b.  Kritik  der  Theorieen,  die  einen  primä- 

ren Zusammenhang  zwischen  Nerv  und  End- 
organ annehmen  

1.  C.  E.  v.  Baer,  Hensen 163 

2.  Kleinenberg,  E.  v.  Beneden,  Eimer, 

Haeckel,  Gegenbaur  (die  Neuromus- 
keltheorie) 163 

c.  Die  Bedeutung  des  Nervensystems  der  Me- 
dusen für  die  vorliegende  Frage  ....  167 

. 4.  Theorie  der  Phylogenese  des  Muskelnerven- 
systems   170 

5.  Differenzirung  speci/ischer  Sinnesorgane  aus 

indifferenten  Sinneszellen  . . . . ■ . . . . 172 

6.  Lagcvcrhältniss  der  Sinnesorgane  zum  Central- 

nervensystem ( Auge  der  Wirbelthiere , Schich- 
tenfolge der  Retina)  173  - 

7.  Schluss 174 

Literaturverzeichniss 175 

Tafelerklärung  ist 


EINLEITUNG. 


Bei  der  Umgestaltung- , welche  durch  die  S ch  wann  - S chleiden’  sehe  Zellentheorie  alle  Tlieile 
der  Biologie  erfahren  haben,  sind  auch  für  die  Entwicklungsgeschichte  der  Thiere  ganz  neue  Fragen 
aufgetaucht  und  neue  Forschungsgebiete  eröffnet  worden.  Während  man  hei  entwicklungsgeschicht- 
lichen Untersuchungen  vor  Schwann  sich  darauf  beschränkte,  die  Entstehung  der  Organe  aus  der 
ursprünglich  gleichförmigen  Keimmasse  zu  verfolgen,  gesellte  sich  hierzu  jetzt  noch  die  zweite 
Aufgabe,  die  Bildung  der  Organe  auf  die  verschiedenartige  Differenzirung  der  aus  der  Eizelle  durch 
Theilung  entstehenden  Embryonalzellen  zurückzuführen.  Mit  anderen  Worten,  es  galt  jetzt  nicht 
nur  die  organologische,  sondern  auch  die  histologische  Sonderung  festzustellen,  wie  sie 
sich  im  Entwicklungslehen  vollzieht. 

Am  meisten  gewann  bei  diesen  Bestrebungen  die  Zellentheorie  seihst,  indem  der  Zellhegriff 
schärfer  gefasst  werden  konnte.  Man  lernte  die  Zelle  von  dem  Zellprodukt  scheiden  und  erkannte, 
dass  die  histologische  Sonderung  sich  in  der  Weise  vollzieht,  dass  die  ursprünglich  gleichartigen 
embryonalen  Zellen  im  Laufe  der  Entwicklung  verschiedene  Zellprodukte  liefern  und  verschieden- 
artige Verbindungen  unter  einander  eingehen. 

Hiermit  war  aber  nur  die  allgemeinste  Seite  der  Aufgabe  gelöst , welche  die  Entwicklungs- 
lehre unter  dem  Einfluss  der  Zellentheorie  sich  zu  stellen  hatte.  Da  die  Embryonalzellen  von  der 
ersten  Theilung  an  ein  bestimmtes  Lageverhältniss,  das  in  der  Bildung  der  Keimblätter  seinen  Aus- 
druck findet,  zu  einander  einnehmen  und  da  einer  jeden  Zelle  von  Anfang  an  auch  ihre  bestimmte 
Entwicklungsrichtung  vorgezeichnet  ist,  so  war  gleichzeitig  das  schwierige  Problem  zu  lösen,  den 
Zellen  im  Keime  Schritt  für  Schritt  auf  ihren  Wandlungen  zu  folgen  und  die  verschiedenen  Gewebe 
auf  die  primitiven  Keimblätter  zurückzuführen.  Dadurch  wurde  ein  Gebiet  eröffnet,  das  auch  heute 
noch  den  Wettstreit  der  verschiedensten  Ansichten  hervorruft.  Die  Bedeutung  der  Keimblätter  für 
die  Gewebebildung  ist  noch  jetzt  ein  viel  discutirter  Gegenstand  embryologischer  Forschung.  Zwar 
sind  schon  mannigfache  Errungenschaften  zu  verzeichnen:  so  ist  man  z.  B zu  dem  überaus  wichtigen 
Ergebniss  gelangt,  dass  die  Elemente  des  Centralnervensystems  von  Zellen  abstammen,  die  ursprüng- 
lich dem  Ektoderm  angehören  und  durch  Abschnürung  von  ihm  sich  loslösen;  aber  weiter  hat  man 
in  die  Einzelheiten  dieses  Vorgangs  nicht  einzudringen  vermocht.  Wie  und  wodurch  eine  Zelle  zur 

Hertwig,  Medusen.  1 


2 


Ganglienzelle  wird,  ein  Nerv  sich  bildet,  das  nervöse  Ende  mit  dem  Centralorgan  in  Verbindung 
tritt,  sind  nach  wie  vor  rätliselhafte  Vorgänge.  Die  Entwicklungsgeschichte  liefert  uns  über  sie  so 
wenig  Beobachtangsmaterial,  dass  auch  der  Speculation  wenig  Anhaltspunkte  gegeben  sind.  Aelm- 
lich  geht  es  mit  anderen  Geweben.  Wie  aus  dem  zweiblättrigen  Keime  das  Muskelgewebe  sich 
anlegt,  ist  selbst  in  den  allgemeinsten  Zügen  noch  wenig  aufgeklärt. 

Ein  anderes  Resultat  ist  bei  der  Schwierigkeit  der  Untersuchung  kaum  zu  erwarten.  Die 
räumliche  Sonderung  tritt  unter  den  Embryonalzellen  früher  ein,  als  der  Process  der  geweblichen 
Differenzirung  an  ihnen  beginnt.  Die  Zellen  sehen  daher  noch  gleichartig  zu  einer  Zeit  aus,  wo 
unter  ihnen  schon  Verlagerungen  stattgefunden  haben,  die  für  ihre  weitere  Entwicklung  bestimmend 
sind.  Wie  will  man  zum  Beispiel  die  Beziehungen  von  Nerven-  und  Muskelzellen  auf  den  Stadien 
der  Keimesentwicklung  erkennen,  wo  beide  noch  den  Charakter  embryonaler  Bildungszellen  besitzen? 
Hier  stehen  uns  für  die  ontogenetische  Forschungsweise  zur  Zeit  schwer  zu  bewältigende  Hinder- 
nisse entgegen.  Es  müssen  daher  andere  Wege  der  Forschung  eingeschlagen  werden,  wenn  anders 
wir  in  der  nächsten  Zeit  einen  weiteren  Einblick  in  die  histologische  Sonderung  der  Gewebe  erlan- 
gen wollen. 

Wer  die  Entwicklung  der  Morphologie  im  letzten  Jahrzehnt  verfolgt,  dem  wird  der  wach- 
sende Werth  nicht  verborgen  bleiben,  den  das  Studium  der  niederen  Tliiere  für  das  Verständniss 
der  höher  entwickelten  Organisationen  erlangt  hat.  Die  vergleichend  anatomische  Methode,  die  am 
Studium  der  Wirbelthiere  sich  herausgebildet  hat  und  auf  dieselben  zunächst  mehr  beschränkt  blieb, 
gewinnt  jetzt  eine  immer  allgemeinere  Bedeutung.  Auch  die  Entwicklungsgeschichte  kann  sich 
ihrem  Einfluss  nicht  entziehen.  Mehr  und  mehr  bricht  sich  das  Bestreben  Bahn,  die  Formzustände 
niederer  Organismen  mit  den  Entwicklungserscheinuiigen  der  höheren  Organismen  zu  vergleichen 
und  letztere  dadurch  verständlicher  zu  machen. 

Zur  Aufklärung  der  Organbildung  ist  dieser  Weg  schon  vielfach  betreten  worden,  und  wenn 
auch  die  auf  ihm  erhaltenen  Resultate  noch  vielfach  bestritten  sind,  so  ist  doch  schon  jetzt  der 
Fortschritt  unverkennbar,  der  in  der  Richtung  erzielt  worden  ist  und  noch  mehr  erzielt  werden 
wird.  Für  die  Genese  der  Gewebe  dagegen  liegen  bis  jetzt  nur  Ansätze  zu  einer  derartigen  Be- 
handlungsweise vor.  Eine  solche  scheint  uns  aber  für  die  Zukunft  um  so  mehr  geboten  zu  sein, 
als  die  Fragen,  die  hier  zu  lösen  sind,  eine  hohe  morphologische  Bedeutung  besitzen  und  an  der 
Hand  der  Entwicklungsgeschichte  allein  wohl  schwerlich  ihre  Lösung  finden  werden.  Eine  wirklich 
vergleichende  Histologie  wird  hier  dieselben  Dienste  leisten  wie  die  vergleichende  Anatomie  für  die 
Organbildung.  Von  ganz  besonderem  Werthe  für  die  Lösung  histogenetisclier  Fragen  wird  namentlich 
das  Studium  derjenigen  Thierclassen  werden,  wo  zum  ersten  Male  eine  Sonderung  der  Gewebe  eintritt. 
Als  eine  solche  Thierclasse  betrachten  wir  die  Coelenteraten , auf  welche  schon  Kölliker  (52), 
Haeckel  (38)  und  Kleinenberg  (49)  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  haben. 

Die  Coelenteraten  zeigen  in  ihrer  Organisation  verhältnissmässig  geringe  Complicationen, 
indem  ihr  Körper  mehr  oder  minder  nur  aus  zwei  Zellschichten  besteht,  die  sich  den  beiden  Keim- 
blättern, den  embryonalen  Primitivorganen  der  höheren  Thiere  vergleichen  lassen.  Ein  Mesoderm 
oder  mittleres  Keimblatt  fehlt  oder  ist  in  einer  sehr  unvollkommenen  Beschaffenheit  angelegt.  Trotz- 
dem vollziehen  diese  morphologisch  so  einfach  beschaffenen  Organismen  schon  hohe  physiologische 
Leistungen,  die  auf  einer  höheren  histologischen  Sonderung  der  Elementartheile  beruhen.  Sie  besitzen 
eine  kräftig  functionirende  Musculatur,  auch  ein  Nervensystem  und  Sinnesorgane  werden  bei  vielen 
von  ihnen  beschrieben,  wie  man  denn  schon  a priori  erwarten  sollte,  dass  bei  vielzelligen  Orga- 
nismen mit  der  Genese  einer  besondern  Musculatur  auch  diejenige  eines  Nervensystems  und  von 


3 


Sinnesorganen  Hand  in  Hand  gehen  müsse.  Wir  können  daher  die  Coelenteraten  als  diejenige 
Abtheilung  bezeichnen,  wo  innerhalb  der  Zellen  eines  zweiblättrigen  Organismus  die  wichtigsten 
histologischen  Differenzirungen  zu  Stande  kommen,  Differenzirungen,  die  hei  höheren  Organismen 
schon  am  Anfang  ihrer  Keimesentwicklung  vor  sich  gehen  und  hei  dem  raschen  Verlauf  derselben 
unserer  Beobachtung  sich  entziehen. 

Die  hier  kurz  zusammengefassten  Ideengänge  haben  uns  in  den  letzten  Jahren  mehrfach 
beschäftigt  und  haben  unser  Augenmerk  auf  eine  histologische  Untersuchung  der  Coelenteraten 
gelenkt.  Einige  der  verschiedenen  histogenetischen  Fragen,  welche  an  das  Studium  der  Gewebe 
dieser  Thiergruppe  sich  anknüpfen  lassen,  werden  wir  in  den  folgenden  Blättern  behandeln.  Wir 
haben  in  ihnen  das  Nervensystem  und  die  Sinnesorgane  der  Medusen  zum  Gegenstand 
einer  genauen  Analyse  gemacht.  Beides  sind  Organ  Systeme,  die,  wenn  wir  ihren  Ausbildungszustand 
bei  höheren  Thieren  in  Rechnung  bringen,  bei  den  Medusen  gleichsam  noch  in  ihrer  Entstehung 
begriffen  sind.  Sie  geben  uns  daher  für  das  Verständniss  frühzeitiger  embryonaler  Bildungen  der 
höheren  Thiere  eine  Grundlage  und  lassen  uns  in  die  Phylogenese  des  Nervensystems  und  der 
Sinnesorgane,  in  ein  Capitel  der  vergleichenden  Anatomie,  das  bisher  noch  wenig  Beachtung  ge- 
funden hat,  weiter  eindringen,  als  dies  ohne  ihre  Kenntniss  möglich  ist. 

Für  die  Bearbeitung  unseres  Themas  bot  uns  Messina  mit  seiner  reichen  pelagischen  Fauna 
die  beste  Gelegenheit.  Während  eines  Winteraufenthaltes  haben  wir  uns  19  verschiedene  Medusen- 
arten, die  meisten  in  grösserer  Anzahl,  verschaffen  und  hierdurch  unsere  Beobachtungen  über  fast 
alle  Familien  der  craspedoten  und  acraspeden  Medusen  ausdehnen  können. 

Aus  der  Gruppe  der  Trachymedusen  untersuchten  wir  mehrere  Aeginiden:  Aeginopsis 
mediterranen,  Cunina  lativentris  und  C.  sol  maris,  — zwei  Trachynemiden : Rhopalonema  velatum 
und  Aglaura  hemistoma,  — zwei  Geryoniden : Glossocodon  mucrönatum  und  Carmarina  hastata. 
Von  vesiculaten  Medusen  fanden  wir  bei  der  pelagischen  Fischerei  Obelia  polystyla,  Phialidium 
viridicans,  Mitrocoma  Annae,  Eucheilota  (?),  Octorchis  Gegenbauri  und  Aequorea  Forskalea.  Die 
Ocellaten  waren  vertreten  durch  Oceania  conica  und  Lizzia  Koellikeri.  Die  acraspeden  Me- 
dusen stellten  sich  in  geringerer  Anzahl  von  Arten  im  Hafen  von  Messina  ein.  Von  diesen  konn- 
ten im  frischen  Zustand  nur  Pelagia  noctiluca,  Nausithoe  albida,  Äurelia  aurita  und  Phacellophora 
camtschatica  untersucht  werden. 

Bei  der  Benennung  der  Arten  haben  wir  uns  der  gebräuchlichen  und  in  die  Lehrbücher 
übergegangenen  Namen  bedient,  indem  wir  es  der  Zukunft  überlassen,  die  Verwirrung,  welche  in 
der  Nomenclatur  durch  häufige  Beschreibung  identischer  Arten  unter  verschiedenen  Namen  entstan- 
den ist,  durch  eine  gründliche  Revision  zu  beseitigen.  Eine  solche  ist  zwar  für  einen  grossen 
Theil  der  Medusen  durch  Alex,  und  L.  Agassiz  versucht  worden.  Doch  hat  die  von  ihnen  durch- 
geführte Restitution  der  älteren  Benennungen  in  unsere  Lehrbücher  und  wissenschaftlichen  Schriften 
keinen  Eingang  gefunden.  Auch  scheint  uns  dieselbe  in  manchen  Punkten,  wie  z.  B.  in  der  Be- 
nennung der  Eucopiden  als  Oceaniden  etc.,  keine  glückliche  zu  sein. 

Die  namhaft  gemachten  Medusen  wurden  schon  in  Messina  auf  die  Beschaffenheit  ihrer  Sinnes- 
organe und  ihres  Nervensystems  eingehend  untersucht,  so  dass  dort  bereits  die  Hauptresultate  ge- 
wonnen wurden.  Eine  wesentliche  Förderung  aber  erwuchs  auch  noch  später  unserer  Arbeit  dadurch, 
dass  es  uns  an  einem  zweckmässig  conservirten  Material  möglich  war,  unsere  Untersuchungen 
in  Jena  während  des  Sommers  fortzusetzen.  Hierdurch  waren  wir  in  der  Lage,  zum  Theil  noch 
Mängeln  abzuhelfen,  die  gewöhnlich  Arbeiten  anhaften,  die  am  Meere  unter  erschwerten  Verhält- 
nissen ausgeführt  werden,  wo  alle  Beobachtungen  auf  einen  immerhin  beschränkten  Zeitraum  sich 


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zusammendrängen  müssen.  Wir  haben  daher  in  Jena  nicht  nur  alle  Punkte  noch  einmal  geprüft 
und  alle  wichtigeren  Präparate  noch  einmal  angefertigt,  sondern  es  Messen  sich  jetzt  auch  noch 
Lücken  in  der  Untersuchung  ausfüllen  und  in  viele  Verhältnisse  tiefere  Einblicke  gewinnen,  wie 
dies  mit  jedem  Gegenstand  geschieht,  mit  welchem  man  durch  längere  Beschäftigung  vertraut 
geworden  ist. 

Um  bei  der  subtilen  Untersuchung  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  über  die  Er- 
gebnisse unserer  Vorgänger  hinauszukommen  und  die  von  uns  aufgeworfenen  Fragen  beantworten  zu 
können,  mussten  wir  uns  der  vervollkommneten  Methoden  bedienen,  wie  sie  sich  nach  und  nach  im 
Laufe  der  letzten  1 0 Jahre  auf  histologischem  Gebiete  herausgebildet  haben ; wir  mussten  weiter  auch 
selbst  diese  Methoden  zu  vervollkommnen  und  dem  einzelnen  Object  jedesmal  besonders  anzupassen 
versuchen.  Das  Verfahren,  welches  wir  nach  vielen  Versuchen  schliesslich  eingeschlagen  haben, 
ist  leicht  zu  handhaben  und  wird  Jeder,  der  sich  desselben  bedienen  wird,  die  Präparate  erhalten 
können,  auf  denen  unsere  Darstellung  beruht  und  von  denen  wir  möglichst  naturgetreue  Abbildungen 
gegeben  haben.  Da  wir  der  Behandlungsweise  zum  grossen  Theil  die  von  uns  erhaltenen  Resultate 
verdanken,  so  wird  eine  kurze  Beschreibung  der  angewandten  Methoden  hier  zweck- 
mässiger Weise  einen  Platz  finden. 

Bei  den  kleinen  und  durchsichtigen  Medusen  kann  man  schon  einen  Einblick  in  viele  feinere 
Organisationsverhältnisse  durch  die  Untersuchung  des  lebenden  Thier  es  gewinnen.  Nament- 
lich kann  man  in  den  allgemeinen  Bau  der  Sinnesorgane  schon  ziemlich  weit  eindringen.  Um  die 
Form  der  Otolithen  festzustellen,  ist  man  sogar  allein  auf  die  Beobachtung  des  lebenden  Thieres 
angewiesen,  da  auch  in  sehr  verdünnten  Säuren  eine  rasche  Auflösung  derselben  erfolgt.  Dagegen 
muss  als  eine  grosse  Schattenseite  bei  dieser  Untersuchung  bezeichnet  werden,  dass  die  unter  dem 
Deckglas  beunruhigte  Meduse  sich  lebhaft  contrahirt  und  dadurch  eine  beständige  Verlagerung  des 
zu  fixirenden  Gegenstandes  herbeiführt,  was  namentlich  bei  stärkerer  Vergrösserung  das  Zustande- 
kommen eines  deutlichen  Bildes  sehr  erschwert.  Gewöhnlich  schlägt  die  Meduse  ihr  Vclum  sehr 
energisch  nach  Innen  ein  und  nimmt  eine  mehr  kuglige  Gestalt  an,  wobei  die  Oeffhung  der  Glocke 
verkleinert  wird.  In  hohem  Maasse  wird  hier  die  Untersuchung  erleichtert,  wenn  man  das  Object 
in  sehr  verdünnter  Osmiumsäure  abtödtet.  Für  durchsichtige  pelagische  Tliiere  ist  dieses 
Reagens  allen  andern  vorzuziehen.  Wenn  man  dasselbe  nur  wenige  Minuten  einwirken  lässt,  so 
behalten  alle  Gewebe  ihre  Durchsichtigkeit  fast  vollkommen  bei,  die  Contouren  der  Zellen  und  ihre 
Kerne  treten  ein  wenig  deutlicher  hervor.  In  dünnem  Glycerin  kann  man  das  Object  leicht  präpa- 
riren,  alle  einzelnen  Theile  auseinanderlegen  und  in  eine  für  die  Beobachtung  zweckmässige  Lage 
bringen.  Um  die  Zusammensetzung  der  Sinnesorgane  und  die  Lageverhältnisse  der  einzelnen  Theile 
zu  erkennen,  wird  diese  Methode  in  den  meisten  Fällen  vollkommen  ausreichen.  Dagegen  erhält 
man  in  die  Beschaffenheit  des  Nervensystems  sowie  überhaupt  in  die  Form  der  einzelnen  Elementar- 
theile ohne  gute  Isolationspräparate  einen  nur  ungenügenden  EinbMck. 

Auf  die  Herstellung  von  Isolationspräparaten  haben  wir  besonders  Zeit  und  Mühe 
verwandt.  Wir  versuchten  zunächst  durch  Anwendung  von  verdünnter  Essigsäure  oder  von  ver- 
dünnter Osmiumsäure  zum  Ziele  zu  gelangen.  Mit  beiden  Reagentien  kann  man  brauchbare 
Resultate  erhalten,  doch  besitzen  beide  Nachtheile,  die  eine  bessere  Methode  wünschen s werth 
erscheinen  lassen. 

Bei  Einwirkung  dünner  Essigsäure  verlieren  die  einzelnen  Theile  des  Medusenkörpers 
rasch  ihren  Zusammenhalt,  sie  zerfliessen  förmlich.  Hierdurch  wird  eine  Handhabung  des  Objectes, 
eine  genaue  Isolirung  bestimmter  Theile,  eine  genaue  Lagebestimmung  unmöglich  gemacht.  Auch 


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lässt  der  Conservirungsgrad  der  einzelnen  Elemente  Manches  zu  wünschen  übrig.  Die  besten  Dienste 
leistet  noch  die  verdünnte  Essigsäure,  wenn  man  kleine,  gallertfreie  Theile,  wie  z.  B.  die  Tentakel 
oder  die  Randkörper  der  Acraspeden  für  sich  zu  maceriren  versucht. 

Ein  anderer  und  zwar  entgegengesetzter  Nachtheil  ist  mit  der  Anwendung  der  Osmium- 
säure  als  macerirendes  Reagens  verbunden.  Es  ist  ganz  erstaunlich,  durch  welche  kleinen 
Quantitäten  Osmiumsäure  schon  eine  Erhärtung  der  Gewebe  herbeigeführt  wird.  Schon  Lösungen  von 
0,05%  rufen  nach  Einwirkung  von  3 Minuten  nicht  nur  eine  Gerinnung  des  Protoplasma,  son- 
dern auch  der  die  Zellen  verkittenden  Zwischensubstanz  hervor.  Indessen  lässt  sich  durch  Einlegen 
in  Glycerin  eine  bessere  Lockerung  der  Elemente  nach  einiger  Zeit  erreichen,  so  dass  Medusen, 
die  2 — 3 Minuten  mit  0,05  % Osmiumsäure  behandelt  worden  sind,  in  Glycerin  eingelegt  sich  zu 
ganz  brauchbaren  Isolationspräparaten  verwenden  lassen. 

Die  gewissermaassen  entgegengesetzten  Nachtheile,  die  mit  der  Anwendung  der  Essigsäure 
und  der  Osmiumsäure  zur  Gewinnung  von  Isolationspräparaten  verbunden  sind,  bestimmten  uns  eine 
Combi nation  beider  Reagentien  zu  versuchen.  Dieselbe  lieferte  uns  denn  auch  in  z weck- 
mässiger  Mischung  angewandt  ganz  vorzügliche  Resultate.  Wir  verfuhren  gewöhnlich  in  der  Weise, 
dass  wir  die  zu  behandelnden  Objecte  je  nach  ihrer  Grösse  2 bis  3 Minuten  in  eine  Mischung  von 
0,2%  Essigsäure  und  0,05  % Osmiumsäure  zu  gleichen  Theilen  brachten  und  mit  0,1  % Essigsäure 
öfters  auswuschen,  bis  die  geringsten  Mengen  freier  Osmiumsäure  entfernt  waren.  Die  Präparate 
blieben  dann  einten  Tag  lang  in  einer  0,1  % Essigsäurelösuug,  wurden  darauf  mit  reinem  Wasser 
ausgewaschen,  mit  Beale’scliem  Carmin  gefärbt  und  in  Glycerin  aufbewahrt.  Die  Wirkungen  beider 
Reagentien  haben  sich  zur  Herstellung  vorzüglicher  Macerationspräparate  in  zweckmässiger  Weise 
combinirt.  Trotz  ihrer  hohen  Verdünnung  hat  die  Osmiumsäure  dem  ganzen  Präparat  einen  gewissen 
Halt  gegeben.  Die  einzelnen  Epithelzellen  haften  besser  an  einander  und  lösen  sich  nicht  so  leicht 
von  ihrer  Unterlage  ab.  Alle  histologischen  Elementartheile  zeigen  sich  vortrefflich  erhalten.  Da- 
gegen hat  die  Essigsäure  durch  Lösung  der  Kittsubstanzen  eine  leichtere  Isolirung  ermöglicht  und 
zugleich  der  durch  Osmiumsäure  eintretenden  gleichmässigen  Gerinnung  entgegengewirkt.  Nament- 
lich macht  sich  dieser  Einfluss  bei  den  unter  dem  Epithel  gelegenen  Theilen  wie  den  Nervenfibrillen 
geltend,  die  sich  in  grosser  Ausdehnung  trotz  ihrer  beträchtlichen  Feinheit  ganz  isolirt  darstellen 
lassen.  Die  Essigsäure  dringt  in  die  Tiefe  der  Gewebe  rascher  als  die  Osmiumsäure  vor. 

Ein  weiterer  Vortheil  stellte  sich  noch  bei  der  Anwendung  des  Gemisches  heraus.  Schon  bei 
der  Untersuchung  anderer  Objecte,  wie  z.  B.  kleiner  durchsichtiger  Eizellen,  war  es  uns  aufgefallen, 
dass  die  Osmiumsäure  bei  Gegenwart  von  Essigsäure  weit  rascher  von  den  Eiweiss- 
stoffen reducirt  wird,  als  es  ohnedem  der  Fall  ist.  Wenn  dies  gewöhnlich  ein  Nachtheil  der 
combinirten  Anwendung  ist,  so  bietet  es  dagegen  bei  den  durchsichtigen  und  wenig  zellenreichen 
Medusen  für  die  Untersuchung  des  Nervensystems  grosse  Vortheile  dar.  Es  reduciren  nämlich 
die  Ganglienzellen  und  Nervenfibrillen  die  Osmiumsäure  in  höherem  Grade  als 
gewöhnliche  Epithelzellen.  Sie  nehmen  ein  grünlich-braunes  Colorit  an  und  sind  dadurch 
von  den  umgebenden  Theilen  leicht  und  mit  Sicherheit  zu  unterscheiden.  An  dünnen  Partieen 
kann  man  daher  die  Ganglienzellen  in  situ  untersuchen  und  selbst  in  ihren  feinsten  Ausläufern 
über  grosse  Strecken  verfolgen.  Namentlich  für  das  Studium  der  Subumbrella  ist  diese  stärkere 
Schwärzung  der  nervösen  Theile  von  dem  grössten  Wertlie. 

Die  in  der  angeführten  Weise  hergestellten  Macerationspräparate  lassen  sich  in  Glycerin 
lange  Zeit  unverändert  conserviren,  ohne  auseinander  zu  fallen.  Noch  nach  Ablauf  eines  halben 
Jahres  haben  wir  sie  zu  sehr  brauchbaren  Isolationen  verwenden  können,  da  auch  die  feinsten 


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Nervenfibrillen  vollkommen  wohl  erhalten,  dabei  aber  in  ihrem  Zusammenhalt  mit  andern  Theilen 
gut  gelockert  waren. 

Bei  der  Herstellung  der  Isolationspräparate  haben  wir  uns  einiger  Kunstgriffe  bedient,  die 
auch  sonst  wohl  von  Nutzen  sein  können.  Durch  Zerzupfen  mit  feinen  Nadeln  gelingt  eine  voll- 
ständige Isolation  einzelner  Zellen  nur  selten  und  wird  ganz  dem  Zufall  überlassen.  Dagegen  kann 
man  ein  einzelnes  Epithelstückchen  in  seine  einzelnen  Elemente  ganz  vollständig  zerlegen,  wenn  man 
das  Präparat  durch  rasch  wiederholtes  leichtes  Klopfen  auf  das  Deckgläschen  einem  rasch  wechseln- 
den leichten  Druck  aussetzt.  Man  kann  diese  Manipulation  unter  dem  Mikroskop  selbst  vornehmen 
und  dabei  das  allmähliche  Zerfallen  des  Präparates  controliren.  Bei  Vorsicht  und  einiger  Geduld 
werden  Sinnes-  und  Ganglienzellen  mit  feinen  und  langen  Ausläufern  weit  schonender  und  voll- 
ständiger als  durch  Zerzupfen  mit  Nadeln  isolirt.  Will  man  die  durch  das  Klopfen  abgelösten  Tlieile 
des  Präparates  entfernen,  so  braucht  man  nur  einen  Strom  in  der  Unter suclmngsflUssigkeit  ver- 
mittelst eines  Stückchens  Filtrirpapier  zu  erzeugen.  Schon  von  Max  Schultze  ist  diese  Art  der 
Isolation  bei  der  Untersuchung  der  Retina  mit  Erfolg  angewandt  worden.  Sie  eignet  sich  auch 
besonders  für  Osmiumpräparate,  wo  die  einzelnen  Zellen  eine  grosse  Festigkeit  besitzen. 

Ferner  hat  sich  uns  die  Verwendung  eines  feinen  Pinsels  bei  der  Behandlung  von  mace- 
rirten  Theilen  der  Medusen  als  sehr  zweckmässig  erwiesen.  Man  kann  so  in  sehr  schonender  Weise 
Epithelzellen  von  ihrer  Unterlage  vollständig  abpinseln  und  hierdurch  in  rascher  Weise  sich  gute 
Situspräparate  herstellen,  wie  dies  an  speciellen  Fällen  noch  öfters  gezeigt  werden  wird. 

Zur  genaueren  Untersuchung  der  Medusenorganisation  sind  endlich  Schnittpräparate  uner- 
lässlich. Dieselben  lassen  sich  von  jedem  Object  gewinnen,  sofern  dasselbe  zweckmässig  erhärtet 
und  eingebettet  ist.  Alkoholpräparate  sind  wenig  empfehlenswerth.  Dagegen  erhielten  wir  ein  zu 
Schnitten  gut  verwendbares  Material,  indem  wir  die  Medusen  in  0,5%  Osmiumsäure  je  nach  ihrer 
Grösse  5 — 15  Minuten  einlegten,  in  verdünntem  Beale’schen  Carmin  oder  in  Pikrocarmin  färbten  und 
dann  in  verdünntem  Spiritus  auf  hoben.  Die  Carminfärbung  sollte  in  keinem  Falle  unterlassen  wer- 
den, da  hierdurch  allein  ein  Nachdunkeln  der  Osmiumpräparate  verhindert  wird. 

Beim  Einbetten  der  zu  schneidenden  Stückchen  verfuhren  wir  in  der  schon  mehr- 
fach beschriebenen  Weise.  In  Alkohol  erhärtete  Leberstiickchen  werden  mit  dem  Rasirmesser  in 
2 Hälften  zerlegt,  die  aufeinander  passenden  Flächen  werden  mit  einer  der  Grösse  des  Objectes  ent- 
sprechenden Aushöhlung  versehen  und  mit  dünnem  Gummiglycerin  bestrichen.  In  die  mit  Gummi- 
glycerin erfüllte  Aushöhlung  wird  das  zu  schneidende  Object  übertragen  und  mit  Nadeln  in  die 
richtige  Lage  gebracht.  Die  beiden  Hälften  des  Leberstückchens  werden  jetzt  wieder  aufeinander 
geklebt  und  zur  Erhärtung  des  Gummis  in  dünnen  Spiritus  eingelegt.  Diese  einfache  und  nicht 
zeitraubende  Methode  hat  sich,  uns  bis  jetzt  auch  bei  den  zartesten  Präparaten  als  genügend  und 
schonend  erwiesen.  Durch  den  Schirmrand  der  Medusen  lassen  sich  in  dieser  Weise  Schnitte  an- 
fertigen, auf  denen  nur  1 oder  2 Zellenlagen  getroffen  sind. 

Von  den  Befunden,  die  mit  Hülfe  der  angegebenen  Methoden  erhalten  wurden,  werden  wir 
zunächst  eine  genaue  und  möglichst  sachliche  Darstellung  im  ersten  oder  analytischen  Th  eil 
dieser  Arbeit  liefern.  Hierbei  werden  wir  uns  aber  nicht  allein  auf  die  Anatomie  des  Nervensystems 
und  der  Sinnesorgane  beschränken,  sondern  jedesmal  auch  eine  kurze  Darstellung  der  angrenzenden 
Organe  geben.  Bei  so  einfach  gebauten  Geschöpfen,  wie  die  Medusen  sind,  stehen  die  einzelnen 
Theile  des  Körpers  in  so  naher  Beziehung  zu  einander,  dass  eine  völlig  getrennte  Behandlung  eines 
Theiles  nicht  ohne  Beeinträchtigung  des  Verständnisses  möglich  ist.  Die  Gegend,  wo  bei  den 

Medusen  das  Nervensystem  und  die  Sinnesorgane  sich  vorzugsweise  entwickelt  haben,  ist  der 


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Schirmrand,  der  auch  sonst  in  der  Anatomie  der  Medusen  eine  wichtige  Rolle  spielt.  Einen  kurzen 
Abriss  von  dem  Bau  desselben  werden  wir  daher  bei  jeder  einzelnen  Medusenfamilie  unserer  Dar- 
stellung vorausschicken.  Es  war  dies  um  so  mehr  geboten,  als  wir  auch  hier  im  Laufe  unserer 
Untersuchung  in  manche  Verhältnisse  weiter  eingedrungen  und  vielfach  zu  anderen  Ergebnissen 
als  frühere  Forscher  gelangt  sind. 

In  einem  zweiten  allgemeinen  oder  synthetischen  Tlieile  werden  wir  die  Resultate 
unserer  Untersuchung  zusammenfassen,  die  Deutungen,  welche  den  einzelnen  Befunden  gegeben 
wurden,  näher  begründen,  und  werden  auf  weitere  allgemeine  Fragen  eingehen,  die  sich  auf  Grund 
der  gemachten  Beobachtungen  aufwerfen  lassen. 


ANALYTISCHER  THEIL. 


Indem  wir  das  Nervensystem  und  die  Sinnesorgane  der  Medusen  nach  ihrer  Beschaffenheit 
innerhalb  der  einzelnen  Familien  besprechen,  sind  wir  genöthigt,  ein  mehr  oder  minder  künstliches 
System  dieser  Thiere  unseren  Betrachtungen  zu  Grunde  zu  legen.  — Bei  der  systematischen 
Anordnung  der  Medusen  hat  der  Zoologe  mit  eigentümlichen  Verhältnissen  zu  rechnen,  wie 
sie  in  keiner  anderen  Abtheilung  des  Thierreichs  wiederkehren.  Auf  der  einen  Seite  hat  er  Orga- 
nismen vor  sich,  die  nach  ihrem  anatomischen  Bau  eine  scharf  umschriebene  einheitliche  Classe 
im  Stamm  der  Zoophyten  bilden  und  sich  durch  grössere  und  geringere  Verschiedenheiten  in  der 
Beschaffenheit  einzelner  Organe  naturgemäss  zu  Ordnungen  und  Familien  gruppiren.  Auf  der  anderen 
Seite  haben  entwicklungsgeschichtliche  Untersuchungen  in  Erfahrung  gebracht,  dass  viele  dieser 
Thiere  im  Generationswechsel  mit  der  sehr  abweichend  beschaffenen  Classe  der  Hydroidpolypen 
stehen,  in  welcher  man  vor  Erkenntniss  dieser  Thatsache  gleichfalls  schon  Arten,  Gattungen  und 
Familien  unterschieden  hatte.  Hierdurch  ist  der  Zoologie  die  Aufgabe  erwachsen , zwei  bisher 
unabhängig  neben  einander  herlaufende  Systeme  in  ein  einheitliches  zu  verschmelzen. 

Die  Lösung  dieser  Aufgabe  steUt  Anforderungen  an  unser  zoologisches  Wissen,  denen  das- 
selbe zur  Zeit  nur  in  unvollkommener  Weise  genügt.  Nur  von  einer  verhältnissmässig  geringen 
Anzahl  von  Medusen  ist  die  Abstammung  von  Hydroiden  beobachtet,  während  doch  die  lückenlose 
Kenntniss  einer  grösseren  Summe  von  Entwicklungsgeschichten  aus  jeder  Familie  der  Medusen  für 
die  Einreihung  der  letzteren  in  das  System  der  Hydroiden  eine  unerlässliche  Vorbedingung  ist. 
Noch  grössere  Schwierigkeiten  ergeben  sich  bei  der  Frage  nach  der  Stellung  derjenigen  Medusen, 
welche  überhaupt  nicht  von  Hydroiden  aufgeammt  werden:,  der  Trachymedusen  und  Acraspeden. 
Wie  sollen  wir  uns  den  Trachymedusen  gegenüber  verhalten,  die  den  auf  dem  Weg  des  Genera- 
tionswechsels entstehenden  Medusen  in  ihrer  Organisation  so  nahe  verwandt  sind,  dass  nur  die 
Kenntniss  ihrer  Entwicklungsgeschichte  eine  Absonderung  ermöglicht?  Sollen  wir  annehmen,  dass 
hier  eine  früher  vorhandene  Ammengeneration  ausgefallen  ist  und  dass  ursprünglich  die  Trachy- 
medusen wie  die  übrigen  Craspedoten  an  Hydroidenstöckchen  durch  Knospung  sich  entwickelt  haben? 
oder  liegt  hier  ein  ganz  ausserge wohnlicher  Fall  convergenter  Züchtung  vor  und  sind  die  Trachy- 
medusen direct  aus  Umbildung  eines  Hydra  ähnlichen  Polypen  entstanden?  — Noch  unklarer  sind 


9 


die  Verhältnisse  der  Acraspeden;  sind  doch  die  Beziehungen  des  Scyphistoma  zum  Hydroidenstadium 
der  Craspedoten,  der  Strobilation  zur  Medusenknospung  noch  völlig  unverständlich. 

Alle  diese  Erwägungen  führen  zu  dem  Resultat,  dass  eine  Unterordnung  der  Medusen  unter 
das  System  der  Hydroiden  sich  zur  Zeit  nur  in  unvollkommener  Weise  durchführen  lässt.  Es 
empfiehlt  sich  daher  aus  praktischen  Gründen  neben  jenem  noch  ein  besonderes  System  der 
Medusen  beizubehalten,  welches  sich  allein  auf  die  innerhalb  der  Gruppe  bestehenden  anatomischen 
Verschiedenheiten  stützt.  Ein  solches  werden  wir  auch  der  vorliegenden  Arbeit  zu  Grunde  legen, 
zumal  da  es  uns  nur  darauf  ankommt,  die  gleichartigen  Organisationsverhältnisse  im  Zusammenhänge 
zu  behandeln,1  während  die  Frage  nach  den  Ursachen  der  Gleichartigkeit,  ob  convergente  Züchtung? 
ob  übereinstimmende  Abstammung?  uns  ferner  liegt. 

Mit  Eschscholz  (26),  Fokbes  (29)  und  Gegenbaue  (33)  theilen  wir  die  Medusen  in  die 
beiden  Hauptgruppen  der  Craspedoten  und  Acraspeden  ein.  Dieselben  zeigen  im  Bau  der  wich- 
tigsten Organe  durchgreifende  Verschiedenheiten,  durch  welche  eine  durchaus  scharfe  Abgrenzung 
ermöglicht  wird.  Mit  Recht  hebt  daher  Gegenbaue  hervor,  dass  der  Begründer  dieser  Eintheilung, 
Eschscholz,  seiner  Zeit  durch  dieselbe  eine  grosse  Schärfe  des  systematischen  Urtheils  bethätigt 
habe.  — Wir  geben  den  von  Gegenbaue  gewählten  Benennungen  „Craspedota“  und  „Acras- 
peda“  vor  allen  anderen  den  Vorzug,  da  durch  sie  der  Cardinalpunkt,  welcher  die  Verschiedenheit 
der  beiden  Abtheilungen  bedingt,  das  Verhalten  des  Schirmrands,  treffend  bezeichnet  wird.  Noch 
öfters  werden  wir  in  unserer  Darstellung  auf  das  Abliängigkeitsverhältniss,  in  dem  die  übrige  Orga- 
nisation zur  Bildung  des  Schirmrands  steht,  zurückzukommen  haben. 

Auch  in  der  Umgrenzung  der  beiden  Hauptgruppen  stimmen  wir  mit  Gegenbaue  überein. 
Zwar  haben  nach  dem  Vorgang  von  Feitz  Müllee  (70)  die  beiden  Agassiz,  gestützt  auf  ihre 
umfassende  systematische  Ivenntniss  der  Medusen,  eine  Neuerung  durchzuführen  versucht.  Der  ältere 
Agassiz  (4)  hat  die  Aeginiden,  der  jüngere  (2)  auch  die  übrigen  Trachymedusen  den  Acraspeden 
eingereiht  und  die  neugebildete  Gruppe  als  Discophorae  im  engeren  Sinne  bezeichnet.  Diese  Neuerung 
ist  jedoch  eine  unberechtigte,  denn  das  Gastrovascularsystem,  der  Schirmrand,  das  Velum  und  das 
Nervensystem  der  Trachymedusen  sind,  wie  aus  dem  Folgenden  hervorgehen  wird,  wie  bei  den 
übrigen  Craspedoten  beschaffen,  unterscheiden  sich  dagegen  wesentlich  von  den  betreffenden  Organen 
der  Acraspeden. 

A.  Craspedota. 

Im  Vergleich  zu  den  Acraspeden  werden  die  craspedoten  Medusen  gewöhnlich  als  die  niedriger 
organisirten  angesehen.  Diese  Auffassung  geht  im  Wesentlichen  von  der  Beurtheilung  des  Gastro- 
vascularsystems , der  Gallertscheibe  und  der  Geschlechtsorgane  aus.  In  der  That  liegen  hier  auch 
einfachere  Verhältnisse  bei  den  Craspedoten  vor;  es  fehlt  die  starke  Entwicklung  der  Gallerte  und 
die  mit  dieser  im  Zusammenhang  stehende  Ausbildung  der  Subgenitalhöhlen;  es  fehlt  die  reiche 
Verästelung  des  verdauenden  Hohlraums,  welche  die  grösseren  Rhizostomeen  und  die  Mehrzahl 
der  Semaeostomeen  auszeichnet;  es  fehlen  auch  die  eigenthümlichen  Tentakelchen , die  sich 
bei  allen  Acraspeden  auf  der  Innenfläche  des  Magens  finden  und  als  secretorische  Apparate  ge- 
deutet werden. 

Während  somit  die  vegetativen  Organe  zweifellos  bei  den  Acraspeden  stärker  entwickelt  sind, 
ist  ebenso  zweifellos  das  Uebergewicht  im  Differenzirungsgrad  der  animalen  Organe  auf  Seiten  der 

Bertwig,  Medusen,  2 


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Craspedoten.  Diese  Ansicht  wird  sich  jedem  Beobachter  schon  aufdrängen,  wenn  er  die  grosse 
Beweglichkeit  und  Reizbarkeit  der  letzteren  mit  der  Trägheit  und  Indolenz  der  ersteren  vergleicht ; 
sie  wird  weiterhin  auch  durch  die  anatomische  Untersuchung  der  animalen  Organe  bestätigt.  Denn 
ohne  Zweifel  nehmen  die  Sinnesorgane  und  das  Nervensystem  bei  den  Craspe- 
doten eine  viel  höhere  Entwicklungsstufe  als  bei  den  Acraspeden  ein  und  scliliessen 
sich  noch  am  meisten  an  die  Verhältnisse  an,  wie  sie  uns  von  den  höher  organisirten  Thieren 
bekannt  sind.  Dieser  Umstand  hat  es  uns  zweckmässig  erscheinen  lassen,  die  Craspedoten  an  die 
Spitze  unserer  Untersuchung  zu  stellen. 

Bei  der  Beschreibung  denken  wir  uns  die  craspedoten  Medusen  stets  in  der  Weise  aus- 
gebreitet, dass  die  Subumbrellaseite  nach  abwärts  gekehrt  ist  und  dass  das  Velum  unter  der 
Gallertseh eibe  hervorgezogen  in  die  unmittelbare  Verlängerung  derselben  zu  liegen  kommt.  Alles 
was  bei  dieser  Stellung  dem  Mittelpunkt  der  Scheibe  näher  ist,  nennen  wir  proximal,  alles  nach 
der  Peripherie  zu  gelegene  distal,  ferner  können  wir  dann  am  Körper  der  Medusen,  sowohl  an 
der  Scheibe  als  am  Velum  zwei  Flächen  unterscheiden,  eine  obere  oder  dorsale  Fläche,  die  der 
Convexität  der  Glocke  entspricht,  und  eine  untere  oder  ventrale  Fläche,  die  in  ihrer  Mitte  die 
Mundöffnung  trägt.  Beide  sind  von  einem  Epithel  bedeckt,  das  wir  in  entsprechender  Weise  als 
dorsales  und  ventrales  bezeichnen  und  in  allen  Figuren  durchgängig  das  dorsale  mit  d ',  das  ventrale 
mit  d2  beziffern  wollen.  Von  den  beiden  Epithellagen  zeichnet  sich  die  ventrale  dadurch  aus,  dass 
sie  mit  der  Bildung  der  Musculatur  betraut  ist.  Letztere  besteht  aus  einer  Lage  feinster  Fibrillen, 
die  zum  Tlieil  dem  Velum  angehören  (m2),  zum  Tlieil  unter  der  Gallertscheibe  liegen  und  hier  den 
Namen  der  Subumbrella  (in1)  führen.  Das  dorsale  Epithel  erzeugt  nur  an  umschriebenen  Stellen 
Muskelfasern,  so  namentlich  überall  da,  wo  es  die  Tentakeln  überzieht. 

Im  Bereich  des  Velum  wird  das  dorsale  und  ventrale  Epithel  nur  durch  eine  dünne  Membran, 
die  Stützlamelle  des  Velum,  getrennt.  Wenn  wir  die  Muskeln  als  eine  besondere  Lage  rechnen,  können 
wir  somit  4 Schichten  unterscheiden,  die  von  oben  nach  unten  in  folgender  Weise  angeordnet  sind: 
1.  das  dorsale  Epithel,  2.  die  Stützlamelle,  3.  die  Muskelfaserschicht,  4.  das  untere  Epithel. 

Am  Schirm  werden  die  beiden  Epithellagen  vornehmlich  durch  die  bei  den  einzelnen  Arten 
verschieden  entwickelte  Gallerte  geschieden.  Dieselbe  ist  in  ihren  oberflächlichen  Schichten  zu  einer 
festeren  Membran  erhärtet,  auf  welche  unmittelbar  das  Epithel  folgt.  Diese  Membran  ist  dünn  und 
kaum  wahrnehmbar  auf  der  oberen  Seite,  bildet  dagegen  auf  der  ventralen  eine  derbe  Stützlamelle 
für  die  hier  liegenden  Muskelfasern  der  Subumbrella.  Beide  Membranen  stossen  unter  einem  spitzen 
Winkel  am  Sckirmrand  zusammen  und  vereinigen  sich  hier  mit  der  Stützlamelle  des  Velum.  Am 
Schirmrand  gehen  somit,  wie  es  besonders  schön  auf  Querschnitten  zu  sehen  ist,  3 Membranen  in 
einander  über.  Die  Linie,  in  welcher  die  Vereinigung  stattfindet,  bezeichnet  die  Grenze  des  Schirms 
und  den  Anfang  des  Velum. 

In  dem  Winkel,  der  durch  die  Vereinigung  der  dorsalen  und  ventralen  Membran  des  Schirms 
gebildet  wird,  mithin  unmittelbar  nach  Innen  von  der  Insertion  des  Velum,  liegt  der  Ringkanal.  Der- 
selbe wird  mehr  oder  minder  deutlich  von  3 Flächen  begrenzt;  die  eine  derselben  stösst  unmittelbar 
an  die  Stützlamelle  der  Subumbrella  und  ist  für  gewöhnlich  die  am  meisten  ausgedehnte,  die  zweite, 
zumeist  die  kleinere,  wird  durch  die  dorsale  Membran  des  Schirms  nach  aussen  abgeschlossen,  die 
dritte  Fläche  endlich  grenzt  an  die  Gallerte.  Auch  hier  findet  sich  zwischen  dieser  und  dem  Epithel 
des  Ringkanals  eine  besondere  Lamelle,  die  namentlich  an  grösseren  Medusen  deutlich  zu  erkennen 
ist.  Soweit  das  Epithel  sich  mit  der  Schirmgallerte  berührt,  besteht  es  aus  niedrig  cubischen 
kleinen  Zellen  (r‘),  sonst  aber  wird  es  von  grossen  vollsaftigen  Elementen  (r2)  gebildet. 


11 


An  der  Zusammensetzung  des  Schirmrands  nehmen  ferner  noch  die  Tentakeln  Theil,  welche 
in  ihrer  Zahl  nach  den  einzelnen  Medusenarten  in  weiten  Grenzen  variiren.  Meist  sind  dieselben 
unmittelbar  über  dem  Ursprung  des  Velum  angebracht,  nur  in  seltenen  Fällen  rücken  sie  an  der 
Schirmwölbung  weiter  empor,  ein  Verhältniss,  welches  als  secundäres  zu  beurtheilen  ist.  Die  Ten- 
takeln entstehen  durch  Wucherung  von  Zellen  sowohl  des  Entoderms  als  auch  des  Ektoderms,  die 
ersteren  bilden  den  Axentheil,  die  letzteren  das  ihn  einhüllende  ein-  oder  mehrschichtige  Epithel. 
Beide  Bestandteile  sind  von  einander  durch  eine  oft  beträchtlich  dicke  Stützlamelle  abgegrenzt. 
In  der  Axe  (les  Tentakels  sind  die  Entodermzellen  bei  vielen  Medusen  in  pflanzenzellähnliche  Gebilde 
umgewandelt  (solide  Tentakeln),  bei  anderen  dagegen  setzt  sich  die  Höhlung  des  Ringkanals 
selbst  in  das  Innere  des  Tentakels  hinein  fort  und  es  behalten  in  diesem  Fall  die  Entodermzellen 
ihren  epithelialen  Charakter  bei  (schlauchförmige  Tentakeln).  Zwischen  der  Stützlamelle 
und  dem  Ektodermepithel  wird  niemals  eine  Schicht  längs  verlaufender,  bald  glatter  bald  quer- 
gestreifter Muskelfibrillen  vermisst. 

Unter  den  craspedoten  Medusen  unterscheiden  wir  3 Gruppen,  die  mit  den  Trachymedusen, 
Vesiculaten  und  Ocellaten  Haeckel’s  (38)  zusammenfallen.  Von  denselben  werden,  .so  weit  es  sich 
jetzt  schon  überblicken  lässt,  die  Vesiculaten  und  Ocellaten  von  Hydroiden  aufgeammt,  dagegen 
zeichnen  sich  die  Trachymedusen,  welche  wir  hier  an  erster  Stelle  betrachten  wollen,  durch  directe 
Entwicklung  aus. 

Die  Trachymedusen  werden  von  drei  Familien  gebildet,  von  den  Aeginiden,  Trachynemiden 
und  Geryoniden.  Da  dieselben  sich  wesentlich  in  ihrem  Bau  von  einander  unterscheiden,  werden 
wir  sie  getrennt  behandeln  und  nicht  eine  zusammenhängende  Darstellung  der  ganzen  Gruppe 
geben,  wie  wir  es  bei  den  Vesiculaten  und  Ocellaten  thun  werden;  wir  beginnen  mit  den  Aegi- 
niden, da  die  Gehörorgane  derselben  uns  den  Schlüssel  für  das  Verständniss  der  Gehörorgane  der 
übrigen  liefern. 


I.  Tracliyinedusae. 

1.  Aeginidae. 

Die  Aeginiden  bilden  eine  scharf  umschriebene  Familie,  deren  Arten  von  Gegenbaur  (33) 
unter  die  4 Genera  Cunina,  Aegineta,  Aegina  und  Aeginopsis  vertheilt  werden.  Von  den  zahl- 
reichen Vertretern  dieser  Gattungen  standen  uns  während  des  Winters  in  Messina  3 Arten  zu 
Gebote.  Zwei  derselben  gehörten  dem  Genus  Cunina  an,  wenn  wir  die  von  Gegenbaur  herrührende 
Definition  desselben  beibelialten ; unter  ihnen  liess  sich  die  eine  als  Cunina  lativentris  (Gegenbaur) 
bestimmen;  sie  ist  ferner  wahrscheinlich  mit  Haeckel’s  (36  u.  37)  Cunina  rhododactyla  identisch,  da 
die  für  letztere  angegebenen  Besonderheiten  der  Färbung  wohl  von  keiner  systematischen  Bedeutung 
sind.  Die  zweite  glich  vollkommen  der  Aegineta  sol  maris  Gegenbaur’s;  da  diese  Meduse  nach 
des  Letzteren  Schilderungen  und  Abbildungen  zu  schliessen  ebenfalls  eine  Cunina  ist,  so  behalten 
wir  für  die  von  uns  beobachtete  Art  den  Speciesnamen  bei  und  nennen  sie  Cunina  sol  maris  *). 
Die  dritte  Aeginide  endlich  ist  zweifellos  die  Aeginopsis  mediterranen  J.  Müller’s  (72b). 

In  ihrem  Bau  unterscheiden  sich  die  Aeginiden  sehr  wesentlich  von  allen  übrigen  craspedoten 
Medusen.  Namentlich  spricht  sich  dies  in  der  Anatomie  ihres  Schirmrands  aus. 


1)  Wie  eine  genauere  anatomische  Untersuchung  lehrt,  sind  die  Arten  der  GEGENBAUR’schen  Gattung  Cunina  sehr  verschieden 
gebaut;  ein  Theil  besitzt  einen  wohl  entwickelten  Ringkanal,  zahlreiche  Nesselstreifen  und  Gehörorgane,  die  aus  einem  kleinen  Hör- 


12 


a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands  der  Aeginiden. 

Der  Gallertschirm  der  Aeginiden  bestellt  aus  zwei  Theilen,  einem  scheibenförmigen  mitt- 
leren von  bedeutender  Mächtigkeit  und  einem  membranartig  dünnen,  der  ersteren  wie  eine  Borde 
umgiebt.  Jenen  wollen  wir  als  Schirmsclieibe,  diesen  als  Schirmsaum  bezeichnen  (Taf.  X. 
Fig.  4—6  Sch.  u.  S.).  Die  Schirmscheibe  bedingt  die  Festigkeit  der  Medusenglocke,  sie  verändert 
bei  den  Bewegungen  des  Thieres  ihre  Form  entweder  gar  nicht  oder  nur  in  sehr  geringem  Maasse. 
Bei  Cunina  sol  maris  besitzt  sie  die  Gestalt  eines  stark  gepolsterten  runden  Kissens,  bei  Cunina 
lativentris  ist  sie  in  der  Mitte  hoch  gewölbt  fast  wie  eine  Halbkugel,  bei  Aeginopsis  ist  sie  am 
wenigsten  entwickelt  und  lässt  sich  in  ihrer  Form  einem  Spitzhut  vergleichen.  Der  Schirmsaum 
dagegen  ist  dünn  und  sehr  beweglich.  Im  Ruhezustand  hängt  er  vom  Umkreis  der  Schirmscheibe 
wie  ein  Vorhang  schlaff  herunter  und  scheint  dann  unmittelbar  in  das  Velum  überzugehen,  das  von 
seinem  freien  Rand  entspringt;  bei  der  Bewegung  wird  er  sammt  letzterem  unter  die  Schirmscheibe 
eingeschlagen. 

Die  dünne  Gallertlage,  welche  dem  Schirmsaum  zur  Stütze  dient,  zerfällt  durch  tiefe  Ein- 
kerbungen des  Randes  in  einzelne  Lappen,  deren  Zahl  je  nach  der  Art  eine  verschiedene 
ist.  Bei  Aeginopsis  finden  sich  constant  deren  4,  bei  den  Cuninen  steigt  die  Zahl  mit  dem  Alter 
und  der  Grössenzunahme  des  Thieres  von  4 auf  12  und  darüber.  Nach  den  Abbildungen  früherer 
Autoren  können  mehr  als  20  Lappen  bei  manchen  Cuninaarten  gezählt  werden.  — Die  Form  der 
Lappen  ist  im  Grossen  und  Ganzen  eine  quadratische;  die  zugewandten  Ränder  zweier  benach- 
barter Lappen  laufen  einander  parallel  und  sind  nur  durch  einen  schmalen  Spalt  von  einander 
getrennt.  Der  dritte  freie  Rand  ist  leicht  gebogen. 

Die  Gallertlappen  werden  unter  einander  durch  die  Subumbrella  und  das  Epithel  der  dor- 
salen Schirmfläche  verbunden;  im  unverletzten  Zustand  bildet  daher  der  Schirmsaum  ein  einheit- 
liches Ganze.  Wenn  man  Aeginiden  — was  nur  an  ausgeschnittenen  Stücken  abgetödteter  Thiere 
vollkommen  gelingt  — glatt  ausbreitet,  so  gewahrt  man  nur  seichte  Einkerbungen  des  Schirmrands; 
dieselben  wiederholen  sich  in  regelmässigen  Abständen  und  verlängern  sich  in  die  Furchen,  die  in 
radialer  Richtung  auf  der  Schirmoberfläche  zwischen  zwei  benachbarten  Gallertlappen  verlaufen. 
Diese  selbst  werden  erst  deutlich,  wenn  durch  Maceration  die  Subumbrella  und  das  Epithel  entfernt 
worden  sind. 

Der  Zusammenhalt  der  Lappen  wird  namentlich  durch  die  Musculatur  der  Subumbrella 
bedingt,  welche  auf  den  Schirmsaum  beschränkt  ist  und  unterhalb  der  eigentlichen  Schirmscheibe 
fehlt.  Die  Muskellamelle  besteht  aus  circulär  verlaufenden,  deutlich  quergestreiften  Fibrillen,  die 
sich  in  einer  einschichtigen  Lage  anordnen.  Sie  liegt  für  gewöhnlich  der  unteren  Fläche  des  Schirm- 
saums glatt  auf  und  nur  an  den  Stellen,  wo  der  letztere  eingekerbt  ist,  legt  sich  ihr  äusserer  Theil 
in  zahlreiche  Falten,  welche  wie  die  Muskelfibrillen  circulär  verlaufen. 


polster  und  einem  grossen  Hörkölbchen  bestehen;  der  andere  Theil  charakterisirt  sich  durch  die  Rückbildung  des  Ringkanals,  den 
Mangel  der  Nesselstreifen  und  durch  Gehörorgane  mit  grossem  zu  einer  Papille  differenzirtem  Hörpolster  und  kleinem  Hörkölbchen  und 
nähert  sich  in  seiner  Organisation  den  Gattungen  Aegina  und  Aeginopsis.  Zu  den  ersteren  gehört  die  Cunina  lativentris,  zu  den  letz- 
teren die  Cunina  sol  maris.  Die  hervorgehobenen  Unterschiede  sind  so  bedeutend,  dass  zweifellos  die  Gattung  in  zwei  gespalten  werden 
muss.  Wenn  wir  dies  gleichwohl  nicht  gethan  haben,  so  geschah  es  in  Rücksicht  darauf,  dass  schon  Mecznikow  von  den  Cuninen 
einen  Theil  als  Polyxenien  abgelöst  hat,  wie  aus  seinen  Studien  über  die  Entwicklung  der  Medusen  (05)  hervorgeht.  Leider  wissen  wir 
aber  nicht,  in  welcher  Weise  Mecznikow  die  Gattungen  Polyxenia  und  Cunina  s.  str.  deiinirt  hat,  da  die  Schrift,  welche  die  Anatomie 
und  Systematik  der  Aeginiden  ausführlicher  behandelt,  in  russischer  Sprache  geschrieben  und  uns  daher  nicht  zugängig  ist  (64).  Wahr- 
scheinlich ist  unsere  Cunina  sol  maris  eine  Polyxenia  im  Sinne  Mecznikow’s. 


13 


Von  der  Schirmgallerte  werden  die  Muskeln  durch  eine  derbe  Stützlamelle  getrennt,  nach 
aussen  sind  sie  von  einer  Lage  platter  ziemlich  protoplasmareicher  Epithelzellen  bedeckt,  welche 
als  die  Matrixzellen  der  Muskelfibrillen  gelten  müssen.  Die  Cuticula  des  Epithels  ist  ein  dünnes 
Häutchen,  das  auf  seiner  inneren  Seite  mit  stäbchenförmigen  Verdickungen  besetzt  ist.  Wie  man 
auf  Querschnitten  sieht  (Taf.  I.  Fig.  1.  2.  7.  8 c),  ragen  die  Verdickungen  in  die  Rindenschicht  der 
Zelle  vor,  von  der  Fläche  betrachtet  bedingen  sie  ein  körniges  Aussehen  des  freien  Zellenendes. 

Weniger  bedeutsam  als  die  Sübumbrella  ist  für  die  Festigkeit  der  zwischen  den  Gallert- 
lappen  bestehenden  Verbindung  das  dorsale  Epithel.  Dasselbe  ist  eine  dünne  Lage  grosser 
platter  polygonaler  Zellen,  die  arm  an  Protoplasma  sind,  dagegen  von  einer  dicken  Cuticula  über- 
zogen werden.  Letztere  zeigt  bei  Cunina  lativentris  und  Aeginopsis  eine  netzförmige  Zeichnung, 
bei  Cunina  sol  maris  dicht  neben  einander  gelagerte  ringförmige  Figuren,  was  beides  wohl  auf 
Verdickungen  in  der  Cuticula  zurückzuführen  ist. 

Zwischen  den  Plattenepithelien  finden  sich  bei  Aeginopsis  und  bei  Cunina  sol  maris  Haufen 
von  Nesselzellen,  die  namentlich  bei  letzteren  ansehnlich  sind.  Die  Nesselzellen  sind  sehr  kleine 
Körper  und  scheinen  nur  aus  dem  Kern  und  der  Nesselkapsel  zu  bestehen.  Ersterer  schmiegt 
sich  so  um  letztere  herum,  dass  es  aussieht  als  läge  die  Kapsel  im  Kern  selbst,  und  würde  wohl 
mancher,  der  die  Nesselkapseln  im  Kern  der  Zelle  entstehen  lässt,  in  diesen  Bildern  Stützen  für 
seine  Ansicht  zu  finden  meinen.  An  gefärbten  von  der  Fläche  betrachteten  Präparaten  erblickt 
man  Nichts  als  einen  Haufen  von  dicht  an  einander  gefügten  Kernen  mit  dicht  eingestreuten  Nessel- 
kapseln. Bei  Cunina  lativentris  fehlen  die  Nesselhaufen,  werden  dagegen  durch  die  Nessel  streifen 
ersetzt,  eigenthiimliche  Epithelleisten,  auf  deren  Besprechung  wir  beim  Nervensystem  zurückkommen 
werden.  In  der  Nähe  des  Schirmrands  liegt  unter  dem  Epithel  eine  zarte  Membran,  dieselbe  fehlt 
auf  der  Convexität  des  Schirms  oder  sie  ist  hier  so  zart,  dass  sie  nicht  mehr  nachgewiesen  wer- 
den kann. 

An  den  Stellen,  wo  Spalten  in  die  Gallerte  des  Schirmsaums  eindringen  und  dieselbe  in 
Lappen  zerlegen,  lagert  das  dorsale  Epithel  unmittelbar  auf  der  Subumbrella;  zugleich  nimmt  es 
hier  eine  abweichende  Beschaffenheit  an,  indem  an  einer  scharf  gezogenen  Linie  seine  platten  Ele- 
mente in  einen  dicken  aus  zahlreichen  kleinen  Zellen  gebildeten  Strang  sich  umwandeln,  den  wir 
als  Radialstrang  (ns)  bezeichnen  und  nach  seiner  histologischen  Beschaffenheit  später  noch  aus- 
führlicher besprechen  werden.  Indem  so  die  Spalten  zwischen  den  Gallertlappen  durch  das  dor- 
sale Epithel  und  die  Subumbrella  nach  unten  abgeschlossen  werden,  entstehen  die  Radialfurchen, 
welche  vom  Rande  aus  den  ganzen  Schirmsaum  durchsetzen. 

Die  geschilderten  Verhältnisse  lassen  sich  besonders  an  Schnitten  demonstriren,  welche  senk- 
recht zu  den  Radialsträngen  geführt  sind.  Dergleichen  Schnitte  sind  in  den  Figuren  7.  9 und  10 
von  Cunina  lativentris,  in  Figur  11  von  Cunina  sol  maris  auf  Tafel  II  dargestellt.  An  denselben 
sieht  man,  dass  die  Schirmgallerte  von  den  Radialfurchen  vollkommen  durchschnitten  wird;  dass 
dagegen  das  dorsale  Epithel  (d1)  und  die  Subumbrella  (d2)  erhalten  bleiben.  Beide  werden  von 
einander  durch  eine  deutliche  Membran  (s)  getrennt,  welche  sich  beiderseits  in  die  Stützlamelle  der 
Subumbrella  und  die  Membran  der  dorsalen  Schirmfläche  spaltet.  Die  in  dem  Spaltungswinkel 
gelegenen  Zellen  gehören  dem  Gastrovascularsystem  an. 

Wie  aus  dem  Gesagten  hervorgeht,  unterscheidet  sich  der  Schirmrand  der  Aegi- 
niden  sehr  wesentlich  von  dem  der  Aöraspeden,  mit  dem  er  sonst  vielfach  verglichen 
worden  ist.  Bei  den  Acraspeden  wird  die  Schirmglocke  von  einem  Saum  völlig  von  einander 
getrennter  Lappen  umgeben,  erst  nach  einwärts  von  der  Basis  derselben  beginnen  die  Muskelfasern 


14 


der  Subumbrella;  ein  einheitlicher  glatter  Schirmrand  wird  hierdurch  unmöglich  gemacht.  Bei  den 
Aeginiden  dagegen  ist  nur  die  Schirmgallerte  gelappt,  die  morphologisch  viel  wichtigere  Subumbrella 
ist  unverändert  und  wie  bei  den  übrigen  Craspedoten  beschaffen;  hier  kommt  es  denn  auch  in  der 
That  zur  Bildung  eines  glatten  oder  richtiger  nur  unbedeutend  eingekerbten  Schirmrandes,  von 
dessen  Umkreis  das  charakteristische  Organ  der  Craspedoten,  das  Velum,  entspringen  kann. 

Das  Velum  besteht  aus  folgenden  nach  ihrer  Anordnung  von  oben  nach  unten  aufgezählten 
Schichten:  J . dem  oberen  Epithel  (d '),  2.  der  Stützlamelle  (s),  3.  der  Muskelfaserschicht  (m2),  4.  dem 
unteren  Epithel  (d2).  Seine  Festigkeit  wird  hauptsächlich  durch  die  Stützlamelle  bedingt,  welche 
besonders  bei  Cunina  sol  maris  recht  ansehnlich  ist,  sich  aber  in  der  Nähe  des  Schirms  so  bedeu- 
tend verdünnt,  dass  sie  an  ihrer  Ursprungsstelle  selbst  auf  dünnen  Schnitten  nur  mit  Mühe  oder 
überhaupt  gar  nicht  nachgewiesen  neiden  kann.  Hier  reisst  daher  das  Velum  auch  leichter  als 
an  irgend  einer  anderen  Stelle  ein  und  kann  durch  einen  kräftigen  Zug  als  Ganzes  vom  Schirm 
losgelöst  werden.  Seine  Stützlamelle  geht  am  Schirmrand  einerseits  in  die  Membran  der  Subumbrella, 
andererseits  in  das  dünne  Häutchen  auf  der  dorsalen  Seite  der  Gallerte  über.  Da  alle  3 Membranen 
nicht  sehr  stark  sind,  so  lässt  sich  ihr  Zusammenhang  weniger  deutlich  zur  Anschauung  bringen, 
als  es  z.  B.  bei  den  Geryoniden  der  Fall  ist. 

Von  den  3 übrigen  Schichten  des  Velum  ist  das  obere  Epithel  die  Fortsetzung  der  Zellen- 
lage, welche  die  Convexität  des  Schirms  überzieht,  unterscheidet  sich  aber  von  ihr  wesentlich  durch 
seine  Beschaffenheit.  Seine  Zellen  sind  kleiner  als  auf  der  Oberfläche  der  Gallerte,  dagegen  proto- 
plasmareicher und  höher.  Ihre  peripheren  Enden  ragen  über  die  Oberfläche  des  Velum  höckerartig 
hervor,  wie  dies  an  Querschnittsbildern  gut  zu  sehen  ist  (Taf.  I.  Fig.  1 . 2.  7.  8 d ').  — In  ähnlicher 
Weise  weicht  das  untere  Epithel  vom  Epithel  der  Subumbrella  ab,  mit  dem  es  im  Uebrigen  eben- 
falls eine  einzige  continuirliche  Lage  bildet. 

Die  zwischen  der  Stützlamelle  und  dem  unteren  Epithel  gelegene  Muskelschicht  enthält  allein 
circulär  verlaufende,  sehr  lange  spindelige  Fibrillen  von  beträchtlicher  Dicke.  Sie  sind  quergestreift 
und  in  der  Weise  abgeplattet,  dass  ihre  Kanten  einerseits  das  Epithel,  andererseits  die  Stützlamelle 
berühren.  Die  Fibrillen  lassen  sich  leicht  nach  vorangegangener  Maceration  isoliren,  häufig  gelingt 
es  hierbei  sogar  den  Zusammenhang  mit  den  Epithelzellen  zu  erhalten,  von  denen  sie  ausgeschieden 
worden  sind.  Nach  radialen  Muskelzügen,  welche  Haeckel  (37)  beschreibt,  haben  wir  uns  ver- 
gebens umgesehen  und  glauben  wir  die  Existenz  derselben  in  Abrede  stellen  zu  müssen,  da  wir 
sie  weder  beim  Zerzupfen  haben  auffinden  können,  noch  bei  der  Betrachtung  von  Velumstücken, 
von  denen  das  Epithel  durch  Pinseln  entfernt  war. 

Die  Muskelfaserschicht  des  Velum  und  der  Subumbrella  hängen  nicht  unmittelbar  zusammen, 
wie  es  gewöhnlich  dargestellt  wird,  sondern  sind  durch  einen  schmalen  Saum  getrennt,  innerhalb 
dessen  die  Muskelfasern  fehlen.  Dieser  Saum  liegt  zur  Hälfte  unter  dem  Velum,  zur  Hälfte  unter 
dem  Schirm.  Wir  werden  «auf  ihn  noch  bei  der  Besprechung  des  Nervensystems  zurückkommen. 

An  der  anatomischen  Zusammensetzung  des  Schirmrands  betheiligt  sich  das  Gastrovas- 
cularsystem  bei  den  einzelnen  Aeginiden  in  sehr  verschiedener  Weise.  Dasselbe  zeigt  über- 
haupt innerhalb  der  Familie  ein  sehr  eigentümliches  Verhalten,  so  dass  wir  etwas  ausführlicher 
auf  seine  Schilderung  eingehen. 

Auf  der  unteren  Seite  der  Schirmscheibe  lagert  der  sehr  ansehnliche,  grosser  Erweiterung 
fähige  Magen  mit  der  in  hohem  Grad  ausdehnbaren  Mundöffnung  in  seiner  unteren  Wand;  er 
bildet  nach  der  Peripherie  zu  zahlreiche  Aussackungen  von  ungefähr  quadratischer  Gestalt,  in  deren 
unterer  Wand  die  Geschlechtsprodukte  entstehen.  Bei  Aeginopsis  (Taf.  X.  Fig.  5)  sind  8 derartige 


15 


Magentaschen  (,«)  vorhanden;  bei  den  Cuninen  (Taf.  X.  Fig.  4 und  6)  nimmt  ihre  Zahl  mit  dem 
Alter  bedeutend  zu,  bei  grossen  Exemplaren  betrug  sie  12 — 16,  scheint  aber  noch  beträchtlicher 
werden  zu  können;  sie  entspricht  genau  der  Zahl  der  Gallertlappen.  Magentaschen  und  Gallert- 
lappen alterniren  bei  den  Cuninen  mit  einander  in  der  Weise,  dass  der  zwischen  zwei  Lappen 
gelegene  Spalt  oder  richtiger  die  Radialfurche  gerade  auf  die  Mitte  der  Circumferenz  einer  Magen- 
tasche trifft  und  hier  endet.  Bei  Aeginopsis  sind  doppelt  soviel  Taschen  als  Lappen  vorhanden. 
Jene  vertheilen  sich  in  der  Weise,  dass  genau  zwei  Magentaschen  auf  einen  Lappen  kommen,  was 
zur  Folge  hat,  dass  die  Radialfurchen  in  die  Einbuchtung  zwischen  zwei  Magentaschen  eindringen. 
Die  Lagebeziehungen,  in  denen  die  Magentaschen  und  Randlappen  zu  einander  stehen,  scheinen 
somit  auf  den  ersten  Blick  bei  Cunina  und  Aeginopsis  wesentlich  verschieden  zu  sein,  in  so  fern 
das  eine  Mal  die  Radialfurchen  an  den  Magentaschen,  das  andere  Mal  zwischen  denselben  enden. 
Indessen  lässt  sich  das  Verhalten  von  Aeginopsis  leicht  auf  das  von  Cunina  zurüekführen , wenn 
wir  annehmen,  dass  eine  einzige  Tasche  der  letzteren  einem  Taschenpaar  der  ersteren  entspricht, 
dass  somit  bei  Aeginopsis  eine  Verdoppelung  der  ursprünglichen  Anzahl  Statt  gefunden  hat.  Wir 
würden  dann  bei  dieser  Art  unter  den  Einbuchtungen,  welche  zwei  benachbarte  Taschen  trennen, 
primäre  und  secundäre  zu  unterscheiden  haben.  Die  primären  allein  würden  den  Einbuchtungen, 
die  secundären  dagegen  den  Enden  der  Magentaschen  von  Cunina  entsprechen. 

Das  Gleiche  würde  für  die  von  Eschscholz  (26)  aufgestellte  Gattung  Aegina  gelten.  Auch 
hier  treffen  die  Radialfurchen  auf  die  Mitte  zwischen  zwei  Magentaschen,  dafür  ist  aber  ebenfalls 
die  Zahl  der  letzteren  doppelt  so  gross  als  die  der  ersteren.  Wenn  wir  die  ' von  Esciischolz  gegebene 
Abbildung  der  Aegina  rosea  (Taf.  X.  Fig.  3 a)  betrachten,  so  können  wir  für  die  vertretene  Auf- 
fassung einen  weiteren  Stützpunkt  darin  finden,  dass  die  den  Radialfurchen,  resp.  was  gleichbedeutend 
ist,  den  Tentakelbasen  entsprechende  Einkerbung  weniger  tief  ist  als  die  zwischen  denselben  gelegene. 
Hier  wird  es  uns  nahe  gelegt,  die  tieferen  Kerben  als  die  primären,  die  weniger  tiefen  als  die 
secundären  zu  betrachten.  Bei  einer  zweiten  von  Eschscholz  beschriebenen  Art,  der  Aegina  citrea, 
sehen  wir  (Taf.  XI.  Fig.  4 a)  sogar  tertiäre  Einschnürungen  auftreten , die  sich  als  ganz  schwache 
Kerben  am  Ende  der  8 Magentaschen  bemerkbar  machen,  so  dass  eine  Tendenz  zur  Unterabtheilung 
der  Taschen  unverkennbar  ist.  Die  Bildung  der  secundären  Einschnürungen  lässt  sich  ausserdem 
noch  durch  ein  Hinaufrücken  der  Tentakelbasen  erklären,  auf  deren  eigenthümliche  Ursprungs- 
verhältnisse wir  sogleich  näher  eingehen  werden. 

So  können  Aeginopsis,  Cunina  und  Aegina  auf  eine  gemeinsame  Grundform  zurückgeführt 
werden.  Bei  allen  entspringen  die  Tentakeln  auf  homologen  Punkten;  diese  entsprechen,  wie  wir 
bei  Cunina  aus  der  Art,  in  der  sich  der  Ringkanal  mit  den  Magentaschen  verbindet,  schliessen 
können,  genau  den  Punkten,  an  denen  wir  die  Radialkanäle  suchen  müssten,  wenn  solche  vorhanden 
wären,  sind  somit  radial.  Da  nun  bei  keiner  craspedoten  Meduse  die  radialen  Tentakeln  fehlen, 
noch  weniger  aber  interradiale  Tentakeln  ohne  radiale  vorhanden  sind,  so  ist  dies  ein 
weiterer  Punkt,  der  uns  zur  Annahme  der  oben  gegebenen  Vergleichung  nöthigt. 

Noch  verschiedenartiger  als  die  Magentaschen  sind  bei  den  einzelnen  Arten  der  Aeginiden 
die  an  den  Schirmrand  grenzenden  Tlieile  des  Gastrovascularsy  stems  beschaffen. 
Bei  ihrer  Schilderung  gehen  wir  von  Cunina  lativentris  aus,  bei  der  die  Verhältnisse  am  leichtesten 
zu  untersuchen  sind.  Um  hier  das  Gastro  vascularsystem  gut  übersehen  zu  können,  muss  man  eine 
Cunina  lativentris  völlig  ausbreiten,  so  dass  Schirmscheibe,  Schirmsaum  und  Velum  in  einer  Ebene 
liegen.  Es  gelingt  dies  nur  mit  grosser  Mühe  an  lebenden  Tliieren,  da  bei  ihnen  der  Randsaum 
und  das  Velum  krampfhaft  unter  die  Gallertscheibe  eingeschlagen  werden;  leichter  fällt  es  an 


16 


abgeleiteten  Exemplaren  und  empfiehlt  es  sich  denn,  solche  zu  nehmen,  die  mit  Carmin  gefärbt 
worden  sind,  um  das  Gastro  vascularsystem  deutlicher  zu  machen. 

In  der  geschilderten  Lagerung  erkennt  man  an  der  Cunina  einen  deutlichen  Ring  kan  al 
(Taf.  X.  Fig.  4 r),  der  einen  eigentümlichen  Verlauf  besitzt,  indem  er  genau  den  Grenzen  der 
Gallertlappen  folgt.  In  jedem  Lappen  bildet  er  der  Insertion  des  Velum  entsprechend  einen  flachen 
Bogen,  dann  biegt  er  der  Mitte  jeder  Magentasche  gegenüber  rechtwinkelig  um  und  verläuft  nun 
am  Rand  der  Radialfurche  hin  bis  zur  Magentasche  (,«),  in  deren  Mitte  er  einmündet.  Der  einem 
Lappen  angehörige  Theil  des  Ringkanals  besteht  somit  ans  3 Abschnitten,  zwei  radialen  vom 
Schirmrand  zu  den  Magentaschen  verlaufenden  Schenkeln  und  dem  bogenförmigen  Verbindungsstück 
derselben.  Die  correspondirenden  radialen  Schenkel  zweier  benachbarter  Lappen  sind  paarweis 
genähert  und  nur  durch  den  Radialstrang  (ns)  von  einander  getrennt.  Bei  der  Betrachtung  von 
oben  kann  man  daher  versucht  sein,  sie  für  einen  einzigen  radialen  Kanal  zu  halten,  der  sich  am 
Schirmrand  nach  rechts  und  links  gabelt.  Querschnitte  durch  den  Radialstrang  schützen  vor  diesem 
Irrthum  und  zeigen,  wie  aus  den  Figuren  7.  9.  10  auf  Tafel  II  ersichtlich  ist,  dass  zwei  völlig 
getrennte  Kanäle  vorliegen.  Die  Querschnitte  derselben  sind  auf  den  citirten  Abbildungen  nur  zu 
einem  sehr  kleinen  Theil  eingezeichnet,  es  sind  die  zu  beiden  Seiten  des  Radialstrangs  gelegenen 
blasigen  Epithelzellen,  welche  klein  sind  soweit  sie  an  die  Gallerte  grenzen  (r1),  gross  und  hoch 
dagegen  über  der  Basalmembran  der  Subumbrella  (r2). 

Bei  Cunina  sol  maris  und  Aeginopsis  scheint  auf  den  ersten  Blick  ein  Ringkanal  völlig  zu 
fehlen.  Genauere  Untersuchung  lehrt  jedoch,  dass  da,  wo  bei  Cunina  lativentris  sich  ein  wohl- 
entwickelter Kanal  befindet,  bei  den  genannten  Arten  ein  Zellstrang  verläuft.  Auf  feinen  Quer- 
schnitten durch  den  Schirmrand  überzeugt  man  sich  am  leichtesten  von  seiner  Anwesenheit;  man 
gewahrt  dann  in  dem  Winkel,  in  dem  die  Basalmembran  des  dorsalen  Epithels  und  die  Stützlamelle 
der  Subumbrella  zusammenstossen , stets  eine  körnige  Masse,  in  der  ein  bis  zwei  Kerne  liegen 
(Taf.  I.  Fig.  7.  8r  von  Cunina,  Taf.  II.  Fig.  2r  von  Aeginopsis) ; desgleichen  findet  man  auf  Quer- 
schnitten durch  die  Radialstreifen  beiderseits  von  ihnen  1 bis  2 Zellen  (Taf.  II.  Fig.  1 1 r von  Cunina). 
Entfernt  man  an  macerirten  Exemplaren  das  Epithel  der  oberen  Schirmfläche  und  der  Subumbrella 
durch  vorsichtiges  Pinseln,  so  kann  man  den  auf  Querschnitten  nachgewiesenen  Zellstreifen  auf 
längere  Strecken  isolirt  darstellen  (Taf.  II.  Fig.  12  r von  Cunina)  und  verfolgen,  wie  er  zeitweilig 
in  seinem  Verlauf  Anschwellungen  bildet,  die  sich  an  der  Basis  der  Sinneskörper  vorfinden. 

Da  wir  demnach  bei  Cunina  sol  maris  und  Aeginopsis  einen  Zellstrang  nachweisen  können, 
der  in  seiner  Anordnung  völlig  mit  dem  Ringkanal  der  Cunina  lativentris  übereinstimmt,  so  sind 
wir  berechtigt,  beide  Bildungen  für  einander  homolog  zu  halten  und  den  Zellstrang  als  das  Rudi- 
ment eines  Ringkanals  zu  deuten. 

Im  Zusammenhang  mit  der  so  eigentliümlichen  Beschaffenheit  des  Schirmrands  und  des  Gastro- 
vascularsystems  steht  endlich  noch  die  ganz  abweichende  Befestigung  der  Tentakeln.  Während 
dieselben  bei  den  meisten  Craspedoten  am  Schirmrand  befestigt  sind,  entspringen  sie  bei  den  Aegi- 
niden  in  grosser  Entfernung  von  ihm  auf  der  convexen  Seite  des  Schirms  und  am  Ende  einer 
Radialfurche,  die  sich  zur  Aufnahme  der  Tentakelbasis  ansehnlich  verbreitert.  Bei  den  Cuninen 
(Taf.  X.  Fig.  5 und  6 1)  sind  sie  in  gleicher  Anzahl  wie  Radialfurchen  vorhanden ; da  diese  an 
den  Magentaschen  enden,  sitzen  sie  gleichfalls  der  obern  Wand  derselben  auf.  Bei  Aeginopsis 
dagegen  (Taf.  X.  Fig.  5)  lagern  die  Basen  der  Tentakeln  auf  den  Einschnürungen,  welche  zwei 
benachbarte  Magentaschen  trennen;  zugleich  kommen  nur  zwei  Tentakeln  auf  die  in  Vierzahl  vor- 
handenen Radialfurchen,  so  dass  zwei  der  letzteren,  ohne  eine  Tentakelbasis  zu  berühren,  auf  der 


17 


Schirmoberfläche  verlaufen.  Dieselben  sind  die  weniger  entwickelten  lind  erscheinen  demgemäss 
im  Vergleich  zu  den  beiden  anderen  rückgebildet,  ein  Umstand,  der  für  die  Annahme  spricht,  dass 
an  ihren  Enden  ursprünglich  ebenfalls  Tentakeln  gestanden  haben  mögen.  Aeginopsis  medi- 
terranea  würde  sich  somit  von  den  Aeginen  durch  partielle  Rückbildung  der  Ten- 
takeln ableiten.  Das  Gleiche  würde  auch  für  die  von  Brandt  (12)  beschriebene  Aeginopsis 
Laurenti  gelten,  bei  der  alle  Organe  in  verdoppelter  Anzahl  als  bei  A.  mediterranea  Vorkommen. 
Wie  sich  aus  der  vortrefflichen  MERTENs’schen  Abbildung  (12.  Taf.  VI)  mit  Sicherheit  entnehmen 
lässt,  sind  hier  4 Tentakeln  und  S Radialfurchen  vorhanden,  diesen  8 Radialfurchen  entsprechen  wie 
bei  den  Aeginen  16  Magentaschen '). 

Ist  die  hier  versuchte  Ableitung  der  Aeginopsisarten  von  den  Aeginen  und  die  Rückführung 
dieser  letzteren  auf  die  Cuninen,  wie  wir  sie  früher  gegeben  haben,  berechtigt,  so  würden  die 
Aeginiden  eine  fortlaufende  Entwicklungsreihe  bilden.  An  den  Anfang  dieser  Reihe  würden  Cuninen 
mit  Ringkanal  (Cuninen  s.  str.  nach  Mecznikow?),  wie  z.  B.  Cunina  lativentris,  zu  stehen  kommen; 
an  diese  würden  sich  Cuninen  mit  rückgebildetem  Ringkanal  (Polyxenien  nach  Mecznikow?)  an- 
schliessen,  z.  B.  Cunina  sol  maris;  weiterhin  würden  die  durch  Verdoppelung  der  Magentaschen 
sich  auszeichnenden  Aeginen  folgen;  den  Abschluss  endlich  würde  die  Gattung  Aeginopsis  mit 
partiellem  Schwund  der  Tentakeln  bilden.  In  dieser  Entwicklungsreihe  findet  nur  Gegenbaur’s 
Gattung  Aegineta  keinen  Platz ; wie  wir  jedoch  später  zeigen  werden,  haben  wir  begründete  Zweifel 
an  der  Existenz  derselben.  Bemerkens werth  erscheint  uns  noch,  dass  die  mit  der  Verlagerung  der 
Tentakeln  im  Zusammenhang  stehende  Einkerbung  des  Schirmrands  am  ausgesprochensten  ist  bei 
den  Cuninen  s.  str.,  bei  den  übrigen  Arten  dagegen  sich  mehr  und  mehr  verwischt,  ein  Beweis, 
dass  diese  sogenannte  Lappung  des  Schirmrands  nicht  mit  der  Lappung  bei  den  Acraspeden  auf 
gleiche  Stufe  gestellt  werden  darf. 

Die  Tentakeln  der  Aeginiden  sind  wenig  beweglich  und  zeichnen  sich  dadurch  aus, 
dass  sie  von  der  Oberfläche  des  Schirms  starr  abstehen.  In  ihrer  Axe  findet  sich  eine  einzige 
Reihe  grosser  blasiger  Zellen,  die  von  dem  Epithelüberzug  durch  eine  dicke  Stützmembran  getrennt 
werden.  An  der  Basis  verlängert  sich  die  Reihe  der  Axenzellen  in  einen  zugespitzt  endenden 
Fortsatz,  der  in  der  Gallerte  verläuft  und  der  oberen  Fläche  der  Magentaschen  unmittelbar  auf  liegt. 

Fassen  wir  zum  Schluss  noch  einmal  kurz  zusammen,  wodurch  sich  der  Schirmrand  der 
Aeginiden  von  dem  der  übrigen  Craspedoten  unterscheidet,  so  müssen  folgende  3 Punkte  besonders 
hervorgehoben  werden : 

1.  Die  Gallerte  wird  im  Bereich  des  Schirmsaums  durch  tiefe  radial  verlaufende  Furchen 
eingeschnitten. 

2.  Die  Tentakeln  sind  an  das  Ende  dieser  Furchen  vom  Schirmrand  hinaufgerückt , ihre 
Basen  stehen  aber  mit  letzterem  noch  mittels  eines  Zellstrangs  im  Zusammenhang,  den  wir  im 
Folgenden  als  Radialstrang  näher  beschreiben  werden. 

3.  Der  Ringkanal  oder  dessen  Rudiment  lenkt  am  Rande  jeder  Radialfurche  von  seinem 
gewöhnlichen  circulären  Verlauf  ab,  indem  er  rechtwinkelig  umbiegt  und  an  das  Ende  der  Magen- 
taschen tritt. 


1)  Wenn  wir  die  Aeginopsis  mediterranea  und  A.  Laurenti  mit  einander  vergleichen,  so  werden  wir  auf  den  Punkt  geleitet, 
in  dem  wir  das  Charakteristicum  der  Aeginopsisarten  zu  suchen  haben;  wir  würden  vorschlagen,  letztere  als  Aeginen  zu  detiniren, 
bei  denen  sich  jeder  zweite  Tentakel  rückgebildet  hat,  bei  denen  somit  Radialfurchen  mit  Tentakeln  und  Radialfurchen  ohne  solche 
regelmässig  mit  einander  abwechseln.  Jedenfalls  hat  L.  Agassiz  (4,  S.  169)  Unrecht,  wenn  er  zwei  einander  so  nahe  stehende  Arten 
wie  die  genannten  beiden  generisch  von  einander  trennt,  indem  er  die  A.  mediterranea  (J.  Müller)  zur  Gattung  Campanella  hinüber- 
zieht, die  A.  Laurenti  (Brandt)  bei  der  Gattung  Aeginopsis  belässt. 

Hertwig,  Medusen. 


3 


18 


Alle  diese  Abweichungen  vom  normalen  Verhalten  stehen  offenbar  in  ursächlichem  Zusammen- 
hang, ohne  dass  wir  jedoch  entscheiden  möchten,  von  wo  aus  der  Anstoss  zu  den  Umwändelungen 
ausgegangen  ist. 

Von  den  Umänderungen  nicht  betroffen  sind  allein  unter  den  besprochenen  Organen  das 
Velum  und  die  Subumbrella;  ihnen  schliessen  sich,  wie  wir  später  sehen  werden,  das  Nervensystem 
und  die  Sinnesorgane  an. 

Literatur.  Die  Organisation  der  Aeginiden  hat  in  der  Literatur  eine  sehr  verschiedene  Dar- 
stellung erfahren  und  zu  mannigfachen  Irrthümem  Veranlassung  gegeben,  die  zum  Theil  spät,  zum 
Tlieil  gar  nicht  berichtigt  worden  sind.  Die  erste  genauere  Schilderung  rührt  von  Eschscholz  (26) 
her,  der  namentlich  zwei  der  Gattung  Aegina  und  zwei  der  Gattung  Cunina  angeliörige  Arten  in 
einer  für  die  damalige  Zeit  ganz  vortrefflichen  Weise  beschreibt.  Bei  den  Aeginen,  die  sich  nach 
ihm  dadurch  charakterisiren , dass  doppelt  so  viel  Magentaschen  als  Tentakeln  vorhanden  sind  und 
dass  letztere  in  den  Zwischenräumen  zwischen  ersteren  stehen,  bezeichnet  er  die  Radialfurchen  als 
Furchen,  die  vom  Schirmrand  nach  den  Fangfäden  hinaufgehen  und  sich  noch  etwas  über  dieselben 
hinaus  nach  dem  Mittelpunkt  der  Scheibe  hin  fortsetzen.  Ferner  erwähnt  er  das  zugespitzte  Ende, 
mit  dem  sich  der  Tentakel  in  der  oberen  Magen  wand  befestigt,  denn  als  solches  muss  wohl  die 
mit  der  Wurzel  der  Fangfäden  zusammenhängende  blassgelbe  Blase,  welche  sich  über  dem  Magen 
nach  dem  Mittelpunkt  der  Scheibe  hin  erstreckt,  gedeutet  werden.  Bei  den  Cuninen,  bei  denen 
die  Tentakeln  am  Ende  jeder  Magentasche  entspringen  sollen,  wird  die  lappige  Beschaffenheit  des 
Randes  der  Gallertscheibe  und  die  Lagerung  der  Lappen  zu  den  Magentaschen  richtig  dargestellt. 

Vortreffliche  Abbildungen  von  Aeginiden,  einer  Aeginopsis  mit  8 Radialfurchen  und  4 Ten- 
takeln, einer  Polyxenia  mit  36  Tentakeln  und  Radialfurchen  und  einer  fälschlich  als  Aequorea  rho- 
doloma  beschriebenen  Cunina  finden  sich  auch  in  der  durch  Brandt  (12)  besorgten  Ausgabe  der 
MERTENs’sehen  Medusenmonographie;  die  zugehörigen  Schilderungen  stehen  freilich  wesentlich  hinter 
den  von  Eschscholz  gegebenen  zurück.  Die  gut  abgebildeten  Randfurchen  werden  das  eine  Mal 
als  „Radien“,  das  andere  Mal  als  „rippenartige  Verlängerungen  der  Magentaschen“  aufgeführt. 

Indem  wir  uns  darauf  beschränken,  die  Untersuchungen  von  Will  (86),  Kölliker  (51)  und 
Joh.  Müller  (72)  hier  kurz  zu  nennen,  da  dieselben  nicht  mehr  gesehen  haben,  als  was  schon 
durch  Eschscholz  bekannt  war,  wenden  wir  uns  zu  einer  ausführlicheren  Besprechung  der  Dar- 
stellung, die  Gegenbaue  (33)  in  seinem  „Versuch  eines  Systems  der  Medusen“  von  dem  Bau  der 
Aeginiden  gegeben  hat.  Der  genannte  Forscher  bestreitet  für  alle  Aeginiden  die  Existenz  der  von 
früheren  Autoren  übereinstimmend  angenommenen  Einkerbung  des  Schirmrands  und  führt  den  An- 
schein derselben  auf  Contractionszustände  der  Medusen  zurück ; vom  Gastrovascularsystem  beschreibt 
er  den  Magen  und  die  Magentaschen;  die  Tentakeln  lässt  er  bei  einigen  Arten,  den  Cuninen,  am 
Ende  der  Magentaschen,  bei  Aegina,  Aeginopsis  und  Aegineta  dagegen  zwischen  denselben  ent- 
springen und  zwar  sollen  bei  Aegineta  ebensoviel  Tentakeln  als  Magentaschen,  bei  Aegina  die 
doppelte  Anzahl  der  Magentaschen  vorhanden  sein. 

Die  Schilderungen  der  einzelnen  Arten,  von  denen  diese  allgemeine  Auffassung  abstrahirt 
worden  ist,  stimmen  in  mehrfacher  Hinsicht  nicht  mit  den  Ergebnissen  unserer  Untersuchung  überein. 
Bei  den  Arten,  die  Gegenbaur  der  Gattung  Cunina  zurechnet,  scheint  er  uns  den  Randsaum  noch 
fiir  einen  Theil  des  Velum  gehalten  zu  haben.  Wir  glauben  dies  daraus  schliessen  zu  müssen, 
dass  er  in  seinen  Zeichnungen  und  Schilderungen  das  Ende  der  Magentaschen  bis  an  den  Ursprung 
des  Velum  reichen  lässt  und  eben  dahin  die  Basen  der  Tentakeln  verlegt,  während  thatsächlicli 
hier  erst  der  Randsaum  des  Schirms  beginnt;  weiterhin  schliessen  wir  es  aus  der  Angabe,  dass 


19 


„das  Velum  von  mehreren  am  Ende  der  Magensäcke  entspringenden  Kanälen  durchsetzt  sei,  deren 
jeder  am  Rande  des  Veliun  geschlossen  ende“.  Nach  den  Abbildungen  zu  urtheilen  — wir  ver- 
weisen hier  besonders  auf  die  Figur  1.  Tafel  X,  die  sich  auf  Cunina  vitrea  bezieht  — hat  Gegenbaur 
hier  die  Radialfurchen  des  Schirmsaums  für  Kanäle  des  Yelum  gehalten.  Wie  aber  schon  Fritz 
Müller  (69)  hervorgehoben  hat,  existiren  gastrovasculäre  Kanäle  im  Yelum  bei  den  Aeginiden 
ebenso  wenig  wie  bei  den  übrigen  Craspedoten. 

Auf  der  anderen  Seite  scheint  uns  Gegenbaur  bei  den  Formen,  aus  denen  er  die  Gattung 
Aegineta  gebildet  hat,  die  Lappen,  welche  den  Randsaum  des  Schirms  bilden,  mit  den  Magentaschen 
verwechselt  zu  haben;  es  lässt  sich  dies  für  jede  der  gegebenen  Schilderungen  und  Abbildungen 
mehr  oder  minder  wahrscheinlich  machen.  Bei  Aegineta  rosea  sollen  die  Magentaschen  bis  an  den 
Rand  des  Velum  heranreichen  und  in  einem  besonderen  dünnen  membranösen  Körpersaum  liegen, 
sie  sollen  nur  durch  einen  ganz  schmalen  Raum  von  einander  getrennt  sein  und  ihre  Wandung 
durch  spangenartige  Gebilde  mit  dem  Velum  verbunden  werden.  Was  hier  Gegenbaur  beschreibt, 
ist  offenbar  der  Randsaum,  dessen  Radialfurchen  für  die  Zwischenräume  zwischen  den  Magentaschen 
gehalten  worden  sind.  Die  spangenartigen  Gebilde  sind  die  bei  manchen  Aeginiden  vorkommenden 
Nesselstreifen,  die  wir  beim  Nervensystem  noch  näher  besprechen  werden.  Dieselben  entspringen 
am  Schirmrand,  verlaufen  auf  der  Oberfläche  des  Randsaums  und  bedingen  hier  Hervor  Wölbungen 
der  Oberfläche,  wie  sie  Gegenbaur  in  Figur  7 der  Tafel  X abbildet;  dagegen  stehen  sie  in  keinen 
Beziehungen  zu  den  Magentaschen,  bis  an  welche  sie  nicht  einmal  heranreichen. 

Die  gleiche  Form  und  Lagerung  der  Magentaschen  wird  für  Aegineta  globosa,  A.  prolifera, 
A.  flavescens  und  A.  sol  maris,  welch  letztere  wir  mit  unserer  Cunina  sol  maris  für  identisch  halten, 
geschildert.  Für  einen  Theil  derselben  ist  die  Bemerkung,  dass  die  Randbläschen  am  Rand  der 
Magentaschen  sitzen,  ein  weiterer  Beweis,  dass  die  Gebilde,  die  Gegenbaur  als  Magentaschen  deutet, 
den  Lappen  des  Schirmsaums  entsprechen. 

Die  hier  näher  begründete  Annahme  hat  schon  früher  vermuthungsweise  F.  Müller  aus- 
gesprochen. „Da  die  Umgrenzung  des  Magens  und  seiner  Taschen“,  äussert  sich  Müller  (69  S.  50) 
in  seiner  Abhandlung  über  die  Cunina  Koellikeri,  „nur  schwierig  zu  erkennen  sind,  kann  man  leicht 
in  Versuchung  kommen,  die  Randlappen  der  Gallertscheibe  für  Magentaschen  zu  nehmen.  Bei  Be- 
trachtung der  Figuren,  die  Gegenbaur  von  seinen  Aeginetaarten  giebt,  kann  ich  mich  des  Ver- 
dachtes nicht  entschlagen,  dass  bei  den  meisten  derselben  dieser  Missgriff  geschehen  sei,  dass  sie 
also  zu  Cunina  gehören“  u.  s.  w.  Wie  berechtigt  die  Annahme  ist,  mag  man  daraus  entnehmen, 
dass  wir  zu  derselben  schon  gelangt  waren,  bevor  wir  Müller’s  Arbeit  gelesen  hatten. 

Was  wir  hier  über  die  Magentaschen  der  Aegineten  gesagt  haben,  gilt  auch  von  den  An- 
gaben von  Keferstein  und  Ehlers  (47),  die  nicht  über  die  von  Gegenbaur  gegebene  Darstellung 
hinaus  gekommen  sind  und  deren  neue  Aeginetaarten  sich  wohl  schwerlich  von  den  Ge g e nb aue 'sehen 
werden  unterscheiden  lassen.  Da  nun  die  Schilderungen  der  genannten  drei  Autoren  die  einzigen 
sind,  welche  in  der  Literatur  über  das  Genus  Aegineta  vorliegen,  so  sind  in  uns  Zweifel  wach 
geworden,  ob  überhaupt  die  Aufstellung  des  Genus  zu  Recht  besteht.  Hierbei  muss  noch  in 
Betracht  gezogen  werden,  dass  Cunina,  Aeginopsis  und  Aegina,  wie  wir  oben  gezeigt  haben, 
auf  eine  gemeinsame  Grundform  zurückgeführt  werden  können,  was  für  Aegineta  nicht  möglich 
ist;  ausserdem  würden  die  Aegineten  die  einzigen  Medusen  sein,  bei  denen  nur  interradiale  und 
keine  radialen  Tentakeln  vorhanden  wären.  Im  Uebrigen  beschränken  wir  uns  hier  eine  Frage 
in  Anregung  zu  bringen,  in  der  nur  durch  häufige  Beobachtung  vieler  Arten  Sicherheit  gewonnen 
werden  kann. 


3 


20 


Von  dem  Verliältniss,  in  dem  die  Magentaschen  und  Tentakeln  hei  Cunina  zu  einander 
stehen,  giebt  Leuckart  (58)  eine  mit  Gegenbaur’s  Angaben  übereinstimmende  Darstellung;  der  Ein- 
kerbung des  Schirms  und  der  von  diesem  ausgehenden  Radialfurchen  thut  er  keine  Erwähnung. 
Eigentümliche  Angaben  macht  er  über  eine  nach  seiner  Ansicht  neue  Art,  die  als  Paryphasma 
planiusculum  bezeichnet  wird,  uns  aber  eine  Cunina  zu  sein  scheint.  Ist  letztere  Annahme  richtig, 
so  werden  wir  nämlich  in  den  24  dünnen  Radialkanälen,  die  unter  der  Wurzel  je  eines  Tentakels 
aus  der  Peripherie  des  Magensacks  entspringen  und  bis  an  das  untere  Ende  des  Mantelsaums 
reichen,  die  Radialfurchen  zu  erblicken  haben. 

Auf  die  lappige  Beschaffenheit  des  Schirmrands  der  Cuninen  hat  zuerst  wieder  Fritz  Müller  (69) 
in  der  Schilderung  der  Cunina  Koellikeri  aufmerksam  gemacht.  Seine  Angaben  unterscheiden  sich 
jedoch  darin  sehr  wesentlich  von  den  unseren,  dass  er  den  radialen  Spalt  bis  zur  Tentakelbasis 
alle  Schichten  des  Schirms  durchsetzen  lässt.  Ausserdem  wird  der  Spalt  viel  breiter  dargestellt, 
als  er  bei  den  von  uns  untersuchten  Arten  ist,  und  es  wird  die  Membran,  welche  ihn  überbrückt, 
als  Velum  gedeutet,  welches  somit  bis  an  die  Tentakelbasis  reichen  würde. 

In  dem  letzterwähnten  Punkt  stimmt  Haeckel  (37)  mit  F.  Müller  überein.  Nach  ihm  wird  bei 
Cunina  rhododactyla  der  „kragenähnliche  Saum“  des  Schirms  in  8 — 16  rundliche  Lappen  gespalten 
und  der  Zwischenraum  zwischen  den  Lappen  von  dem  Velum  ausgefüllt.  Die  Magentaschen  deutet 
Haeckel  als  die  ausserordentlich  verbreiterten  Radialkanäle,  zugleich  weist  er  zum  ersten  Mal  auf 
die  Anwesenheit  eines  Ringkanals  hin,  dessen  Mangel  früher  als  ein  wichtiger  Charakter  der  Aegi- 
niden  angesehen  worden  sei.  Der  Ringkanal  solle  von  einer  Magentasche  zur  andern  verlaufen 
und  hierbei  dem  Rand  der  Schirmlappen  folgen. 

Das  Verhalten  des  Ringkanals  bei  den  Aeginiden  hat  endlich  in  der  Neuzeit  Mecznikow  (64.  65) 
genauer  untersucht  und  ist  zu  dem  Resultat  gekommen,  dass  ein  Theil  derselben  mit  einem  solchen 
versehen  sei  und  zwar  alle  die,  welche  sich  durch  den  Besitz  der  Nesselstreifen  und  ungeschlechtliche 
Vermehrung  auszeichnen,  dass  er  bei  anderen  dagegen  fehle.  Unter  letzteren  führt  er  Gegenbaur’s 
Aegineta  flavescens,  die  er  mit  Will’s  Polyxenia  leucostyla  identifieirt,  und  Cunina  albescens  (Po- 
lyxenia albescens  nach  Mecznikow),  endlich  die  Aeginopsis  mediterranea  auf;  es  sind  dies  Formen, 
die  nach  unseren  Beobachtungen  an  Cunina  sol  maris  und  Aeginopsis  mediterranea  jedenfalls  nur 
ein  Rudiment  von  Ringkanal  besitzen.  Ob  Mecznikow  noch  einen  besonderen  Radialkanal  bei  den 
Formen  mit  entwickeltem  Gastrovascularsystem  annimmt,  können  wir  nicht  entscheiden;  einige 
Aeusserungen  in  seinem  Aufsatz  „Studien  über  die  Entwicklung  der  Medusen  und  Siphonophoren“ 
lassen  es  uns  wahrscheinlich  erscheinen.  Leider  kennen  wir  Mecznikow’s  Ansichten  nur  aus  dieser 
die  Anatomie  nur  gelegentlich  berührenden  Arbeit,  während  die  ausführlichere  Darstellung  der  Orga- 
nisation in  einer  russisch  geschriebenen  Abhandlung  niedergelegt  ist. 

Zum  Schluss  sei  noch  in  Bezug  auf  die  Anatomie  von  Aeginopsis  hervorgehoben,  dass  eine 
richtige  Darstellung  der  Magentaschen  nur  von  Kölliker  und  von  Gegenbaur  gegeben  worden  ist, 
dass  ersterer  die  Zahl  der  Einkerbungen  des  Schirmrands  zu  hoch  angiebt  (8  anstatt  4),  während 
letzterer  die  Existenz  derselben  bestreitet. 

h.  Das  Nervensystem  der  Aeginiden. 

Wie  sehr  auch  das  Nervensystem  der  Medusen  eine  primitive  Beschaffenheit  erkennen  lässt, 
so  ist  es  gleichwohl  möglich,  an  ihm  einen  peripheren  und  einen  centralen  Theil  auseinander  zu 
halten.  Beide  werden  von  denselben  Bestandtheilen  gebildet  und  setzen  sich  aus  Nervenfibrillen 


21 


und  Ganglienzellen  zusammen;  das  centrale  Nervensystem  zeichnet  sich  aber  vor  dem  peripheren 
durch  die  grössere  Menge  der  Elemente  aus,  die  sich  in  ihm  zu  einem  ansehnlichen  Strang  ver- 
einen. Da  letzterer  bei  allen  Craspedoten  am  Schirmrand  lagert  und  hier  einen  ringförmigen  Faser- 
zug bildet,  wird  er  nach  dem  Vorgang  von  F.  Müller  als  Nerven  ring  bezeichnet;  er  zerfällt 
in  zwei  bei  allen  Craspedoten  nachweisbare  Portionen,  die  wir  nach  ihrer  Lagerung  zur  Stütz- 
lamelle des  Velum  als  den  oberen  und  unteren  Nervenring  unterscheiden  werden. 

Der  obere  Nerven  ring  der  Aeginiden  lagert  in  dem  Winkel,  der  durch  das  Zusammen- 
stossen  der  Stützlamelle  des  Velum  und  der  Membran  der  dorsalen  Schirmfläche  gebildet  wird. 
Die  Stelle  ist  durch  einen  bei  oberflächlicher  Betrachtung  nur  wenig  in  die  Augen  fallenden  Wulst 
gekennzeichnet,  der  über  und  über  mit  feinen  lebhaft  schlagenden  Wimpern  bedeckt  ist,  welche  an 
anderen  Punkten  des  Velum  und  der  Gallertscheibe  fehlen  (Taf.  I.  Fig.  1 und  7).  Im  Innern  des 
Wulstes  verläuft  einStrang  von  feinfaseriger  Beschaffenheit.  Derselbe  ist  im  frischen  Zustand  sehr 
zart  und  blass  und  daher  nur  mühsam  zu  sehen;  er  wird  deutlicher  bei  Behandlung  mit  Osmium- 
säure, welche  ihm  eine  graubräunliche  Färbung  verleiht,  während  die  bedeckenden  Epithelzellen 
noch  längere  Zeit  durchsichtig  bleiben  und  zunächst  nur  schärfere  Contouren  annehmen , so  dass 
Uber  dem  Faserring  die  polygonale  Zeichnung  der  Epitheloberfläche  erscheint.  Noch  klarere  Bilder 
erhält  man,  wenn  man  ein  mit  Osmiumsäure  behandeltes  Präparat  mit  Carmin  färbt.  Hierbei  imbi- 
biren  sich  nicht  allein  die  Kerne  der  Epithelzellen,  sondern  es  werden  auch  Kerne  im  Faserstrang 
selbst  sichtbar.  An  solchen  Carminosmiumpräparaten  ist  die  Gegend  des  Nervenrings  von  seiner 
Umgebung  überaus  deutlich  zu  unterscheiden.  Zwischen  den  grossen  platten  Zellen  der  Schirm- 
oberfläche und  den  ebenfalls  ansehnlichen  trüben  Zellen  des  Velum  zieht  ein  schmaler  Streif,  in 
dessen  Bereich  das  Epithel  eine  ganz  andere  Beschaffenheit  besitzt.  Die  Zellen,  welche  am  lebenden 
Object  so  schön  die  Flimmerung  zeigen,  sind  so  klein  und  dichtgedrängt,  dass  auf  gleichem  Raum 
mehr  als  die  lOfache  Zahl  als  an  anderen  Stellen  sich  vorfindet.  Von  der  Fläche  sieht  man  fast 
Nichts  als  die  rothgefärbten  Kerne,  so  dass  man  einen  Strang  Zellkerne  vor  sich  zu  haben  glaubt. 
Die  Cuticula  darüber  ist  zarter  und  hat  das  grobkörnige  Aussehen,  durch  welches  sie  sich  sonst 
auszeichnete,  verloren. 

Der  bisher  von  der  Fläche  betrachtete  Nervenring  kann  an  guten  Maeerationspräparaten 
auf  grosse  Strecken  isolirt  werden,  wenn  man  durch  Zerzupfen  oder  Abpinseln  das  ihn  bedeckende 
Epithel  entfernt.  Als  Ganzes  betrachtet  (Taf.  II.  Fig.  13)  bildet  er  einen  durch  die  Osmiumsäure 
gebräunten  Strang  mit  spärlich  eingestreuten  Kernen,  welcher  der  Stützlamelle  des  Velum  unmittelbar 
an  ihrem  Ursprung  vom  Schirmrand  auflagert;  er  setzt  sich  aus  Fasern  zusammen,  die  zwar  im 
Allgemeinen  einen  circulären  Verlauf  einhalten,  sich  dabei  aber  regellos  kreuzen  und  durchflechten, 
ohne  sich  zu  Bündeln  zu  gruppiren;  dazwischen  sind  zahllose  kleinere  und  grössere  Körnchen 
eingebettet. 

Bei  fortgesetztem  Zerzupfen  löst  sich  der  Strang  in  ein  Gewirr  von  Ganglienzellen  und 
Nervenfasern  auf.  Letztere  sind  durch  die  Osmiumsäure,  namentlich  bei  Combination  derselben 
mit  Essigsäure,  stark  gebräunt  und  sind  Fädchen  von  ganz  ausserordentlicher  Feinheit,  die  sich 
gleichwohl  unter  günstigen  Umständen  auf  grosse  Strecken  völlig  isolirt  darstellen  lassen.  Die 
stärksten  unter  ihnen  lassen  bei  Immersion  2 Oc.  2 eben  noch  doppelte  Contouren  erkennen,  die 
Mehrzahl  jedoch  ist  so  zart,  dass  sie  nur  als  Linien  erscheinen;  Verästelungen  haben  wir  an  ihnen 
nicht  beobachtet.  Die  Ganglienzellen  sind 'meist  spindelförmige  kleine  Körper,  die  zwei  an 
den  zugespitzten  Enden  entspringende  Ausläufer  besitzen.  Nicht  selten  theilt  sich  einer  der  Aus- 
läufer oder  auch  beide  iin  weiteren  Verlauf.  Dagegen  finden  sich  Zellen  mit  zahlreichen  Fortsätzen, 


22 


wie  eine  in  Figur  16  a'  auf  Tafel  II  dargestellt  ist,  nur  spärlich,  vielleicht  würde  sich  jedoch  ihre 
Zahl  hei  verbesserten  Macerationsmethoden  vermehren;  darauf  deutet  das  häufige  Vorkommen  von 
Zellen  hin,  deren  Körper  oder  Ausläufer  mit  Spitzchen  besetzt  sind  und  somit  aussehen,  als  wären 
hier  ursprünglich  feinste  beim  Zerzupfen  abgerissene  Fäserchen  vorhanden  gewesen.  — Der  Kern 
der  Granglienzellen  ist  verhältnissmässig  sehr  gross  und  bildet  den  Körper  derselben  fast  allein; 
er  enthält  1 — 2 punktförmige  Kernkörperchen;  wohl  in  der  Hälfte  aller  Zellen  sind  zwei  Kerne 
vorhanden. 

Auch  die  Besclmtfenheit  des  Epithels  ist  am  besten  an  Macerationspräparaten  zu  studiren. 
Dasselbe  besteht  aus  niedrigen  Cylinderzellen,  die  eine  einschichtige  Lage  bilden  (Taf.  II.  Fig.  8). 
Die  Zellen  enthalten  einen  runden  oder  ovalen  Kern  mit  einem  oder  zwei  kleinen  Kernkörperchen 
und  sind  so  schmal,  dass  der  Kern  eine  wenn  auch  geringfügige  Anschwellung  ihres  Körpers  ver- 
ursacht. Dies  hat  zur  Folge,  dass  sie  sich  einander  accommodiren  müssen,  indem  sie  entweder  eine 
mehr  conische  oder  flaschenförmige  Gestalt  annehmen,  je  nachdem  der  Kern  seinen  Platz  im  peri- 
pheren oder  centralen  Ende  einnimmt.  Auf  Querschnitten  gesehen  (Taf.  I.  Fig.  1 und  7)  lagern  die 
Kerne  auf  verschiedener  Höhe  und  zwar  ordnen  sie  sich  meistens  in  zwei  Schichten  an.  — Das 
periphere  Ende  der  Epithelzelle  ist  mit  einer  dünnen  Cuticula  bedeckt  und  trägt  ein  einziges  feines 
Haar,  das  jedoch  bei  Macerationspräparaten  nur  selten  erhalten  ist.  Das  centrale  Ende  verlängert 
sich  in  feine  Fortsätze,  die  gewöhnlich  zu  zweien,  selten  in  grösserer  Anzahl  vorhanden  sind.  An 
Präparaten,  bei  denen  die  Epithelzellen  (a)  zum  Theil  noch  dem  Nervenring  aufliegen,  kann  man 
ihre  Fortsätze  rechtwinklig  umbiegen  und  sich  den  Fibrillen  des  Nervenrings  beimengen  sehen 
(Taf.  II.  Fig.  13).  Eine  Grenze  zwischen  diesem  und  dem  darüber  befindlichen  Epithel  kann  somit 
nicht  gezogen  werden;  vielmehr  schieben  sich  die  Nervenfasern  zum  Theil  sogar  zwischen  die 
centralen  Enden  der  Epithelzellen  ein.  Da  diesen  Untersuchungen  zufolge  das  Epithel  in  uumittel- 
barem  anatomischen  Zusammenhang  mit  dem  Nervenring  steht,  werden  wir  es  im  Folgenden  als 
Sinnesepithel  bezeichnen. 

Ueber  die  Lagerung  des  Nervenrings  erhalten  wir  Aufschluss  durch  Querschnitte,  die 
durch  den  Schirmrand  gelegt  sind  (Taf.  I.  Fig.  I und  7).  Auf  solchen  erscheint  der  Fibrillenstrang  (nr ') 
als  eine  dunkle  körnige  Masse,  die  sich  nur  undeutlich  gegen  das  ebenfalls  etwas  körnig  geronnene 
Sinnesepithel  (a)  absetzt.  Ausser  den  auf  verschiedener  Höhe  gelegenen  Kernen  des  letzteren  be- 
merkt man  dann  und  wann  auch  Kerne  in  der  Masse  des  Nervenrings  selbst.  Gegen  die  platten 
Zellen,  welche  die  Schirmoberfläche  bedecken,  schneidet  das  Sinnesepithel  mit  einer  scharfen  Linie 
ab,  weniger  deutlich  ist  dagegen  die  Grenze  gegen  die  gleichfalls  hohen  Elemente  der  dorsalen 
Velumseite.  Unter  dem  Nervenring  liegt  die  Stützlamelle  des  Velum,  die  hier  wegen  ihrer  Feinheit 
nicht  in  allen  Fällen  nachweisbar  ist,  während  sie  distalwärts  selbst  auf  dicken  Schnitten  nicht 
übersehen  werden  kann.  Nach  einwärts  (in  allen  Zeichnungen  auf  der  linken  Seite)  treffen  wir  bei 
Cunina  lativentris  auf  den  Ringkanal  (Taf.  I.  Fig.  1 r),  dessen  oberes  Epithel  sehr  niedrig  ist,  wäh- 
rend das  untere  aus  hohen  blasigen  Zellen  besteht,  bei  Cunina  sol  maris  dagegen  (Taf.  I.  Fig.  7 r) 
und  bei  Aeginopsis  treffen  wir  auf  das  Rudiment  desselben.  Zwischen  dem  Ringkanal  oder  dem 
ihm  entsprechenden  Zellstrang  einerseits  und  dem  Epithel  und  der  Nervenmasse  andererseits  zieht 
sich  eine  wenn  auch  feine  so  doch  mit  aller  Sicherheit  nachweisbare  Membran  hin,  die  Verlängerung 
der  Stützlamelle  des  Velum  Es  ist  diese  Thatsache  von  hervorragender  Bedeutung,  da  die  in 
Rede  stehende  Membran  die  Grenzscheide  des  Ektoderms  ist  und  der  Nervenring  durch  seine 
Lagerung  nach  aussen  von  derselben  als  eine  dem  Ektoderm  zugehörige  Bildung  gekenn- 
zeichnet wird. 


* 


23 


Eine  besondere  Schilderung  verlangt  das  Verhalten  des  Nerven  rings  an  den  Ein- 
kerbungen des  Schirmrands.  Wie  wir  früher  hervorgehoben  haben,  entspringen  hier  die  nach 
der  Basis  der  Tentakeln  verlaufenden  Radialfurchen , an  deren  Grund  sich  das  Epithel  zu  den 
Radialsträngen  verdickt.  In  diese  Radialstränge  lenkt  ein  Theil  des  Nervenrings  über,  während 
die  Hauptmasse  direct  von  einem  Lappen  zum  andern  tritt  und  hierbei  nur  einen  kleinen  der  Ein- 
kerbung entsprechenden  Bogen  bildet. 

Der  Radialstrang  (Taf.  X.  Fig.  4.  5.  6 ns),  welcher  bei  den  einzelnen  Arten  einen  ver- 
schiedenen Grad  v der  Ausbildung  besitzt,  ist  am  entwickeltsten  bei  Cunina  lativentris  (Fig.  4), 
wo  er  sich  sowohl  durch  seine  Dicke  als  auch  durch  seine  Breite  auszeichnet.  Wir  können  bei 
dieser  Meduse  an  ihm  dreierlei  Bestandtheile  unterscheiden,  die  sich  durch  Maceration  von  einander 
isoliren  lassen;  es  sind  dies  Muskelfibrillen,  nervöse  Elemente  und  Epithelzellen. 

Die  Muskelfibrillen  sind  lange  an  beiden  Enden  spindelig  zugespitzte  Fasern,  die  sich 
von  denen  der  Subumbrella  durch  den  Mangel  der  Querstreifung  unterscheiden ; sie  verlaufen  einander 
parallel  und  bilden  am  Grund  der  Radialfurche  eine  einzige  Schicht,  die  vom  Schirmrand  bis  zur 
Basis  der  Tentakeln  reicht.  In  geringen  Abständen  von  einander  liegen  sie  der  unter  ihnen  befind- 
lichen Stützlamelle  unmittelbar  auf  und  sind  nur  schwer  von  ihr  zu  trennen;  an  Maceration spräpa- 
raten  gelingt  es  daher  leicht,  den  gesammten  Radialstrang  bis  auf  die  Muskelfasern  zu  entfernen, 
so  dass  nur  die  letzteren  und  die  mit  ihnen  sich  kreuzenden  Fibrillenzüge  der  Subumbrella  an  der 
Stützlamelle  haften  bleiben.  Am  Schirmrand,  an  dem  die  Radialfurche  beginnt,  strahlen  die  Fasern 
fächerartig  aus,  an  der  Basis  der  Tentakeln  gehen  siö  in  die  Musculatur  der  letzteren  über. 

Die  in  den  Radialstrang  übertretenden  Th  eile  des  Nervenrings  liegen  zu  beiden  Seiten 
der  Muskelfibrillen  am  Rand  der  Furche  und  ordnen  sich  hier  zu  einem  Strang  von  Nervenfasern 
und  Ganglienzellen,  der  den  Tentakel  mit  dem  Nervenring  verbindet.  Sie  sind  nur  in  der  Nähe 
des  Schirmrands  leicht  zu  erkennen,  später  verlieren  sie  sich  mehr  oder  minder  unter  den  ander- 
weitigen Bestandth eilen  des  Radialstrangs.  Die  Hauptmasse  des  letzteren  sind  Epithelzellen, 
kleine  rundliche  Gebilde,  deren  Körper  fast  allein  aus  dem  Kern  besteht,  während  das  Protoplasma 
auf  eine  dünne  Schicht  reducirt  ist,  die  an  den  Macerationspräparaten  meistens  von  blasigen  Räumen 
durchsetzt  wird;  nur  wenige  der  Zellen  enthalten  Nesselkapseln,  die  meisten  zeigen  eine  indifferente 
Beschaffenheit. 

Die  Dicke  und  Breite  des  Radialstrangs  wechselt  mehrfach  in  seinem  Verlauf.  Derselbe  ist 
am  breitesten  in  unmittelbarer  Nähe  des  Schirmrands  und  an  der  Basis  des  Tentakels,  welche 
hufeisenförmig  von  ihm  umfasst  wird,  die  dazwischen  liegende  Strecke  ist  dagegen  bedeutend  schmäler. 
Die  grösste  Dicke  besitzt  der  Strang  in  seinem  mittleren  Verlauf  und  zu  beiden  Seiten  der  Tentakel- 
basis, wo  er  zwei  schon  von  F.  Müller  (69)  und  Haeckel  (37)  beschriebene  Wülste  erzeugt.  Man 
kann  diese  Veränderungen  zum  Theil  schon  durch  Betrachtung  einfacher  Flächenbilder  nachweisen 
(Taf.  X.  Fig.  4 ns),  noch  besser  jedoch  durch  den  Vergleich  von  Querschnitten,  die  aus  verschiedenen 
Theilen  des  Verlaufs  entnommen  sind;  dergleichen  Querschnitte  sind  auf  Tafel  II  in  den  Figuren  7. 
9 und  10  dargestellt  und  zwar  stammt  der  erste  derselben  aus  der  in  der  Nähe  der  Tentakelbasis 
gelegenen  Anschwellung  des  Radialstrangs,  der  zweite  aus  seinem  mittleren  Verlauf,  der  dritte 
aus  seinem  Anfangstheil  nahe  dem  Schirmrand.  Auf  allen  diesen  Figuren  sieht  man  zu  beiden 
Seiten  des  Stranges  und  durch  eine  Membran  von  ihm  getrennt  den  radialen  Schenkel  des  Ring- 
kanals (r),  nach  unten  von  ihm  die  durch  die  Stützlamelle  getrennte  Subumbrella  (d-).  Innerhalb  des 
Radialstrangs  selbst  unterscheiden  wir  in  der  kleinzelligen  Epithelmasse  vereinzelte  Nesselzellen  (z) 
und  unter  derselben  die  Querschnitte  der  Muskelfasern  (m).  Die  Nervenfaserzüge  sind  nur  auf  dem 


24 


Durchschnitt  aus  der  Nähe  des  Schirmrands  bemerkbar,  wo  sie  die  seitlichen  Partieen  des  Stranges 
bilden  (n).  — Erwähnung  verdient  noch,  wie  scharf  sich  die  Zellmasse  gegen  das  Epithel  der 
oberen  Schirmfläche  absetzt. 

Bei  C uni  na  sol  maris  ist  der  Radialstrang  trotz  der  beträchtlicheren  Grösse  des  Thieres 
unansehnlicher  als  bei  Cunina  lativentris;  in  seinem  ganzen  Verlauf  (Taf.  X.  Fig.  6)  ist  er  gleich 
schmal  und  nur  in  der  Nähe  der  Tentakeln  verbreitert  er  sich,  die  Basis  derselben  hufeisenförmig 
umfassend.  Auch  die  Dicke  des  Stranges  ist  unbedeutend,  da  er  nur  von  zwei  Zellenschichten  gebildet 
wird.  Auf  Durchschnitten  (Taf.  II.  Fig.  1 1)  ergeben  sich  dieselben  Lagebeziehungen  wie  bei  Cunina 
lativentris.  Auf  beiden  Seiten  des  Stranges  liegen  körnige  Zellen,  in  welchen  wir  das  Rudiment 
des  radialen  Schenkels  des  Ringkanals  (r)  zu  erblicken  haben;  unter  ihm  zieht  das  Epithel  der 
Subumbrella  hin  (d2);  Subumbrella  und  Radialstrang  werden  durch  eine  kräftige  Stützlamelle  von 
einander  getrennt. 

Unter  den  histologischen  Bestandtlieilen,  die  wir  durch  Maceration  isoliren,  sind  auch  hier 
wieder  die  Muskeln  und  Nerven  die  wichtigsten.  Die  ersteren  zeigen  die  schon  bei  Cunina 
lativentris  besprochene  Beschaffenheit,  sind  aber  entsprechend  der  geringen  Ausbildung  des  Radial- 
strangs weniger  zahlreich.  Die  nervösen  Fasern  hingegen  sind  stark  entwickelt  und  fallen  um 
so  mehr  in  die  Augen,  je  mehr  die  übrigen  Bestandtheile  in  den  Hintergrund  treten.  Sie  ordnen 
sich  zu  beiden  Seiten  des  Stranges  in  zwei  Zügen  an,  die  den  Rändern  der  Radialfurche  parallel 
verlaufen  und  hier  ohne  Mühe  auf  Querschnitten  nachgewiesen  werden  können  (Fig.  11  n).  Vor- 
trefflich überblickt  man  dieselben  ohne  viele  Präparation,  wenn  man  an  macerirten  Cuninen  die 
Ränder  der  Furche  aus  einander  zieht  und  den  Strang  glatt  ausbreitet;  es  werden  dann,  besonders 
wenn  man  noch  das  bedeckende  Epithel  durch  Pinseln  entfernt  hat,  sofort  die  sehr  charakteristischen 
Elemente  deutlich.  Ausser  feinen  Fibrillen,  wie  wir  sie  schon  vom  obern  Nervenring  kennen,  er- 
blicken wir  starke  Fasern,  welche  fast  Muskelfasern  an  Dicke  gleich  kommen  (Taf.  II.  Fig.  6); 
vor  Allem  aber  überrascht  der  Reichthum  an  Ganglienzellen.  An  keiner  Stelle  und  bei  keiner 
Meduse  fällt  es,  so  weit  wir  die  Verhältnisse  kennen,  so  leicht,  dieselben  zu  isoliren,  als  hier. 
Selbst  bei  einer  mässig  guten  Maceration  erhält  man  ein-  oder  zweikernige  Zellen  mit  langen  Aus- 
läufern, die  bei  Imm.  2.  Oc.  2 über  mehrere  Gesichtsfelder  zu  verfolgen  sind  (Taf.  II.  Fig.  16  ß ).  Die 
meisten  derselben  sind  bipolar,  doch  besitzen  viele  auch  mehrere  Fortsätze,  wie  z.  B.  in  Figur  16  ß 
eine  bipolare  Ganglienzelle  dargestellt  ist,  bei  der  jeder  Fortsatz  sich  aufs  neue  theilt,  so  dass 
schliesslich  im  Ganzen  4 vorhanden  sind.  Wie  die  Nervenfasern,  so  zeichnen  sich  auch  die  Aus- 
läufer der  meisten  Ganglienzellen  durch  ihre  Stärke  aus  und  muss  es  diesem  Umstand  zum  Theil 
zugeschrieben  werden,  dass  die  Isolation  so  leicht  gelingt. 

Muskelfasern,  Nervenfibrillen  und  Ganglienzellen  liegen  in  einer  Schicht  und  sind  von  grossen 
platten  Epithelzellen  bedeckt,  die  sich  von  den  angrenzenden  Elementen  der  Schirmoberfläche 
nur  durch  ihren  grösseren  Protoplasmareichthum  unterscheiden.  Sie  besitzen  eine  grobkörnige  Cuticula 
und  scheinen  mit  ihrer  Basis  die  unterliegenden  Ganglienzellen  in  ähnlicher  Weise  zu  umhüllen,  wie 
wir  es  beim  unteren  Nervenring  noch  näher  kennen  lernen  werden. 

Am  unansehnlichsten  sind  die  Radialstränge  bei  Aeginopsis,  die  wir  deshalb  auch  nicht 
genauer  untersucht  haben.  Wie  die  Radialfurchen  sind  sie  in  Vierzahl  vorhanden  und  bestehen 
aus  wenigen  Fasern,  die  zum  Theil  wohl  musculöser,  zum  Theil  nervöser  Natur  sind  und  spärlich 
eingestreute  Zellen  enthalten.  Die  zwei  zur  Basis  der  Tentakeln  tretenden  Stränge  sind  noch  ver- 
hältnissmässig  am  stärksten,  sie  enden  hier  mit  einer  zellenreichen  Anschwellung,  während  die 
anderen  auf  der  Schirmoberfläche  allmählich  auslaufen. 


25 


Mit  dem  oberen  Nervenring  hängen  ausser  den  Radialsträngen  noch  eigenthümliche  Bildungen 
zusammen,  die  in  ihrem  Vorkommen  auf  Cunina  lativentris  beschränkt  sind  und  von  Fritz  Müller  (69) 
als  Nesselstreifen,  von  Haeckel  (37)  als  marginale  Mantelspangen  bezeichnet  wurden.  Wir  werden 
im  Folgenden  den  ersten  Namen  beibehalten. 

Die  Nesselstreifen  wurden  schon  von  Gegenbaur  (33  S.  262)  hei  der  Aegineta  rosea 
und  von  Mc.  Crady  (63)  hei  der  Cunina  octonaria  beobachtet  und  von  ersterem  als  „leistenförmige 
Bänder“  beschrieben,  welche  auf  dem  Magensack  beginnend  sich  spangenartig  bis  auf  das  Velum 
erstrecken  und  sich  durch  zahlreiche  feine  Körnchen  und  Bläschen  auszeichnen.  Sie  sollen  sich 
auf  der  Höhe  von  Vorsprüngen  befinden,  die  bei  der  Contraction  zum  Vorschein  kommen.  F.  Müller 
fasst  die  Gebilde  als  „scharf  begrenzte  an  der  Basis  eines  Randbläschens  beginnende  Streifen“  auf, 
deren  Oberhautzellen  Nesselkapseln  erzeugen;  Haeckel  dagegen  hält  die  Nesselstreifen  für  dieselben 
Organe  wie  die  Mantelspangen  der  Geryoniden  und  schreibt  ihnen  den  gleichen  Bau  zu.  Demzu- 
folge unterscheidet  er  an  ihnen  einen  cylindrischen  Knorpelstreifen,  der  unter  rechtem  Winkel  vom 
Knorpelring  entspringt  und  an  dür  Aussenfläche  der  Gallerte  emporsteigt,  ein  ihn  umhüllendes 
Muskelrohr  und  einen  Beleg  von  Epithelzellen,  der  sich  durch  den  Reichthum  an  Nesselzellen  aus- 
zeichnet. Ferner  macht  er  wie  F.  Müller  auf  ihre  constanten  Lagebeziehungen  zu  den  Sinneskörpern 
aufmerksam,  welche  letzteren  stets  an  der  Basis  einer  Mantelspange  sich  erheben.  Die  Mantelspangen 
sollen  so  als  Stützapparate  fungiren  und  den  Sinneskörper  stets  auswärts  gewandt  halten. 

Nach  unseren  eigenen  Untersuchungen  finden  sich  die  Nesselstreifen  in  der  Anzahl  von  4 — 5 
in  dem  Zwischenraum  zwischen  zwei  Einkerbungen  des  Schirmrands  und  sind  Zellspangen,  die  vom 
Ringnerv  entspringen,  in  radiärer  Richtung  auf  der  Gallerte  emporsteigen  und  sich  scharf  gegen 
die  Umgebung  absetzen.  Bei  jungen  Thieren  sind  sie  kurz  und  breit  und  besitzen  eine  zungen- 
förmige Gestalt;  bei  älteren  Medusen  sind  sie  schmäler  aber  bedeutend  länger  und  bilden  dann 
Leisten,  die  verbreitert  und  abgerundet  enden;  unter  ihnen  ist  der  Schirm  etwas  verdickt,  so  dass 
ein  sattelartiger  Vorsprung  entsteht;  auf  der  Höhe  desselben  lagern  sie  in  einer  seichten  Vertiefung 
der  Gallerte,  ragen  aber  gleichwohl  vermöge  ihrer  beträchtlichen  Dicke  etwas  über  das  Plattenepithel 
des  Schirms  hervor.  Wie  schon  ihr  Name  andeutet,  umschliessen  sie  zahlreiche  Nesselkapseln; 
ausserdem  sind  sie  wie  der  Nervenring  von  Flimmern  über  und  über  bedeckt. 

Querschnitte  und  Isolationspräparate  ergaben,  dass  die  Nesselstreifen  rein  ekto dermale 
Bildungen  sind.  Ein  Knorpelstrang,  den  wir  bei  den  Mantelspangen  der  Geryoniden  kennen  lernen 
und  als  einen  Abkömmling  des  Entoderms  näher  beschreiben  werden,  ist  nicht  vorhanden;  ebenso 
fehlen  Muskelfasern,  so  dass  wir  die  Organe  nicht  auf  gleiche  Stufe  mit  den  Mantelspangen  stellen 
können.  Ausser  Nesselzellen,  deren  Anwesenheit  wir  schon  hervorgehoben  haben,  sind  nur  noch 
zwei  Arten  von  Zellen  vorhanden,  unter  denen  sich  eine  sehr  dünne  Lage  von  Nervenfasern  aus- 
breitet. Zumeist  sind  es  Cylinderzellen,  wie  wir  sie  schon  als  Bedeckung  des  Nervenrings  kennen 
gelernt  haben  (Taf.  II.  Fig.  5«);  wie  diese  besitzen  sie,  um  sich  in  einander  schieben  zu  können, 
bald  eine  mehr  flaschenförmige,  bald  eine  mehr  conische  Gestalt;  an  ihrem  hinteren  Ende  gehen 
sie  in  feine  Fortsätze  über  und  tragen  so  zur  Bildung  der  faserigen  Schicht  bei,  die  zwischen  dem 
Epithel  und  der  Gallerte  liegt  und  mit  zahlreichen  Fädchen  an  abgezupften  Stücken  von  macerirten 
Nesselstreifen  über  den  Rand  hervorragt. 

Zwischen  den  Cylinderzellen,  die  wahrscheinlich  die  Flimmerhaare  tragen,  kommen  noch 
rundliche  Zellen  vor,  die  schon  auf  Flächenbildern  durch  ihre  Grösse  auffallen  (Taf.  n.  Fig.  5/?). 
Dieselben  sind  selten  einkernig,  meist  enthalten  sie  eine  grössere  Kernzahl;  charakteristisch  ist  für 
sie  — wenigstens  an  Macerationspräparaten  — die  blasige  Beschaffenheit  des  Protoplasma. 

Hertwig,  Medusen,  4 


26 


Der  zweite  Haupttlieil  des  Centraineryensystems  der  Aeg'iniden  ist  der  untere  Nervenring. 
Derselbe  nimmt  die  entsprechende  Stelle  auf  der  ventralen  Seite  der  Meduse  ein,  welche  der  obere 
auf  der  dorsalen  inne  hat.  Wie  wir  schon  bei  der  Besprechung  des  Schirmrands  kennen  gelernt 
haben,  findet  sich  unter  dem  letzteren  ein  schmaler  Saum,  in  dem  keine  Muskelfibrillen  gebildet 
werden,  der  somit  die  Muskelschicht  der  unteren  Seite  unterbricht  und  in  die  des  Velum  und  der 
Subumbrella  scheidet.  Inmitten  dieser  Stelle  verläuft  der  untere  Nervenring  (Taf.  I.  Fig.  1 und  7 nr2) 
dicht  unter  dem  oberen.  Zu  seiner  Untersuchung  eignet  sich  am  meisten  Cunina  sol  maris,  weniger 
ihrer  Körpergrösse  wegen,  als  wegen  der  rudimentären  Beschaffenheit  des  Ringkanals,  der  bei 
Cunina  lativentris  die  Beobachtung  ausserordentlich  erschwert,  da  er  der  Subumbrella  fest  aufhaftend 
nicht  ohne  Zerreissen  des  Präparats  entfernt  werden  kann.  Die  folgenden  Angaben  beziehen  sich 
daher  vornehmlich  auf  die  erstgenannte  Meduse. 

Wenn  wir  an  einer  in  Osmium-Essigsäure  macerirten  und  nachträglich  gefärbten  Cunina  den 
oberen  Nervenring  durch  Pinseln  entfernen  und  die  Schirmgallerte  abziehen,  darauf  das  so  erhaltene 
Präparat  von  der  ventralen  Seite  aus  betrachten,  so  erblicken  wir  einen  Strang  (Taf.  II.  Fig.  3 nr2), 
der  inmitten  der  muskelfreien  Stelle  dem  Schirmrand  parallel  verläuft  und  ungefähr  gleich  weit  von 
der  Subumbrella  wie  von  den  Muskeln  des  Velum  entfernt  ist.  Der  Strang  besteht  aus  kleinen 
rundlichen  Zellen,  die  durch  die  Osmiumsäure  auffallend  gedunkelt  sind  und  zu  zwei,  drei  oder 
gar  vier  in  einer  Querreihe  dicht  neben  einander  lagern.  Dieselben  enthalten  einen  grossen  runden 
oder  ovalen  Kern,  der  mit  1 — 2 kleinen  Kernkörperchen  ausgestattet  und  von  einer  dünnen  Proto- 
plasmaschicht umgeben  ist,  nicht  selten  begegnen  wir  auch  zwei  Kernen  in  einer  Zelle. 

Unter  den  geschilderten  Zellen  ziehen  in  der  Richtung  des  Schirmrands  undeutliche  Faser- 
biindel,  über  ihnen  breitet  sich  die  polygonale  Zeichnung  von  Epithelzellen  aus,  die  den  Strang 
vollkommen  bedecken.  Nach  beiden  Seiten  gehen  die  Epithelzellen  in  die  des  Velum  und  der 
Subumbrella  über;  sie  theilen  mit  denselben  die  eigenthümlich  körnige  Beschaffenheit  der  Cuticula, 
unterscheiden  sich  aber  von  ihnen  durch  geringere  Grösse. 

Der  geschilderte  vom  Epithel  bedeckte  Strang,  in  welchem  wir  den  unteren  Nervenring  vor 
uns  haben , lässt  sich  durch  Abpinseln  seines  Epithelüberzugs  frei  legen  und  ohne  Mühe  in  seine 
Elemente,  die  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  zerlegen.  Erstere  (Taf.  II.  Fig.  14)  zeichnen 
sich  durchgängig  durch  ihre  bedeutende  Dicke  aus;  die  feinsten  unter  ihnen,  die  der  Zahl  nach 
am  zahlreichsten  vertreten  sind,  sind  immer  noch  ansehnlicher  als  die  dicksten  Fibrillen  der  dorsalen 
Seite.  Zwischen  ihnen  verlaufen  starke  Fasern,  ähnlich  den  schon  vom  Radialstrang  beschriebenen ; 
sie  sind  zwar  weniger  zahlreich  als  die  feinen  Fibrillen,  tragen  aber  gleichwohl  durch  ihre  bedeu- 
tende Dicke  ebenso  viel  wie  diese  zur  Masse  des  Nervenrings  bei;  der  Durchmesser  ihres  Quer- 
schnitts schwankt  zwischen  1 ,«  und  3,5  p.  Die  starken  und  feinen  Fasern  halten  zwar  im  Allgemeinen 
die  gleiche  circuläre  Richtung  ein,  durchflechten  sich  aber  dabei  in  regelloser  Weise.  Sie  bilden 
nur  eine  dünne  Schicht,  die  unmittelbar  auf  der  zu  Grunde  liegenden  Stützlamelle  sich  ausbreitet. 

Die  Ganglienzellen  setzen  den  bei  der  Betrachtung  des  Flächenbildes  schon  beschriebenen 
Strang  zusammen.  Sie  besitzen  der  überwiegenden  Mehrzahl  nach  nur  zwei  Fortsätze  (Taf.  II. 
Fig.  3 g und  Fig.  16  a),  welche  dieselben  Unterschiede  der  Dicke  zu  erkennen  geben  w-ie  die  Nerven- 
fasern; thatsächlich  sind  sie  Nichts  als  umschriebene  Anschwellungen,  die  in  den  Verlauf  der 
letzteren  eingeschaltet  sind  und  1 — 2 Kerne  umschliessen.  Die  Anschwellungen  sind  nur  auf  einer 
Seite  der  Nervenfaser  entwickelt  und  bilden  hier  höekerartige  Vorsprünge,  während  die  Contour 
der  anderen  Seite  glatt  und  unverändert  vorüberzieht.  Diese  eigenthümliche  Beschaffenheit  wird 
verständlich,  wenn  man  den  Nervenring  in  Zusammenhang  mit  dem  ihn  bedeckenden  Epithel 


27 


isolirt  und  das  erhaltene  Präparat  von  der  Seite  aus  betrachtet ; dann  gewahrt  man,  dass  alle  Höcker 
gegen  die  untere  Fläche  des  Epithels  gerichtet  sind  und  dass  ein  jeder  derselben  in  einer  beson- 
deren Nische  lagert,  die  von  einer  oder  mehreren  Epithelzellen  gebildet  wird.  Letztere  scheiden 
die  unter  ihnen  liegenden  gangliösen  Elemente  in  ganz  ähnlicher  Weise  ein,  wie  die  Pigmentzellen 
der  Retina  die  Stäbchen.  , Isolirte  Epithelzellen  zeigen  daher  (Taf.  II.  Fig.  15)  noch  die  Vertiefun- 
gen, in  denen  die  Ganglienzellen  eingebettet  waren  und  senden  von  ihrer  Basis  lange  Bärte  von 
Protoplasmafortsätzen  aus,  die  sich  in  natürlicher  Lagerung  zwischen  die  Bestandtlieile  des  Nerven- 
rings  einschieben. 

Auf  Querschnitten  (Taf.  II.  Fig.  1 und  7 nr2)  bemerkt  man  wenig  von  dem  unteren  Nervenring. 
Zwar  ist  es  auffallend,  dass  in  dem  stumpfen  Winkel,  den  das  Velum  und  die  untere  Schirmfläche 
mit  einander  bilden,  das  Epithel  so  hoch  und  die  Kerne  so  zahlreich  sind;  aber  es  lässt  sich  bei 
der  Gleichförmigkeit,  welche  die  gehärteten  Präparate  annehmen,  nicht  behaupten,  welche  Kerne 
dem  Epithel  zugehören  und  welche  den  Ganglienelementen.  Auch  die  Querschnitte  der  dicken 
Fasern  verschwinden  in  der  gleichmässigen  Körnelung  des  Präparats  meistens  vollständig. 

Oberer  und  unterer  Nervenring  sind  von  einander  durch  die  Stützlamelle 
des  Velum  getrennt.  Dieselbe  ist,  wie  wir  schon  früher  hervorgehoben  haben,  an  der  ent- 
sprechenden Stelle  von  grosser  Feinheit  und  reisst  daher  leicht  ein.  Hierbei  bleibt  der  Nervenring 
bald  am  Schirmrand,  bald  am  Velum  hängen.  Es  fragt  sich  nun,  in  wieweit  die  durch  die  Mem- 
bran bedingte  Sonderung  des  Nervenrings  in  zwei  Portionen  eine  vollständige  genannt  werden  kann. 
Auf  Querschnitten  hat  es  oft  den  Anschein,  als  ob  ab  und  zu  Lücken  vorhanden  seien,  ja  als  ob 
sogar  Fasern  von  einer  Seite  zur  anderen  übertreten.  Allein  diese  Bilder  können  wohl  einen  Zu- 
sammenhang wahrscheinlich  machen,  jedoch  die  Existenz  desselben  nicht  beweisen.  Die  Stützlamelle 
ist  zu  fein,  als  dass  sie  nicht  stellenweise,  namentlich  wo  sie  Falten  bildet,  selbst  auf  dünnen 
Schnitten  übersehen  werden  könnte.  — Auch  Flächenansichten  haben  zu  keinem  Resultat  geführt. 
Denn  wenn  man  auch  dahin  gelangt  ist,  was  sehr  schwer  fällt,  die  Membran,  ohne  sie  zu  zerreissen, 
vom  oberen  und  unteren  Nervenring  vollständig  zu  reinigen,  so  ist  sie  doch  so  durchscheinend, 
dass  es  unmöglich  ist,  etwa  vorhandene  OefFnungen  zu  erkennen.  Da  somit  die  Aeginiden  höchst 
ungeeignete  Objecte  sind,  um  den  Zusammenhang  des  oberen  und  unteren  Nervenrings  zu  erkennen, 
verweisen  wir  auf  die  Darstellung  der  Geiyoniden,  bei  denen  wir  in  Bezug  auf  diesen  Punkt  weiter 
gekommen  sind. 

An  die  Schilderung  des  Centralnervensystems  schliesst  sich  endlich  die  Frage  nach  seiner 
peripheren  Ausbreitung,  eine  Frage,  die  unstreitig  zu  den  allerschwierigsten  in  der  Medusen- 
organisation gehört.  Denn  wenn  wir  von  den  starken  Faserzügen  in  den  Radialsträngen  absehen, 
die  wir  beim  oberen  Nervenring  besprochen  haben  und  die  wir  aus  mehrfachen  Gründen  auch  als 
ehemalige  und  durch  die  Wanderung  der  Tentakel  abgelöste  Tlieile  desselben  betrachten  können, 
sind  wir  nirgends  stärkeren  Nervenstämmen  begegnet,  die  sich  vom  Nervenring  abgezweigt  hätten. 
In  der  That  erfolgt  auch  die  Ausbreitung  des  peripheren  Nervensystems  in  einer  ganz  anderen, 
sehr  eigenthümlichen  Weise,  auf  die  wir  erst  durch  ein  genaues  Studium  der  Subumbrella  aufmerk- 
sam geworden  sind. 

An  der  Subumbrella  haben  wir  bei  der  allgemeinen  Besprechung  der  Medusenorganisation 
zwei  Schichten  unterschieden,  eine  Lage  circulärer,  quergestreifter  Muskelfibrillen  und  ein  Platten- 
epithel, welches  diese  bedeckt  und  ursprünglich  auch  gebildet  hat;  zwischen  beiden  schieben  sich 
die  Elemente  des  Nervensystems  ein.  Wenn  man  die  Subumbrella  einer  in  Osmium-Essigsäure 
macerirten  Cunina  glatt  ausbreitet,  so  gewahrt  man  unter  dem  Epithel  und  zum  Theil  zwischen 

4* 


28 


den  Elementen  desselben  hin  und  wieder  Zellen,  die  sich  durch  dunkle  Färbung-  auszeichnen,  einen 
oder  zwei  in  Carmin  besonders  stark  sich  tingirende  Kerne  enthalten  und  in  Folge  der  genannten 
beiden  Eigenthümlichkeiten  leicht  kenntlich  sind  (Taf.  II.  Fig.  3 g).  Die  Zellen  senden  feine  Aus- 
läufer aus,  die  sich  zwischen  Epithel  und  Musculatur  oft  auf  grosse  Strecken  verfolgen  lassen  und 
an  abgerissenen  Fetzen  macerirter  Präparate  häufig  weit  über  den  Rand  hervorragen.  Bald  bildet 
die  Zelle  nur  2 derartige  Ausläufer,  bald  eine  grössere  Anzahl  (3—5).  Die  Ausläufer  verästeln  sich 
und  geben  feinsten  Fädchen  den  Ursprung,  die  undeutlicher  werden  und  schliesslich  verschwinden, 
ohne  dass  sich  über  ihre  Endigungsweise  etwas  Sicheres  ermitteln  liesse.  Eine  derartige  sternförmige 
Zelle  der  Subumbrella  ist  in  Figur  3«  auf  Tafel  II  mit  Hinweglassung  der  Muskelfasern  und  des 
Epithels  dargestellt. 

Benachbarte  Zellen  begegnen  sich  in  ihrer  Ausbreitung,  wobei  dann  ihre  Ausläufer  sich  an 
einander  legen,  um  eine  Zeit  lang  gemeinsam  zu  verlaufen ; so  entstehen  feine  aus  2 — 3 Fäserchen 
gebildete  Stränge,  die  sich  unter  einander  zu  einem  Netzwerk  vereinen,  dessen  Knotenpunkte  durch 
ein  oder  zwei  Zellen  bezeichnet  werden.  Wir  haben  es  somit  mit  einem  unter  dem  Epithel  der 
Subumbrella  gelegenen  zarten  Plexus  zu  thun,  der  sich  den  Plexusbildungen  vergleichen  lässt, 
wie  sie  in  vielen  Organen  höherer  Thiere  als  Endausbreitungen  des  Nervensystems  beobachtet 
worden  sind. 

Das  subumbrellare  Zellennetz  hängt  mit  dem  unteren  Nervenring  zusammen,  indem  Ganglien- 
zellen, welche  dem  letzteren  dicht  anlagern,  mit  einem  Theil  der  Fortsätze  in  ihn  einbiegen,  mit 
einem  anderen  in  den  Plexus  eintreten.  Diese  einfachste  Art  der  Verbindung  vollzieht  sich  im 
gesummten  Verlauf  des  Nervenrings,  ohne  dass  bestimmte  Ausstrahlungspunkte  in  ihm  kennt- 
lich wären. 

Gangliennetze,  wie  wir  sie  in  der  Subumbrella  kennen  gelernt  haben,  sind  sehr  wahrschein- 
lich in  allen  Organen  des  Körpers  verbreitet,  doch  haben  wir  selbst  sie  nur  noch  in  den  Tentakeln 
beobachtet,  und  auch  hier  nur  in  sehr  unvollkommener  Weise.  Zwischen  dem  Epithel,  das  sich 
durch  Einlagerung  concrementartiger  Körperchen  auszeichnet,  und  den  dünnen  glatten  Muskelfibrillen 
finden  sich  kleine  Zellen  mit  Ausläufern,  die  entweder  einen  rundlichen  Körper  besitzen  oder  — 
was  noch  häufiger  der  Fall  ist  — lang  gestreckt  sind,  so  dass  sie  fast  Stäbchenform  annehmen. 
Die  letzteren  Zellen  enthalten  einen  ebenfalls  lang  gestreckten  Kern  und  liegen  dem  Faserverlauf 
der  Muskelfibrillen  parallel.  Leider  ist  es  uns  nicht  geglückt,  an  ihnen  ansehnlichere  Fortsätze  zu 
isoliren,  welche  ihre  Natur  als  Ganglienzellen  ganz  sicher  gestellt  hätten. 

Literatur.  Die  Aeginiden  gehören  zu  den  Medusen,  bei  denen  schon  von  früheren  Autoren 
ein  Nervensystem  beschrieben  worden  ‘ist.  Die  ersten  Angaben  hierüber  rühren  von  Mc.  Ckady 
(62  S.  75)  her.  Derselbe  beschreibt  bei  jungen  Cuninen,  die  er  parasitisch  im  Magen  von  Turri- 
topsis  fand  und  später  als  Entwicklungsformen  von  Cunina  octonaria  erkannte,  einen  „zarten  Faden, 
der  zwischen  den  Magentaschen  von  Tentakelbasis  zu  Tentakelbasis  ziehe  und  aus  etwas  verlän- 
gerten Zellen  bestehe,  an  denen  keine  Contractionen  beobachtet  worden  seien.  Vielleicht  sei  der 
Strang  das  Rudiment  eines  Nervenrings  um  den  Magen“.  Diese  Beschreibung  und  die  zugehörige 
Abbildung  lassen  es  uns  wahrscheinlich  erscheinen,  dass  Mc.  Crady  einen  Streifen  protoplasma- 
reicher Zellen,  den  wir  bei  jungen  Thieren  am  inneren  Rand  der  Subumbrella  hinlaufen  sahen,  für 
einen  Nervenring  gehalten  hat,  den  Nervenring  selbst  kann  er  nicht  vor  Augen  gehabt  haben,  da 
er  den  Strang  in  einiger  Entfernung  von  den  Sinneskörpern  zeichnet. 

Kurze  Zeit  darauf  erschien  die  Arbeit  von  F.  Müller  (69  S.  46)  über  Cunina  Koellikeri. 
Bei  dieser  Meduse  „rechnet  er  zum  Nervensystem  einmal  einen  matten  am  Saum  der  Randlappen 


29 


sich  hinziehenden  Streifen,  in  dem  man  zart  contourirte  Zellen  unterscheidet,  der  hei  den  Rand- 
bläschen anschwillt  und  zur  Concretion  einen  Strang  abgiebt,  und  zweitens  ein  paar  ansehnliche 
Wülste  an  der  Basis  jedes  Tentakels,  zu  denen  er  wiederholt  jenen  andern  Streifen  glaubt  verfolgt 
zu  haben“.  F.  Müller  hat  bei  dieser  Schilderung  den  Wulst  des  oberen  Nervenrings  und  den 
Radialstrang  mit  seiner  terminalen  Anschwellung  vor  Augen  gehabt,  somit  Organe,  die  entweder 
ganz  oder  doch  wenigstens  zum  Theil  dem  Nervensystem  angehören;  indessen  fehlen  in  seiner 
Darstellung  die  genaueren  histologischen  Angaben,  welche  allein  die  Deutung  rechtfertigen  können. 

Die  ausführlichsten  Mittheilungen  endlich  über  die  Anwesenheit  eines  Nervensystems  hat 
Haeckel  (37)  bei  Cunina  rhododactyla  gemacht.  Tn  dem  von  F.  Müller  als  Nervenring  gedeuteten 
Strang  unterscheidet  Haeckel  zwei  Theile:  den  eigentlichen  Nerv  und  den  Ringknorpel.  Den  letz- 
teren schildert  er  als  „einen  schmalen  cylindrischen  etwas  platt  gedrückten  Strang  von  ungefähr 
0,03  Mm.  Durchmesser,  der  an  dem  untersten  Rand  des  Gallertmantels  unmittelbar  unter  dem  unteren 
Rand  des  Ringgefässes  liegt  und  dem  äusseren  Rand  des  Velum“  — (Haeckel  bezeichnet  den  freien 
Rand  als  den  inneren)  — „zur  Insertion  dient“;  er  soll  aus  kleinen  Knorpelzellen  bestehen,  die 
durch  geringe  Mengen  von  Intercellularsubstanz  getrennt  sind.  Erst  in  einer  Furche  des  Knorpel- 
rings zwischen  diesem  und  dem  Ringkanal  nahe  der  Insertion  des  Velum  soll  der  Ringnerv  ver- 
laufen und  zwar  als  ein  heller  blasser  feingestreifter  Strang,  der  wegen  seiner  Feinheit  nicht  habe 
isolirt  werden  können.  Als  Ganglien  im  Ringnerv  werden  Anschwellungen  gedeutet,  die  sich 
entsprechend  den  Sinneskörpern  finden  und  auf  ihrer  Oberfläche  lange  Zellen  mit  starren  Tastborsten 
tragen.  Ausser  Nerven,  welche  zu  den  Concretionen  gehen,  werden  keine  Seitenzweige  des  Ring- 
nerven erwähnt  und  somit  auch  die  von  F.  Müller  zum  Nervensystem  gerechneten  Radialstränge 
und  die  Wülste  an  den  Tentakeln  davon  ausgeschlossen. 

In  dieser  Darstellung  und  in  der  zu  ihr  gehörigen  Abbildung  (Fig.  7 1 auf  Taf.  IX)  ist  die 
Lagerung  des  Nervenrings  richtig  bezeichnet.  Dagegen  können  wir  den  Angaben  über  die  An- 
wesenheit eines  Knorpelrings  nicht  beistimmen.  Was  Haeckel  als  solchen  bezeichnet,  sind  offenbar 
die  Sinnesepithelien , da  Zellen,  welche  durch  Ausscheidung  von  Intercellularsubstanz  die  Function 
von  Stützgewebe  übernommen  hätten,  bei  keiner  der  von  uns  untersuchten  Aeginiden  am  Mantelrand 
existiren. 

c.  Die  Sinnesorgane  der  Aeginiden. 

Mit  dem  oberen  Nervenring  der  Traehymedusen  stehen  charakteristisch  gebaute,  in  wech- 
selnder Anzahl  am  Schirmrand  vertheilte  Organe  im  Zusammenhang,  die  schon  seit  langem  bekannt 
sind,  von  Seiten  der  Forscher  aber  eine  sehr  verschiedenartige  Deutung  erfahren  haben.  Bald  wurden 
sie  für  Augen,  bald  für  Gehörorgane  gehalten,  ohne  dass  jedoch  die  eine  wie  die  andere  Auffassung 
eine  sichere  anatomische  Begründung  erfahren  hätte.  Aus  Gründen,  die  erst  später  erörtert  werden 
können,  betrachten  wir  sie  als  Gehörorgane  und  unterscheiden  nach  ihrem  Bau  zwei  Arten,  offene 
Gehörorgane  und  geschlossene  Gehörorgane  oder  Hörbläschen. 

Die  Gehörorgane  der  Aeginiden  gehören  der  ersten  Gruppe  an  und  sind  Fortsätze, 
die  auf  dem  Nervenring  aufsitzen  und  frei  in  das  umgebende  Wasser  hervorragen.  Sie  bestehen 
aus  zwei  nur  durch  ein  feines  Stielchen  mit  einander  verbundenen  Abschnitten : einem  basalen,  der 
als  eine  locale  Anschwellung  des  Nervenrings  betrachtet  werden  kann,  und  einem  peripheren,  der 
dieser  Anschwellung  wie  ein  kleines  Tentakelchen  aufsitzt;  jenen  werden  wir  im  Folgenden  als 
Hörpolster  (hp),  diesen  als  Hörkölbchen  (bk)  bezeichnen. 


30 


Bei  den  einzelnen  Arten,  die  wir  untersucht  haben,  sind  die  Organe  sehr  verschieden  ge- 
staltet und  verlangen  daher  eine  getrennte  Beschreibung.  Die  ursprünglichste  Form  besitzt  zweifel- 
los Cunina  lativentris,  ihr  schliesst  sich  Aeginopsis  aufs  engste  an,  während  sich  Cunina  sol  maris 
weit  von  ihr  entfernt.  Die  drei  Arten  sollen  daher  auch  in  der  angegebenen  Reihenfolge  be- 
sprochen werden. 

Bei  Cunina  lativentris  sind  die  Gehörorgane  je  nach  der  Grösse  und  dem  Alter  des 
Thieres  in  sehr  verschiedener  Anzahl  vorhanden.  Bei  dem  grössten  Exemplare,  das  wir  haben 
untersuchen  können  und  das  einen  Durchmesser  von  1.5  Ctm.  besass,  zählten  wir  in  dem  Raum 
zwischen  zwei  Tentakeln  4 — 5 und,  da  die  betreffende  Cunina  mit  12  Tentakeln  versehen  war, 
nahe  an  60  beim  ganzen  Thier.  Bei  jüngeren  Individuen  ist  sowohl  die  Zahl  der  Tentakeln  als 
die  Zahl  der  zwischen  zwei  Tentakeln  stehenden  Sinnesorgane  eine  geringere;  so  fanden  sich 
z.  B.  bei  der  jüngsten  von  uns  beobachteten  Cunina,  einer  noch  nicht  1 Mm.  messenden  Meduse, 
im  Ganzen  4 Hörorgane  und  4 Tentakeln  vor.  Jene  sitzen  auf  dem  Ringnerv  an  den  Ursprungs- 
stellen der  Nesselstreifen,  meistentheils  vereinzelt,  seltener  paarweis  vereint;  im  letzteren  Falle  steht 
eins  dicht  neben  dem  anderen.  Zuweilen  haben  wir  Cuninen  beobachtet,  bei  denen  die  Duplicität 
die  Regel  war. 

Das  Gehör polster  (Taf.  I.  Fig.  2 und  31ip)  ist  eine  nicht  sehr  bedeutende  Verdickung  des 
Ringnerven wulstes  und  geht  allmählich  ohne  sich  scharf  abzusetzen  in  denselben  über ; es  ist  breiter 
in  tangentialer  als  in  radialer  Richtung  und  bildet  eine  Art  Sockel,  von  dessen  Mitte  sich  das 
Gehör kölbchen  (hk)  erhebt.  Dieses  ist  ein  walzenförmiger  Körper,  der  ungefähr  doppelt  so 
lang  als  breit  ist  und  einem  kleinen  rudimentären  Tentakel  ähnelt.  Sein  basales  Ende  ist 
gegen  das  Gehörpolster  tief  eingeschnürt  und  hängt  mit  ihm  nur  mit  Hülfe  eines  kurzen  feinen 
Stielchens  zusammen;  sein  freies  Ende  ist  dagegen  etwas  verdickt  und  umschliesst  meist  zwei 
Concretionen  (o),  von  denen  die  periphere  gewöhnlich  am  grössten  ist  und  neben  denen  sich 
dann  und  wann  noch  kleinere  vorfinden.  Die  Concretionen,  welche  ihrer  Function  nach  auch  als 
Otolithen  bezeichnet  werden,  brechen  das  Licht  stark  wie  Oeltropfen,  unterscheiden  sich  aber  von 
diesen  schon  in  der  Form  durch  ihren  undeutlich  krystallinischen  Bau,  indem  sie  von  hexagonalen 
Flächen  begrenzt  werden,  die  mit  abgerundeten  Kanten  in  einander  übergehen.  Sie  lösen  sich 
ohne  Auf  brausen  selbst  in  schwachen  Säuren  auf;  schon  dünne  Osmiumsäure  genügt,  um  sie  nach 
einiger  Zeit  zu  zerstören.  Hierbei  bleibt  stets  ein  organisches  Substrat  zurück,  in  dem  die  wahr- 
scheinlich aus  einer  Kalkverbindung  bestehenden  mineralischen  Bestandtheile  abgelagert  waren; 
dasselbe  bildet  eine  Blase  mit  dicken  faltig  geschrumpften  Wandungen.  Die  Oberfläche  des  Ge- 
hörorgans ist  mit  Haaren  (hh)  bedeckt.  Besonders  erhebt  sich  vom  Hörpolster  ein  Wald  starrer 
Borsten  von  so  beträchtlicher  Länge,  dass  ihre  Spitzen  nahezu  bis  an  das  Ende  des  Gehörkölbchens 
reichen  und  letzteres  von  ihnen  allseitig  umfasst  wird.  Für  gewöhnlich  sind  die  Borsten  etwas 
nach  einwärts  gekrümmt  und  unbeweglich,  nur  selten  bemerkt  man  an  ihnen  schwache  zitternde 
Bewegungen.  Die  vom  Hörkölbchen  entspringenden  Haare  kreuzen  sich  in  ihrem  Verlauf  mit  denen 
des  Hörpolsters;  sie  sind  kürzer  und  spärlicher  wie  diese,  zeichnen  sich  aber  immerhin  noch  durch 
Stärke  und  Länge  vor  den  Flimmern  des  auf  dem  Nervenring  befindlichen  Sinnesepithels  aus. 

Eine  genauere  histologische  Untersuchung  des  Gehörorgans  ergiebt,  dass  das  Hör- 
polster von  denselben  Bestandtheilen  gebildet  wird  wie  der  Nervenring.  Betrachtet  man  bei  einer 
mit  Osmiumsäure  und  Carmin  behandelten  Cunina  das  Hörpolster  von  der  Fläche,  so  erblickt 
man  die  polygonale  Felderung,  die  durch  das  Sinnesepithel  bedingt  wird,  und  darunter  die  fein- 
faserigen Nervenzüge.  Durch  Maceration  erhält  man  dieselben  zarten  Fibrillen  und  Ganglienzellen, 


31 


wie  wir  sie  schon  von  anderen  Stellen  des  Nervenrings  kennen,  und  nur  die  Epithelzellen  unter- 
scheiden sich  von  den  gewöhnlichen  Sinneszellen  durch  ihre  bedeutendere  Länge  und  durch  den 
Besitz  der  charakteristischen  Hörhaare,  die  jedoch  hei  Macerationspräparaten  meist  abgefallen  sind. 
Das  Hörpolster  ist  somit  nichts  als  eine  Anschwellung  des  Nervenrings,  die  durch  die  Verlängerung 
der  epithelialen  Elemente  und  durch  die  Vermehrung  der  Nervenmasse  bedingt  ist. 

Das  Hörkölbchen  (Taf.  I.  Fig.  2 und  3 hk)  setzt  sich  aus  zwei  auch  im  frischen  Zustand 
scharf  und  deutlich  von  einander  geschiedenen  Theilen  zusammen:  einem  in  der  Axe  verlaufenden 
cylindrischen  Strang  und  einem  die  steifen  Haare  tragenden  epithelialen  Ueberzug.  Der  Axen- 
strang  endet  beiderseits  abgerundet  und  umscliliesst  die  schon  besprochenen  Concretionen,  er  wird 
wie  die  Axe  eines  soliden  Tentakels  von  einer  einzigen  Reihe  von  Zellen  gebildet,  die  wie  die 
Stücke  einer  Geldrolle  geschichtet  sind  oder  sich  keilförmig  von  links  und  rechts  in  einander 
schieben.  Die  meisten  von  ihnen  sind  nur  wenig  grösser  als  der  von  ihnen  umschlossene  Kern 
und  in  der  Richtung  von  oben  nach  unten  abgeplattet.  Nur  die  zwei  in  der  Spitze  des  Kölbchens 
gelegenen  Zellen,  in  welchen  sich  die  Concretionen  (o)  vorfinden,  sind  durch  diese  stark  auf- 
getrieben; ihr  Protoplasma  ist  auf  eine  dünne  Schicht  beschränkt,  welche  an  Osmiumpräparaten 
den  durch  Auflösung  der  Concretion  entstandenen  Hohlraum  umgiebt  und  in  einer  Verdickung  einen 
Kern  birgt. 

Der  besprochene  Zellstrang  wird  von  einer  Membran  umhüllt,  die  ihn  vollkommen  nach 
allen  Seiten  abschliesst.  Dieselbe  verlängert  sich  an  der  Basis  des  Hörkölbchens  in  ein  feines 
Fädchen,  das  in  das  Hörpolster  ein  tritt  und,  so  lange  dieses  unversehrt  ist,  nicht  weiter  verfolgt 
werden  kann.  Dagegen  gelingt  es  an  Macerationspräparaten,  Aufschluss  über  seine  Endigungsweise 
zu  erhalten.  Zu  dem  Zweck  empfiehlt  es  sich,  ein  kleines  Stück  des  Schirmrands,  an  dem  ein 
Gehörorgan  sitzt,  durch  vorsichtiges  Klopfen  in  seine  Elemente  zu  zerlegen,  am  besten,  indem  man 
unter  dem  Mikroskop  bei  schwacher  Vergrösserung  den  Erfolg  der  Isolirmethode  controlirt.  Man 
kann  so  nach  und  nach  den  Axenstrang  aus  seiner  epithelialen  Umhüllung  vollkommen  heraus-, 
schälen  und  den  gesammten  Nervenring  und  die  Zellen  des  Hörpolsters  allmählich  entfernen.  Ist 
das  Präparat  geglückt,  so  bleibt  von  dem  gesammten  Organ  Nichts  weiter  übrig,  als  der  Axen- 
strang, umhüllt  von  seiner  Membran,  und  das  von  letzterer  entspringende  Fädchen;  man  kann 
nunmehr  nachweisen,  dass  letzteres  an  die  Stützlamelle  herantritt,  welche  den  Ringkanal  von  den 
Nervenwulst  trennt  und  mit  derselben  verschmilzt.  Das  Fädchen  ist  somit  eine  Verbindung  zwischen 
den  beiden  Membranen,  von  welchen  die  eine  den  Axenstrang  des  Hörkölbchens,  die  andere  den 
Riugkanal  umscheidet. 

Der  Epithelüberzug  des  Hörkölbchens  besteht  hauptsächlich  aus  cubischen  Elementen, 
nur  über  den  Concrementzellen  flacht  er  sich  ab  und  bildet  ein  dünnes  Häutchen,  in  dem  die  ein- 
gestreuten Kerne  kleine  Hervorwölbungen  bedingen.  Die  cubischen  Zellen  tragen  je  ein  starres 
Haar  und  gehen,  wie  sich  durch  Isolation  (Taf.  II.  Fig.  4)  ermitteln  lässt,  an  ihrer  Basis  in  1 — 2 
feine  Fortsätze  über,  die  rechtwinkelig  zur  Zellaxe  umbiegen.  Wahrscheinlich  gehen  dieselben  in 
Nervenfibrillen  über  und  treten  durch  den  Stiel  des  Kölbchens  in  die  Fasermasse  des  Hörpolsters; 
für  diese  Annahme  spricht  die  feinfaserige  Beschaffenheit,  die  der  Stiel  bei  Behandlung  mit  Osmium- 
säure erkennen  lässt  (Taf.  I.  Fig.  3). 

Die  wichtigsten  der  geschilderten  Eigenthümlichkeiten  kann  man  auf  einen  Blick  an  Quer- 
schnitten übersehen,  vorausgesetzt,  dass  dieselben  genügend  dünn  sind  und  dass  sie  — was  noch 
wichtiger  ist  — den  Sinneskörper  seiner  ganzen  Länge  nach  gespalten  haben.  Wenn  wir  die 
Figur  2 auf  Tafel  I,  die  einen  solchen  Schnitt  darstellt,  betrachten,  so  sehen  wir  nach  aussen  — 


32 


in  der  Figur  nach  rechts  — von  den  grossen  blasigen  Zellen  des  Ringkanals  das  Hörpolster  und 
auf  diesem  das  seiner  Länge  nach  gespaltene  Hörkölbchen.  Ringkanal  und  Hörpolster  werden 
durch  eine  Membran  getrennt,  die  mit  einer  verdickten,  durch  Einlagerung  eines  Kerns  ausgezeich- 
neten Stelle  in  letzteres  hineinragt  und  weiterhin  in  einen  feinen  und  wie  eine  Linie  erscheinenden 
Faden  übergeht.  Dieser  Faden  theilt  das  Polster  in  zwei  ungefähr  gleiche  Theile  und  geht  dann 
in  die  Membran  über,  welche  das  Epithel  und  die  Axenzellen  des  Hörkölbchens  von  einander 
scheidet.  Ziehen  wir  die  Figur  1 derselben  Tafel,  die  Abbildung  eines  Querschnitts  von  einer 
andern  Stelle  des  Schirmrands,  zum  Vergleich  heran,  so  ist  ersichtlich,  dass  das  Hörpolster  aus 
denselben  Theilen  wie  der  Ringnerv  besteht,  dass  dieselben  aber  in  ihm  eine  bedeutende  Volums- 
zunahme erfahren  haben.  Nach  aussen  setzt  sich  das  Sinnesepithel  ziemlich  scharf  gegen  das 
Epithel  der  dorsalen  Velumseite  ab,  nach  innen  und  oben  dagegen  geht  es  ganz  allmählich  in 
einen  dicken  Zellstrang  über,  der  die  auffallend  dicke  Gallertschicht  bedeckt.  Dieser  Zellstrang, 
in  dem  einzelne  Nesselzellen  lagern,  ist  der  Nesselstreifen,  der  ja  jedesmal  an  der  Basis  eines 
Gehörpolsters  entspringt  und  ebenfalls  von  Sinnesepithel  gebildet  wird.  Die  Dicke  der  Gallerte 
wird  verständlich,  wenn  wir  uns  daran  erinnern,  dass  jeder  Zellstreif  auf  einem  sattelartigen  Vor- 
sprung des  Schirms  sitzt.  Schliesslich  sei  hier  noch  die  Bemerkung  angefügt,  dass  bei  dem  Prä- 
parat, das  der  Zeichnung  zur  Grundlage  gedient  hat,  alle  Borsten  und  Haare  fehlten  und  dass 
auch  die  letzte  Concrementzelle  vom  Schnitt  zur  Hälfte  entfernt  worden  war. 

Der  geschilderte  Bau  der  Gehörorgane  wird  um  Vieles  verständlicher,  wenn  wir  ihre  Ent- 
wicklung mit  in  Betracht  ziehen.  Zum  Studium  derselben  ist  Cunina  lativentris  ein  sehr  geeig- 
netes Object,  da,  wie  wir  schon  früher  hervorgehoben  haben,  im  Lauf  des  Wachsthums  eine  be- 
ständige Vermehrung  der  Organe  Statt  findet.  Wenn  man  junge  Thiere  in  Osmiumsäure  abtödtet 
und,  am  besten  unter  möglichst  vollständiger  Beseitigung  der  Gallerte,  glatt  ausbreitet,  so  kann 
man  unter  günstigen  Umständen  an  einem  Thier  alle  Entwicklungsstadien  auffinden. 

An  einem  Flächenpräparat  der  Cunina  sieht  man  unmittelbar  nach  einwärts  vom  Nervenring 
einen  breiten  Streifen  polygonaler  Zellen  dem  Schirmrand  parallel  verlaufen  (Taf.  I.  Fig.  4 r) ; es 
ist  dies  der  von  oben  gesehene  Ringkanal.  An  einer  umschriebenen  Stelle  bildet  das  Epithel  des- 
selben einen  kleinen  Vorsprung,  der  in  den  angrenzenden  Nervenring  hervorragt  und  die  trennende 
Membran  vor  sich  ausstülpt.  Diese  Wucherung  der  Entodermzellen  bedingt  eine  unbedeutende 
Erhöhung  im  Nervenring(nr).  Wir  haben  hier  die  erste  Anlage  eines  Gehörorgans  vor  uns  und 
zwar  entspricht  der  von  Entoderm  gebildete  Höcker  dem  späteren  Axenstrang  des  Hörkölbchens. 

Bei  älteren  Entwicklungszuständen  ist  die  Hervorwölbung  des  Nervenrings  beträchtlicher 
geworden,  die  Wucherung  des  Entoderms  hat  sich  abgeschnürt  und  es  beginnt  entweder  in  einer 
Zelle  oder  in  mehreren  die  Abscheidung  der  Concretion.  Nunmehr  findet  sich  in  dem  Nervenring 
ein  abgeschlossener  Zellstrang,  der  aus  einer  geringeren  oder  grösseren  Anzahl  von  Zellen  besteht 
und  in  dem  wir  die  Anlage  für  den  Axenstrang  des  Hörklöppels  nicht  mehr  verkennen  können. 
Anfänglich  liegt  er  der  Membran  zwischen  Ringnerv  und  Ringkanal  noch  an  (Fig.  5),  später 
rückt  er  in  die  Höhe  (Fig.  6)  und  hebt  die  ihn  bedeckende  Epithelschicht  in  dem  Maasse 
empor,  als  er  sich  von  seiner  Ursprungsstelle  entfernt.  Ganz  zuletzt  erst  sondert  sich  die  bis 
dahin  einheitliche  Anlage  des  Gehörorgans  in  ihre  beiden  Bestandtheile : das  Hörkölbchen  und  das 
Hörpolster. 

Aus  dem  geschilderten  Entwicklungsgang  ist  ersichtlich,  dass  der  Axenstrang  des  Hör- 
kölbchens  aus  dem  Entoderm  stammt.  Eine  Andeutung  dieses  Verhältnisses  erhält  sich  dauernd 
in  der  Verbindung  zwischen  den  Membranen,  die  den  Ringkanal  und  den  Axenstrang  umhüllen. 


33 


Wenn  wir  von  Cunina  lativentris  ausgehend  uns  zur  Betrachtung  der  Gehörorgane  hei 
Aeginopsis  mediterran ea  wenden,  so  müssen  wir  gleich  am  Anfang  die  ausserordentliche 
Aehulichkeit  betonen,  die  hier  zwischen  beiden  Arten  besteht,  eine  Aehnliclikeit , die  um  so  auf- 
fallender ist,  je  mehr  sich  in  anderen  Theilen  der  Organisation  die  genannten  Medusen  von  einander 
entfernen.  Im  Allgemeinen  sind  es  nur  Unterschiede  in  der  Form  und  Zahl,  welche  die  Sinnes- 
organe der  Aeginopsis  von  denen  der  Cunina  unterscheiden. 

Die  Zahl  der  Gehörorgane  ist  hei  Aeginopsis  (Taf.  X.  Fig.  5 hk)  eine  bestimmte;  acht  der- 
selben finden  wir  hei  alten  Thieren  in  regelmässigen  Abständen  auf  den  Schirmrand  vertheilt  und 
eben  so  viel  sind  schon  hei  jungen  Individuen  vorhanden;  jedesmal  zwei  sitzen  in  dem  Zwischen- 
raum zwischen  zwei  Radialsträngen  dem  Ringnerv  auf  und  in  der  Mitte  zwischen  ihnen  bildet 
letzterer  eonstant  noch  einen  dritten  Wulst  (q),  an  dem  jedoch  kein  Hörkölbchen  zur  Entwick- 
lung kommt. 

Die  Gehörorgane  der  Aeginopsis  (Taf.  III.  Fig.  6)  sind  im  Vergleich  zu  denen  der  Cunina 
lativentris  klein;  dies  gilt  besonders  von  dem  Hörkölbchen,  weniger  vom  Hörpolster,  welches  sogar, 
wenn  wir  die  Kleinheit  des  ganzen  Thieres  und  die  hiermit  in  Zusammenhang  stehende  Feinheit 
des  Nervenrings  in  Betracht  ziehen,  verhältnissmässig  stärker  entwickelt  ist  als  hei  Cunina.  Das 
Hörpolster  (hp)  ist  ein  stark  gewölbter  Hügel,  der  gleichbreit  in  tangentialer  und  radialer  Rich- 
tung ist  und  mit  steil  abfallenden  Rändern  in  den  Nervenring  übergeht;  auf  ihm  befestigt  sich  ein 
kleines  ovales  Hörkölbchen  (hk)  mit  Hülfe  eines  kurzen  dünnen  Stiels,  der  sich  in  das  Innere 
des  Hörpolsters  einsenkt.  Beide  Theile  des  Hörorgans  sind  gleichmässig  mit  feinen  Borsten  bedeckt, 
die  nur  wenig  länger  und  stärker  sind  als  die  Wimpern  des  Sinnesepithels  auf  dem  Nervenring. 

Die  Hervorwölbung  des  Hörpolsters  wird  zum  Theil  wie  bei  Cunina  durch  eine  Zunahme 
der  Nervenfasern  und  eine  Verlängerung  der  Sinnesepithelien  bedingt,  zum  Theil  muss  sie  auf  eine 
Anschwellung  des  Zellstrangs,  welcher  bei  Aeginopsis  morphologisch  den  Ringkanal  vertritt,  zurück- 
geführt werden.  Letztere  bildet  einen  ansehnlichen  Zellenhaufen  im  Centrum  des  Polsters,  der 
sowohl  durch  Querschnitte  (Taf.  II.  Fig.  2 r)  zur  Anschauung  gebracht  werden  kann , als  auch 
durch  theilweises  Abpinseln  des  Nervenrings  bei  macerirten  Exemplaren.  Im  Uebrigen  ist  die 
histologische  Beschaffenheit  der  nervösen  Theile  dieselbe  wie  bei  Cunina. 

Am  Hörkölbchen  können  wir  die  schon  bei  Cunina  unterschiedenen  zwei  Theile,  den 
Axenstrang  und  den  Epitheltiberzug  nachweisen.  Der  erstere  besteht  stets  nur  aus  zwei  Zellen, 
die  namentlich  an  ihren  rundlichen  Kernen  leicht  zu  erkennen  sind  und  von  denen  die  kleinere 
das  untere,  die  grössere  das  obere  Ende  einnimmt.  Die  letztere  enthält  den  stets  einfachen  Oto- 
lithen,  einen  rundlichen  stark  lichtbrechenden  Körper  (o),  der  sich  von  dem  Otolithen  der  Cunina 
lativentris  durch  den  Mangel  der  krystallinischen  Beschaffenheit  auszeichnet,  dagegen  sich  ebenfalls 
in  dünnen  Säuren  löst,  indem  er  ein  faltiges  Häutchen  als  organisches  Substrat  hinterlässt.  Die 
durch  eine  Membran  vom  Axenstrang  getrennten  Epithelzellen  verlängern  sich  an  ihrem  basalen 
Ende  in  feine  Fortsätze  und  besitzen  in  den  unteren  zwei  Dritteln  des  Hörkölbchens  eine  cubische 
Gestalt,  an  der  Spitze  dagegen  sind  sie  platte  Gebilde,  die  einen  dünnen  Ueberzug  über  der  Con- 
crementzelle  bilden. 

Durch  zweckmässige  Behandlung  macei'irter  Präparate  sind  wir  zu  Resultaten  gelangt, 
die  völlig  mit  den  von  Cunina  geschilderten  Verhältnissen  übereinstimmen.  Besonders  heben  wir 
hervor,  dass  es  uns  auch  hier  gelungen  ist,  den  Zusammenhang  der  Membran  des  Hörkölbchens 
mit  der  Membran,  welche  die  Anschwellung  des  rudimentären  Ringkanals  umhüllt,  mit  Sicherheit 
darzuthun  (Taf.  II.  Fig.  2 a).  Hat  man  durch  Klopfen  alle  Theile  des  Nervenrings,  des  HÖl- 

IIe  rtwig,  Medusen.  5 


34 


polsters  und  das  Epithel  des  Hörkölbchens  entfernt,  so  kommt  anch  hei  Aeginopsis  ein  feiner 
Faden  znm  Vorschein,  an  dessen  einem  Ende  die  beiden  Zellen  des  Axenstrangs , umgehen  von 
ihrer  Umhüllung,  aufsitzen,  dessen  anderes  Ende  in  einer  glockenförmigen  Verbreiterung  einen  dem 
Gastrovascularsystem  angehörigen  Zellenhaufen  umschliesst.  Den  gleichen  Zusammenhang  haben 
wir  auf  Querschnitten  nachgewiesen  (Taf.  II.  Fig.  2/5);  dieselben  sind  den  Zerzupfungspräparaten 
darin  überlegen,  dass  sie  zeigen,  wie  der  Verbindungsfaden  den  Nervenring  durchsetzt  und  halbirt. 

Die  am  Anfang  erwähnten  in  Vierzahl  vorhandenen  Anschwellungen  des  Nervenrings, 
die  genau  die  Mitte  zwischen  zwei  Tentakeln  einnehmen  (Taf.  III.  Fig.  10),  stimmen  in  ihrem  Bau 
mit  dem  Hörpolster  überein  und  unterscheiden  sich  somit  nur  durch  den  Mangel  der  Kölbchen  von 
ausgebildeten  Gehörorganen. 

Die  beiden  Bestandtheile , welche  wir  bei  Cunina  lativentris  und  Aeginopsis  mediterranea 
am  Gehörorgan  unterschieden  haben,  kehren  bei  Cunina  sol  maris  in  sehr  veränderter  Gestalt 
wieder.  Die  Umwandlungen,  die  das  Organ  erfahren  hat,  haben  bei  der  genannten  Meduse  zu  einer 
physiologischen  Vervollkommnung  geführt,  die  nicht  allein  in  einer  Vermehrung  und  höheren  Aus- 
bildung der  Sinneszellen,  sondern  auch  in  einer  fortgeschrittenen  Individualisirung  des  gesummten 
Organs  sich  zu  erkennen  giebt. 

Die  Verbreitung  der  Gehörorgane  (Taf.  X.  Fig.  6hk)  ist  dieselbe  wie  bei  Cunina  lativentris; 
bei  jungen  Thieren  ist  ihre  Zahl  eine  geringe,  sie  nimmt  im  Laufe  des  Wachsthums  zu  und  wird 
bei  grossen  Exemplaren  eine  sehr  beträchtliche.  Bei  den  grössten  Cuninen,  die  wir  gefangen  haben 
und  die  einen  Durchmesser  von  3 Cm.  besassen,  beobachteten  wir  4—6  (meist  5)  Gehörorgane  in 
einem  Intertentacularraum,  und  da  16  Tentakeln  vorhanden  waren,  mag  sich  die  Gesammtzahl  auf 
80  belaufen  haben.  Wahrscheinlich  kann  dieselbe  aber  in  einzelnen  Fällen  noch  steigen,  wie  denn 
auch  Gegenbaur  von  Cuninen  berichtet  mit  18  Tentakeln  und  über  80  Gehörorganen. 

Von  den  beiden  Abschnitten  ist  der  untere,  das  Hörpolster,  am  meisten  verändert,  indem 
er  sich  vom  Nervenring  abgeschnürt  hat  und  einen  selbstständigen  Körper  bildet.  Auf  denselben 
kann  die  Bezeichnung  Hörpolster  kaum  noch  Anwendung  finden  und  soll  er  daher  im  Folgenden 
unter  dem  Namen  Hörpapille  beschrieben  werden. 

Die  Hörpapille  (hp)  sitzt  auf  einer  geringfügigen  ganz  allmählich  verlaufenden  Verdickung 
des  Nervenrings  und  ragt  über  die  Oberfläche  des  letzteren  beträchtlich  hervor.  Von  der  Fläche 
gesehen  (Taf.  I.  Fig.  9 hp)  ist  sie  am  peripheren  Ende  wohl  um  die  Hälfte  breiter  als  an  der  Basis 
und  besitzt  daher  eine  umgekehrt  conische  Gestalt;  weniger  deutlich  ist  dies  bei  seitlicher  Ansicht 
(oder  auf  dem  Querschnitt  Fig.  8 auf  Taf.  I),  da  in  radialer  Richtung  die  Verbreiterung  des  freien 
Endes  eine  geringere  ist,  was  eine  Abplattung  der  Kegelform  zur  Folge  hat.  Die  der  Basis  des 
Kegels  entsprechende  freie  Fläche  der  Papille  ist  muldenförmig  ausgehöhlt,  bald  nur  unbedeutend, - 
bald  aber  auch  so  tief,  dass  das  Ende  die  Gestalt  einer  flachen  Glocke  annimmt.  Auch  dies  Ver- 
hältniss  ist  mehr  in  der  Flächenansicht  als  bei  Betrachtung  von  der  Seite  ausgeprägt.  Vom  Grund 
der  Vertiefung  entspringt  das  Hörkölbchen,  ein  namentlich  im  Verhältniss  zur  Hörpapille  kleines 
Körperchen  von  bimförmiger  Gestalt,  dessen  spitzes  Ende  dem  Nervenring  zugewandt  ist  und  mit 
einem  feinen  Stiel  in  das  Innere  der  Papille  eindringt.  Seine  Oberfläche  ist  mit  Haaren  spärlich 
bedeckt.  Dagegen  ist  die  Papille  dicht  überzogen  von  einem  Wald  starrer  langer  Borsten,  die  von 
allen  Punkten  der  Oberfläche  auf  kleinen  Höckern  entspringen,  besonders  reichlich  von  den  Rändern 
der  muldenförmigen  Vertiefung.  Die  Borsten  sind  schwach  gebogen,  überragen  das  Hörkölbclien 
und  neigen  sich  von  allen  Seiten  über  ihm  zusammen;  ihrer  Function  nach  werden  sie  wohl  als 
Hörhaare  zu  bezeichnen  sein. 


35 


Die  histologische  Untersuchung  der  Papille  weist  in  ihr  sehr  charakteristische  Be- 
standteile nach.  Schon  im  frischen  Zustand  bemerkt  man  einen  breiten  feinfaserigen  lichten  Strang, 
der  aus  den  Fibrillenzügen  des  Nervenrings  entspringt  und  in  das  Innere  der  Papille  ein  tritt  (Taf.  I. 
Fig.  9n).  In  ihrer  Mitte  strahlt  er  aus,  indem  er  namentlich  nach  beiden  Seiten  sich  verbreitet. 
Der  Strang  wird  hei  Osmium-Carminbeliandlung  deutlicher  und  lässt  in  seinem  Innern  vereinzelte 
Kerne  erkennen,  welche  zweifellos  Ganglienzellen  angehören,  wenn  es  uns  auch  nicht  geglückt  ist, 
dieselben  zu  isoliren.  Im  Uebrigen  besitzt  die  Papille  sowohl  im  frischen  Zustand  als  auch  nach 
Carminosmiumbehandlung  ein  sehr  gleichmässiges  Ansehen.  In  der  intensiv  rothen  Masse,  die  sie 
im  gefärbten  Zustand  bildet,  erkennt  man  nur  mühsam  eine  Zusammensetzung  aus  sehr  langen, 
fast  linearen  Zellen,  die  von  der  Mitte  der  Papille  fächerartig  ausstrahlen.  Jede  einzelne  Zelle 
entspricht  einem  Höcker  der  Oberfläche  und  trägt  eine  starre  Borste;  ihr  centrales  Ende  liegt  nach 
dem  Faserstrang  zu,  in  den  sie  sich  unmittelbar  fortzusetzen  scheint. 

Von  der  Gestalt  und  Beschaffenheit  der  Zellen  gewinnt  man  erst  durch  Isolationspräparate 
eine  richtige  Vorstellung.  Dieselben  gelingen  sehr  schwer,  da  die  ganze  Hörpapille  von  einer 
derben  Cuticula  überzogen  ist,  welche  die  einzelnen  Bestandteile  fest  vereinigt.  An  macerirten 
Cuninen,  an  denen  alle  Organe  fast  von  selbst  auseinanderfallen,  bleiben  die  Elemente  der  Hör- 
papille im  Zusammenhang  und  können  nur  mit  Mühe  von  einander  gelöst  werden.  Meist  erhält 
man  selbst  bei  lange  fortgesetztem  Zerzupfen  und  Zerklopfen  nur  einzelne  Zellgruppen  und  äusserst 
selten  völlig  isolirte  Zellen.  Diese  bestehen  fast  allein  aus  dem  stäbchenförmigen  sehr  langen  Kern, 
der  von  einer  dünnen  Schicht  Protoplasma  umhüllt  wird  (Taf.  I.  Fig.  10).  Das  periphere  Ende 
hängt  gewöhnlich  fest  an  der  Cuticula,  das  centrale  verlängert  sich  in  1 — 2 feine  Fortsätze,  welche 
wahrscheinlich  in  den  in  der  Axe  der  Papille  verlaufenden  Nervenstrang  übergehen.  Nach  der 
Basis  der  Papille  zu  werden  die  Epithelzellen  protoplasmareicher  und  breiter  und  vermitteln  so 
allmählich  den  Uebergang  zu  den  Sinneszellen,  welche  den  Nervenring  bedecken. 

Das  von  der  Hörpapille  entspringende  Hörkölbchen  besteht,  wie  es  namentlich  Carmin- 
osmiumpräparate  schön  zeigen,  aus  zwei  Theilen,  der  Axe  und  dem  epithelialen  Ueberzug.  In 
ersterer  können  wir  stets  nur  zwei  Zellen  nach  weisen,  eine  kleinere  im  schmalen  Abschnitt,  eine 
grössere  im  kugelig  verbreiterten  Ende.  Letztere  umschliesst  die  Concretion  (o)  oder  den  Oto- 
lithen,  einen  stark  lichtbrechenden  Körper  von  undeutlich  krystallinischer  Beschaffenheit.  Die 
hexagonalen  Flächen  des  Krystalls  gehen  auch  hier  mit  abgerundeten  Kanten  in  einander  über 
und  sind  oft  so  wenig  ausgeprägt,  dass  man  bei  oberflächlicher  Betrachtung  glauben  würde,  einen 
einfach  runden  Körper  vor  sich  zu  haben.  Neben  dem  grossen  Krystall  finden  sich  ab  und  zu 
1 — 2 kleinere  krystallinische  Körperchen.  Säuren  lösen  die  Zelleneinschlüsse  bis  auf  das  ihnen  zu 
Grunde  liegende  organische  Substrat  völlig  auf.  — Die  Zellen  des  Epithels  sind  über  der  Con- 
cretion flache  Plättchen  und  gehen  nach  der  Basis  zu  allmählich  in  einige  wenige  cubische  Ele- 
mente über. 

Bei  macerirten  Sinneskörpern  gelingt  es  auch  bei  der  Cunina  sol  maris  wie  bei  den  übrigen 
Aeginiden,  den  epithelialen  Ueberzug  loszulösen,  um  die  Axenzellen  zu  isoliren  (Taf.  II.  Fig.  12). 
Dieselben  werden  von  einer  faserigen  Membran  umhüllt,  welche  da,  wo  die  beiden  Zellen  aneinander- 
stossen,  in  einen  Fortsatz  übergeht.  Der  Fortsatz  tritt  in  das  Innere  der  Hörpapille  ein  und  kann, 
wenn  die  Elemente  derselben  durch  Maceration  gleichfalls  entfernt  sind,  noch  weiter  bis  zur  Mem- 
bran verfolgt  werden,  welche  dem  Nervenring  zur  Unterlage  dient.  Es  ist  möglich,  die  Isolation 
so  weit  fortzusetzen,  dass  nichts  übrig  bleibt  als  diese  Membran  und  der  mit  ihr  durch  den  Fortsatz 
verbünde  Axentheil  des  Hörklöppels.  Ist  bei  der  Isolation  der  Zellstrang,  welcher  den  rückgebildeten 

5* 


36 


Ringkanal  vorstellt,  erhalten  gebliehen,  so  bemerkt  man  in  ihm  die  Anschwellungen,  die  er  ent- 
sprechend der  Basis  der  Hörorgane  bildet  (r). 

Wie  bei  den  beiden  anderen  Aeginiden  ist  es  uns  auch  bei  Cunina  sol  maris  geglückt  Quer- 
schnitte anzufertigen,  welche  den  Sinneskörper  seiner  ganzen  Länge  nach  spalten.  Da  indessen 
die  Resultate  im  Wesentlichen  mit  den  von  Cunina  lativentris  und  Aeginopsis  mediterranea  erhal- 
tenen übereinstimmen,  genügt  es  hier  einfach,  auf  die  Abbildung  (Figur  8.  Tafel  I)  zu  verweisen. 

Wenn  wir  zum  Schluss  die  Sinneskörper  der  genannten  drei  Aeginidenarten  unter  einander 
vergleichen,  so  können  wir  überall  einen  in  den  Grundzügen  übereinstimmenden  Bau  nachweisen. 
An  einer  Stelle  verdickt  sich  der  Nervenring  zu  einem  Wulst,  dem  Hörpolster,  einem  Haufen  Sinnes- 
zellen, die  mit  besonders  langen  Haaren  oder  Borsten  ausgestattet  sind.  Von  diesem  Wulst  erhebt 
sich  ein  cylindrischer  Körper,  das  Hörkölbchen,  das  aus  Axenzellen  und  Rindenzellen  besteht.  Die 
ersteren  entstammen  aus  dem  Entoderm,  wie  bei  Cunina  lativentris  die  Entwicklung  lehrt  und  bei 
den  übrigen  aus  dem  anatomischen  Zusammenhang  geschlossen  werden  kann.,  die  letzteren  sind 
Ektodermzellen. 

In  der  Ausbildung  der  einzelnen  Tlieile  ergeben  sich  Verschiedenheiten.  Auf  der  einen  Seite 
steht  Cunina  lativentris  mit  wenig  entwickeltem  Hörpolster,  dagegen  mit  einem  ansehnlichen  Hör- 
klöppel, auf  der  anderen  Seite  steht  Cunina  sol  maris.  Hier  ist  das  Hörpolster  zu  einer  Hörpapille 
differenzirt,  während  der  Hörklöppel  rückgebildet  erscheint,  indem  seine  Grösse  und  die  Zahl  der 
ihn  bildenden  Elemente  sich  verringert  hat.  In  letzter  Hinsicht  ist  hervorzuheben,  dass  der 
entodermale  Tlieil,  die  Axe,  nur  aus  zwei  Zellen  sich  zusammensetzt.  Aeginopsis  endlich  nimmt, 
in  jeder  Hinsicht  eine  vermittelnde  Stellung  ein.  Das  Hörpolster  erinnert  mehr  an  Cunina  lativentris, 
der  Hörklöppel  dagegen  ähnelt  mehr  dem  der  Cunina  sol  maris,  und  zwar  besonders  darin,  dass 
nur  zwei  Axenzellen  vorhanden  sind. 

Literatur.  Da  die  Gehörorgane  der  Aeginiden  zahlreich  am  Schirmrand  vertheilt  sind,  eine 
beträchtliche  Grösse  erreichen  und  daher  über  die  Oberfläche  nicht  unbedeutend  hervorragen,  so  ist 
es  begreiflich,  dass  sie  verhältnissmässig  früh  die  Aufmerksamkeit  der  Beobachter  auf  sich  gelenkt 
haben.  Schon  Eschscholz  (26)  hat  sie  bei  einigen  Arten  wahrgenommen;  denn  wenn  derselbe  bei 
der  Aegina  citrea  den  Rand  der  Schirmlappen  „mit  vielen  körnerartigen  Zipfeln  versehen“  sein 
lässt  und  ebenso  bei  Cunina  globosa  „drei  körnerartige  Zipfel  am  Rand  eines  jeden  der  10  halb- 
mondförmigen Lappen“  beschreibt,  so  kann  er  hiermit  nichts  Anderes  als  die  Gehörkölbchen  der 
genannten  Medusen  gemeint  haben. 

Die  Angaben  von  Eschscholz  sind  völlig  unbeachtet  geblieben,  da  derselbe  sie  nicht  durch 
Zeichnungen  erläutert  hat  und  auch  nicht  auf  die  Beziehungen  seiner  „körnerartigen  Zipfel“  zu 
den  schon  seit  langem  bekannten  Randkörpern  der  Acraspeden  aufmerksam  geworden  war;  so 
kam  es  denn,  dass  die  Gehörorgane  der  Aeginiden  erst  15  Jahre  später  durch  die  Untersuchungen 
Will’s  allgemein  bekannt  geworden  sind.  An  der  Polyxenia  flavescens  beobachtete  Will  (86)  die 
Gehörkölbchen  und  die  in  ihnen  enthaltenen  Concretionen  und  hebt  bei  der  Schilderung  des  Baues 
hervor,  dass  jene  „doppelte  nah  an  einander  liegende  Randschatten“  besitzen.  Dies  letztere  lässt 
sich  wohl  nur  so  erklären,  dass  Will  damals  schon  ein  undeutliches  Bild  von  der  Zusammensetzung 
des  Kölbchens  aus  einer  Rinden-  und  Axenschicht  erhalten  hat.  Der  von  Will  gegebenen  Dar- 
stellung haben  die  zum  Theil  beträchtlich  später  erschienenen  Untersuchungen  Kölliker’s  (51), 
Leuckart’s  (58)  und  Mc.  Crady’s  (63)  nichts  wesentlich  Neues  hinzugefügt;  alle  drei  deuten  die 
Körper  als  Gehörorgane  und  halten  sie  für  Bläschen  mit  Otolithen,  Leuckaet  nennt  sie  geradezu 
Hörbläsclien,  Mc.  Crady  otolithic  cysts. 


37 


Ausführlicher  hat  sich  Gegenbaue  (32  und  33)  mit  den  Gehörorganen  der  Aeginiden  be- 
schäftigt, die  er  mit  dem  indifferenten  Namen  der  Randkörper  bezeichnet,  um  die  Frage  nach  ihrer 
functionellen  Bedeutung  unentschieden  zu  lassen.  Da  er  die  Otolithenzelle , welche  am  Ende  eines 
stielförmigen  Fortsatzes  (des  Hörkölbchens)  sich  befindet,  für  ein  Bläschen  hält,  stellt  er  den  sitzen- 
den Randbläschen  der  übrigen  Medusen  die  der  Aeginiden  als  gestielte  gegenüber.  Die  Stielchen 
lässt  er  zumeist,  da  er  auf  die  Anschwellung  des  Hörpolsters  nicht  aufmerksam  geworden  war, 
direct  von  der  Oberfläche  des  Schirmrands  entspringen,  nur  bei  den  Arten,  bei  denen  sich  das  Hör- 
polster zu  der  ansehnlicheren  Hörpapille  umgebildet  hat,  erwähnt  er  dieselbe  als  einen  besonderen 
Theil  des  Randkörpers;  so  soll  bei  Aegineta  hemisphaerica  und  A.  flavescens  „das  Randbläschen 
auf  dem  breiten  Ende  einer  umgekehrt  conischen  Papille  sitzen“,  bei  Aegineta  sol  maris  (unserer 
Cunina  sol  maris)  soll  diese  „Papille  glockenförmig  sein  und  das  längliche  oder  kolbige  Bläschen 
aus  der  Vertiefung  derselben,  wie  etwa  der  Schwengel  einer  Glocke,  hervorragen“.  Besonders 
wichtig  aber  ist  die  Angabe,  dass  die  Papille  der  Aegineta  sol  maris  „aus  Zellen  bestehe,  von  denen 
eine  jede  mit  einer  starken  Wölbung  über  die  Oberfläche  hervorragt  und  regelmässig  ein  langes  nach 
abwärts  gerichtetes  Wimperhaar  trägt“.  Es  ist  dies  die  erste  Beobachtung  der  Hörhaare  bei  Cunina, 
wenn  auch  Gegenbaue,  ausgehend  von  der  irrigen  Auffassung,  dass  die  Concrementzelle  allein  dem 
Hörbläschen  der  Mollusken  gleichzusetzen  sei,  die  physiologische  Bedeutung  der  Wimpern  verkannte. 

Die  Angaben  Gegenbaue’s  über  die  Anwesenheit  von  Wimpern  auf  der  Hörpapille  mancher 
Cuninen  wurden  von  Kefeestein  und  Ehlees  (47)  bestätigt  und  erweitert.  Gleichzeitig  theilten  die 
genannten  Forscher  Genaueres  über  die  schon  von  Will  angedeutete,  später  aber  nicht  weiter  be- 
achtete Zusammensetzung  des  Hörkölbchens  aus  zwei  Theilen  mit,  indem  sie  den  Axenstrang  als 
einen  „Kanal“  schildern,  „der  in  den  Hohlraum  übergeht,  welcher  den  Otolithen  enthält“. 

In  Uebereinstimmung  mit  Kefeestein  und  Ehlees  unterschied  Feitz  Müllee  (69)  in  einer 
gleichzeitig  erschienenen  Arbeit  über  die  Cunina  Ivoellikeri  zwei  Tlieile  an  den  „Randbläschen“,  die 
er,  „wenn  sie  überhaupt  Sinnesorgane  sind,  für  Augen  hält“.  Nach  ihm  „sind  die  Randbläschen 
der  Cunina  umgekehrt  eiförmig,  sitzen  mit  stielförmig  verdünnter  Basis  auf  und  haben  meist  eine 
einzige  rundliche  oder  elliptische  endständige  Concretion;  von  der  Basis  zieht  sich  ein  zartcon- 
tourirter,  feinkörniger  Strang  zur  Concretion,  um  sie  becherförmig  zu  umfassen“.  Dieser  Strang 
soll  von  einer  Anschwellung  des  Nervenrings  herkommen,  einem  Wulst  am  Schirmrand,  der  unserem 
Hörpolster  entspricht. 

Die  ausführlichste  Schilderung  der  Hörkölbchen  hat  endlich  Haeckel  (37)  in  seiner  Mono- 
graphie der  Rüsselquallen,  in  der  er  auch  Cunina  rhododactyla  behandelt,  gegeben.  „Die  Form 
des  Randbläschens“,  heisst  es  daselbst,  „ist  cylindrisch,  am  freien  Ende  abgerundet  und  in  der 
Mitte  mehr  oder  weniger  ringförmig  eingeschnürt.  Die  Wand  des  Randbläschens  wird  von  Epithel 
gebildet,  das  aus  sehr  flachen  Pflasterzellen  besteht.  Den  Inhalt  bilden  dicht  gedrängt  polyedrische 
wasserhelle  Zellen.  In  der  Axe  des  Hörbläschens  verläuft  ein  dünner  blasser  cylindrischer  Strang, 
der  Sinnesnerv;  das  äussere  Ende  des  Bläschens  nimmt  ein  Kry stall  ein,  bis  zu  dessen  Peripherie 
der  Nerv  zu  verfolgen  ist.  Die  Krystalle  scheinen  ihrer  Form  nach  dem  rhombischen  Krystallsystem 
anzugehören.“  Das  geschilderte  Randbläschen  soll  einer  Anschwellung  des  Nervenrings  aufsitzen, 
die  Haeckel  als  Ganglienknoten  beim  Nervensystem  bespricht,  und  die  nach  ihm  aus  sehr  „blassen 
kugeligen  Zellen  bestehen,  ähnlich  denen  im  Randbläschen  selbst,  aber  kleiner“.  Durch  die  Axe 
des  Ganglienknotens  verläuft  der  Nerv.  ,,  Der  Epithelialüberzug  des  Knotens  besteht  aus  sehr  kleinen 
kernhaltigen  polygonalen  Zellen.  Jede  derselben  scheint  ein  sehr  langes  und  feines  starres  Borsten- 
haar zu  tragen,  welches  ungefähr  ebenso  lang  oder  länger  als  das  Randbläschen  ist.  An  der  Basis 


38 


ist  jede  Borste  ein  wenig  verdickt,  am  freien  Ende  läuft  sie  in  eine  kaum  sichtbare  Spitze  aus.“ 
Haeckel  hält  die  Borsten  für  „Tasthorsten,  die  vielleicht  unmittelbar  mit  Nervenenden  in  Zusammen- 
hang stehen“. 

Der  Fortschritt,  der  durch  diese  Darstellung  früheren  Arbeiten  gegenüber  gemacht  worden 
ist,  äussert  sich  einerseits  in  der  genaueren  Schilderung  der  Hörhaare  und  ihren  Beziehungen  zum 
Hörwulst,  andererseits  in  der  Beschreibung  des  Otolithen,  dessen  krystallinische  Beschaffenheit  zum 
ersten  Mal  hervorgehoben  wird;  dagegen  ist  die  Unterscheidung  von  zweierlei  Bestandteilen  im 
Axenstrang  des  Hörkölbchens : von  kleinen  polygonalen  Zellen  und  einem  centralen  Nerv,  eine  irr- 
tümliche, ebenso  wie  die  Annahme  einer  Verlängerung  des  Nerven  in  das  Innere  des  Nervenknotens 
(des  Hörwulsts). 

Ueber  die  Art  und  Weise,  in  welcher  sich  die  Sinneskörper  entwickeln,  liegen  nur  ein  paar 
kurze  Angaben  von  Mecznikow  (65)  vor.  Derselbe  beobachtete  an  Knospensprösslingen  der  Cunina 
rhododactyla,  dass  „an  jeder  Magentasche  ein  kleiner  brustwarzenförmiger  Anhang  zu  bemerken  ist, 
welcher  aus  Entodermzellen  bestehend,  die  Anlage  des  neuen  Randkörperstrangs  repräsentirt “. 
Mecznikow  hat  somit  einen  der  wichtigsten  Punkte  in  der  Anatomie  der  Randkörper,  den  Bau  und 
die  Entwicklung  des  Axenstrangs  richtig  erkannt;  um  so  mehr  ist  es  zu  verwundern,  dass  er  in 
demselben  Aufsatz  die  homologen  Theile  einer  anderen  Aeginide  ganz  anders  entstehen  lässt.  Bei 
Polyxenia  flavescens  Will  (Gegenbaur’s  Aegineta  flavescens),  deren  Gehörorgane  denen  der  Cunina 
sol  maris  gleichen,  sollen  „ an  einer  dreitägigen  Larve  zwei  höckerartige  Rudimente,  die  sogenannten 
Sinnesbläschen,  entstehen,  welche  weiter  Nichts  als  Ektoderm  Wucherungen  seien;  bald  nach  dem 
Auftreten  der  Rudimente  käme  in  jedem  derselben  ein  rundes  blasses  Körperchen  zum  Vorschein, 
in  dem  man  die  Anlage  des  späteren  kugelförmigen  sogenannten  Otolithen  erkennen  könne  “.  Wenn 
wir  nun  auch  selbst  die  Entwicklung  des  Organs  hei  Cunina  sol  maris  nicht  verfolgt  haben,  so 
glauben  wir  doch,  gestützt  auf  den  Bau  desselben,  behaupten  zu  können,  dass  die  letztere  Dar- 
stellung Mecznikow’s  nicht  richtig  sein  kann,  dass  vielmehr  auch  hier  die  zwei  Zellen  des  Axen- 
strangs aus  dem  Entoderm  abgeleitet  werden  müssen. 


2.  Trachynemidae. 

Die  Familie  der  Trachynemiden , welche  zuerst  von  Gegenbaur  (33)  aufgestellt  wurde,  um- 
fasste ursprünglich  die  Gattungen  Trachynema  und  Rhopalonema.  Wir  vereinigen  noch  ferner  mit 
ihr  die  Aglauriden,  die  Gegenbaur  in  seinem  System  den  Eucopiden  zugerechnet  hat.  Wir  folgen 
hierin  dem  Vorgang  von  Alex.  Agassiz  (2),  Haeckel  (38)  und  Mecznikow  (64),  die  auf  die  nahe 
Verwandtschaft,  welche  zwischen  Aglaura  und  Trachynema  herrscht,  schon  hingewiesen  haben.  In 
ihrem  ganzen  Habitus  zeigen  die  Trachynemiden  eine  grosse  Aehnlichkeit  mit  manchen  Vesiculaten, 
in  deren  Nähe  sie  auch  Gegenbaur  gestellt  hat;  trotzdem  besteht  zwischen  ihnen  eine  tiefe  Kluft, 
wenn  man  ihre  Entwicklung  und  den  Bau  einzelner  wichtiger  Organe  in  das  Auge  fasst.  Während 
die  Vesiculaten  von  Hydroiden  aufgeammt  werden,  besitzen  die  Trachynemiden  eine  directe  Ent- 
wicklung, wie  Gegenbaur  (33)  bei  Trachynema  ciliatum  nachgewiesen  hat.  Sie  schliessen  sich 
hierdurch  an  die  Aeginiden  und  Geryoniden  an.  Zweitens  aber  spricht  sich  diese  Zusammenge- 
hörigkeit auch  noch  in  der  Beschaffenheit  der  Gehörorgane  ganz  unverkennbar  aus. 

Aus  der  Familie  der  Trachynemiden  haben  uns  zwei  Arten  zur  Untersuchung  gedient: 
Rhopalonema  velatum  (Gegenbaur)  und  Aglaura  hemistoma  (Pdr.  Les.).  Von  diesen  fanden 


39 


wir  die  letztere  seltener  und  nie  in  geschlechtsreifem  Zustand , erstere  dagegen  erhielten  wir  während 
des  ganzen  Winters  in  grosser  Menge.  Hierdurch  und  weil  die  eingefangenen  Exemplare  sich  auf 
den  verschiedensten  Entwicklungszuständen  befanden,  wurde  uns  diese  Species  für  unsere  Unter- 
suchung besonders  werthvoll. 


a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands  der  Trachynemiden. 

Die  Glocke  der  Trachynemiden,  welche  bei  Rhopalonema  sehr  flach,  bei  Aglaura  sehr  hoch 
gewölbt  ist,  wird  an  ihrem  äusseren  Rande  von  einem  dicken  Epithelwulst  bedeckt,  in  dem  sich 
zahlreiche  Nesselzellen  vorfinden  (Taf.  X.  Fig.  Iund2w).  Wir  werden  denselben  daher  im  Fol- 
genden als  Nesselwulst  bezeichnen.  Ueber  seine  Mächtigkeit,  seine  Lage  und  histologische 
Beschaffenheit  gewinnt  man  einen  richtigen  Einblick  allein  an  feinen  Durchschnitten  durch  den 
Mantelrand,  die  sich  trotz  der  Kleinheit  und  Zartheit  des  Objectes  bei  einem  geeigneten  Einschluss- 
verfahren nicht  schwer  gewinnen  lassen  (Taf.  III.  Fig.  1 und  2 w). 

Der  Nesselwulst  wird  von  drei  Flächen,  einer  unteren,  einer  inneren  und  einer  äusseren 
begrenzt;  die  beiden  ersteren  sind  mehr  oder  minder  gerade  und  stossen  etwa  unter  einem  rechten 
Winkel  zusammen,  die  äussere  dagegen  ist  gekrümmt  und  zwar  stärker  bei  Aglaura  als  bei  Rhopa- 
lonema. Es  hängt  dies  damit  zusammen,  dass  bei  jener  (Taf.  III.  Fig.  1 w)  der  Nesselwulst  über- 
haupt eine  bedeutendere  Stärke  als  bei  dieser  (Taf.  III.  Fig.  2 w)  besitzt.  Seine  untere  Fläche  ruht 
bei  beiden  auf  dem  Anfangstheil  des  Velum,  die  innere  grenzt  an  den  Ringkanal  (r)  und  den 
Rand  der  Schirmgallerte,  die  äussere  ist  frei  und  liegt  in  der  Verlängerung  der  gewölbten  Aussen- 
fläclie  des  Schirms.  Sie  ist  besonders  abwärts  nach  dem  Velum  zu  mit  vielen  Flimmerhaaren  be- 
deckt. An  seinem  oberen  Rande  geht  der  Nesselwulst  in  das  einschichtige  Plattenepithel  der 
Glocke  (d1),  an  seinem  unteren  Rande  in  die  gleichfalls  einschichtige  Lage  der  platten  Epithelzellen 
über,  welche  die  Oberfläche  des  Velum  (v)  bedecken.  Dieser  Uebergang  ist  aber  kein  allmählicher, 
sondern  erfolgt  plötzlich,  indem  mit  einer  scharfen  Linie  der  einschichtige  Epithelüberzug  einsetzt. 
Der  Nesselwulst  ist  aus  einer  bedeutenden  localen  Wucherung  des  Ektoderms  entstanden;  er  wird 
aus  einem  kleinzelligen  Epithelialgewebe  gebildet,  welches  durch  und  durch  von  kleinen  Nessel- 
kapseln (z)  durchsetzt  ist.  Dieselben  liegen  meist  in  der  Längsrichtung  des  Wulstes  und  gewahrt 
man  daher  in  den  dargestellten  Figuren  nur  ihre  Querschnitte.  Da  diese  eigenthümliche  Gewebs- 
form  auch  bei  den  Geryoniden  wiederkehrt,  wo  die  zelligen  Elemente  eine  beträchtlichere  Grösse 
besitzen,  so  sei  ihre  genauere  histologische  Beschreibung  auf  diesen  späteren  Abschnitt  verschoben. 

Unterhalb  des  Nesselwulstes  entspringt  das  Velum  (v)  nach  aussen  vom  Ringkanal  (r).  Es 
bildet  eine  glatte  Lamelle  von  solcher  Feinheit,  dass  sich  nur  schwer  ein  Querschnitt  durch  sie  an- 
fertigen lässt.  Gleichwohl  sind  an  ihr  vier  gesonderte  Lagen  zu  unterscheiden:  Eine  obere  in  der 
Verlängerung  des  Nesselwulstes  liegende  Lage  dünner  polygonaler  Zellen,  eine  feine  Stützlamelle, 
eine  Schicht  von  Ringmuskelfibrillen  und  unter  diesen  wieder  eine  Decke  von  sehr  platten  Epithel- 
zellen. Die  beiden  letztgenannten  Schichten  sind  unterhalb  des  Nesselzellenwulstes,  wo  das  Velum 
in  die  Subumbrella  übergeht,  verändert  (Taf.  III.  Fig.  1 — 3.  5.  11  nr2).  Es  fehlt  hier  die  Ringmuskel- 
lage, dagegen  zeigt  die  Epithelschicht  eine  geringe  Verdickung,  so  dass  sie  auf  dem  Durchschnitt 
eine  leichte  Plervorwölbung  an  der  unteren  Velumseite  bedingt. 

Die  drei  unteren  Schichten  des  Velum  finden  sich  in  ähnlicher  Weise  in  der  Subumbrella 
wieder.  Auf  einer  dünnen  homogenen  Stützlamelle  liegt  eine  Schicht  ringförmig  angeordneter  quer- 
gestreifter Muskelfibrillen  (Taf.  III.  Fig.  1 — 3,  5 m1)  und  auf  diese  folgt  wieder  ein  sehr  zartes 


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Plattenepitliel  (d2).  Zu  diesen  drei  Schichten  tritt  aber  in  der  Subumbrella  noch  ein  neues  Element 
hinzu  in  der  Form  von  acht  radial  verlaufenden  Faserzügen  (Taf.  X.  Fig.  1 mr).  Dieselben 
lassen  sich  hei  Rhopalonema  nach  Behandlung  mit  Reagentien  leicht  nachweisen.  Sie  verlaufen 
unterhalb  der  acht  Radialkanäle  und  zwar  zwischen  der  Ringmusculatur  und  dem  Epithel  der 
Subumbrella.  Die  wenig  zahlreichen  Fasern  sind  in  einer  Schicht  angeordnet,  sie  sind  von  geringer 
Stärke  und  lassen  keine  Querstreifung  erkennen.  Befunde  hei  Geryonia  sprechen  dafür,  dass  die 
radialen  Faserzüge  glatte  Muskeln  sind. 

Bei  einer  Untersuchung  des  Schirmrands  sind  noch  zwei  weitere  Organe,  das  Gastrovas- 
cular System  und  die  Tentakeln,  in  den  Kreis  der  Betrachtung  zu  ziehen.  Die  acht  aus  dem 
Magen  entspringenden  Radialkanäle  (Taf.  X.  Fig.  1 und  2rr),  welche  der  Lamelle  der  Subum- 
brella von  oben  unmittelbar  auf  liegen,  vereinigen  sich  am  Schirmrand  zu  einem  ziemlich  engen 
Ringkanal  (r).  Schon  bei  der  Untersuchung  des  lebenden  Objectes  wird  man  denselben  gewahr 
und  bemerkt  man,  wie  seine  Wände  mit  lebhaft  schwingenden  Flimmern  bedeckt  sind.  Der  Ring- 
kanal füllt  den  Winkel  aus,  in  welchem  Nesselwulst,  Yeluin  und  Subumbrella  zusammenstossen 
(Taf.  III.  Fig.  1 — 3.  5.  1 1 r).  Er  grenzt  daher  mit  seiner  unteren  Wand  an  die  Subumbrella,  mit 
seiner  Aussenwand  an  den  Nesselwulst  und  wird  von  beiden  durch  eine  zarte  Stützlamelle  getrennt. 
Seine  obere  und  innere  Fläche  wird  von  der  Gallerte  des  Schirms  bedeckt.  Die  Epithelzellen  des 
Ringkanals  besitzen  an  seinen  einzelnen  Wänden  eine  sehr  verschiedene  Form  und  Beschaffenheit. 
Während  sie  an  seiner  oberen  und  unteren  Wand  dünne  Plättchen  von  kaum  messbarer  Dicke  dar- 
stellen, gewinnen  sie  nach  innen  und  besonders  nach  aussen,  wo  sie  an  den  Nesselwulst  angrenzen, 
plötzlich  an  Höhe  und  nehmen  Cylinderform  an. 

Die  zweite  Bildung  des  Schirmrands,  auf  die  wir  noch  einzugehen  haben,  die  Tentakeln, 
gehören  zu  den  systematisch  wichtigen  Charakteren  der  Trachynemiden , wie  sie  denn  auch  den 
Namen  dieser  Familie  veranlasst  haben.  Mit  einer  festen  Axe  versehen,  hängen  sie  starr  am 
Mantelrande  herab  und  zeigen  eine  nur  äusserst  gelinge  Contractilität.  Sie  schliessen  sich  hierin 
an  die  Aeginiden  und  an  die  Jugendformen  der  Geryoniden  an. 

Zahl  und  Form  der  Tentakeln  ist  bei  Aglaura  und  Rhopalonema  verschieden.  Bei 
Aglaura  beläuft  sich  ihre  Zahl  auf  circa  32  (Taf.  X.  Fig.  2 ti  und  tr).  Die  meisten  dieser  Ge- 
bilde erreichen  hier  nur  eine  geringe  Grösse  und  bilden  kurze  Stummel,  die  wenig  über  den 
Schirmrand  hervorragen.  Sie  entspringen  oberhalb  des  Nesselwulstes  (Taf.  III.  Fig.  11t)  in  der 
Weise,  dass  zwischen  der  Tentakelwurzel  und  der  Innenwand  des  Nessel wulstes  eine  tiefe  Furche 
sich  hinzieht.  An  Durchschnitten  lässt  sich  deutlich  nachweisen,  wie  die  Zellen  der  Tentakel- 
axe  (ta)  mit  dem  Riugkanal  (r)  Zusammenhängen,  von  dem  sie  auch  genetisch  abzuleiten  sind. 
Die  Zellen  (ta)  sind  grosse  blasige,  pflanzenzellähnliche  Gebilde  mit  wässerigem  Inhalt,  starren 
Membranen  und  wandständigem  Kern.  Sie  sind  wie  die  Stücke  einer  Geldrolle  einreihig  in  der 
Tentakelaxe  angeordnet.  Die  blasigen  Knorpelzellen  an  der  Wurzel  liegen  der  oberen  Wand  des 
Ringkanals  unmittelbar  auf  und  da  das  Lumen  des  letzteren  fast  dasselbe  wie  von  einer  Knorpel- 
zelle ist,  so  kann  der  Ringkanal  (r)  mit  einer  solchen  (ta)  leicht  verwechselt  werden.  Zwischen 
den  gleichsam  verkümmerten  Tentakeln  sieht  man  meist  auch  einige  wohl  entwickelte  von  oft  be- 
trächtlicher Länge  (Taf.  X.  Fig.  2 tr). 

Bei  Rhopalonema  variirt  die  Anzahl  der  Tentakeln  je  nach  dem  Alter  der  untersuchten 
Individuen.  Sehr  junge  Formen  besitzen  deren  nur  acht,  je  einen  am  Ende  der  acht  Radialkanäle. 
Zu  diesen  primären  radialen  Tentakeln  (Taf.  X.  Fig.  1 tr)  treten  im  Laufe  der  Weiterentwick- 
lung noch  weitere  acht  hinzu,  welche  in  der  Mitte  zwischen  zwei  Radialkanälen  hervorwachsen 


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lind  daher  als  int  er  radiale  (ti)  zu  unterscheiden  sind.  Beim  erwachsenen  Thier  beläuft  sich 
daher  die  Zahl  der  Tentakeln  auf  16.  Wie  in  Zeit  und  Ort  der  Entstehung,  so  sind  dieselben 
auch  in  ihrer  äusseren  Form  verschieden.  Die  interradialen  Tentakeln  erreichen  nie  die  Länge  der 
radialen,  sie  sind’  schmächtiger  und  schwellen  in  charakteristischer  Weise  an  ihrem  Ende  keulen- 
förmig an  (Taf.  X.  Fig.  1 ti.  Taf.  III.  Fig.  17).  Die  Tentakel  nehmen  wieder  ihren  Ursprung  ober- 
halb des  Nesselwulstes,  aber  in  der  Weise,  dass  ihre  Wurzel  von  der  inneren  Seite  des  letzteren 
überzogen  wird  (Taf.  III.  Fig.  5).  Ihr  Axentheil,  der  von  derbwandigen  blasigen  Knorpelzellen  (ta) 
gebildet  wird,  hängt  mit  dem  Ringkanal  (r),  wie  Querschnitte  lehren,  durch  einen  kurzen  Strang 
kleiner  Entodermzellen  zusammen.  Die  Knorpelzellen  werden  von  einer  dünnen  Stützlamelle  ein- 
gehiillt,  auf  deren  Oberfläche  der  Länge  nach  feine  Muskelfibrillen  verlaufen.  Das  Ektoderm, 
welches  dieselben  bedeckt,  ist  einschichtig  und  aus  cubischen  Zellen  zusammengesetzt. 

Nach  dieser  vorläufigen  Orientirung  über  den  Bau  des  Schirmrands  im  Allgemeinen  wenden 
wir  uns  zur  genaueren  Analyse  der  wichtigsten  Bildungen  desselben,  des  Nervensystems  und  der 
Sinnesorgane. 

b.  Das  Nervensystem  der  Trachynemiden. 

Für  die  Untersuchung  des  Nervensystems  ist  Rhopalonema  vor  Aglaura  bei  weitem  vorzu- 
ziehen und  gelten  daher  unsere  Angaben,  wenn ‘nicht  das  Gegentlieil  besonders  hervorgehoben  ist, 
nur  für  diese  Art.  Wenn  man  eine  Rhopalonema  mit  verdünnter  Essigsäure  oder  besser  noch 
mit  Osmiumsäure  wenige  Minuten  behandelt  und  bei  starker  Vergrösserung  den  Schirmrand  be- 
trachtet, so  gewahrt  man  innerhalb  des  Nesselwulstes,  seinem  äusseren  Rande  parallel,  einen  fein- 
faserigen Strang,  den  oberen  Nervenring.  Ueber  die  genaue  Lage,  Form  und  Grösse  desselben 
geben  Durchschnitte  durch  Osmiumpräparate  weiteren  Aufschluss  (Taf.  III.  Fig.  2.  3.  5).  An  diesen 
ist  der  Faserstrang  (nr1)  als  stark  gebräunte,  feinkörnige  Stelle  leicht  erkennbar.  Seine  Stärke  ist 
in  Anbetracht  der  geringen  Grösse  des  Thieres  eine  ziemlich  bedeutende.  Er  liegt  etwas  nach  ein- 
wärts vom  unteren  äusseren  Rand  des  Nesselwulstes,  nach  unten  wird  er  von  der  Stützlamelle  des 
Velum  begrenzt,  sonst  aber  überall  von  Epithelzellen  umgeben.  Ein  bis  mehrere  kleine,  mit 
Flüssigkeit  erfüllte  Hohlräume  (f)  werden  fast  an  jedem  Schnitt  in  der  Umgebung  des  Nervenrings 
beobachtet. 

Auch  bei  Aglaura  gelang  es  uns,  auf  Durchschnitten  das  Vorhandensein  des  Faserstranges 
nachzuweisen  (Taf.  III.  Fig.  1 und  1 1 nr  ‘).  Er  besitzt  hier  dieselbe  Lage  und  etwa  die  gleiche 
Stärke  wie  bei  Rhopalonema. 

Trotz  der  Kleinheit  des  Objectes  ist  eine  vollständige  Isolation  des  oberen  Nerven- 
rings möglich.  Wir  verfuhren  hierbei  in  der  Weise,  dass  von  gut  macerirten  Exemplaren  von 
Rhopalonema  ein  abgetrenntes  Stück  des  Schirms  auf  dem  Objectträger  flach  ausgebreitet,  die 
Gallerte  mit  Nadeln  von  der  Subumbrella,  deren  Stützlamelle  genügenden  Widerstand  leistet,  abge- 
trennt und  mit  dem  Pinsel  der  Zusammenhang  der  Zellen  des  Nesselwulstes  gelockert  wurde. 
Längs  des  Schirmrands  wurde  darauf  das  Velum  mit  dem  Rasirmesser  abgeschnitten  und  der  frei- 
gelegte und  gelockerte  Strang  des  oberen  Nervenrings  mit  Nadeln  von  seiner  Unterlage  entfernt. 

Wie  aus  Tafel  III.  Figur  19,  der  naturgetreuen  Abbildung  eines  solchen  Präparates,  zu  er- 
sehen ist,  besteht  der  Nervenstrang  aus  zahlreichen  feinsten  Fibrillen,  die  kleine  varicöse  Anschwel- 
lungen erkennen  lassen  und  durch  Zerzupfen  auf  weite  Strecken  vollkommen  isolirt  werden  können. 
Sie  besitzen  alle  die  gleiche  Stärke,  unterscheiden  sich  aber  dadurch  von  einander,  dass  ein  kleiner 

Jlprtwig,  Medusen. 


6 


42 


Theil  in  seinem  Verlauf  eine  spindelförmige  Ganglienzelle  (g)  eingeschaltet  zeigt.  Dieselbe  ist,  wie 
alle  Zellen  im  Körper  der  Trachynemiden,  von  sehr  geringer  Grösse. 

Meist  wird  der  Nervenstrang,  nachdem  er  freigelegt  ist,  auf  dem  grössten  Theil  seiner 
Oberfläche  noch  von  einer  Epithellage  überzogen,  die  sich  nur  schwer  entfernen  lässt.  Es  erklärt 
sich  dies  aus  einem  innigeren  anatomischen  Zusammenhang  zwischen  beiden  Theilen.  Wenn  man 
sein  Augenmerk  auf  vereinzelte  Epithelzellen  (Taf.  III.  Fig.  19  a und  20)  lenkt,  wie  sie  hier  und 
da  am  Nervenring  noch  anhängen,  so  kann  man  die  Basis  derselben  in  einen  feinen  langen  Aus- 
läufer übergehen  und  diesen  seihst  in  die  Fibrillenmenge  einbiegen  sehen.  Dass  man  es  hier  mit 
einer  Epithel-  und  nicht  mit  einer  Ganglienzelle  zu  thun  hat,  geht  aus  der  Form  mit  Sicherheit 
hervor;  denn  die  kleinen  Zellen  sind  cubisch,  ihr  peripheres  Ende  ist  abgestutzt  und  mit  einer 
dünnen  Cuticula  versehen,  entweder  ist'  es  gleich  breit  wie  der  Zellenkörper  oder  ein  wenig  ver- 
schmälert. Am  meisten  aber  wird  ihre  epitheliale  Natur  dadurch  bewiesen,  dass  eine  Geissei  am 
freien  Ende  in  vielen  Fällen  vorhanden  ist.  Auch  bei  den  Trachynemiden  wird  daher  der  Nerven- 
ring wie  bei  den  Aeginiden  auf  einem  Theil  seiner  Oberfläche  von  einem  g eisseltragen  den 
Sinnesepithel  überzogen.  Auf  dem  Durchschnitt  (Taf.  III.  Fig.  1—3.  5.1la)  haben  wir  das- 
selbe an  der  Basis  des  Nesselwulstes  an  der  Uebergangsstelle  in  das  Velum  zu  suchen,  wo  der 
Nervenstrang  am  meisten  der  Oberfläche  genähert  ist  und  die  Nesselzellen  in  sehr  geringer  Anzahl 
entwickelt  sind. 

An  den  Stellen,  wo  ein  Tentakel  entspringt,  zeigt  der  Nervenring  beaclitenswerthe  Ver- 
änderungen. Einige  Fibrillenbündel  (Taf.  III.  Fig.  1 9 n)  lösen  sich  hier  von  ihm  ab  und  bilden, 
indem  sie  durch  Querzüge  sich  untereinander  verbinden , eine  Art  Flechtwerk  unter  dem  Epithel 
der  etwas  verdickten  Tentakelbasis. 

Der  obere  Nervenring  ist  indessen  nur  ein  Theil  des  centralen  Nervensystems  der  Trachy- 
nemiden. Wenn  man  an  einem  wie  oben  hergerichteten  Präparat  von  seiner  oberen  Fläche  den 
Nesselwulst  und  alle  übrigen  Theile  durch  Abpinseln  entfernt,  so  wird  man  an  der  freigelegten 
Stelle  unterhalb  der  Stützlamelle  des  Velum  einen  zweiten,  aber  ungleich  schwächeren  Faserzug, 
den  unteren  Nervenring,  bemerken.  Derselbe  ist  gleichfalls  mit  Präparirnadeln  vollständig  zu 
isoliren  (Taf.  III.  Fig.  18).  Er  enthält  eine  weit  geringere  Anzahl  feiner  Nervenfihrillen , die  zu 
einem  bandartig  dünnen  Strang  angeordnet  sind,  zeichnet  sich  aber  dadurch  vor  dem  oberen 
Nervenring  aus,  dass  in  seinen  Verlauf  eine  grössere  Anzahl  von  kleinen  Ganglien- 
zellen (g)  eingeschaltet  sind.  Dieselben  besitzen  eine  charakteristische  Gestalt  und  Anordnung. 
Nach  der  Stützlamelle  zu,  der  sie  unmittelbar  auf  liegen,  sind  sie  abgeplattet,  dagegen  bilden 
sie  einen  buckelförmigen  Vorsprung  gegen  das  dünne  Plattenepithel,  von  welchem  der  untere 
Nervenring  auf  seiner  freien  Fläche  überzogen  wird.  Fast  alle  Ganglienzellen  verlängern  sich 
nur  in  zwei  feine  Fortsätze,  die  von  ihrer  abgeplatteten  Fläche  nach  entgegengesetzten  Richtungen 
entspringen. 

Auch  an  feinen  Durchschnitten  ist  der  bandförmig  dünne  Faserstrang,  wenngleich  weniger 
deutlich  als  das  stärkere  obere  Bündel  nachzuweisen  (Taf.  III.  Fig.  2.  5.  llnr2).  Er  nimmt  gerade 
die  Mitte  in  dem  schon  früher  erwähnten  Streifen  ein,  durch  welchen  die  Ringmusculatur  des 
Velum  und  der  Subumbrella  unterbrochen  wird,  und  bedingt  hier  jene  schwache  Hervorwölbung 
des  Epithels,  welche  an  der  unteren  Seite  des  Velum'  gerade  unterhalb  des  Nesselwulstes  wahr- 
zunehmen ist. 

Ueber  die  weitere  Verbreitung  der  Nervenfibrillen  im  Velum  und  in  der  Subumbrella  erhielten 
wir  bei  den  Trachynemiden  keinen  Aufschluss. 


43 


c.  Die  Sinnesorgane  der  Tracliynemiden. 

Die  Tracliynemiden,  welche  sich  in  allen  ihren  Bewegungen  durch  eine  grosse  Lebhaftigkeit 
auszeichnen,  sind  mit  Sinnesorganen  ziemlich  reichlich  ausgestattet.  Wir  haben  hier  Gehör-  und 
Tastorgane  auffinden  und  auf  ihren  Bau  genau  untersuchen  können. 

1.  Die  Gehörorgane  beanspruchen  in  mehrfacher  Hinsicht  unser  besonderes  Interesse,  da 
sie  bei  den  einzelnen  Gattungen  der  Tracliynemiden  in  verschiedener  Weise  entwickelt  sind  und 
uns  Formzustände  darbieten,  durch  welche  die  Gehörorgane  der  Aeginiden  und  der  Geryoniden  als 
Endglieder  einer  Entwicklungsreihe  unter  einander  verknüpft  werden. 

Aehnlich  wie  bei  den  Aeginiden  sind  die  Gehörorgane  von  Aglaura  beschaffen  (Taf.  X. 
Fig.  2hk.  Taf.  III.  Fig.  1 und  14hk).  Bei  jungen  Thieren  sind  deren  vier  vorhanden,  bei  älteren 
dagegen  steigt  ihre  Anzahl  auf  acht.  Sie  liegen  immer  in  der  Mitte  zwischen  zwei  Radialkanälen 
zwischen  der  Basis  von  zwei  Tentakelstummeln.  In  ihrer  Form  gleichen  sie  am  meisten  den  Hör- 
kölbchen von  Aeginopsis  mediterranea,  so  dass  wir  ihnen  den  gleichen  Namen  geben  werden. 
Wie  dort,  sind  es  kleine  ovale  Körperchen,  die  frei  vom  Schirmrand  in  das  Wasser  ragen  (Taf.  III. 
Fig.  14).  Durch  einen  kurzen  dünnen  Stiel  sind  sie  etwas  oberhalb  des  Velum  auf  der  freien 
Fläche  des  Nesselwulstes  befestigt.  Bei  der  mächtigen  Entwicklung  desselben  können  sie  leicht 
vollständig  verdeckt  und  daher  übersehen  werden. 

Die  Hörkölbchen  werden  in  der  bei  Aeginopsis  beschriebenen  Weise  von  einem  Axentheil 
und  einem  epithelialen  Ueberzug  gebildet.  Der  bimförmig  beschaffene  Axentheil  führt  in 
seinem  abgerundeten  Ende  einen  einzigen  grossen,  kugelförmigen  Otolithen,  der  schon  in  dünnen 
Säuren  sich  auflöst.  Er  enthält  Alles  in  Allem  nur  zwei  Zellen,  deren  Kerne  bei  Reagentien- 
behandlung  sichtbar  werden;  von  diesen  hat  die  am  Ende  des  Kölbchens  gelegene  den  Otolithen 
ausgeschieden.  Beide  Zellen  werden  zusammen  von  einer  feinen  Membran  überzogen,  die  sich  als 
dünner  Faden  in  den  Stiel  hinein  verlängert  und  auch  in  den  Nesselwulst  noch  weiter  verfolgt 
werden  kann.  Das  Epithel  des  Hörkölbchens  ist  einschichtig,  oberhalb  des  Concrementes 
stark  abgeplattet,  dagegen  an  den  Seiten  ringsum  von  cubischer  Gestalt  und  hier  mit  langen  Geissel- 
haaren  versehen.  Auch  die  Zellen  des  Nesselwulstes  zeichnen  sich  in  der  Umgebung  des  Hör- 
kölbchens durch  den  Besitz  von  solchen  langen  Geisselhaaren  aus. 

Ueber  die  Art  und  Weise,  wie  der  Stiel  des  Hörkölbchens  an  dem  Nesselwulst  befestigt  ist, 
haben  wir  an  feinen  Durchschnitten  durch  den  Mantelrand  von  Aglaura  weiteren  Aufschluss  erhalten 
(Taf.  III.  Fig.  1).  An  solchen  liess  sich  feststellen,  wie  der  dünne  Faden,  mit  welchem  die  Mem- 
bran des  Axentheils  sich  in  den  Stiel  verlängert,  in  den  Nesselwulst  selbst  eindringt  und  mit  der 
unter  ihm  gelegenen  Stützlamelle  verschmilzt,  welche  sich  zwischen  ihn  (w)  und  den  Ringkanal  (r) 
einschiebt.  Auf  diesem  Weg  verläuft  der  Faden  mitten  durch  den  Nervenring  (nr1)  hindurch 
und  theilt  denselben  in  eine  kleinere  obere  und  eine  grössere  untere  Partie.  Die  Befestigung 
des  Hörkölbchens  findet  daher  auch  hier  vollkommen  in  der  bei  den  Aeginiden  beschriebenen 
Weise  statt. 

Bei  allen  im  Laufe  des  Winters  untersuchten  Exemplaren  von  Aglaura  hemistoma  hatte  kein 
einziges  die  Geschlechtsreife  erlangt.  Es  wäre  daher  möglich,  dass  bei  älteren  Thieren  am  Hör- 
kölbchen ähnliche  Veränderungen  eintreten  könnten,  wie  wir  solche  sogleich  von  Rhopalonema  nach- 
weisen  werden.  Doch  will  uns  dies  unwahrscheinlich  dünken,  weil  auch  alle  anderen  Forscher,  die 
Aglaura  genauer  untersucht  haben,  wie  Gegenbaur  (33),  Leuckart  (58)  und  Alex.  Agassiz  (2) 
auch  stets  nur  von  ^„gestielten  Randbläschen“  sprechen. 


6: 


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Die  Gehörorgane  von  Rliopalonema  sind  bei  jungen  und  älteren  Thieren  verschieden 
beschaffen.  Sie  sind  dadurch  für  uns  ein  werthvolles  Untersuchungsobject  geworden,  indem  wir  an 
einem  reichen  Material  die  Umbildungen,  die  allmählich  mit  der  Grössenzunahme  eintreten,  Schritt 
für  Schritt  haben  verfolgen  können. 

Bei  sehr  jungen  Formen  von  Rliopalonema,  die  erst  mit  acht  radialen  Tentakeln 
versehen  sind,  finden  sich  am  Schirmrand  vier  Hörkölbchen  (Taf.  III.  Fig.  13)  vor,  die  ganz 
die  gleiche  Form  und  Beschaffenheit  wie  bei  Aglaura  zeigen  und  daher  nicht  näher  beschrieben  zu 
werden  brauchen;  sie  liegen  in  der  Mitte  von  zwei  Radialkanälen  in  der  Weise,  dass  immer  je 
ein  Antimer  übersprungen  wird.  Später,  wenn  bei  dem  Weiterwach  stimm  auch  die  acht  interradialen 
Tentakeln  hervorsprossen,  werden  noch  vier  weitere  Hörkölbchen  und  zwar  eins  in  jedem  über- 
sprungenen Antimer  angelegt,  so  dass  jetzt  im  Ganzen  acht,  je  eins  in  der  Mitte  eines  jeden 
Antimers,  anzutreffen  sind.  Hier  sind  sie  in  geringer  Entfernung  von  der  Basis  der  interradialen 
Tentakeln  auf  der  Oberfläche  des  Nesselwulstes  befestigt  (Taf.  X.  Fig.  1 hb).  Die  Anzahl  acht, 
welche  mit  Constanz  bei  allen  erwachsenen  Rhopalonemen  beobachtet  wird,  scheint  nicht  weiter 
überschritten  zu  werden. 

An  jungen  Thieren,  wo  die  zweite  Generation  der  Hörkölbchen  noch  nicht  hervorgesprosst 
war,  haben  wir  in  die  Entstehung  derselben  einen  Einblick  gewinnen  können.  Wir  erhielten  hier 
Bilder,  wo  in  der  Mitte  eines  Antimers  der  Nesselwulst  zu  einem  kleinen  Hügelchen  emporgewölbt 
war  (Taf.  III.  Fig.  4).  In  der  Mitte  des  Kügelchens  war  eine  kleine  Zellenpartie  wahrzunehmen, 
die  durch  eine  Membran  von  den  sie  bedeckenden  Epithelzellen  geschieden  war  und  an  ihrer  Basis 
mit  dem  Epithel  des  Ringkanals  zusammenhing.  In  einer  Zelle  an  der  Spitze  der  Axenpartie  war 
ein  kleines  Concrement  (o)  ausgeschieden.  Schon  aus  diesen  Befunden  geht  hervor,  dass  die  Ent- 
wicklung der  Hörkölbchen  bei  Rliopalonema  in  ganz  derselben  Weise  wie  bei 
Cunina  vor  sich  geht. 

Bei  älteren  Thieren  erleidet  die  primitive  Form  des  Gehörorgans,  welche  ganz  nach  dem 
Aeginidentypus  geschaffen  ist,  eine  Reihe  von  Umbildungen,  deren  Endziel  darin  besteht,  dass  das 
Kölbchen  in  ein  mit  Flüssigkeit  erfülltes  Bläschen  eingeschlossen  wird.  Die  Um- 
bildung lässt  sich  bei  einer  Anzahl  verschieden  alter  Thiere  in  ihren  einzelnen  Stadien  leicht 
beobachten  und  geschieht  dieselbe  in  folgender  Weise: 

Rings  im  Umkreis  des  Ilörkölbchens  findet  eine  Wucherung  der  Zellen  des  Nesselwulstes 
statt  und  erhebt  sich  dieselbe  in  Form  einer  Ringfalte  (Taf.  III.  Fig.  9).  Es  wird  hierdurch  ein 
von  Epithelzellen  gebildetes  und  mit  weiter  Oeffnung  versehenes  Grübchen  (hg)  geschaffen,  an 
dessen  Boden  das  Hörkölbchen  (hk)  befestigt  ist.  Mit  dem  otolithentragenden  Ende  ragt  letzteres 
aus  der  noch  weiten  Oeffnung  hervor.  Bei  noch  älteren  Thieren  vertieft  sich  allmählich  das  Hör- 
grübchen. Die  ringförmige  Falte  verlängert  sich  und  wächst  über  das  Kölbchen  hinaus.  Hier- 
bei wird  die  vom  Epithelrand  umschlossene  Oeffnung  kleiner  und  kleiner  (Taf.  III.  Fig.  12).  Das 
Grübchen  verwandelt  sich  so  in  ein  Hörbläsclien,  das  an  seiner  Fläche  lange  Zeit  noch 
ein  kleines  Loch  erkennen  lässt.  Erst  beim  geschlechtsreifen  Thier  schwindet  auch  dieses. 

Bei  erwachsenen  Rhopalonemen  finden  wir  daher  am  Schirmrand,  zur  Seite  der  interradialen 
Tentakeln,  acht  kleine  Bläschen,  die  auf  dem  Nesselwulst  befestigt  sind  (Taf.  X.  Fig.  1 hb.  Taf.  III. 
Fig.  3 hb).  Nach  unten  und  innen  werden  sie  von  diesem  selbst  begrenzt.  Die  äusseren  und  die 
seitlichen  Wände  dagegen  springen  frei  vor  und  bestehen  aus  einer  doppelten  Lage  flacher  Epithel- 
zellen, die  zwischen  sich  eine  feine  Membran  ausgeschieden  zu  haben  scheinen  und  auf  ihrer  Ober- 
fläche kleine  Wimpern  tragen  (Taf.  III.  Fig.  1 2).  Im  Grunde  des  Bläschens  erhebt  sich  auf  dünnem 


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Stiel  das  kleine  Hörkölbchen  (hk);  seine  Haare  haben  sich  stärker  entwickelt,  sie  gleichen  mehr 
starren  Borsten  und  stossen  mit  ihren  peripheren  Enden  an  die  gegenüberliegende  Wand  an, 
so  dass  man  auf  den  ersten  Blick  zweifelhaft  sein  kann,  ob  sie  von  dieser  selbst  oder  vom 
Kölbchen  ihren  Ursprung  nehmen.  Sie  sind  gewissermaassen  wie  Saiten  im  Flüssigkeitsraum 
ausgespannt. 

Auf  Durchschnitten  lässt  sich  noch  nachweisen,  dass  in  unmittelbarer  Nähe  des  Bläschens, 
ein  wenig  nach  einwärts  und  unten  von  ihm  der  starke  obere  Nervenring  verläuft  (Taf.  III.  Fig.  3 nr '). 

Literatur.  Die  Gehörorgane  der  Trachynemiden , über  welche  in  der  Literatur  nur  wenige 
und  kurze  Angaben  vorliegen,  sind  wohl  zuerst  von  Leuckart  (58)  und  Gegenbaur  (33)  wahr- 
genommen worden.  Leuckart  hat  sie  bei  Aglaura  Peronii  und  Calyptra  umbilicata  (Rhopalonema) 
beobachtet  und  bei  ersterer  als  kurze  und  tentakelartige  Fortsätze  beschrieben,  in  deren  äusseres 
kolbenförmiges  Ende  ein  sphärischer  Otolith  eingebettet  ist,  der  von  einer  dicht  anliegenden  Zelle 
umschlossen  wird.  Bewegungen  hat  er  am  Otolitlien  ebensowenig  als  bei  anderen  Scheibencpiallen 
erkennen  können.  Trotzdem  bezeichnet  er  den  tentakelartigen  Fortsatz,  auf  dessen  morphologische 
Verwandtschaft  zu  den  Randfäden  er  aufmerksam  macht,  als  ein  Hörbläschen. 

Gegenbaur,  dessen  Untersuchungen  den  von  Leuckart  angestellten  unmittelbar  folgten,  hat 
in  seinem  System  der  Medusen  bei  den  Trachynemiden  zwei  Arten  von  Gehörorganen  beobachtet. 
Die  eine  Form,  welche  bei  Aglaura  und  Trachynema  vorkommt,  führt  er  als  gestielte  Rand- 
bläschen auf  und  unterscheidet  sie  durch  dieses  Beiwort  von  den  am  Schirmrand  unmittelbar 
aufsitzenden  runden  R a n d b 1 ä s c h e n von  Rhopalonema. 

Beide  Forscher  haben  irriger  Weise  die  tentakelartigen  Bildungen  bei  Aglaura  als  Hörbläs- 
chen aufgefasst  und  sind  hierdurch  noch  in  den  zweiten  Fehler  verfallen,  dass  sie  das  Hörkölbchen 
von  Aglaura  nicht  dem  ihm  identischen  Kölbchen,  welches  bei  Rhopalonema  in  ein  echtes  Bläschen 
eingeschlossen  ist,  sondern  dem  letzteren  selbst  verglichen  haben.  Es  erklärt  sich  dieser  Irrthum 
aus  dem  Bestreben,  die  Randkörper  der  Medusen  auf  das  Schema  zurückzuführen,  welches  man 
sich,  ausgehend  von  den  Würmern  und  Mollusken,  schon  früher  von  den  Gehörorganen  wirbelloser 
Thiere  gebildet  hatte.  Indem  Leuckart  und  Gegenbaur  die  aus  phosphorsaurem  Kalk  bestehenden 
Concremente  der  Medusen  mit  den  Otolitlien  der  Mollusken  etc.  für  identisch  hielten,  entstand  in 
ihnen  unwillkürlich  zugleich  auch  die  Vorstellung,  dass  der  Otolith  wie  dort  in  einen  bläschen- 
förmigen Raum  eingeschlossen  sein  müsse.  Sie  verglichen  daher  die  das  Concrement  bei  Aglaura 
unmittelbar  umschliessende  Hülle,  trotz  des  mangelnden  Hohlraums  der  Wand  der  echten  Hörbläs- 
chen von  Rhopalonema  und  anderen  wirbellosen  Thieren.  Für  sie  besteht  ein  Unterschied  zwischen 
beiden  nur  darin,  dass  in  dem  einen  Fall  die  Bläschen  dem  Schirmrand  unmittelbar  aufsitzen,  in 
dem  anderen  Falle  dagegen  gestielt  sind. 

Von  dieser  irrthiimlichen  Vergleichung  morphologisch  ganz  verschiedener  Theile  haben  sich 
alle  nachfolgenden  Untersucher  nicht  frei  machen  können.  So  erklärt  Alex.  Agassiz  (2)  die  Ge- 
hörorgane von  Trachynema  digitale,  welclie  wie  bei  Aglaura  beschaffen  sind,  als  Randbläschen 
(marginal  capsules),  die  durch  einen  kurzen  Stiel  am  Ringkanal  befestigt  sind. 

Auch  Fritz  Müller  (71)  und  Haeckel  (37),  welche  den  Bau  der  bläschenförmigen  Rand- 
körper der  Trachynemiden  am  genauesten  untersucht  haben,  sind  in  der  Auffindung  der  morpho- 
logischen Vergleichspunkte  nicht  glücklicher  als  ihre  Vorgänger  gewesen. 

Fritz  Müller  beschreibt  bei  Aglauropsis  Agassizii,  einer  von  ihm  neu  entdeckten  Art,  ganz 
richtig,  dass  sich  von  dem  Grund  des  Bläschens  auf  einem  kurzen  dünnen  Stiel  ein  blasser,  nicht 
hohler,  bimförmiger  Körper  erhebt,  der  bis  in  die  Mitte  der  Blase  reicht  und  in  dessen  Ende  ein 


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kugeliger  stark  lichtbrechender  Stein  zur  Hälfte  eingesenkt  ist.  Gleichwohl  hält  er  unter  dem  Ein- 
fluss der  alten  Anschauung  das  ganze  bläschenförmige  Gebilde  für  morphologisch  gleichwerthig  dem 
Hörkölbchen  der  Aeginiden , von  welchem  er  es  auf  eine  eigen tliümliclie  Weise  abzuleiten  sucht. 

Im  anatomischen  Befund  stimmt  Haeckel,  der  Rhopalonema  umbilicatum  untersucht  hat,  mit 
Fritz  Müller  überein.  Die  einzelnen  Theile  deutet  er  wie  bei  Geryonia.  Das  verdickte  otolitlien- 
bergende  Ende  des  Kölbchens,  welches  in  der  Mitte  des  geräumigen  Randbläschens  vorragt,  erklärt 
er  für  ein  Sinnesganglion  und  seinen  verdünnten  basalen  Tlieil  als  einen  die  Bläschenwand  von 
unten  her  durchbohrenden  Sinnesnerven.  Was  Haeckel  als  Sinnesganglion  bezeichnet,  sind  nach 
unseren  Untersuchungen  die  Hörzellen,  der  Sinnesnerv  aber  ist  die  fadenförmige  Verlängerung  des 
Axentheils,  durch  welche  das  Hörkölbchen  mit  der  Stützlamelle  des  Ringkanals  zusammenhängt. 

Beide  Forscher  erheben  auf  Grund  ihrer  Untersuchungen  gegen  die  Deutung  der  Randkörper 
der  Medusen  als  Gehörorgane  Bedenken.  Am  entschiedensten  äussert  sich  Fritz  Müller  und  macht 
er  namentlich  mit  Recht  dagegen  geltend,  dass  er  und  alle  anderen  Forscher  keine  Hörhaare  nach- 
gewiesen haben,  und  dass  die  Steine  nicht  wie  bei  den  Mollusken  und  Rippenquallen  in  Schwingung 
versetzt  werden  können.  Er  stimmt  daher  der  AGASsiz’schen  Auffassung  bei,  nach  welcher  die 
Randkörper  der  Medusen  Augen  sind  (siehe  Literatur  über  die  Acraspeden)  und  erblickt  in 
dem  Concrement  eine  Linse.  „Wenn  die  Hydroidquallen“,  so  äussert  er  sich,  „überhaupt 
gegen  Licht  empfindlich  sind,  so  muss  dieses  durch  die  Randbläschen  zur  Wahrnehmung  gebracht 
werden.  Das  Licht  muss  an  der  Oberfläche  der  Blase,  es  muss  zum  zweiten  Male  an  der  Ober- 
fläche des  Steins  gebrochen  werden,  es  muss  auf  das  Ende  des  die  Kugel  umfassenden  Stieles 
stärker  wirken,  als  auf  jede  andere  Stelle  der  Qualle.“ 

Auf  die  Auffassungsweise  von  Haeckel  werden  wir  bei  der  Besprechung  der  Geryoniden- 
literatur  erst  näher  eingehen. 

Endlich  ist  noch  Allman  (7)  hier  anzuführen,  der  sich  gegen  die  Darstellung  von  Fritz 
Müller  ausgesprochen  hat.  Er  hält  es  für  falsch,  dass  bei  Aglauropsis  der  Otolith  an  einem 
Stielchen  befestigt  sein  soll.  Dieser  Eiuwurf  erklärt  sich  daraus,  dass  Allman  nur  Gehörorgane 
von  Eucope,  die  nach  einem  ganz  anderen  Typus  gebaut  sind,  untersucht  hat,  und  dass  er  eine 
Homologie  der  Gehörorgane  der  Medusen  voraussetzt,  die  nicht  vorhanden  ist.  Es  ist  dies  ein  Fehler, 
in  welchen  alle  früheren  Beobachter  verfallen  sind. 

2.  Tastorgane.  Die  zweite  Art  der  Sinnesorgane,  welche  wir  bei  den  Trachynemiden 
haben  unterscheiden  können,  vermittelt  die  Tastempfindungen.  Als  sensibel  haben  wir  wohl  alle 
jene  Hautstrecken  zu  bezeichnen,  wo  Epithelzellen  sich  finden,  die  auf  ihrer  Oberfläche  mit  einem 
Geisselhaar  versehen  sind  und  an  ihrer  Basis  in  eine  Nervenfibrille  übergehen.  Das  Epithel  am 
Nesselwulst  oberhalb  des  Nervenrings  und  die  Flimmerzellen  an  den  Tentakeln  sind  daher  sen- 
sibel und  können  als  Tastorgan  allgemeinster  Art  bezeichnet  werden.  Auch  die  Nesselzellen 
mit  ihren  Palpocils  haben  wir  wohl  hierher  zu  rechnen.  Von  diesen  Bildungen,  die  allen  Medusen 
in  gleicher  Weise  zukommen  und  schon  bei  Besprechung  des  Nervensystems  zum  Theil  ihre  Er- 
ledigung finden,  werden  wir  indessen  im  Folgenden  absehen  und  nur  auf  jene  Einrichtungen  unser 
Augenmerk  richten,  die  ein  specifisches  Gepräge  tragen  und  daher  als  Tastapparate  im  engeren 
Sinne  betrachtet  werden  können. 

Derartige  Tastapparate,  mit  welchen  die  Familie  der  Trachynemiden,  wie  keine  andere 
Medusenabtheilung,  reich  versehen  ist,  finden  sich  sowohl  längs  des  Schirmrands,  als  auch  an  den 
Tentakeln  vor.  Am  Schirmrand  bezeichnen  wir  dieselben  wegen  ihrer  eigentümlichen  Form  als 
Tastkämme. 


47 


Bei  Rhopal oneraa  sind  die  Tastkämme  stets  paarweise  angeordnet.  Je  zwei  liegen  an 
der  Basis  der  acht  radialen  nnd  der  acht  interradialen  Tentakeln  (Taf.  III.  Fig.  17  k)  und  je  zwei 
in  den  Zwischenräumen  zwischen  diesen  (Taf.  III.  Fig.  15  k).  Der  Schirmrand  ist  daher  im  Ganzen 
mit  32  Paar  oder  mit  64  einzelnen  Tastkämmen  versehen.  Dieselben  bestehen  aus  kleinen  Zellen- 
wucherungen am  unteren  Rand  des  Nesselwulstes,  die  nach  aussen  auf  das  Velum  iihergreifen  und 
kleine  zipfelförmig  gestaltete  Hervorragungen  daselbst  bedingen.  Sie  schneiden  nach  aussen  mit 
einer  graden  Linie  ab  und  tragen  längs  derselben  etwa  20  lange  starre  Borsten,  die  dicht  aneinander 
gedrängt  und  in  einer  Ebene  angeordnet  sind.  Letztere  lassen  sich  daher  den  Zähnen  eines  Kammes 
vergleichen. 

Die  horstentragenden  Ränder  der  zipfelförmigen  Vorsprünge  verlaufen  schräg  zur  Begren- 
zungslinie des  Nesselwulstes  in  der  Weise,  dass  die  Ränder  von  je  zwei  zusammengehörigen  Tast- 
kämmen nach  entgegengesetzten  Richtungen  blicken  und  in  ihrer  Verlängerung  unter  einem  stumpfen 
Winkel  sich  schneiden  würden.  In  Folge  dessen  sind  auch  die  Tasthorsten  schräg  zum  Schirm- 
rand gestellt  und  zwar  divergiren  sie  hierbei  an  zwei  zusammengehörigen  Kämmen  in  sehr  auf- 
fälliger Weise.  In  der  Mitte  von  zwei  divergirenden  Borstenreihen  erheben  sich  die  radialen  und 
interradialen  Tentakeln  (Taf.  III.  Fig.  17). 

Ueber  den  feineren  Bau  der  Tast kämme  liess  sich  an  Osmium-  und  an  Macerations- 
präparaten  Einiges  ermitteln.  Die  zipfelförmigen  Hervorragungen  besitzen  auf  ihrer  Oberfläche 
einen  Ueberzug  von  platten  polygonalen  Epithelzellen  (Taf.  III.  Fig.  8).  Unter  diesen  bemerkt  man 
eine  Faserung,  die  in  der  Verlängerung  der  Borsten  nach  dem  Nervenring  zu  verläuft.  Die  Fase- 
rung rührt  von  feinen  spindelförmigen  Zellen  (a)  her.  Man  kann  sich  dieselben  klarer  zur  Anschauung 
bringen,  wenn  man  bei  einem  flach  ausgebreiteten  Macerationspräparat  die  Zellen  des  Nesselwulstes 
zum  Theil  durch  Pinseln  vorsichtig  entfernt.  Hierbei  trifft  es  sich,  dass  zuweilen  auch  von  einem 
Tastkamm  die  oberflächliche  Schicht  der  platten  Epithelzellen  abgestreift  ist.  Man  wird  jetzt  feine 
fadenförmige  Gebilde  gewahr  (Taf.  III.  Fig.  7 und  8 a),  die  in  einer  Schicht  dicht  neben  einander 
parallel  verlaufen  und  an  ihrem  peripheren  Ende  je  ein  dunkles  Korn  tragen,  auf  dem  eine  Tast- 
horste befestigt  ist.  In  verschiedener  Entfernung  vom  Rande  besitzen  die  feinen  Fäden  eine  kleine 
Anschwellung  mit  einem  ovalen  Kern.  Wir  erblicken  in  diesen  Gebilden  Sinneszellen,  die  an 
ihrem  Ende  auf  einer  verdickten  Cuticula,  dem  oben  erwähnten  glänzenden  Korn,  mit  je  einer 
langen  Tastborste  ausgerüstet  sind.  Mit  ihrem  centralen  fadenförmigen  Ende  gehen  sie  wahrschein- 
lich — nachgewiesen  konnte  es  von  uns  nicht  werden  — in  den  nahe  vorüberziehenden  Nerven- 
ring über. 

Die  Kenntniss,  welche  wir  vom  Bau  der  Tastkämme  durch  Untersuchung  von  Flächenbildern 
und  an  Macerationspräparaten  gewonnen  haben,  konnte  durch  Anfertigung  feiner  Durchschnitte  noch 
weiter  vervollständigt  werden.  An  einem  derselben,  der  in  Tafel  III.  Figur  2 dargestellt  worden 
ist,  sieht  man,  wie  die  äussere  Contour  des  Nesselwulstes,  die  sonst  nach  dem  Velum  zu  steil  ab- 
fällt, plötzlich  in  der  Nähe  desselben  umbiegt  und  nun  in  sanfter  Neigung  in  dessen  oberflächliche 
Zellschicht  übergeht.  Der  so  gebildete  Epithelkeil  (k)  am  äusseren  Rande  des  Nesselwulstes  ist 
der  auf  dem  Durchschnitt  getroffene  Tastkamm.  Es  geht  dies  aus  zwei  steifen  Borsten  (i)  hervor, 
die  dem  Rande  des  Keils  aufsitzen.  Von  dem  Ursprung  des  Kammes  ist  der  Durchschnitt  des 
oberen  Nervenrings  (nr1)  nur  wenig  entfernt.  Bemerkens wertli  sind  noch  an  dem  vorliegenden  Prä- 
parat zwei  in  Osmiumsäure  gebräunte  fadenförmige  Gebilde  (a),  die  von  der  Basis  der  Tastborsten 
nach  dem  Nervenring  verlaufen  und  der  Stützlamelle  des  Velum  dicht  auf  liegen.  Es  sind  dies  zwei 
von  dem  Schnitt  getroffene  Sinneszellen. 


48 


Dieselben  Tastapparate,  wie  bei  Rliopalonema,  keliren  auch  am  Schirmrande  von  Aglaura 
he mi stoma  in  gleicher  Form  und  Lage  wieder  (Taf.  III.  Fig.  16k),  Auch  hier  sind  sie  paar- 
weise zur  Seite  der  Tentakelstümpfe  (t)  angeordnet , indem  ihre  Borsten , deren  Zahl  uns  eine  be- 
schränktere zu  sein  schien,  nach  entgegengesetzten  Richtungen  divergiren.  In  welcher  Anzahl  die 
Tastkämme  bei  Aglaura  vorhanden  sind,  wurde  nicht  ermittelt. 

Das  Auftreten  dieser  eigenthümlichen  Tastapparate,  welche  uns  von  keiner  anderen  Medusen- 
abtheilung  bekannt  sind,  ist  ein  neuer  Beweis  für  die  nahe  Verwandtschaft  zwischen  den  Aglau- 
riden  und  Rliopalonema.  Es  bleibt  weiteren  Untersuchungen  Vorbehalten,  festzustellen,  inwiefern  auch 
bei  anderen  Trachynemiden  Tastkämme  am  Schirmrand  Vorkommen.  Sollten  dieselben  allgemein  in 
dieser  Familie  verbreitet  sein,  so  würde  hierin  ein  wichtiges  systematisches  Merkmal  gegeben  sein. 

Der  zweite  Ort,  wo  besondere  Tastapparate  zur  Entwicklung  gelangen,  sind  bei  Rliopalonema 
velatum  die  interradialen  Tentakeln  (Taf.  X.  Fig.  1 ti).  Ihr  keulenförmig  verdickter  Endtheil  ist  in 
geringer  Entfernung  von  seiner  Spitze  von  einem  Kranze  starrer  langer  Borsten  umgeben  (Taf.  III. 
Fig.  17  i).  Dieselben  erheben  sich  unter  rechtem  Winkel  von  der  Oberfläche  der  Tentakeln  und  sind 
in  drei  alternirenden  Reihen  angeordnet.  Schon  von  Gegenbaur  (33)  und  Haeckel  (37)  sind  diese 
Borsten  bei  Rliopalonema  beobachtet  und  für  Tastapparate  erklärt  worden.  Sie  finden  sich  aber 
nicht  allein  auf  die  Spitze  des  Tentakels  beschränkt,  sondern  kommen  auch  noch  an  der  Seite  und 
der  Basis  desselben  vor  (Taf.  III.  Fig.  1 7 i).  An  der  Seite  der  interradialen  Tentakeln  verlaufen  in 
gleichen  Abständen  drei  Streifen  vom  Borstenkranz  nach  abwärts.  Jeder  Streifen  ist  etwa  mit 
2—3  Reihen  alternirend  stehender,  etwas  kleinerer  Borsten  besetzt.  Endlich  werden  noch  an 
der  Basis  des  Tentakels,  der  von  einem  verdickten  Epithelwall  umgeben  ist,  lange  steife  Borsten 
beobachtet,  die  sich  durch  ihre  Rigidität  und  grössere  Länge  von  den  Flimmerhaaren  auf  dem 
Sinnesepithel  des  Nesselwulstes  unterscheiden. 

An  den  Tentakeln  von  Aglaura  fehlt  der  bei  Rliopalonema  beobachtete  Borstenbesatz. 


3.  Geryonidae. 

Unter  den  Trachymedusen  zeigen  die  Geryoniden  in  ihrer  Organisation  den  höchsten 
Ausbildungsgrad.  Dies  spricht  sich  sowohl  in  der  Entwicklung  eines  Magenstieles  und  in  dem 
Besitz  hohler  schlauchförmiger  Tentakeln,  als  auch  besonders  in  der  Beschaffenheit  ihres  Nerven- 
systems und  ihrer  Gehörorgane  aus.  Den  feineren  Bau  dieser  Familie,  welcher  in  Haeckel’s  Mono- 
graphie (37)  eine  so  eingehende  Bearbeitung  gefunden  hat,  suchten  wir  an  zwei  Arten,  die  wir  ziem- 
lich häufig  in  den  Monaten  Februar  und  März  antrafen,  an  Carmarina  hastata  (Haeckel)  und 
Glossocodon  mucronatum  (Haeckel)  genauer  festzustellen.  Es  sind  diese  beiden  Arten  zu- 
gleich die  Vertreter  der  beiden  Unterfamilien,  in  welche  man  seit  Gegenbauk’s  (33)  Vorgang  die 
Geryoniden  gespalten  hat.  Dieselben  unterscheiden  sich  in  dem  feineren  Bau  der  einzelnen  Organe, 
welche  den  Gegenstand  dieser  Abhandlung  bilden,  fast  gar  nicht  von  einander.  Die  Hauptunter- 
scheidungsmerkmale beschränken  sich  auf  die  verschiedene  Anzahl  der  Antimeren.  Während  bei 
Carmarina  hastata  6 Radialkanäle,  6 Tentakeln,  6 Geschlechtsorgane  und  12  Gehörbläschen  vor- 
handen sind,  treten  dieselben  Organe  bei  Glossocodon  nur  in  der  Vier-  und  Achtzahl  auf.  Wir 
werden  daher  im  Folgenden  die  zwei  untersuchten  Arten  gemeinsam  beschreiben.  Dabei  sei  hervor- 
gehoben, dass  unsere  Schilderung  hauptsächlich  auf  Präparaten  beruht,  die  von  Carmarina  hastata, 
der  grösseren  und  zur  Untersuchung  in  vieler  Hinsicht  geeigneteren  Art,  gewonnen  wurden, 


49 


a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands  der  Geryoniden. 

Der  Schirmrand  der  Geryoniden  ist  durch  eine  ansehnliche  Verdickung1  der  dorsalen 
Epithellage  ausgezeichnet  (Taf.  X.  Fig.  3 w).  Es  entsteht  hierdurch  dieselbe  Bildung' , welche  wir 
bei  Rhopalonema  und  Aglaura  aufgefunden  und  als  Nessel  willst  bezeichnet  haben.  Derselbe 
wird  von  drei  Flächen  begrenzt  (Taf.  IV.  Fig.  2 w),  einer  unteren  kleineren,  welche  dem  Velum  an 
seinem  Ürsprung  aufliegt,  einer  inneren  Fläche,  welche  zum  Tlieil  an  den  Ringkanal  (r),  zum  Theil 
noch  an  die  Gallerte  des  Schirmrands  anstösst,  und  einer  äusseren  freien  Fläche.  Während  die 
beiden  ersteren  ziemlich  eben  verlaufen  und  unter  einem  wenig  stumpfen  Winkel  zusammenstossen, 
ist  letztere  mehr  oder  minder  stark  gekrümmt.  Sie  ist  wie  bei  Rhopalonema  nach  dem  Velum  zu 
mit  vielen  Flimmerhaaren  bedeckt. 

Der  histologische  Bau  des  Nesselzellenwulstes  ist  wegen  der  bedeutenderen  Grösse  der 
Elementartheile  bei  den  Geryoniden  leichter  als  bei  den  Tracliynemiden  zu  erkennen.  Wir  werden 
hier  mit  einer  eigen thümlichen  Gewebsform  bekannt,  welche  wir  in  keiner  anderen  Thier- 
abtheilung wieder  antreffen.  Am  besten  untersucht  man  dieselbe  an  Präparaten,  die  in  einem 
Gemisch  von  Osmium-  und  Essigsäure  macerirt  worden  sind.  Durch  Zerzupfen  kann  man  die 
Zellen  des  Nesselwulstes  dann  leicht  vollkommen  isoliren  und  hierbei  zwei  verschiedene  For- 
men unter  ihnen  unterscheiden.  Zum  grössten  Theil  besteht  der  Nesselwulst  aus  ovalen  Zellen, 
die  in  einer  eigentliümlich  geschichteten  Grundsubstanz  eine  Nesselkapsel  und  einen  Kern  bergen 
(Taf.  IV.  Fig.  12  z).  Die  ansehnlichen  Kapseln  sind  cylinderförmig  und  der  Länge  nach  schwach 
gebogen.  Sie  besitzen  eine  derbe  doppelt  contourirte  Membran  und  einen  in  Osmiumsäure  gebräunten 
Inhalt.  In  diesem  erkennt  man  bei  einem  Theil  der  Kapseln  den  Nesselschlauch  als  einen  stab- 
förmigen, stark  glänzenden  Körper,  bei  einem  anderen  Theil  dagegen  vermisst  man  ihn.  Der  ovale 
Kern  liegt  der  Mitte  der  cylinderförmigen  Kapsel  dicht  an.  Beide  werden  von  einer  in  Osmium- 
säure gebräunten  Substanz  umgeben.  Dieselbe  ist  deutlich  geschichtet  und  setzt  sich  aus  feinen 
Lamellen  zusammen,  welche  sich  um  den  Kern  und  die  Kapsel  herumlegen.  Die  Zellen  der 
zweiten  Art  (Taf.  IV.  Fig.  12  b)  sind  fadenförmig,  enthalten  einen  ovalen  Kern  in  der  dicksten 
Stelle  ihres  Körpers  und  sind  mit  langen  verzweigten  Ausläufern  versehen.  Wir  werden  sie  von 
den  zuerst  beschriebenen  Gebilden,  den  Nesselzellen,  als  Stützzellen  unterscheiden. 

Die  beiden  Elemente  des  Nesselwulstes  sind  an  feinen  Querschnitten  durch  den  Schirmrand 
weniger  leicht  gesondert  wahrzunehmen,  da  an  Präparaten,  die  in  Osmiumsäure  erhärtet  sind, 
die  Zellcontouren  nicht  deutlich  werden;  doch  erhält  man  immerhin  einen  guten  Einblick  in  ihre 
Lagerung  und  Anordnung  (Taf.  IV.  Fig.  2.  9.  10.  11).  Vor  allen  Dingen  überzeugt  man  sich  auf 
den  Durchschnittsbildern  von  dem  grossen  Reichthum  des  Gewebes  an  Nesselkapseln  (z).  Dieselben 
liegen  vom  Grunde  bis  zur  Oberfläche  des  Nessel wulstes  dicht  bei  einander,  indem  sie  bald  quer, 
bald  schräg,  bald  längs  vom  Schnitt  getroffen  sind.  Hierbei  zeigen  sie  eine  Vertheilung  in  der 
Weise,  dass  die  quergetroffenen  Kapseln  sich  mehr  in  der  Tiefe  des  Nessel  wulstes,  die  längs- 
getroffenen dagegen  mehr  an  der  Oberfläche  vorfinden.  In  ihrem  Inhalt  erkennt  man  den  Nessel- 
schlauch, wenn  derselbe  nicht  fehlt,  entweder  als  ein  dunkles  Korn  oder  als  einen  stabförmigen 
Körper,  je  nachdem  die  Kapsel  quer  oder  längs  vom  Schnitt  getroffen  ist.  Die  Kerne  der  Nessel- 
zellen und  die  concentrischen  Schichten  der  Grundsubstanz  sind  auf  den  Durchschnitten  deutlich 
zu  sehen.  Zwischen  den  dichtgedrängten  Nesselzellen  bleiben  kleine  Interstitien  frei,  welche  von 
den  an  Macerationspräparaten  aufgefundenen  fadenförmigen  Gebilden  erfüllt  werden.  Diese  durch- 
setzen den  Wulst  von  seiner  Oberfläche  bis  zu  seiner  Basis  in  senkrechtem  Verlauf.  An  Durcli- 

Hertwig,  Medusen. 


7 


50 


schnitten  werden  sie  nur  dadurch  kenntlich,  dass  Kerne  sich  vorfinden,  welche  nach  ihrer  ganzen 
Anordnung*  auf  eine  Nesselzelle  nicht  bezogen  werden  können. 

Hervorzukeben  ist  endlich  noch , dass  auf  der  Stützlamelle , welche  den  Nesselwulst  nach 
unten  und  innen  abgrenzt,  eine  besondere  Lage  von  kleinen  Zellen  vorhanden  ist.  Nach  Analogie 
mit  andern  Gewebsformen  haben  wir  sie  als  Matrixzellen  für  die  über  ihnen  liegenden  Theile  zu 
betrachten.  Durch  fortgesetzte  Theilung  wird  von  ihnen  ein  Ersatz  für  die  an  der  Oberfläche  ver- 
brauchten Nesselzellen  geliefert.  Für  die  oben  beschriebene  wechselnde  Lage  der  Nesselkapseln, 
die  in  ähnlicher  Weise  auch  hei  anderen  Hydroiden  wiederkehrt,  würde  sich  dann  folgende  Deutung 
ergeben.  Die  jüngst  gebildeten  sind  horizontal  zur  Oberfläche  gestellt,  dann  richten  sie  sich,  in- 
dem sie  in  die  Höhe  rücken,  allmählich  auf  und  kommen  endlich,  ehe  sie  in  Function  treten,  mit 
ihrer  Längsaxe  senkrecht  zur  äusseren  Begrenzung  des  Wulstes  zu  stehen. 

Auf  Grund  des  hier  festgestellten  Baues  scheint  uns  der  Nessel wulst  für  den  Organismus 
der  Geryoniden  eine  doppelte  Bedeutung  zu  besitzen.  Einmal  dient  er  bei  seiner  reichen  Aus- 
stattung mit  Nesselzellen  als  ein  wirksames  Vertheidigungsorgan,  zweitens  scheint  er  uns  aber 
auch  noch  dem  Schirmrand  als  Stütze  zu  dienen.  Die  in  überreicher  Anzahl  aneinander  gefügten 
derbwandigen  Nesselkapseln  wirken  gewissermaassen  wie  ein  Knorpelgewebe.  Auch  die  concentriseh 
geschichtete  Substanz  wird  vielleicht  eine  grössere  Festigkeit  des  Wulstes  bedingen.  Wenn  diese 
Deutung  richtig  ist,  dann  wird  es  auch  erklärlich,  warum  wir  in  zahlreichen  Nesselkapseln  einen 
Faden  nicht  auffinden  konnten.  In  diesen  hätten  wir  dann  Gebilde  zu  erblicken,  die  ihre  ursprüng- 
liche Function,  Verteidigungswaffen  zu  sein,  verloren  hätten,  dagegen  noch  als  Stütze  dem  Organis- 
mus von  Nutzen  wären.  Ferner  würde  die  so  beträchtliche  Dicke  des  Wulstes  sich  besser  begreifen 
lassen.  Denn  durch  den  an  der  Oberfläche  stattfindenden  Verbrauch  von  Nesselzellen  scheint  uns 
dieselbe  nicht  allein  bedingt  sein  zu  können. 

Der  Nesselwulst  der  Geryoniden  ist  als  eigenthümliche  Bildung  schon  früheren  Beobachtern 
aufgefallen.  Fritz  Müller  (67)  erwähnt  ihn  als  ziemlich  undurchsichtigen  gelblichen  Saum,  der 
dem  Ringgefäss  aufliegt  und  mehr  oder  weniger  reichlich  mit  Nesselzellen  bedeckt  ist.  Er  glaubt 
ihn  mit  Wahrscheinlichkeit  als  Nervenring  deuten  zu  dürfen.  Im  ersten  Theil  seiner  Monographie 
der  Geryoniden  beschreibt  Haeckel  (37)  den  Nesselwulst  als  einen  breiten  aus  Nesselzellen  gebil- 
deten Ring,  der  den  Schirmrand  vom  Velum  trennt.  Im  zweiten  Theil  kommt  er  ausführlicher  auf 
diese  Bildung  zu  sprechen  und  unterscheidet  er  jetzt  an  ihr,  indem  er  seine  frühere  Deutung  auf- 
gibt, zwei  Theile,  einen  starken  Knorpelring  und  ein  denselben  überziehendes  dünnes  Nesselepithel. 
Den  Knorpelring  bezeichnet  er  als  das  Skelet  des  Schirmrands,  er  lässt  ihn  aus  sehr  kleinen  Zellen 
bestehen,  die  durch  ziemlich  beträchtlich  entwickelte  homogene  Grundsubstanz  von  einander  getrennt 
sind.  Die  Abbildung  Haeckel’s  vom  Knorpelgewebe  der  Geryoniden  ist  von  Kölliker  (52)  in  seinen 
Icones  histologicae  reproducirt  worden.  Kölliker  vergleicht  nach  eigenen  Untersuchungen  das 
Gewebe  der  zelligen  Bindesubstanz  der  Hydrozoen,  bemerkt  aber  hierzu,  dass  an  den  von  ihm 
untersuchten  Chromsäure-  und  Spirituspräparaten  die  Zellen  nicht  hinreichend  gut  erhalten  waren. 
Diesen  Angaben  gegenüber  zeigen  unsere  Querschnitte  und  Isolationspräparate,  dass  ein  knorpliges 
Skelet  bei  Carmarina  und  Glossocodon  nicht  vorhanden  ist  und  dass  ein  stark  verdickter  mit  Nessel- 
zellen reichlich  versehener  Epithelwulst  dafür  gehalten  wurde. 

Das  Velum,  welchem  der  Nesselwulst  mit  seiner  unteren  Fläche  aufliegt,  besitzt  bei  den 
Geryoniden  eine  beträchtlichere  Dicke,  als  bei  den  meisten  Craspedoten,  so  dass  brauchbare  Durch- 
schnitte hier  leichter  zu  erhalten  sind  (Taf.  IV*.  Fig.  2.  10.  11  v).  Vom  Nesselwulst  setzt  sich  das 
Ektoderm  (d1)  in  dünner  einfacher  Schicht  auf  die  Oberfläche  des  Velum  fort.  Die  unter  dem 


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Epithel  liegende  Stützlamelle  (s)  ist  stärker  als  hei  allen  anderen  von  uns  untersuchten  Arten 
entwickelt.  Sie  lässt  deutlich  eine  Zusammensetzung  aus  drei  Schichten  erkennen,  aus  einer 
mittleren  dicken  gallertartigen  Schicht  und  zwei  oberflächlichen,  dünnen  aber  resistenteren  Membranen. 
Nur  unterhalb  des  Nesselwulstes  und  beim  Uebergang  in  die  Subumbrella  ist  sie  stets  von  weit 
geringerer  Stärke,  auch  wird  sie  hier  von  kleinen  Oeffnungen  durchbohrt,  die  bei  Besprechung  des 
Nervensystems  weitere  Erwähnung  finden  werden. 

Bei  Glossocodon  und  jungen  Tliieren  von  Carmarina  ist  die  Stiitzlamelle  glatt,  bei  grossen 
Exemplaren  der  letzteren  hat  sie  sich  dagegen  in  zahlreiche  kleine  Falten  gelegt,  die  in  einiger 
Entfernung  vom  Schirmrand  parallel  zu  ihm  verlaufen.  Die  Bedeutung  dieser  mit  dem  Alter  ein- 
tretenden Faltenbildung  ist  darin  zu  suchen,  dass  hierdurch  eine  grössere  Fläche  zur  Anbildung 
von  Muskelfasern  geschaffen  wird.  Letztere  (m2)  liegen  an  der  unteren  Seite  der  Stützlamelle. 
Auch  an  ihnen  treten  mit  dem  Alter  Veränderungen  ein.  Bei  jungen  Tliieren  besitzen  die  quer- 
gestreiften Fasern  eine  mehr  runde  Beschaffenheit,  später  dagegen  nehmen  sie  Bandform  an.  Die 
dünnen  Bänder,  welche,  je  grösser  die  Carmarina  ist,  um  so  breiter  werden,  sind  wie  die  Blätter 
eines  Buches  an  einander  gelagert,  so  dass  sie  senkrecht  zur  Stiitzlamelle  stehen.  Die  Matrix- 
zellen (d2)  der  Muskelfaserlage  haben  wir  in  dem  einschichtigen  Epithelüberzug  der  unteren 
Seite  des  Velum  zu  suchen.  Bei  alten  Tliieren  sind  dieselben  cylinderförmige  Gebilde,  sie  erlan- 
gen hier  eine  beträchtlichere  Höhe  im  Bereich  der  Furchen,  welche  durch  die  Faltenbildung  der 
Stützlamelle  entstanden  sind,  so  dass  die  Unterfläche  des  Velum  wieder  eine  glatte  Beschaffen- 
heit erhält. 

In  seiner  Monographie  der  Geryoniden  lässt  Haeckel  (37),  wie  auch  wir  gefunden  haben, 
das  Velum  aus  vier  Lagen  zusammengesetzt  sein.  In  der  Deutung  derselben  ist  er  indessen  in 
einem  Punkte  zu  einem  anderen  Ergebniss  gelangt.  Haeckel  bezeichnet  nämlich  unsere  Stütz- 
lamelle als  eine  Radialmuskelschicht  und  lässt  daher  im  Velum  zwei  sich  kreuzende  Muskelfaser- 
lagen vorhanden  sein.  Dass  dies  letztere  nicht  der  Fall  ist,  hat  gleich  darauf  Kölliker  (52)  nach- 
gewiesen, der  von  den  vier  Lamellen  des  Velum  eine  richtige  Beschreibung  gibt. 

An  der  Stelle,  wo  das  Velum  an  den  Rand  der  Schirmgallerte  anstösst,  hängt  seine  Stiitz- 
lamelle  mit  zwei  weiteren  dünnen,  aber  festen  Membranen  zusammen,  die  unter  einem  rechten  Winkel 
auseinanderweichen  (Taf.  IV.  Fig.  2).  Die  eine  Membran  überzieht  die  Innenseite  des  Nessel- 
wulstes (w)  und  trennt  ihn  vom  Epithel  des  Ringkanals  (r).  Von  hier  setzt  sie  sich  möglicher 
Weise  über  die  ganze  Schirmoberfläche  als  Grundlage  des  dünnen  Plattenepithels  noch  weiter  fort. 
Doch  konnte  sie  hier  von  uns  weder  auf  Schnitten  noch  in  anderer  Weise  deutlich  dargestellt  werden. 
Die  zweite  Membran  dient  der  Subumbrella  zur  Unterlage  und  scheidet  die  Muskelschicht  (m1) 
derselben  theils  von  der  Schirmgallerte,  theils  von  dem  Epithel  des  Gastro vascularsystems  (r2). 
Die  Membranen  des  Velum  und  der  Subumbrella  sind  die  festesten  Tlieile  im  Medusen- 
körper, welche  den  Zusammenhalt  der  einzelnen  Elemente  bewirken.  Namentlich  bei  Carmarina 
besitzen  sie  eine  grosse  Resistenz.  An  Macerationspräparaten  gelingt  es  daher  leicht,  die  Mem- 
branen als  gesonderte  Tlieile  darzustellen,  wenn  man  mit  Pincette  und  Pinsel  die  Gallerte  und  die 
anhaftenden  Epithelzellen  entfernt.  Auch  auf  feinen  Durchschnitten  erscheinen  sie  deutlich  doppelt 
contourirt.  Früheren  Beobachtern  sind  diese  Stützlamellen  entgangen  bis  auf  Kölliker,  der  in 
seinen  Icones  liistologicae  (52)  die  Membranen  und  ihren  Zusammenhang  an  einem  Querschnitt 
durch  den  Schirmrand  von  Carmarina  nachgewiesen  hat. 

An  der  unterhalb  der  Stützlamelle  der  Subumbrella  befindlichen  Musculatur  haben  wir  zwei 
verschiedene  Fasersysteme,  ein  circulär  und  ein  radial  verlaufendes,  zu  unter- 


52 


scheiden.  Das  erstere  ist  am  .meisten  entwickelt  und  besteht  aus  quergestreiften  Muskelfibrillen, 
die  in  einer  Schicht  angeordnet  sind.  Die  circularen  Fasern  liegen,  wie  am  Velum,  der  untern 
Seite  der  Stützlamelle  fest  auf,  so  dass  sie  auch  an  macerirten  Theilen  sich  nicht  leicht  ablösen 
lassen.  Sie  erstrecken  sich  continuirlich  vom  Schirmrand  bis  zum  Ursprung  des  Magenstiels.  An 
die  Ringfaserlage  des  Velum  schliessen  sie  sich  jedoch  nicht  unmittelbar  an,  sondern  werden  von 
derselben,  wie  bei  allen  craspedoten  Medusen,  durch  einen  Streifen  Epithel  getrennt,  in 
dessen  Bereich  keine  Abscheidung  von  Musculatur  stattgefunden  hat  (Taf.  IV. 
Fig.  2.  10.  11).  Es  ist  dieser  Streifen  breiter  als  die  untere  Fläche  des  Nesselwulstes,  unter  welchem 
er  sich  hinzieht  und  den  er  daher  noch  nach  Innen  und  Aussen  etwas  überragt. 

Die  Ringmusculatur  der  Subumbrella  ist  nur  in  der  Nachbarschaft  des  Schirmrandes  eine 
vollständige,  darüber  hinaus  ist  sie  im  Bereich  der  Genitalblätter  unterbrochen.  An  beiden  Rän- 
dern derselben  hören  die  Ringfasern  plötzlich  auf  und  schneiden  mit  einer  gezackten  Linie  ab 
(Taf.  V.  Fig.  Im).  Dies  Verliältniss  wird  leicht  verständlich,  wenn  man  den  Bau  und  die  Ge- 
nese der  Genitalblätter  in  Erwägung  zieht.  Denn  wie  wir  an  einem  andern  Orte  zeigen  werden, 
entstehen  die  männlichen  und  weiblichen  Geschlechtsproducte  aus  dem  Epithel  der  Subumbrella 
an  der  unteren  Seite  der  Radialkanäle.  Es  kann  daher  hier  nicht  zu  einer  Anbildung  von  Muskel- 
fasern kommen. 

Die  quergestreiften  Fasern  zeigen  uns  dieselben  Eigenschaften  wie  am  Velum.  Bei  jungen 
Thieren  sind  sie  von  mehr  runder  Gestalt,  bei  älteren  werden  sie  dünne  breite  Bänder,  die  dicht 
an  einander  geschichtet  sind  und  ihre  schmale  Seite  dem  Epithel,  ihrer  Matrix,  zukehren. 

Das  weniger  entwickelte  zweite  Faser  System  der  Subumbrella  ist  allein  auf  die 
Umgebung  der  Radialkanäle  des  Gastro vascularsystems  beschränkt.  Hier  findet  sich  an  der  untern 
Seite  eines  jeden  ein  unpaarer  und  ein  paariger  Zug  von  radialverlaufenden  Muskelfasern.  Der 
unpaare  Muskel  sträng  nimmt  gerade  die  Mitte  der  Unterfiäche  eines  Radialkanals  ein;  er  be- 
ginnt am  Schirmrand  und  erstreckt  sich  bis  zur  Basis  des  Magenstiels,  von  hier  an  lässt  er  sich, 
wenn  auch  in  geringerer  Stärke,  noch  weiter  bis  an  den  Magen  selbst  verfolgen.  Bei  diesem  Ver- 
lauf muss  er  natürlich  auch  die  Genitalblätter,  da  sie  an  der  unteren  Seite  der  sich  erweiternden 
Radialkanäle  entwickelt  sind,  in  der  Mitte  durchsetzen  und  in  eine  linke  und  rechte  Hälfte  theilen. 
Diese  Scheidung  wird  um  so  vollständiger,  als  auch  im  Bereich  der  radialen  Muskelfasern  weder 
Eier  noch  Spermatozoen  zur  Ausbildung  kommen.  Der  Faserstrang  lässt  sich  hier  passend  der 
Rippe  in  einem  Blatte  vergleichen.  Besonders  wird  man  zu  diesem  Vergleich  an  Osmiumpräparaten 
aufgefordert,  an  denen  der  unpaare  Radialmuskel  stark  gebräunt  wird,  so  dass  er  schon  mit 
unbewaffnetem  Auge  in  der  Mitte  des  Genitalblattes  leicht  zu  unterscheiden  ist. 

Die  radialen  Muskelfasern  finden  sich  in  der  Nähe  des  Schirmrandes  ventralwärts  von  der 
hier  vollständig  entwickelten  Ringmusculatur.  Von  der  Stelle  an,  wo  das  Genitalblatt  beginnt  und 
die  Ringmusculatur  unterbrochen  ist,  kommen  sie  selbst  auf  die  Stützlamelle  der  unteren  Schirmseite 
zu  liegen. 

Die  paarigen  Faserstränge  der  Subumbrella  begleiten  auf  beiden  Seiten  die  Radial- 
kanäle. Ihren  Ursprung  nehmen  sie  aber  nicht,  wie  der  unpaare  Muskel,  vom  Ringkanal,  sondern 
sie  beginnen  erst  am  proximalen  Ende  der  Genitalblätter.  Hierbei  zeigen  sie  gerade  das  entgegen- 
gesetzte Verhalten  wie  der  Mittelstrang.  Während  dieser  immer  schwächer  wird,  gewinnen  sie 
dagegen  mehr  und  mehr  an  Breite.  Hierdurch  treten  an  der  Basis  des  Magenstieles  je  zwei  be- 
nachbarte Bänder  paarweise  zusammen  und  verschmelzen  zu  einem  einzigen  breiten  Muskelstreifen, 
der  den  Zwischenraum  zwischen  zwei  Radialkanälen  ausfüllt  und  als  longitudinaler  Stiel- 


53 


muskel  von  Haeckel  (37)  beschrieben  worden  ist.  Die  unpaaren  Stränge  sowohl  als  der  aus 
ihrer  Vereinigung  gebildete  Stielmuskel  ruhen  überall  auf  der  unteren  Seite  der  Stützlamelle. 

In  seiner  histologischen  Beschaffenheit  unterscheidet  sich  das  radiale  Fasersystem 
gar  wesentlich  von  dem  circular  verlaufenden.  Während  dieses  deutlich  quergestreifte  Fibrillen 
enthält,  besteht  jenes  aus  langen,  glatten,  vollkommen  homogenen  Fasern.  Sie  sind  überall 
gleichmässig  stark,  ziemlich  glänzend,  bräunen  sich  leicht  in  Osmiumsäure  und  sind  in  einer  ein- 
fachen Schicht  parallel  neben  einander  angeordnet. 

Bei  dieser  indifferenten  Beschaffenheit  zeigen  die  radialen  Faserzüge  eine  oberflächliche 
Aehnlichkeit  mit  nervösen  und  bindegewebigen  Theilen.  Eine  genauere  Prüfung  spricht  jedoch 
sowohl  gegen  die  Annahme,  dass  sie  Nerven  seien,  wie  gegen  ihre  Deutung  als  Bindegewebs- 
fibrillen.  Für  nervös  können  wir  die  Fasern  nicht  halten,  weil  sie  eine  grössere  Stärke  und  eine 
glattere  Beschaffenheit  als  die  aus  dem  Nervenring  dargestellten  Fibrillen  besitzen,  weil  sie  in  zu 
grosser  Masse  im  Verhältniss  zum  nervösen  Centraltheil  entwickelt  sind  und  weil  in  ihrem  Verlauf 
sich  keine  Ganglienzellen  eingeschaltet  finden.  Von  der  Reihe  der  Stützsubstanzen  dagegen  müssen 
wir  die  Fasern  schon  aus  dem  Grunde  ausschliessen , weil  sie  zwischen  der  Ringmusculatur  und 
dem  subumbrellaren  Epithel,  also  mitten  im  Ektoderm  ihren  Weg  nehmen  und  von  der  Stützlamelle 
der  Subumbrella  deutlich  geschieden  sind.  Wenn  schon  diese  negativen  Instanzen  für  die  mus- 
culöse  Natur  der  Fasern  sprechen,  so  lassen  sich  für  dieselbe  auch  weiter  noch  mehrere  positive 
Gründe  geltend  machen.  Einmal  gleichen  die  radialen  Fasern  den  glatten  musculösen  Elementen, 
wie  sie  an  den  Tentakeln  mancher  Medusen  gefunden  werden.  Besonders  aber  verdient  bei  der 
Beurtheilung  der  Umstand  hervorgehoben  zu  werden,  dass  die  radialen  Stränge  die  einzigen  faserigen 
Theile  sind,  welche  am  Mag’enstiel  Vorkommen.  Wie  nun  die  Beobachtung  lehrt,  zeichnet  sich  der 
Magenstiel  durch  seine  ganz  ausserordentliche  Beweglichkeit  aus,  so  dass  wir  die  Anwesenheit  einer 
starken  Musculatur  an  ihm  voraussetzen  müssen.  Hierdurch  scheint  uns  die  musculöse  Natur  der 
radialen  Faserzüge  sicher  erwiesen  zu  sein. 

Auf  ihrer  unteren  Fläche  wird  die  circulär  und  radial  verlaufende  Faser  Schicht  von  dem  Epi- 
thel der  Subumbrella  überzogen.  Dasselbe  ist  einschichtig  und  wird  fast  durchweg  von  grossen 
platten  Zellen  gebildet;  nur  unterhalb  des  unpaaren  Radialmuskels  nimmt  es  eine  eigenartige  Beschaffen- 
heit an.  Hier  finden  sich  grosse  cubische  Zellen,  die  mit  kleinen  glänzenden  Körnern  dicht  erfüllt  sind. 

Ueber  den  feineren  Bau  der  Subumbrella  der  Geryoniden  handeln  Haeckel  (37),  Kölliker  (52) 
und  Eilhard  Schulze  (79).  Haeckel  hat  zuerst  die  zwei  Fasersysteme  in  der  Subumbrella  nach- 
gewiesen und  in  ihrer  Lagerung  genauer  beschrieben.  Doch  ist  es  ihm,  wie  später  auch  Eilhard 
Schulze,  verborgen  geblieben,  dass  im  Bereich  der  Genitalblätter  die  Ringmusculatur  unterbrochen 
ist  und  dass  sie  ferner  am  Schirmrand  in  die  Ringmuskelschicht  des  Velum  nicht  continuirlich 
übergeht,  sondern  durch  einen  breiten  Epithelstreifen  von  ihr  getrennt  ist.  Auf  dies  letztere  Ver- 
hältniss hat  Kölliker  in  seinen  Icones  histologicae  aufmerksam  gemacht  und  dasselbe  auf  einem 
Querschnittsbild  veranschaulicht.  Bei  Beschreibung  des  radialen  Muskelsystems  unterscheidet  Haeckel 
die  paarigen  und  die  unpaaren  Bänder,  giebt  aber  hinsichtlich  ihres  Verlaufs  und  ihrer  histolo- 
gischen Beschaffenheit  eine  abweichende  Darstellung.  So  rechnet  er  die  Radialfasern  noch  den 
quergestreiften  Elementen  zu  und  lässt  sie  zwischen  der  Stützlamelle  und  der  Ringfaserschicht 
verlaufen.  Nach  unseren  Beobachtungen  dagegen  sind  sie  glatt  und  schieben  sich  zwischen  das 
Epithel  der  Subumbrella  und  die  Ringfasern,  soweit  diese  angelegt  sind,  ein. 

Um  die  Anatomie  des  Schirmrandes  zu  vervollständigen,  haben  wir  jetzt  noch  auf  den  Ring- 
kanal und  die  mit  ihm  zusammenhängenden  Gebilde,  auf  die  Tentakeln  und  Mantelspangen  einzugehen. 


54 


Der  Ringkanal  (Taf.  X.  Fig.  3 r.  Taf.  IV.  Fig.  2 und  9 r)  ist  bei  den  Geryoniden  von 
ansehnlicher  Weite;  er  liegt  in  dem  Winkel,  der  vom  Nesselwulst  und  der  Subumbrella  gebildet 
wird,  und  ist  von  diesen  durch  die  beiden  Membranen  getrennt,  die  mit  der  Stiitzlamelle  des  Velum 
unter  rechtem  Winkel  sich  verbinden.  Das  Epithel  des  Ringkanals  ist,  wie  Haeckel  angiebt,  an 
der  oberen  und  unteren  Seite  verschieden  beschaffen.  Oben  nach  der  Gallerte  zu  findet  sich  eine 
einfache  Schicht  sehr  flacher  geisseltragender  Zellen  (r1).  Die  untere  Wand  dagegen  zeigt  hohe 
Cylinderzellen,  deren  Protoplasma  von  grossen  Vacuolen  durchsetzt  ist  (r2). 

Von  dem  Schirmrand  entspringen  bei  Glossocodon  4,  bei  Carmarina  6 schlauchförmige  Ten- 
takeln (Taf.  X.  Fig.  3tr).  Dieselben  dringen  mit  ihrer  Basis  mitten  durch  den  Nesselwulst  und 
münden  mit  ihrer  centralen  Höhle  in  den  Ringkanal  ein  (Taf.  IV.  Fig.  5).  Das  Epithel,  welches  den 
Hohlraum  des  Tentakels  auskleidet,  geht  unmittelbar  in  das  Entoderm  des  Gastrovascularsystems 
über  und  ebenso  hängt  die  Stützlamelle  des  Tentakels  mit  der  Membran  des  Nesselwulstes  zusammen. 

Eine  eigenartige  und  nur  den  Geryoniden  zukommende  Bildung  sind  die  von  Haeckel  als 
centripetale  Mantelspangen  (Taf.  X.  Fig.  3y)  beschriebenen  Theile.  Bei  Glossocodon  sind  8, 
bei  Carmarina  12  Mantelspangen  vorhanden.  Ihre  Anzahl  ist  also  doppelt  so  gross  als  die  der 
bleibenden  Tentakeln,  stimmt  dagegen  mit  der  Zahl  der  Larvententakeln  überein,  mit  denen  sie  auch, 
wie  Haeckel  (37)  nachgewiesen  hat,  in  genetischem  Zusammenhang  stehen.  Wir  sehen  sie  nämlich 
bei  sehr  jungen  Formen  schon  als  dünne  Zellstränge  angelegt,  welche  die  am  Schirm  hinaufgerückte 
Basis  der  Larvententakeln  mit  dem  Schirmrand  verbinden.  Wenn  diese  später  abgeworfen  werden, 
bleiben  sie  auch  beim  erwachsenen  Thier  erhalten  und  können  hier  gleichsam  als  die  Rudimente 
der  abgeworfenen  Tentakeln  angesehen  werden. 

Die  Mantel  Spangen  entspringen  zum  Theil  radial  dicht  neben  den  schlauchförmigen 
Tentakeln  (Taf.  II.  Fig.  ly),  zum  andern  Theil  in  der  Mitte  zwischen  diesen  interradial.  Sie 
steigen  vom  Nesselwulst  aus  eine  Strecke  weit  an  der  Aussenfläche  des  Schirms  empor,  wo  sie 
zur  Hälfte  in  die  Gallerte  eingebettet  sind;  am  Ursprung  breit,  verschmälern  sie  sich  allmählich 
und  enden  zugespitzt.  An  den  Mantelspangen  (Taf.  IV.  Fig.  8 und  9)  ist  ein  fester  Axentheil  (y) 
und  ein  demselben  aufliegender  Muskel-  und  Epithelstreifen  (x)  zu  unterscheiden.  Die  Spangenaxe 
wird  von  Knorpelzellen  gebildet,  wie  sie  in  ähnlicher  Weise  im  Innern  der  soliden  Tentakeln  sich 
vorfinden.  Nahe  dem  Schirmrand  liegen  sie  zu  zweit  nebeneinander,  nach  dem  Ende  zu  dagegen 
in  einer  einfachen  Reihe.  Die  Festigkeit  dieses  Axentheils  wird  noch  weiter  dadurch  erhöht,  dass 
der  Streifen  der  Knorpelzellen  von  einer  derben  Membran  (s)  umhüllt  wird.  Die  Knorpelzellen 
stammen  in  derselben  Weise  wie  bei  den  soliden  Tentakeln  von  dem  Epithel  des  Ringkanals  ab. 
Es  geht  dies  sehr  deutlich  aus  dem  in  Taf.  IV.  Fig.  9 abgebildeten  Durchschnitt  hervor,  auf  dem 
der  Axentheil  (y)  der  Mantelspange  an  der  Innenseite  des  Nesselwulstes  herabsteigt  und  in  das 
Epithel  des  Gastrovascularsystems  unmittelbar  übergeht. 

Soweit  die  Mantelspange  nicht  in  die  Schirmgallerte  eingebettet  ist,  wird  ihre  Stützmembran 
von  einer  dünnen  Lage  radial  verlaufender  Muskelfasern  überzogen  (Taf.  IV.  Fig.  8 m).  Auf  diese 
folgt  dann  weiter  eine  Lage  cubischer  Ektodermzellen  (x),  die  am  Schirmrand  in  den  Nesselwulst 
übergehen  und  daher  als  Ausläufer  desselben  erscheinen.  Auch  hier  finden  sich  zahlreiche  Nessel* 
zellen  (z)  vor.  Die  centripetalen  Nesselstreifen,  wie  wir  das  Ektoderm  der  Mantelspangen 
bezeichnen  wollen,  grenzen  sich  an  ihren  Rändern  scharf  gegen  die  platten  grossen  Zellen  ab, 
welche  die  Oberfläche  des  Schirms  überziehen. 

Von  allen  früheren  Forschern  hat  allein  Haeckel  die  Mantelspangen  genauer  untersucht  und 
ihre  Bedeutung  erkannt.  Er  beschreibt  die  Zusammensetzung  derselben  aus  den  oben  genannten 


55 


Theilen.  In  zwei  Punkten  aber  können  wir  seinen  Angaben  nicht  beistmimen;  erstens  darin,  dass 
er  die  Knorpelzellen  der  Mantelspangen  mit  dem  Knorpelring,  unserem  Nesselwulst,  und  nicht  mit 
dem  Epithel  des  Ringkanals  Zusammenhängen  lässt,  und  zweitens  darin,  dass  er  um  das  Knorpel- 
skelet ein  continuirliches  Muskelrohr  beschreibt,  während  in  Wirklichkeit  nur  auf  einer  Seite  ein 
Muskelstreifen  sich  vorfindet.  — 

b.  Das  Nervensystem  der  Geryoniden. 

Unter  allen  von  uns  beobachteten  craspedoten  Medusen  ist  Carmarina  liastata  für  das  Studium 
des  Nervensystems  das  am  leichtesten  zu  handhabende  und  günstigste  Object.  Es  liegt  dies  zum 
Theil  an  der  beträchtlicheren  Grösse  dieser  Meduse,  tlieils  aber  ist  es  auch  in  dem  Umstand  be- 
gründet, dass  die  mächtige  Entwicklung  des  Nesselwulstes  die  bessere  Maceration  und  Isolirung 
des  Nervenrings  gar  wesentlich  erleichtert.  Wir  sind  daher  hier  wohl  am  weitesten  in  den  feineren 
Bau  des  Nervensystems  und  namentlich  auch  in  seine  periphere  Verbreitung  eingedrungen. 

Der  centrale  Theil  des  Nervensystems  ist  bei  Carmarina  liastata  nahe  am  Schirm- 
rand auf  der  oberen  und  unteren  Fläche  des  Velum  gelagert  und  wird  durch  die  Stützlamelle 
desselben  deutlich  in  zwei  Abschnitte,  in  den  oberen  und  den  unteren  Nervenring  zerlegt  (Taf.  IV. 
Fig.  2.  9 — llnr1,  nr2).  Im  frischen  Zustand  bleiben  diese  Tlieile  dem  Beobachter  verborgen,  da 
der  Nesselwulst  Alles  verdeckt. 

Um  den  oberen  Nervenring,  mit  dessen  Beschreibung  wir  zunächst  beginnen  wollen, 
gut  zu  übersehen,  schneide  man  ein  kleines  Stück  aus  dem  Schirmrand  einer  Carmarina  aus,  welche 
in  früher  angegebener  Weise  mit  Essig-Osmiumsäure  behandelt  worden  ist.  Von  dem  auf  dem 
Objectträger  ausgebreiteten  Präparat  entferne  man  die  Schirmgallerte.  Dieselbe  lässt  sich  mit  zwei 
Nadeln  von  der  Subumbrella,  ohne  diese  zu  verletzen,  leicht  ablösen  und  pflegt  meist  nur  an  der 
Stutzlamelle  des  Nesselwulstes  etwas  fester  zu  haften.  Dann  trenne  man  das  Velum  in  einiger 
Entfernung  vom  Schirmrand  mit  einem  Rasirmesser  ab.  Jetzt  gilt  es  noch  vom  Nesselwulst,  der 
leicht  in  seine  einzelnen  Elemente  auseinanderfällt,  den  nach  oben  gelegenen  Theil  vermittelst  eines 
feinen  nassen  Pinsels  abzulösen.  Wenn  dieses  geschehen  ist,  so  gewahrt  man  schon  mit  unbewaff- 
netem Auge  in  dem  auf  der  Stiitzlamelle  des  Velum  noch  anhaftenden  Theil  des  Nesselzellen- 
gewebes einen  braungefärbten  Strang  (Taf.  V.  Fig.  2nr').  Bei  stärkerer  Vergrösserung  untersucht, 
zeigt  derselbe  eine  feinfaserige  Beschaffenheit.  Auch  lassen  sich  hier  und  da  spindelförmige  Zellen 
in  dem  Gewirr  feiner  Fibrillen  erkennen,  die  parallel  zum  Schirmrand  in  gleicher  Richtung,  aber 
unregelmässig  neben  einander  verlaufen. 

Nach  aussen  wird  der  geschilderte  Fibrillenstrang  von  einem  Epithel  (a)  bedeckt,  das  sich 
von  dem  Gewebe  des  Nessel  Wulstes  in  jeder  Hinsicht  unterscheidet  und  wie  bei  den  Aeginiden  und 
Trachynemiden  die  Bedeutung  eines  Sinnesepithels  besitzt.  Dasselbe  ist  mit  dem  Fibrillen  sträng 
ziemlich  fest  verbunden  und  bleibt  daher  an  Macerationspräparaten  auch  dann  noch  haften,  wenn 
man  durch  vorsichtiges  Pinseln  die  gelockerten  Zellen  des  Nesselwulstes  schon  entfernt  hat.  Auf 
seiner  Oberfläche  ist  es  mit  langen  Flimmerhaaren  besetzt,  die  sich  am  besten  an  einem 
dem  lebenden  Thier  entnommenen  Stück  des  Schirmrands  beobachten  lassen.  In  seinem  Bereich 
scheinen  Nesselzellen  fast  ganz  zu  fehlen.  Charakteristisch  für  das  Sinnesepithel  ist  ferner  seine 
kleinzellige  Beschaffenheit,  wodurch  es  sich  von  den  umgebenden  Ektodermzellen  scharf 
abgrenzt.  Wenn  man  es  bei  starker  Vergrösserung  von  der  Fläche  betrachtet,  so  erblickt  man 
kleine  unregelmässige  polygonale  Felder,  die  freien  Enden  der  mehr  oder  minder  cylinderförmigen 


56 


in  einer  Schicht  angeordneten  Zellen.  Zwischen  den  kleinen  Polygonen  fallen  ferner  gebräunte 
glänzende  Körner  von  verschiedener  Grösse  auf.  Beim  Senken  des  Tubus  lassen  sich  dieselben 
in  die  Tiefe  weiter  verfolgen,  wobei  sie  an  Dicke  gewinnen.  Es  sind  die  spitzen  Enden  von 
Zellen,  die  zwischen  den  erstgenannten  Gebilden  liegen  und  in  höherem  Maasse  von  der  Osmium- 
säure gebräunt  worden  sind.  Drittens  endlich  gewahrt  man  bei  tiefer  Einstellung  des  Tubus  noch 
kleinere  und  grössere  kugelig  aussehende  Zellen  (g),  die  mit  ihrem  peripheren  Ende  die  freie  Fläche 
des  Epithelstreifens  nicht  erreichen.  Auch  sie  werden  leicht  dadurch  kenntlich,  dass  ihr  Proto- 
plasma unter  der  Einwirkung  der  angewandten  Reagentien  ein  graugrünes  Colorit  angenommen  hat, 
während  der  Kern  durch  seine  Rothfärbung  hervortritt.  Die  grössten  dieser  letztgenannten  Elemente 
liegen  ganz  am  Rande  des  Nervenrings,  da  wo  das  Sinnesepithel  in  die  platten  Zellen  der  Velum- 
oberfläche  (m2)  übergeht. 

Die  eben  in  situ  betrachteten  Tlieile  des  oberen  Nervenrings  kann  man  durch  fortgesetztes 
Pinseln  oder  durch  Zupfen  mit  den  Präparimadeln  aus  ihrer  Umgebung  vollständig  isoliren  und 
weiter  in  ihre  histologischen  Elementartheile  zerlegen.  Das  Faserbündel  löst  sich  dann  in  ein 
Gewirr  feinster  Fibrillen  auf,  von  welchen  uns  Figur  10  auf  Tafel  V eine  naturgetreue  Abbil- 
dung bietet. 

Die  Fibrillen  sind  durch  die  Osmiumsäure  leicht  gebräunt  und  haben  eine  ziemliche  Re- 
sistenz gewonnen,  so  dass  sie  sich  auf  grosse  Strecken,  ohne  zu  zerreissen,  vollkommen  isoliren 
lassen.  In  ganzer  Länge  zeigen  sie  die  gleiche  Feinheit,  davon  abgesehen,  dass  hier  und  da  kleine 
Körnchen  ihnen  anhaften.  — Die  Maceration  des  Nervenrings  lässt  sich  auch  in  verdünnter  Essigsäure 
allein  vornehmen  (Taf.  V.  Fig.  Sb).  Die  Fibrillen  erhalten  alsdann  eine  varicöse  Beschaffen- 
heit, indem  sie  sich  in  Folge  eintretender  partieller  Quellung  mit  kleinen  Knötchen  von  Strecke 
zu  Strecke  bedecken.  Sie  gewinnen  hierdurch  ein  gleiches  Aussehen  wie  die  in  entsprechender 
Weise  behandelten  Fibrillen  markloser  Nervenfasern  von  Wirbel thieren.  Bemerkenswerth  ist  ferner 
noch  ihre  grosse  Elasticität.  Zwischen  einem  in  zwei  Tlieile  auseinander  gezogenen  Bündel 
kann  man  ganz  vereinzelte  Fibrillen  von  so  beträchtlicher  Länge  sich  ausspannen  sehen,  dass  sie 
mehrere  Gesichtsfelder  des  Mikroskopes  einnehmen  (Taf.  V.  Fig.  8b). 

Ausser  dem  feinen  Fasergewirr  zeigt  uns  ein  Zerzupfungspräparat  noch  zahlreiche  kleine 
Ganglienzellen  (Taf.  V.  Fig.  10  g).  Dieselben  sind  entweder  spindelförmig  und  verlängern  sich 
an  ihren  beiden  spitzen  Enden  in  je  eine  Nervenfibrille  oder  sie  besitzen  die  Form  einer  Halbkugel 
und  lassen  dann  an  ihrer  platten  Fläche  nach  entgegengesetzten  Richtungen  die  zwei  feinen  Aus- 
läufer entspringen. 

Bei  der  Zerzupfung  des  oberen  Nervenrings  hebt  sich  meist  das  Sinnes epithel  mit  einer 
fester  an  ihm  haftenden  Fibrillenschicht  vom  übrigen  Faserstrang  ab  (Taf.  V.  Fig.  11).  In  dieser 
Schicht  (nr‘)  sind  die  Fibrillen  von  noch  grösserer  Feinheit  als  die  oben  beschriebenen  und  sind 
inniger  mit  einander  verschlungen,  so  dass  eine  vollständige  Isolirung  auf  grössere  Strecken  schwie- 
riger gelingt.  Auch  fehlen  hier  die  Ganglienzellen.  Zwischen  dem  Sinnesepithel  und  der  ihm  an- 
haftenden Fibrillenschicht  lässt  sich  auf  optischen  Durchschnitten  keine  scharfe  Grenze  erkennen, 
vielmehr  erhält  man  den  Eindruck,  als  ob  beide  ineinander  übergingen.  Durch  Zerzupfen  sind 
die  Epithelzellen  des  Nervenrings  nicht  leicht  von  einander  zu  trennen,  da  sie  durch  eine  derbe 
Cuticula  (c)  an  ihrem  peripheren  Ende  untereinander  zusammengehalten  werden  (Taf.  V,  Fig.  12  c). 
Schneller  kommt  man  zum  Ziel,  wenn  man  kleine  abgezupfte  Stückchen  durch  schwaches,  rasches 
Klopfen  auf  das  Deckglas  noch  weiter  in  ihre  feineren  Elemente  zerlegt.  Durch  das  Studium  der- 
artiger Präparate  auf  verschiedenen  Stadien  der  Isolirung  haben  wir  uns  die  Gewissheit  verschafft, 


57 


dass  zwei  in  Form  und  Function  von  einander  abweichende  Zellen  im  Sinnes- 
epithel enthalten  sind.  Wir  bezeichnen  dieselben  als  Stütz-  und  Sinneszellen. 

Die  Stützzellen  finden  sich  am  reichlichsten  an  der  Grenze  des  Nesselwulstes  und  des 
Sinnesepithels.  Hier  sind  es  lange  cylinderförmige  Gebilde,  welche  die  Osmiumsäure  fast  gar  nicht 
reduciren,  so  dass  sie  hell  und  durchsichtig  bleiben  (Taf.  Y.  Fig.  9).  Sie  bergen  ihren  ovalen  Kern 
im  peripheren  Ende,  nach  der  Basis  zu  zerfallen  sie  in  mehrere  sich  gabelnde  Fasern,  welche 
wahrscheinlich  bis  an  die  Stützlamelle  des  Velum  reichen.  Für  nervös  können  wir  dieselben  nicht 
halten,  da  sie  einen  von  den  übrigen  Nervenfibrillen  abweichenden  Habitus  besitzen.  Die  Cylinder- 
zellen  entsprechen  im  Ganzen  den  fadenförmigen  Elementen,  die  wir  schon  früher  als  Stützzellen 
aus  dem  Nesselwulst  beschrieben  haben  (Taf.  IV.  Fig.  12b).  Nach  dem  Velum  zu  nehmen  sie  an 
Zahl  ab  und  werden  dabei  gleichzeitig  bedeutend  kürzer  (Taf.  V.  Fig.  11  und  12  b). 

Die  zwischen  ihnen  eingebetteten  Sinneszellen  (a),  welche  durch  Form  und  Beschaffenheit 
sich  leicht  von  ihnen  unterscheiden  lassen,  zeigen  in  ihrer  Verbreitung  gerade  das  umgekehrte  Ver- 
liältniss,  indem  sie  nach  dem  Velum  zu  gedrängter  stehen.  Wie  gelungene  Isolationspräparate 
lehren  (Taf.  V.  Fig.  8a.  Nr.  5 und  6.  Fig.  11  und  12a),  sind  es  kleine  dünne  Elemente  von  mehr 
oder  minder  spindelförmiger  Gestalt,  an  welchen  man  meist  drei  deutlich  gesonderte  Abschnitte  unter- 
scheiden kann:  den  eigentlichen  Zellenkörper,  einen  peripheren  und  einen  centralen 
Fortsatz.  Der  Zellenkörper  umschliesst  den  ovalen  Kern  und  verschmäclitigt  sich  rasch  nach  der 
Peripherie  zu  in  einen  dünnen  Fortsatz,  der  bis  zur  Epitheloberfläche  dringt  und  hier  auf  einem 
Flächenbild,  wie  es  schon  früher  beschrieben  wurde,  als  dunkel  glänzendes  Korn  an  Osmium- 
präparaten zwischen  dem  Relief  der  Stützzellen  sichtbar  wird  (Taf.  V.  Fig.  2).  Sein  Ende  ist  mit 
der  Cuticula  (c),  welche  das  Siunesepithel  überzieht,  verwachsen  und  trägt  hier  ein  langes  Haar, 
welches  meistens  auch  an  den  isolirten  Zellen  noch  erhalten  war.  Der  centrale  Fortsatz  reicht 
bis  zur  Basis  des  Epithels  und  geht  hier  in  zwei  feine  Fibrillen  über,  die  gleich  an  ihrem  Ursprung 
unter  rechtem  Winkel  nach  entgegengesetzten  Richtungen  umbiegen  und  sich  in  dem  hier  befind- 
lichen dichten  Fasergewirr  des  Nervenstrangs  verlieren.  Wegen  ihrer  Feinheit  reissen  sie  meist 
in  einiger  Entfernung  von  ihrem  Ursprung  ab,  zuweilen  aber  lassen  sie  sich  doch  auf  grosse 
Strecken  isoliren.  Deswegen  und  weil  sie  in  jeder  Beziehung  den  Nervenfibrillen  gleichen,  stehen 
wir  nicht  an,  sie  selbst  für  solche  zu  erklären,  und  sind  wir  daher  der  Ansicht,  dass  zwischen 
ihnen  und  den  unter  ihnen  liegenden  Fibrillen  des  Nervenstrangs  ein  continuirlicher  Zusammen- 
hang stattfindet. 

Im  Allgemeinen  besitzen  die  meisten  Sinneszellen  dieselbe  Länge,  zeigen  dabei  aber  in  ihrer 
Form  die  mannigfachsten  Abweichungen,  die  dadurch  bedingt  sind,  dass  die  Grössenverhältnisse 
der  zwei  Fortsätze,  die  wir  haben  unterscheiden  können,  vielfach  schwanken.  Beide  stehen  in 
einem  Wechselverhältniss  zu  einander,  indem  eine  grössere  Länge  des  einen  eine  Verkürzung  des 
andern  hervorruft.  Zuweilen  sind  die  peripheren  Fortsätze  so  lang,  dass  der  Zellkörper  mit  dem 
Kern  ganz  an  die  Basis  des  Epithels  herabgedrängt  ist  und  der  dritte  Abschnitt,  die  centrale  Ver- 
längerung, vollständig  fehlt.  Die  beiden  Nervenfibrillen  entspringen  dann  direct  aus  dem  Kern 
führenden  Theil.  Derartige  Sinneszellen  zeigen  eine  exquisit  flaschenförmige  Gestalt  (Taf.  V. 
Fig.  8\  Nr.  5.  Fig.  1 1 a).  Im  entgegengesetzten  Fall  fehlt  der  periphere  Fortsatz.  Der  Kern  liegt 
dicht  an  der  Oberfläche  des  Epithels.  Die  Zelle  sitzt  mit  breitem  geisseltragendem  Ende  an  der 
Cuticula  au  und  verschmälert  sich  allmählich  nach  abwärts,  sie  gewinnt  hierdurch  eine  mehr 
cylinderförmige  Gestalt.  Zwischen  diesen  beiden  extremen  und  seltneren  Fällen  sehen  wir  die 
mannigfachsten  Abstufungen,  indem  der  Kern  bald  ganz  in  der  Mitte,  bald  höher  oder  tiefer  sich 

Hertwig,  Medusen.  8 


58 


befindet,  wodurch  die  Zellen  in  verschiedener  Weise  spindelförmig  beschaffen  werden  (Taf.  V. 
Fig.  8a.  Nr.  6). 

Ausser  den  soeben  beschriebenen  Gebilden,  die  den  Haupttheil  des  Sinnesepithels  ausmachen, 
trifft  man  in  jedem  Macerationspräparat  auch  noch  vereinzelte  Zellen,  die  sieh  durch  eine  be- 
sonders ansehnliche  Grösse  auszeichnen.  Wie  schon  bei  der  Beschreibung  der  Situ spräparate 
von  uns  erwähnt  wurde,  liegen  sie  besonders  am  Rande  des  Sinnesepithels,  da  wo  dieses  an  das 
Epithel  des  Velum  anstösst  (Taf.  Y.  Fig.  2).  Im  Ganzen  gleichen  sie  in  ihrer  Form  den  kleineren 
Sinneszellen,  doch  ist  die  Sonderung  in  drei  Abschnitte  weniger  bei  ihnen  ausgeprägt  (Taf.  V.  Fig.  8a. 
Nr.  1.  2.  4.  8.  Fig.  10  a).  In  dem  dicken  Zellenleib  ist  ein  grosser  ovaler  Kern  eingeschlossen. 
Auf  einem  peripheren,  bald  breiteren,  bald  schmäleren  Fortsatz,  der  von  einer  Cuticula  überzogen 
wird,  erhebt  sich  ein  einziges  langes  Haar.  Das  Bemerkenswertheste  aber  an  dieser  grossen 
Art  von  Sinneszellen  sind  ihre  zwei  centralen  Ausläufer,  die  von  einer  ganz  besonderen  Mäch- 
tigkeit sind  und  sich  daher  leicht  in  grosser  Ausdehnung  ohne  abzureissen  aus  dem  Nervenstrang 
herausziehen  lassen.  Sie  entspringen  breit  vom  Körper  und  verschmälern  sich  ganz  allmählich; 
hierbei  theilen  sie  sieh  entweder  mehrmals  in  secundäre  Fäserchen  oder  sie  geben  von  Stelle  zu 
Stelle  feine  Seitenfädchen  ab.  Meist  sind  diese  beim  Auseinanderzupfen  abgerissen.  Doch  zeigen 
dann  noch  kleine  Höckercken  den  Platz  an,  wo  sie  im  unversehrten  Zustand  entsprungen  sind. 
Die  grossen  Sinneszellen  gehen  daher,  wie  aus  diesem  Befund  geschlossen  werden  muss,  in  zahl- 
reiche feine  Nervenfibrillen  über. 

Mit  den  grossen  Sinneszellen  sind  andere,  die  wir  für  Ganglienzellen  erklären  müssen, 
zum  Verwechseln  ähnlich  (Taf.  V.  Fig.  8a.  Nr.  7).  Sie  finden  sich  etwa  gleich  häufig  im  Nerven- 
ring vor,  besitzen  den  gleichen  grossen  Kern  und  die  dicken,  langen  und  verästelten  Ausläufer; 
sie  unterscheiden  sich  aber  durch  ihre  Lagerung,  indem  sie  nur  zum  Tlieil  in  das  Sinnesepithel 
hineinragen  und  an  der  Begrenzung  der  Oberfläche  keinen  Antheil  nehmen.  Dem  entsprechend  ist 
auch  ihr  peripheres  Ende  breit  und  kugelig  abgerundet,  was  ihnen  ein  kolbenförmiges  Aussehen 
verleiht.  Dieser  letztere  Umstand,  der  Ausschluss  der  Zellen  von  der  Oberfläche,  ist  für  uns 
maassgebend  gewesen,  in  ihnen  nicht  Sinnes-,  sondern  Ganglienzellen  zu  erblicken.  Von  Wichtig- 
keit ist  es  nun,  dass  sieh  auch  vereinzelte  Formen  auffinden  lassen,  die  auf  ihrem  kolbigen  Ende 
noch  einen  kleineren  oder  grösseren  Fortsatz  tragen,  mit  dem  sie  weiter  nach  der  Oberfläche  Vor- 
dringen, ohne  diese  indessen  selbst  zu  erreichen.  Dadurch  gewinnen  sie  mit  den  Sinneszellen  in 
Form  und  Lage  eine  noch  grössere  Uebereinstimmung.  Wir  müssen  sie  daher  als  Zwischenformen 
betrachten,  als  Zellen,  die  gewissermaassen  noch  in  der  Ausscheidung  aus  dem  Epithelstratum  be- 
griffen sind. 

Nachdem  wir  den  oberen  Nervenring  in  seinen  einzelnen  Bestandtheilen  kennen  gelernt 
haben,  bleiben  uns  noch  einige  Verschiedenheiten  hervorzuheben,  die  in  seiner  Beschaffenheit  an 
jüngeren  und  älteren  Thieren  hervortreten.  Bei  kleineren  Exemplaren  von  Carmarina  bilden  alle 
Nervenfibrillen  zusammen  einen  einzigen  runden  dicken  Strang,  der  auf  seiner  Oberfläche  von 
Sinnesepithel  überzogen  ist.  Das  Fläehenbild  auf  Taf.  V.  Fig.  2 entspricht  einem  derartigen  Ent- 
wicklungsstadium. Bei  älteren  Thieren  dagegen  ist  der  obere  Nervenring  ansehnlicher  und  breiter 
geworden  und  zerfällt  jetzt  deutlich  in  zwei  Partieen:  in  ein  Fibrillenbündel,  das  auf  seiner  nach 
aussen  sehenden  Fläche  vom  Sinnesepithel  bedeckt  wird,  und  in  einen  zweiten  breiten  Strang,  der 
einwärts  von  ersterem  näher  dem  Ringkanal  liegt  und  fast  allseitig  vom  Nesselgewebe  begrenzt 
wird  (Taf.  IV.  Fig.  11).  In  diesem  zweiten  Theil  ist  uns  eine  starke  Faser  aufgefallen,  die  etwas 
isolirt  und  am  weitesten  nach  einwärts  verläuft  (Taf.  V.  Fig.  10).  Sie  besteht,  wie  eine  feine 


59 


Längsstreifung  andeutet,  aus  einer  grösseren  Anzahl  parallel  angeordneter  Fibrillen,  die  inniger  mit 
einander  verbunden  sind.  In  grösseren  Abständen  von  einander  treten  in  ihr  ovale  Kerne  auf,  um 
welche  eine  geringe  Menge  von  feinkörnigem  Protoplasma  wahrzunehmen  ist. 

Als  einen  Anhang  des  centralen  Nervensystems  haben  wir  jetzt  noch  die  Nesselstreifen  zu 
betrachten,  welche  den  Ektodermüberzug  der  centripetalen  Mantelspangen  bilden.  An  Macerations- 
präparaten  kann  man  auch  hier  feine  Fibrillen  isoliren,  die  zwischen  dem  Epithel  und  den  schon 
früher  erwähnten  stärkeren  Muskelfasern  nach  dejm  Schirmrand  hinziehen,  wo  sie  wohl  in  den 
Nervenring  einmünden.  Auch  gelang  es  uns  zwischen  den  epithelialen  Elementen  Sinneszellen 
nachzuweisen,  die  auf  ihrem  peripheren  Ende  ein  langes  Haar  besassen  und  am  centralen  in  eine 
feine  Fibrille  sich  verlängerten.  Die  Nesselstreifen  sind  daher  eine  weitere  Ausdehnung 
des  Sinnesepithels  des  Nervenrings  auf  die  Schirmoberfläche. 

Einen  ähnlichen  Bau  wie  die  Nesselstreifen  scheint  uns  das  Epithel  der  Tentakeln  zu  be- 
sitzen. Auf  einem  Querschnitt  konnte  ein  kleines  Fibrillenbündel  beobachtet  werden,  das  sich  vom 
oberen  .Nervenring  ablöste  und  durch  das  Nesselzellengewebe  nach  der  Basis  des  Tentakels  eine 
Strecke  weit  verfolgt  werden  konnte  (Taf.  IV.  Fig.  5 n). 

In  derselben  Weise,  wie  der  obere,  lässt  sich  auch  der  untere  Nerven  ring  (Taf.  IV. 
Fig.  10  und  llnr2)  sowohl  in  situ  als  auch  an  Zerzupfungspräparaten  untersuchen. 

Um  den  unteren  Nervenring  in  einem  natürlichen  Lageverhältniss  zu  seiner  Umgebung  zu 
erhalten,  muss  man  bei  der  Präparation  eines  kleinen  ausgeschnittenen  Stückes  vom  Schirmrand 
zunächst  in  der  schon  früher  angegebenen  WTeise  verfahren.  Dann  entferne  man  aber  durch  vor- 
sichtiges Abpinseln  den  Nesselwulst  und  den  oberen  Nervenring  ganz  vollständig.  Desgleichen 
reinige  man  die  obere  Seite  der  Subumbrella,  nachdem  die  Gallerte  abgezogen  ist,  von  dem  Epithel 
des  Ringkanals.  Nach  dieser  Präparation  kann  man  Velum  und  Subumbrella,  die  in  einer  Fläche 
ausgebreitet  sind,  entweder  von  ihrer  dorsalen  (Taf.  V.  Fig.  7)  oder  von  ihrer  ventralen  (Taf.  V. 
Fig.  4)  Seite  mit  den  stärksten  Vergrösserungen  untersuchen.  Die  wichtige  Vereinigungsstelle  der 
beiden  Membranen  ist  so  durchsichtig  geworden,  dass  man  auch  feinere  Verhältnisse  recht  gut  er- 
kennen kann. 

Zunächst  wird  jedem  Beobachter  auffallen,  dass  an  4er  unteren  Seite  des  Velum  in  der 
Gegend,  wo  nach  oben  der  Nesselwulst  lag,  ein  gleichmässig  breiter  Streifen  sich  vorfindet,  in 
dessen  Bereich  die  Museulatur  vollkommen  fehlt.  Die  musculösen  Ringfasern  des  Velum  (m2)  und  der 
Subumbrella  (m1)  sind  hier  in  weiter  Ausdehnung  unterbrochen  und  schneiden  jederseits  mit  einer 
scharfen  Linie  ab.  Der  Streifen  ist  breiter  als  die  Basis  des  Nesselwulstes,  welche  er  jederseits  etwas 
überragt.  Hierdurch  ist  schon  deutlich  die  Gegend  bezeichnet,  wo  sich  der  untere  Nervenring  (nr2) 
entwickelt  hat.  Derselbe  besitzt  nur  etwa  ein  Drittel  von  der  Breite  des  Streifens,  auch  verläuft 
er  nicht  ganz  in  der  Mitte  desselben,  sondern  ist  mehr  der  Grenzlinie  der  Velummusculatur  (m2) 
genähert;  hier  bildet  er  einen  platten  faserigen  Strang,  der  an  Mächtigkeit  hinter  dem  oberen 
Nervenring  weit  zurücksteht.  Die  Faserung  erkennt  man  am  besten,  wenn  man  das  flach  aus- 
gebreitete Präparat  von  seiner  oberen  oder  dorsalen  Seite  betrachtet  (Taf.  V.  Fig.  7 nr2).  Man 
sieht  dann,  dass  zwischen  feineren  Fibrillen. einzelne  breitere  Fasern  sich  hinziehen,  und  dass  sehr 
zahlreiche  Ganglienzellen  (g)  in  ihren  Verlauf  eingeschaltet  und  besonders  nach  dem  Rand  zu 
dichter  angehäuft  sind.  Auch  beobachtet  man  noch  zur  Seite  des  Nervenstraugs  nach  der  Sub- 
umbrella (m ')  zu  isolirte  Fibrillen  und  isolirte  Ganglienzellen  (g).  Die  letzteren  zeichnen  sich  durch 
eine  beträchtliche  Grösse  und  eine  bestimmte  Anordnung  aus,  indem  sie  durch  regelmässige  Ab- 
stände von  einander  getrennt  sind  und  zur  Grenze  der  subumbrellaren  Ringmusculatur  parallel  eine 

8* 


60 


Reihe  bilden  (Taf.  V.  Fig.  4).  Von  den  grossen  Ganglienzellen  entspringen  starke  lange  Ausläufer, 
die  sich  verzweigen  und  ihren  Weg  zur  Subumbrella  nehmen. 

Die  Theile  des  unteren  Nervenrings  werden,  wie  man  am  besten  bei  Betrachtung  des  Prä- 
parates von  der  unteren  Fläche  sieht,  von  einer  dünnen  Epithellage  überzogen.  Diese  ist  ein- 
schichtig und  setzt  sich  aus  platten  polygonalen  Zellen  zusammen,  von  denen  einige  mit  kleinen 
glänzenden  Körnchen  erfüllt  sind  (Taf.  V.  Fig.  4). 

Eine  vollständige  Isolation  der  in  situ  beobachteten  Elemente  gelingt  am  unteren  Nerven- 
ring noch  leichter  als  am  oberen  (Taf.  V.  Fig.  6).  Im  Durchschnitt  besitzen  hier  die  Fibrillen  eine 
grössere  Dicke  als  auf  der  oberen  Seite  des  Velum.  Besonders  charakteristische  Bildungen  aber  sind 
einzelne  Fasern  von  solcher  Stärke,  wie  sie  an  anderen  Orten  sich  nirgends  zeigen.  Sie  sind  0,6  ,« 
breit,  werden  in  Osmiumsäure  gebräunt  und  bestehen  aus  einer  nahezu  homogenen  Substanz,  wie 
die  Ganglienzellen  selbst.  Eine  Längsstreifung , die  auf  eine  Zusammensetzung  aus  Fibrillen  hin- 
weisen  könnte,  fehlt  ihnen  vollständig.  Hie  und  da  gehen  seitlich  kleine  Fäserchen  von  ihnen  ah, 
die  in  der  Regel  wegen  ihrer  Feinheit  kurz  abgerissen  sind.  Die  meisten  Nervenfibrillen  eines 
Präparates  sind  mit  Ganglienzellen  (g)  versehen,  die  durchweg  protoplasmareicher  und  in 
grösserer  Anzahl  als  im  oberen  Nervenring  vorhanden  sind.  Die  Ganglienzellen  besitzen  in  An- 
passung an  die  räumlichen  Verhältnisse  eine  platte  Fläche,  mit  welcher  sie  der  Sttitzlamelle  des 
Velum  aufliegen,  und  eine  andere  halbkuglig  gewölbte  Fläche,  welche  durch  die  einschichtige 
Lage  der  abgeplatteten  Epithelzellen  von  der  Körperoberfläche  ausgeschlossen  ist.  Von  der  flachen 
Seite  entspringen  die  zwei  nach  entgegengesetzten  Richtungen  verlaufenden  Nervenfibrillen.  Auch 
die  dicken  für  den  unteren  Nervenring  so  charakteristischen  Fasern  sind  mit  einer  Anschwellung 
und  mit  einem  grossen  Kern  in  derselben  ausgestattet. 

Von  den  geschilderten  Ganglienzellen  sind  diejenigen,  welche  ausserhalb  des  eigentlichen 
Nervenrings  in  der  Nähe  der  Subumbrella  sich  vorfinden,  nicht  nur  durch  ihre  Lagerung,  sondern 
auch  durch  ihre  Form  und  bedeutendere  Grösse  verschieden  (Taf.  V.  Fig.  7 g).  Es  sind  ansehnliche 
Gebilde  von  keulenförmiger  Gestalt.  Ihr  verdicktes  abgerundetes  Ende,  welches  einen  grossen 
runden  Kern  birgt,  kommt  dicht  unter  die  Oberfläche  zu  liegen  und  wird  hier  von  platten  Epithel- 
zellen umhüllt.  Basalwärts  verschmächtigen  sie  sich  in  einen  Fortsatz,  mit  welchem  sie  senkrecht 
auf  der  Stützlamelle  stehen,  um  sich  dann  zu  gabeln  in  zwei  unter  rechtem  Winkel  abbiegende 
starke  Ausläufer.  Diese  theilen  sich  in  zahlreiche  feinere  Fibrillen. 

Ferner  nehmen  noch  an  der  Zusammensetzung  des  unteren  Nervenrings  einzelne  Sinnes- 
zellen Theil  (Taf.  V.  Fig.  6 a).  Es  sind  dies  mehr  oder  minder  halbkuglige  Gebilde,  die 
mit  flacher  Basis  der  Stützlamelle  aufsitzen  und  hier  in  zwei  lange  Nervenfibrillen  übergehen. 
Ihre  gewölbte  Fläche  verlängert  sich  in  einen  kurzen  Fortsatz,  welcher  sich  zwischen  die 
platten  Zellen  des  Ektodermüberzugs  einschiebt,  an  die  Oberfläche  vordringt  und  hier  mit  einem 
langen,  auch  an  den  Isolationspräparaten  noch  wohl  erhaltenen  Geisselhaar  versehen  ist.  Von 
dem  haartragenden  Fortsatz  abgesehen,  besitzen  die  Sinneszellen,  wie  eine  Vergleichung  lehrt,  in 
Grösse,  Form  und  Lage  die  grösste  Aehnliehkeit  mit  den  kleinen  Ganglienzellen  des  unteren 
Nervenrings. 

Bei  unserer  Darstellung  haben  wir  bis  jetzt  das  Verhältniss,  in  welchem  der  obere  und 
untere  Abschnitt  des  centralen  Nervensystems  der  Medusen  zu  einander  stehen,  ganz  unberück- 
sichtigt gelassen.  Werden  beide  durch  die  Stiitzlamelle  des  Velum  vollständig  getrennt  oder  findet 
irgend  ein  Zusammenhang  zwischen  ihnen  statt?  Die  hier  aufgeworfene  Frage  lässt  sich  durch  eine 
zweckmässige  Untersuchung  von  Macerationspräparaten  beantworten,  wenn  man  von  der  oberen  und 


61 


unteren  Seite  des  Velum  Epithel  und  Nervenfihrillen  durch  Abpinseln  entfernt.  Jetzt  gewahrt  man 
in  der  allein  zurückbleibenden  Stützlamelle  eine  Reihe  kleiner  Fibrillenbündel  (Taf.  V.  Fig.  2*), 
welche  durch  feinste  0 eff  nun  gen  die  homogene  Grundsubstanz  schräg  durchsetzen.  Sie  sind 
dicht  hei  einander  in  einer  Linie  angeordnet,  die  nahe  an  der  Muskelgrenze  des  Velum  (m2)  und 
parallel  zu  ihr  hinzieht.  Dass  die  durchtretenden  Fibrillen  dem  Nervensystem  angehören,  glauben 
wir  daraus  entnehmen  zu  können,  dass  sie  von  den  oberen  und  unteren  Nervensträngen  bedeckt 
werden.  Einen  Zusammenhang  mit  letzteren  haben  wir  dagegen  nie  beobachten  können,  da  es  uns 
nicht  gelang,  die  durchtretenden  Bündelchen  feinster  Fibrillen  auf  grössere  Ausdehnung  zu  isoliren. 
Stets  waren  sie  in  geringer  Entfernung  von  der  Durchtrittsstelle  abgerissen. 

Das  Bild,  welches  wir  uns  bis  jetzt  mit  Hülfe  der  angeführten  Präparationsmethoden  von 
der  Lage  der  einzelnen  Theile  zu  einander  haben  entwerfen  können,  erhält  eine  Bestätigung  und 
weitere  Ergänzung  durch  die  Untersuchung  feiner  Querschnitte  durch  den  in  Osmiumsäure  er- 
härteten Schirmrand.  An  Querschnitten,  die  von  jungen  Thieren  angefertigt  wurden  (Taf.  IV. 
Fig.  10),  sieht  man  in  dem  Winkel,  den  der  Nesselwulst  mit  dem  Velum  erzeugt,  eine  gebräunte 
feinkörnige  Substanz  (nr1),  die  eine  unregelmässig  polygonale  Figur  bildet.  Es  ist  dies  der  Durch- 
schnitt des  oberen  Nervenfaserbündels.  Abwärts  liegt  dasselbe  der  Stützlamelle  (s)  des  Velum  auf, 
nach  innen  und  oben  wird  es  vom  Gewebe  des  Nesselwulstes,  nach  aussen  von  einer  einfachen 
Zellenlage,  dem  Sinnesepithel  (a),  bedeckt.  Vom  Ringkanal  ist  der  Nervenstrang  um  mehr  als 
seine  eigene  Dicke  entfernt  (Taf.  IV.  Fig.  2). 

Bei  älteren  Thieren  hat  sich  die  Form  und  Lage  des  oberen  Nervenrings  in  mancher 
Beziehung  verändert  (Taf.  IV.  Fig.  11  nr1).  Auf  dem  Durchschnitt  erscheinen  zwei  platte  fein- 
körnige Streifen,  die  wir  nach  ihrer  Lage  als  inneren  und  äusseren  unterscheiden  können.  Von 
diesen  ist  der  innere  Streifen  von  der  Oberfläche  des  Nesselwulstes  weiter  nach  einwärts  gerückt. 
Mit  seiner  unteren  Seite  liegt  er  glatt  der  Stützlamelle  des  Velum  auf,  sonst  wird  er  überall  vom 
Nesselzellengewebe  umhüllt.  Der  zweite  Streifen  dagegen  findet  sich  unmittelbar  unter  dem  Sinnes- 
epithel (a)  und  stösst  mit  dem  ersten  an  seiner  dünnen  inneren  Kante  zusammen. 

Auch  der  untere  Nervenring  (nr2)  ist  auf  dem  Durchschnitt  deutlich  zu  sehen  als  ein  kleiner 
gebräunter  feinkörniger  Streifen  dicht  unterhalb  des  oberen  Nervenrings  an  der  Unterseite  der  Stütz- 
lamelle. Letztere  ist  zart  und  im  Vergleich  zu  andern  Stellen  des  Velum  stark  verdünnt.  Auf 
vielen  Schnitten  sehen  wir  von  dem  einen  zum  andern  Nervenring  ein  kleines  Fibrillen- 
bündel durch  die  Scheidewand  hindurchtreten  (Taf.  IV.  Fig.  11*). 

So  werthvoll  die  geschilderten  Bilder  für  eine  genauere  Feststellung  der  Lagerungsverhält- 
nisse sind,  so  wenig  geeignet  sind  sie  zur  Erkennung  feinerer  histologischer  Details,  da  bei  der 
Erhärtung  in  Osmiumsäure  Alles  gleichmässig  gerinnt  und  sich  die  Zellcontouren  nur  wenig  oder 
gar  nicht  markiren.  So  lassen  sich  im  Sinnesepithel  auch  die  Formen  der  Sinneszellen  nicht  er- 
kennen, ebensowenig  die  Ganglienzellen  im  Nervenstrang.  Nur  ihre  Kerne  gewahrt  man  in  Mitten 
der  feinkörnigen  Substanz.  Bemerkenswerth  dagegen  sind  kleine  vacuolige  Räume,  die  coustant 
sich  in  der  Umgebung  des  oberen  und  des  unteren  Nervenrings  vorfinden  und  sonst  nirgends  in 
den  Medusengeweben  von  uns  beobachtet  wurden  (Taf.  IV.  Fig,  2.  10.  11  f).  Ueber  ihre  Bedeutung 
können  wir  nichts  aussagen.  Auch  müssen  wir  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  die  Räume  durch 
die  Erhärtung  hervorgerufene  Kunstproducte  oder  normale  Bildungen  sind. 

Wie  das  centrale  Nervensystem  der  Geryoniden  die  höchste  Stufe  der  Ausbildung  unter  den 
Trachymedusen  erreicht,  so  sind  auch  die  peripheren  Nervenbahnen  liier  mehr  als  bei  den  übrigen 
differenzirt.  Dies  spricht  sich  namentlich  in  dem  Umstand  aus,  dass  besondere  Nervenstämmchen 


62 


nachweisbar  sind,  welche  einen  gangliosen  Endplexus  mit  dem  am  Schirmrand  entwickelten  Central- 
theil  verbinden. 

Zum  Studium  des  peripheren  Nervensystems  diente  uns  auch  hier  wieder  die 
Subumbrella,  während  die  Untersuchung  des  Velum  uns  keine  Ergebnisse  lieferte.  Zur  Herstellung 
tauglicher  Präparate  benutzten  wir  Geryoniden,  die  in  einem  Gemisch  von  Essigsäure  und  Osmium- 
säure macerirt  waren.  Von  einem  grösseren  ausgeschnittenen  Stück  der  Subumbrella  wurde  die 
Gallerte  vollständig  abgelöst;  wenn  ein  Tlieil  des  Radialkanals  auf  dem  Präparate  war,  so  wurde 
sein  Entoderm  mit  dem  Pinsel  möglichst  rein  entfernt.  Die  zurückbleibende  dünne  Lamelle  besteht 
jetzt  nur  noch  aus  der  Stützmembran  der  Subumbrella,  deren  grosse  Resistenz  die  Vornahme  der 
angegebenen  Manipulation  gestattet,  und  den  unter  ihr  gelegenen  Theilen:  der  Musculatur,  der 
Epithelschicht  und  den  zwischen  ihnen  sich  ausbreitenden  nervösen  Elementen. 

Am  besten  beginnt  man  die  Untersuchung  mit  den  Radialkanälen.  Hier  verlaufen  relativ 
ansehnliche  Züge  feiner  Nervenfibrillen  (Taf.  V.  Fig.  1 n).  Dieselben  lassen  sich  weiter  an  den 
Rand  der  Genitalblätter  verfolgen,  wo  sie  sich  etwas  nach  einwärts  von  der  Linie  hinziehen,  mit 
welcher  die  circulären  Muskelfasern  (m)  plötzlich  abschneiden.  Sie  liegen  unmittelbar  der  unteren 
Seite  der  Stützlamelle  auf  und  werden  nach  der  Höhle  des  Schirms  zu  von  einem  dünnen  gross- 
zeiligen Plattenepithel  überzogen.  Die  Fibrillen  gleichen  in  jeder  Beziehung  den  aus  dem  oberen 
und  unteren  Nervenring  beschriebenen.  Sie  sind  zu  kleinen  Bündelchen  angeordnet,  die  in  geringer 
Entfernung  von  einander  sich  hinschlängeln.  Indem  von  einem  Bündel  zum  andern  Fibrillen  über- 
treten, bilden  sie  ein  feinmaschiges  Netzwerk.  Zahlreiche  Ganglienzellen  (g)  können  in  diesem 
Netzwerk  nachgewiesen  werden.  Sie  werden  durch  eine  dunklere  Osmiumfärbung  und  den  Besitz 
von  zwei  oder  mehr  feinen  Ausläufern  gekennzeichnet. 

Von  den  Fibrillenzügen  entspringen  seitlich  kleinste  Stämmchen,  welche  nach  der  Ring- 
muskellage zu  umbiegen  und  mit  Ganglienzellen  Zusammenhängen,  die  überall  in  der  Subumbrella 
verbreitet  sind  (Taf.  V.  Fig.  1).  Die  Ganglienzellen  können  schon  bei  schwächerer  Vergrösserung 
als  kleine  Zellen  von  wechselnder,  oft  sternförmiger  Gestalt,  sowie  man  einmal  auf  sie  aufmerk- 
sam geworden  ist,  leicht  wahrgenommen  werden.  Ganglienzellen  und  Nervenfibrillen  der 
Subumbrella  sind  zwischen  die  Muskelfaserlage  und  deren  Matrix,  das  grosszellige  Platten- 
epithel, eingeschaltet.  Sie  werden  daher  nach  oben  von  den  quergestreiften  Ringfasern,  nach  unten 
von  dem  Plattenepithel  überzogen. 

Die  Ganglienzellen,  die  zuweilen  mit  zwei  Kernen  versehen  sind,  besitzen  drei  bis  fünf  Aus- 
läufer, die  sich  noch  weiter  gabeln  können,  in  kurzer  Entfernung  von  der  Zelle  die  Stärke  zarter 
Nervenfibrillen  annehmen  und  sich  durch  ihre  ausserordentliche  Länge  auszeichnen  (Taf.  V.  Fig.  1. 
3.  5 g).  Bei  starker  Vergrösserung  konnten  die  einzelnen  Fibrillen  durch  mehrere  Gesichtsfelder 
verfolgt  werden.  Sie  sind  namentlich  dadurch  kenntlich  geworden,  dass  sie  stärker  als  andere 
Theile  durch  die  Osmiumsäure  geschwärzt  werden.  Auch  trägt  zu  ihrer  Erkennung  nicht  wenig 
der  Umstand  bei,  dass  sie  fast  stets  eine  radiäre  Richtung  einschlagen,  mithin  die  circulären 
Muskelfasern  (m)  kreuzen. 

Ueber  die  Vertlieilungsweise  der  nervösen  Elemente  in  der  Subumbrella  haben 
wir  an  zahlreichen  Präparaten  Folgendes  ermitteln  können. 

Ausser  den  starken  Fibrillenzügen,  welche  den  Radialkanälen  zu  beiden  Seiten  folgen  (Taf.  V. 
Fig.  1 n),  trifft  man  am  Schirmrand  auch  hier  und  da  auf  vereinzelte  kleinere  Züge  von  3 — 5 Nerven- 
fibrillen, die  in  radialer  Richtung  nach  der  Schirmmitte  zu  verfolgen  sind.  In  Tafel  IV.  Figur  14 
ist  solch  ein  Fibrillenzug,  in  welchem  zugleich  einige  bipolare  Ganglienzellen  (g)  enthalten  sind, 


63 


aus  der  Nachbarschaft  eines  Centripetalkanals  dargestellt.  Vereinzelte  Nervenfasern  lind  Ganglien- 
zellen begleiten  ferner  auch  die  radiären  Muskelbänder,  die  unpaaren  sowohl  als  die  paarigen.  Sie 
treten  mit  ihnen  auf  den  Magenstiel  über  und  bilden  hier  einen  ziemlich  dichten  gangliösen 
Endplexus,  der  ganz  so  wie  in  der  Subumbrella  zwischen  den  glatten  radialen  Muskelfasern  und 
dem  sie  überziehenden  Plattenepithel  liegt.  In  den  übrigen  Theilen  der  Subumbrella  sind  die 
Ganglienzellen  in  ziemlich  weiten  Abständen  verth eilt,  so  dass  einer  jeden  ein  umfangreiches  Gebiet 
zukommt.  Meist  finden  sie  sich  vereinzelt  vor,  zuweilen  aber  lagern  sie  auch  zu  zweit  dicht  bei 
einander  (Taf.  V.  Fig.  3).  Ihre  Hauptausläufer  schlagen  dann  gewöhnlich  die  gleiche  Richtung  ein 
und  nehmen  auf  grössere  Strecken  gemeinsam  ihren  Weg,  wie  es  uns  das  in  Figur  3 auf  Tafel  V 
dargestellte  Präparat  zeigt. 

Zwischen  benachbarten  Ganglienzellen  haben  wir  in  einzelnen  Fällen  Anastomosen  wahr- 
genommen (Taf.  IV.  Fig.  13),  dagegen  ist  es  uns  nicht  gelungen  einen  Zusammenhang  mit  den 
Muskelzellen  nachzuweisen.  Andere  Methoden  werden  in  Zukunft  wohl  auch  hier  noch  zu  positiven 
Resultaten  führen. 

Literatur.  Ueber  das  Nervensystem  der  Geryoniden  haben  schon  früher  zwei  Forscher, 
Fritz  Müller  (67  und  71)  und  Haeckel  (37),  bestimmte  Angaben  gemacht.  Ersterer  äussert  sich 
in  einem  Aufsatz  „Ueber  zwei  neue  Quallen  von  S.  Catharina“  darüber  folgendermaassen : „Bei  Liriope 
catharinensis  zieht  sich  um  das  Ringgefäss  ein  ziemlich  undurchsichtiger  gelblicher  Saum,  der 
namentlich  nach  aussen  scharf  contourirte,  rundliche  Zellen  von  0,005  bis  0,008  Mm.  Durchmesser 
zeigt  und  auf  dem  mehr  oder  weniger  reichliche  Nesselzellen  liegen.  An  der  Basis  der  Tentakeln 
und  in  der  Mitte  zwischen  diesen  Stellen  zeigt  er  längliche  Anschwellungen,  denen  die  sogenannten 
Randbläschen  aufsitzen.  Mit  aller  Wahrscheinlichkeit  ist  er  als  Nervenring  zu  deuten;  dafür  spricht 
ausser  den  Randbläschen  tragenden  Anschwellungen,  dass  sich  von  jeder  dieser  Anschwellungen 
ein  zarter,  aber  scharf  begrenzter  Strang  nach  oben  verfolgen  lässt,  vier  zur  Basis  der  Tentakeln, 
vier  zu  Punkten,  an  denen  das  jüngere  Thier  dem  erwachsenen  meist  vollständig  fehlende  Ten- 
takeln getragen  hat.“  In  diesen  Angaben  hat  Fritz  Müller  den  ganzen  Nesselwulst  als  Nerven- 
ring gedeutet,  immerhin  bezeichnet  er  zuerst  ganz  richtig  die  Gegend,  wo  man  das  Nervencentrum 
der  Geryoniden  zu  suchen  hat.  Doch  kann  seine  Deutung  für  nicht  mehr  als  eine  Vermuthung 
geschätzt  werden.  Es  gilt  auch  hier,  was  schon  bei  den  Aeginiden  gesagt  wurde:  dass  in  seiner 
Darstellung  die  genaueren  histologischen  Angaben  fehlen,  welche  bei  den  vorliegenden  Verhältnissen 
allein  die  Deutung  rechtfertigen  können. 

Den  histologischen  Nachweis  von  der  Existenz  eines  Nervensystems  hat  Haeckel  in  seiner 
Monographie  der  Geryoniden  geliefert,  indem  er  zum  ersten  Male  in  dem  verdickten  Randwulst  der 
Medusenglocke  zwischen  nervösen  und  nicht  nervösen  Bestandteilen  unterscheidet.  Nach  seinen 
Untersuchungen,  die  an  Zerzupfungspräparaten  und  an  Durchschnitten  angestellt  wurden,  besteht 
das  Nervensystem  bei  Glossocodon  sowohl  als  bei  Carmarina  aus  einer  Anzahl  von  Ganglienknoten, 
von  denen  mehrere  Nervenstämmchen  entspringen.  Unter  einander  werden  die  Ganglien  durch 
einen  längsstreifigen  Nervenring  verbunden,  welcher  zwischen  Ringkanal  und  Knorpelring  längs  des 
Schirmrands  verläuft.  „Derselbe  wird  oben  vom  Ringgefäss,  unten  vom  Ringknorpel,  aussen  vom 
Gallertmantel  und  innen  vom  Velum  verdeckt“,  so  dass  er  nirgends  frei  an  die  Oberfläche  reicht. 
Die  Ganglien  liegen  zum  Theil  am  peripheren  Ende  der  Radialkanäle,  zum  Theil  interradial.  Sie 
erscheinen  als  ziemlich  unregelmässige  rundliche  Knoten  oder  flache  rundliche  Hügel,  von  denen 
die  sechs  radialen  etwas  stärker  gewölbt  und  umfangreicher  als  die  interradialen  sind.  Auf  ihnen 
sitzen  die  Randbläschen  unmittelbar  wie  auf  einem  Polster  auf.  Die  Ganglienknoten  enthalten  in 


64 


einer  feinkörnigen,  detritusartigen  Masse  kleine  und  zarte  unregelmässige  Zellen  von  sehr  ver- 
schiedener Grösse,  welche  zum  Theil  mit  sehr  feinen  Nervenfasern  Zusammenhängen.  Unter  den 
isolirten  Zellen  kann  man  solche  mit  einem  und  zwei  Fortsätzen  öfter  finden.  Seltener  lassen  sich 
sternförmige  Zellen  isoliren,  welche  die  Ansätze  von  mehreren  abgerissenen  Ausläufern  zeigen. 

Von  den  stärkeren  radialen  Ganglien  gehen  vier  Nervenfäden  ab:  1)  Der  erste  und  stärkste 
Nerv  begleitet  den  Radialkanal  in  seiner  ganzen  Länge  vom  Schirmrand  bis  zum  Magen.  2)  Ein 
schwächerer  geht  durch  die  radiale  Mantelspange  zur  Basis  des  radialen  Nebententakels  (bei  jungen 
Thieren).  3)  Ein  dritter  verläuft  zum  radialen  Haupttentakel.  4)  Der  vierte  kürzeste  ist  der  breite 
bandförmige  Sinnesnerv,  welcher  innerhalb  des  radialen  Randbläschens  zu  beobachten  ist.  Jedes 
der  schwächeren  interradialen  Ganglien  giebt  nur  zwei  Nervenstränge  ab,  nämlich  1)  den  breiten 
Sinnesnerven  für  das  Randbläschen  und  2)  den  Spangennerven  für  die  marginale  Mantelspange. 

Von  den  aus  den  Ganglien  entspringenden  Nerven  sind  die  stärksten  die  Radialnerven, 
welche  als  glatte,  breite  Bänder,  begleitet  von  den  unpaaren  radialen  Muskelbändern  der  Subum- 
brella,  in  der  Mittellinie  der  unteren  Wand  der  Radialkanäle  verlaufen.  Sie  werden  hier  nur  von 
dem  dünnen  Ringmuskelbelege  und  dem  zarten  Epithel  der  Subumbrella  bedeckt.  Sie  lassen  sich, 
namentlich  während  ihres  Verlaufes  durch  die  Mitte  der  Genitalblätter,  leicht  isoliren  und  dienen 
daher  am  besten  zur  Untersuchung  der  einzelnen  faserigen  Nervenelemente.  Diese  sind  einfache, 
unverzweigte,  parallel  gelagerte  Fäden,  die  hier  und  da  mit  sehr  kleinen  stäbchenförmigen  Kernen 
besetzt  sind.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  quergestreiften  Muskelfasern  durch  ihre  blasse,  voll- 
kommen homogene  Beschaffenheit.  Schwieriger  ist  es  den  Ringnerven  zu  isoliren  und  seine  Nerven- 
fasern noch  im  Zusammenhänge  mit  den  kleinen  Ganglienzellen  darzustellen. 

Wie  aus  dem  Mitgetlieilten  hervorgeht,  sind  zwei  bedeutsame  Facta  von  Haeckel  ermittelt 
worden.  Einmal  hat  er  die  Existenz  eines  am  Schirmrand  gelegenen  faserigen,  Ganglienzellen  ent- 
haltenden Strangs  an  Zerzupfungspräparaten  und  auf  Durchschnitten  nachgewiesen  und  zweitens  hat 
er  zwei  fibrilläre  Bänder  in  den  Randbläschen  entdeckt  und  für  Sinnesnerven  erklärt.  Beide  That- 
sachen  haben  wir  durch  unsere  Untersuchung  bestätigt.  Dagegen  können  wir  der  detaillirten  Be- 
schreibung des  Baues  und  der  Lagerung  der  einzelnen  Theile  nicht  in  allen  Punkten  beistimmen. 
Ein  Unterschied  zwischen  Ganglienknoten  und  Commissuren,  wie  ihn  Haeckel  bei  den  Geryo- 
niden  geschildert  hat,  ist  nicht  vorhanden,  vielmehr  sind  im  ganzen  Nervenring  Ganglien- 
zellen und  Nervenfasern  gleichmässig  vertheilt.  Ferner  liegt  der  Strang  überall  dicht 
an  der  Oberfläche  und  wird  von  ihr  nur  durch  ein  einschichtiges  Sinnesepithel  geschieden;  dagegen 
ist  er  vom  Ringkanal  und  den  Randbläschen  durch  einen  nicht  unbeträchtlichen  Zwischenraum 
entfernt.  Wenn  wir  von  den  paarigen  Sinnesnerven  der  Gehörorgane  absehen,  die  wir  im  folgenden 
Abschnitt  besprechen  werden,  so  erfolgt  die  periphere  Ausbreitung  des  Nervensystems  nicht  durch 
gesonderte,  von  Ganglienknoten  entspringende  Nervenstämme,  sondern  durch 
einen  in  der  Subumbrella  überall  verbreiteten  gangliösen  Plexus.  Die  starken 
Radialnerven,  die  Haeckel  zur  Isolirang  und  Untersuchung  der  einzelnen  faserigen  Nervenelemente 
besonders  empfiehlt,  da  sie  sich  während  ihres  Verlaufes  durch  die  Mitte  der  Genitalblätter  mit 
leichter  Mühe  aus  dem  umgebenden  Gewebe  herausschälen  lassen,  sind  unserer  Ansicht  nach  die 
unpaaren  Muskelbänder,  welche  wir  auf  Seite  53  beschrieben  haben,  und  ebenso  müssen  wir  die 
als  Nervenprimitivfasern  gedeuteten,  einfachen,  un verzweigten  parallel  gelagerten  Fäden  nach  der 
von  Haeckel  in  Figur  72  gegebenen  Abbildung  für  glatte  Muskelfasern  erklären,  da  an  dem 
genannten  Orte  nur  spärliche  und  nicht  in  Bündeln  angeordnete  Nervenfibrillen  Vorkommen,  die 
ungleich  schwieriger  als  am  Nervenring  aufzufinden  und  zu  isoliren  sind. 


65 


c.  Die  Sinnesorgane  der  Geryoniden. 

Unter  den  drei  Familien  der  Trachymedusen  haben  die  Sinnesorgane  bei  den  Gieryoniden 
den  morphologisch  und  physiologisch  höchsten  Grad  ihrer  Ausbildung  erreicht.  Während  sie  hei 
den  Aeginiden  und  Trachynemiden  am  Schirmrand  befestigt  in  das  umgehende  Medium  hineinragen, 
sind  sie  hier  in  die  Gallerte  des  Körpers  eingesenkt  und  stellen  runde,  mit  Flüssigkeit  erfüllte 
Bläschen  dar.  Die  Anzahl  dieser  bläschenförmigen  Sinnesorgane,  die  wir  im  Folgenden  kurzweg  als 
Hörbläschen  bezeichnen  werden,  ist  heim  erwachsenen  Thier  eine  fest  bestimmte.  Bei  Glosso- 
codon  und  Liiiope  sind  ihrer  acht,  hei  Carmarina  und  Geryonia  ihrer  zwölf  zur  Entwicklung  ge- 
kommen. Ihre  Anzahl  steht  daher  hei  den  genannten  Medusen  in  einem  bestimmten  Yerhältniss  zu 
den  Antimeren  des  Körpers,  von  denen  sie  gerade  das  Doppelte  beträgt. 

Die  Hörhläschen  sind  hei  Carmarina  schon  für  das  unbewaffnete  Auge  erkennbar.  Zum 
Theil  liegen  sie  am  Ende  der  Radialkanäle  des  Gastrovascularsystems , zum  anderen  Theil  in  der 
Mitte  zwischen  denselben;  sie  werden  daher  als  radiale  und  interradiale  von  einander  unterschie- 
den. Die  ersteren  findet  man  in  geringer  Entfernung  von  der  Basis  der  schlauchförmigen  Ten- 
takeln, und  zwar,  wenn  man  die  Medusenglocke  von  aussen  betrachtet,  zur  linken  Seite  derselben 
(Taf.  n.  Fig.  1).  Sie  werden  von  den  hier  entspringenden  centripetalen  Mantelspangen  (y),  die 
schmäler  als  die  Bläschen  sind,  nach  aussen  in  der  Weise  bedeckt,  dass  ihr  mittlerer  Abschnitt 
verborgen  ist  und  nur  ihre  Seitentheile  durch  die  Gallerte  hindurch  zu  sehen  sind.  Dasselbe  gilt 
von  den  interradialen  Hörbläschen,  die  ebenso  durch  die  schmäleren  interradialen  Mantelspangen 
zum  Theil  geschützt  sind. 

Ueber  die  weiteren  Lagebeziehungen  des  Hörbläschens  zu  den  übrigen  benachbarten 
Organen  giebt  der  durch  den  Schirmrand  angefertigte  Querschnitt  Aufschluss,  der  auf  Tafel  IY. 
Figur  9 abgebildet  ist.  Man  gewahrt  hier  den  hohen  und  dicken  Kesselwulst  (w),  der  an  der 
Oberfläche  des  Schirms  weit  hinaufreicht  und  sich  in  das  Nesselepithel  (x)  der  Mantelspange  (y) 
verlängert.  Diese  selbst  steigt  einwärts  von  dem  Nesselwulst  nach  dem  Ringkanal  (r)  herab  und 
ist  auf  dem  Querschnitt  der  Zusammenhang  ihrer  blasigen  Stützzellen  mit  dem  Epithel  des  Gastro- 
vascularsystems nicht  zu  übersehen.  An  der  inneren  Fläche  der  Mantelspange  liegt  das  Hörbläschen 
(hb)  mit  seiner  äusseren  Wand  zum  Theil  dicht  an.  Nach  abwärts  berührt  es  auf  eine  kurze 
Strecke  die  obere  Epithellage  des  unter  ihm  verlaufenden  Ringkanals.  Nach  innen  und  oben  wird 
es  überall  von  der  Gallerte  umgeben.  Es  ist  daher  allseitig  so  vollständig  geschützt,  wie  es  bei 
der  Beschaffenheit  des  Medusenkörpers  überhaupt  nur  möglich  ist.  In  Folge  dieser  Lage  ist  das 
Sinnesorgan,  wie  aus  dem  Durchschnitt  leicht  zu  ersehen  ist,  durch  einen  weiten  Abstand  von  dem 
Nervenring  (nr1)  getrennt,  der  auf  dem  Yelum  an  dem  Rand  des  Nesselwulstes  gelegen  ist. 

Der  feinere  Bau  des  Hörbläschens  lässt  sich  sowohl  am  frischen  Object,  als  auch 
nach  Behandlung  mit  Reagentien  am  besten  in  der  Weise  untersuchen,  dass  man  mit  der  Scheere 
durch  den  Schirmrand  einen  radialen  Durchschnitt  anfertigt,  auf  welchem  der  zu  untersuchende 
Theil  enthalten  ist.  Man  kann  dann  auch  noch  weiter  unter  dem  Präparinnikroskop  mit  Nadeln 
das  Bläschen  bei  einiger  Vorsicht  vollkommen  unversehrt  aus  der  Gallerte  herausschälen. 

An  dem  Gehörorgan  haben  wir  die  Bläschenwand  und  das  von  ihrer  oberen  Seite  entsprin- 
gende Hörkölbchen  zu  unterscheiden  (Taf.  IY.  Fig.  1.  3.  4). 

Die  Bläschenwand  besteht  aus  einer  dünnen  homogenen  Membran,  die  auf  dem  Durch- 
schnitt doppelte  Contouren  hat  und  von  der  Gallerte  daher  sich  scharf  absetzt.  Sie  ist  nicht 
allseitig  geschlossen,  sondern  besitzt  etwas  seitlich  von  der  Stelle,  wo  das  Gehörbläscheu  an  die 

Hartwig,  Medusen.  9 


66 


Mantelspange  anstösst,  eine  kleine  Oeffnung,  die  an  Isolationspräparaten  und  auf  Durchschnitten 
nachzuweisen  ist  und  im  frischen  Zustand  durch  das  Nesselzellengewehe  verschlossen  wird  (Taf.  IV. 
Fig.  1 und  6).  Am  Rande  der  Oeffnung  schien  die  Membran  des  Bläschens  in  die  Stützlamelle  des 
Schirmrands  umzubiegen.  Auf  ihrer  Innenfläche  wird  sie  von  einem  ungemein  dünnen  Plattenepithel 
überzogen.  Die  Kerne  der  sehr  grossen  flachen  Zellen  werden  nach  Behandlung  mit  Reagentien 
sowohl  bei  der  Betrachtung  von  der  Fläche,  als  auch  auf  dem  optischen  Durchschnitt  sichtbar,  wo 
sie  Vorsprünge  in  das  Lumen  des  Bläschens  bedingen.  Zuweilen  sind  in  ein  oder  zwei  Epithel- 
zellen in  der  Umgebung  der  Insertion  des  Iiörkölbchens  kleine  Nesselkapseln  eingeschlossen 
(Taf.  IV.  Fig.  3 z). 

Ferner  verlaufen  noch  an  der  Innenfläche  der  Wandung  zwei  dünne,  bügelförmig  gekrümmte 
Bänder  von  der  oben  eiwähnten  Oeffnung  bis  zum  entgegengesetzten  Pol  des  Bläschens  (Taf.  IV. 
Fig.  1.  3.  4n).  Sie  können  leicht  übersehen  werden,  wenn  man  das  Untersuchungsobject  von  der 
Schirmseite  aus  betrachtet.  Bei  dieser  Lagerung  verläuft  das  eine  Band  auf  der  rechten,  das  andere 
auf  der  linken  Seite  des  Bläschens  (Taf.  IV.  Fig.  1 n).  Beide  zusammen  bilden  einen  Ring,  der 
nur  an  ihrer  Eintrittsstelle,  avo  die  Membran  die  kleine  Oeffnung  besitzt,  eine  Unterbrechung  er- 
fälut.  Die  Bänder,  welche  eine  nur  geringfügige  Verdickung  der  Wandung  bedingen,  kehren  ihre 
Kante  dem  Beobachter  zu.  Weit  besser  sind  sie  daher  zu  unterscheiden  und  auf  ihren  feineren 
Bau  zu  untersuchen,  wenn  man  das  Hörbläschen  von  der  Seite  oder  von  oben  sieht  (Taf.  IV. 
Fig.  3 und  4 n).  Die  Bänder  erscheinen  jetzt  1,2  u breit  und  lassen  sich  bis  zur  Insertion  des’  Hör- 
kölbcliens  verfolgen,  wo  sie  beide  umbiegen  und  gemeinsam  in  die  Substanz  desselben  eindringen. 
Sie  zeigen  eine  feine  Längsstreifung,  die  bei  Zusatz  von  Reagentien  noch  mehr  an  Schärfe  gewinnt. 
Schon  hieraus  kann  man  auf  eine  feinfibrilläre  Zusammensetzung  der  Bänder  schliessen.  Einen 
sicheren  Beweis  hierfür  erhält  man  indessen  erst  durch  die  Untersuchung  von  Macerationspräparaten 
(Taf.  IV.  Fig.  6).  An  solchen  kann  man  die  Bänder  (n)  durch  Zerzupfen  von  der  Wand  des  Bläs- 
chens ablösen  und  in  eine  grössere  Anzahl  von  Fibrillen  zerlegen,  welche  an  Feinheit  und  in  ihrem 
Verhalten  gegen  Reagentien  den  aus  dem  Nervenring  dargestellten  Fibrillen  gleichen.  Auch  ver- 
einzelte bipolare  Ganglienzellen  findet  man  in  dem  Faserbündel  vor  (g).  Wir  haben  daher  in  den 
beiden  Bändern  die  Nerven  des  Gehörorgans  vor  uns.  Ausser  dem  histologischen  Befund 
spricht  hierfür  auch  der  Umstand,  dass  an  Macerationspräparaten  die  beiden  fibrillären  Bänder  sich 
noch  auf  eine  grössere  Strecke  ausserhalb  des  Bläschens  verfolgen,  ja  sogar  mit  Präparirnadeln  aus 
dem  Nesselwulst  isoliren  lassen,  wobei  nachgewiesen  werden  kann,  dass  sie  nach  dem  Nervenring 
zu  in  die  Tiefe  verlaufen.  Wenn  dadurch  auch  ihr  Zusammenhang  mit  demselben  noch  nicht 
Avirklich  dargethan  ist,  so  möchte  ein  solcher  doch  bei  Erwägung  aller  Verhältnisse  kaum  noch 
anzuzweifeln  sein. 

Der  zweite  und  Avichtigste  Theil  des  Sinnesorgans,  das  Hörkölbchen  (hk),  zeigt  einen 
ähnlichen  Bau  Avie  der  gleichnamige  Theil  bei  den  Aeginiden  und  Trachynemiden.  Er  enthält 
daher  einen  Axentheil  und  eine  denselben  bedeckende  Epithelschicht  (Taf.  IV.  Fig.  1). 

Der  Axentheil  ist  bimförmig  gestaltet  und  von  dem  Epithel  durch  eine  zarte  Membran 
abgegrenzt,  die  bei  Behandlung  mit  Säuren  und  an  Macerationspräparaten  sicher  nachzuweisen  ist. 
Mit  einem  feinen  Stiel  ist  der  bimförmige  Körper  an  die  obere  Bläschenwand  angeheftet.  Sein 
entgegengesetztes  freies  Ende  birgt  ein  grosses  ovales  Conorement,  einen  Otolitlien  (o),  der  aus 
feinen  concentriselien  Schichten  besteht,  Avie  aus  den  zur  Randcontour  parallel  verlaufenden  Linien 
zu  schliessen  ist.  Die  Form  des  Concrements  ist  nicht  vollkommen  regelmässig,  indem  an  der 
Längsseite  des  Ovals  die  Oberfläche  eingebuchtet  ist.  In  dünnen  Säuren  lösen  sich  die  Salze 


67 


desselben  leicht  auf,  ohne  dass  Luftblasen  sich  entwickeln  und  scheinen  sie  hiernach  phosphor- 
saurer Kalk  zu  sein.  Nach  der  Auflösung  bleibt  ein  geringer  Rest  organischer  Substanz  mit 
einem  ovalen  Kern  zurück.  Der  übrige  Theil  des  hirnförmigen  Körpers  beläuft  sich  auf  eine 
einzige  kleine  Zelle,  in  der  zuweilen  auch  kleine  Concretionen , Nebenotolithen , beobachtet  werden. 

Die  Epithel  Schicht  des  Hörkölbchens  ist  auf  den  einzelnen  Seiten  sehr  verschieden 
dick  und  aus  verschieden  geformten  zelligen  Elementen  zusammengesetzt  (Taf.  IV.  Fig.  1 und  9). 
Seine  freie  Endfläche  und  seine  der  Subumbrella  zugewandte  Seite  wird  von  platten  cubischen 
Zellen  überzogen,  von  denen  zuweilen  eine  oder  mehrere  mit  einer  Nesselkapsel  und  einem  Palpocil 
versehen  sind;  dagegen  bildet  das  Epithel  auf  dem  Theil,  welcher  der  Mantelspange  zugekehrt  ist, 
ein  dickes  Polster,  und  zeichnet  sich  noch  weiter  dadurch  aus,  dass  es  auf  seiner  Oberfläche  lange, 
steife  Haare  (h)  trägt,  welche  mit  ihrem  peripheren  Ende  an  die  gegenüberliegende  Bläschenwand 
anstossen.  Dieselben  sind  am  besten  von  der  Seite  des  Bläschens,  an  welcher  der  Hörnerv  ver- 
läuft, oder  von  oben  zu  sehen  (Taf.  IV.  Fig.  3 und  4 h).  Dagegen  werden  sie  bei  allen  anderen 
Lagen  entweder  durch  den  Otolithen  oder  durch  die  Mantelspange  mehr  oder  minder  verdeckt. 

Um  die  Form  der  das  Polster  bildenden  Zellen  zu  ermitteln,  verwandten  wir  Thiere,  die  in 
einem  Gemisch  von  Osmium-  und  Essigsäure  macerirt  worden  waren,  lösten  an  diesen  die  Hörbläs- 
chen aus  der  Gallerte  heraus  und  trennten  durch  Zerzupfen  das  Hörkölbchen  von  seinem  Ansatz- 
punkte ab.  Hierbei  bleiben  mit  ihm  die  Hörnerven,  die  sich  von  der  Bläschenwand  abheben,  in 
Zusammenhang  (Taf.  IV.  Fig.  6).  Wenn  man  an  einem  derartigen  Präparat  durch  Klopfen  auf  das 
Deckgläschen  die  Epithelzellen  in  ihrer  Verbindung  etwas  gelockert  hat,  so  kann  man  deutlich 
verfolgen,  dass  die  Nervenfibrillen  zwischen  der  Stützlamelle  und  den  Epithelzellen  eindringen  und 
in  die  Basis  der  letzteren  übergehen.  Durch  weiter  fortgesetztes  Klopfen  kann  man  eine  vollstän- 
dige Isolation  der  zelligen  Elemente  mit  den  zu  ihnen  gehörigen  Nervenfibrillen  herbeiführen.  Eine 
Reihe  derart  gewonnener  vortrefflich  conservirter  F ormen  ist  auf  Tafel  IV  unter  der  Figurenbezeich- 
nung 7 zusammengestellt. 

Wie  eine  Vergleichung  ergiebt,  variiren  die  einzelnen  Zellen  in  ihrer  Grösse  unter  einander 
oft  um  das  Doppelte,  ein  Verhältniss,  das  auch  in  der  Form  geringe  Modificationen  bedingt.  Die 
kürzeren  Zellen  zeigen  eine  mehr  gleichmässige  Cylinderform  und  verdünnen  sich  etwas  nach  ihrer 
Basis  zu.  Die  längeren  dagegen  besitzen  ihren  grösseren  Durchmesser  an  der  Basis,  welche  den 
Kern  führt,  und  gehen  nach  der  Peripherie  zu  in  einen  etwas  schmäleren  Fortsatz  über.  Ihre 
Form  ist  daher  mehr  eine  flaschenförmige.  In  natürlicher  Lage  wechseln  die  beiden  Zellarten  auf 
einem  optischen  Durchschnitt  so  mit  einander  ab,  dass  die  längeren  flaschenförmigen  sich  mit 
ihrem  halsartigen  Theil  zwischen  die  kürzeren  cylindrischen  hineinschieben.  Die  Kerne  sind  daher 
in  zwei  verschiedenen  Zonen  angeordnet.  Die  periphere  Endfläche  der  Zellen  ist  von  einer  dünnen 
Cuticula  (c)  überzogen,  welche  einen  festeren  Zusammenhalt  der  Elemente  bedingt  und  daher  ihre 
Isolation  etwas  erschwert.  Von  der  Cuticula  erhebt  sich  ein  langes  Haar,  das  auch  an  den  Iso- 
lationspräparaten wohl  erhalten  wur. 

An  ihrer  Basis  verlängern  sich  die  Zellen  in  zwei  Fortsätze,  in  einen  kürzeren  und  einen 
zweiten,  der  bei  gut  gelungener  Isolation  um  das  zwei-  bis  vierfache  den  Zellkörper  übertrifft.  Es 
gleicht  dieser  Ausläufer  in  jeder  Beziehung  einer  feinen  Nervenfibrille.  Ob  dies  auch  für  den 
anderen  kürzeren  Fortsatz  gilt,  müssen  wir  dahingestellt  sein  lassen.  Vielleicht  dient  dieser  nur 
dazu,  die  Zelle  an  die  unterliegende  Stützmembran  zu  befestigen. 

Die  auf  den  vorhergehenden  Seiten  gegebene  Schilderung  passt  in  gleichem  Maasse  auf  die 
Gehörbläschen  von  Carmarina  und  von  Glossocodon.  Beide  stimmen  im  feineren  Bau  Punkt  für 


9* 


68 


Punkt  mit  einander  überein.  Nur  in  der  Grösse  weichen  sie  von  einander  erheblich  ab,  da  der 
Durchmesser  eines  Bläschens  von  Carmarina  (Taf.  IV.  Fig.  1 und  3)  denjenigen  von  Glossocodon 
(Taf.  IV.  Fig.  4)  um  das  Mehrfache  libertrifft.  Von  ersterer  eignen  sich  daher  die  Gehörorgane 
besser  zur  Untersuchung  auf  Durchschnitten  und  zur  Behandlung  mit  Reagentien,  dagegen  ist 
Glossocodon  zu  empfehlen,  wenn  man  die  Tlieile  in  ihrer  natürlichen  Lage  sich  zur  Anschauung 
bringen  will. 

Literatur.  Die  Gehörorgane  der  Geryoniden  sind  von  den  ersten  Beobachtern  derselben, 
von  Kölliker  (50),  Leuckart  (58)  und  Gegenbaur  (32  und  33)  in  ziemlich  übereinstimmender 
Weise  beschrieben  worden.  Sie  werden  als  ziemlich  grosse  vollkommen  geschlossene,  nicht  flim- 
mernde Blasen  oder  Kapseln  aufgeführt,  deren  Innenwand  an  einem  kurzen  Stiel  noch  ein  zweites 
kleineres  Bläschen  trägt.  Letzteres  birgt  einen  grossen  runden  Otolithen  und  ausserdem  zuweilen, 
wie  Leuckart  bei  Geryonia  exigua  fand,  noch  mehrere  kleinere  Hülfsotolithen.  Gegenbaur  hebt 
noch  hervor,  dass  die  Concretion  von  einer  Membran  überzogen  und  durch  sie  gegen  das  Lumen 
des  Bläschens  abgeschlossen  ist.  Er  betrachtet  dieselbe  als  Zellenmembran  und  lässt  den  Otolithen 
in  der  Secretionshölile  einer  Zelle  entstanden  sein,  die  mit  der  Wand  des  Randbläschens  bald  mehr 
bald  minder  stielförmig  verbunden  ist.  Gegenüber  anderen  Forschern  hebt  Gegenbaur  hervor,  dass 
bei  der  Bewegungslosigkeit  des  Otolithen  ein  grosser  Tlieil  der  Analogie  hinwegfalle,  nach  welcher 
man  die  bläschenförmigen  Randkörper  der  Medusen  mit  den  Gehörorganen  der  Aceplialen  und 
Cephalophoren  in  gleiche  Reihe  stellt. 

Von  der  Auffassung,  welche  sich  die  früheren  Beobachter  über  die  morphologische  Beziehung 
der  Gehörorgane  der  Geryoniden  zu  denen  der  übrigen  Medusen  gebildet  haben,  gilt  dasselbe,  was 
bei  den  Trachynemiden  bereits  hervorgehoben  wurde.  Sie  haben  irriger  Weise  die  bläschenförmigen 
Gebilde  mit  dem  Otolithen  bergenden  Endtheil  des  Hörkölbchens  der  Aeginiden  verglichen. 

Unter  dem  Einfluss  dieser  Anschauung  ist  Fritz  Müller  (71)  zu  einer  eigenthümlichen 
Ableitung  der  Randbläschen  der  Tracliymedusen  von  einer  gemeinsamen  Grundform  verleitet  worden. 
Als  Ausgangspunkt  wählt  er  das  Randbläschen  von  Cunina,  dessen  endständiges  Concrement  er  von 
einem  blassen  Strang,  unserem  Axentheil,  becherförmig  umfasst  und  durch  ihn  mit  der  Basis  ver- 
bunden sein  lässt.  Um  die  bei  den  Geryoniden  vertretene  Form  der  Randbläschen  zu  erhalten, 
denkt  er  sich  den  Strang  verkürzt  und  dadurch  das  Concrement  ins  Innere  der  Blase  zurück- 
gezogen. Die  Randkörper  von  Aglauropsis  führt  er  als  eine  Bildung  auf,  die  in  der  Mitte  zwischen 
dem  bei  Cunina  und  dem  bei  Liriope  zu  beobachtenden  Verhalten  steht.  Das  Verfehlte  dieser 
ganzen  Art  der  Vergleichung  geht  aus  den  bei  Rhopalonema  ermittelten  entwicklungsgeschichtlichen 
Thatsachen  zur  Genüge  hervor.  Dass  Fritz  Müller  mit  Agassiz  (3  und  4)  die  Randbläschen  der 
Medusen  als  Augen  deutet,  wurde  schon  früher  erwähnt. 

Einen  bedeutenden  Fortschritt  in  der  feineren  Anatomie  der  Randbläschen  von  den  Geryo- 
niden führte  Haeckel  (37)  in  seiner  Monographie  herbei.  Gegen  Fritz  Müller  hebt  derselbe 
hervor,  dass  die  Randbläschen,  die  er  auch  Sinnesbläschen  nennt,  allseitig  von  der  Schirmgallerte 
umschlossen  werden,  dann  macht  er  zum  ersten  Male  auf  die  zwei  längsstreifigen  Bänder  an  der 
Innenfläche  der  Bläschenwand  aufmerksam  und  deutet  sie  als  zwei  Sinnesnerven.  Nach  Zusatz  von 
Reagentien  lässt  er  in  ihnen  zahlreiche  feine  stäbchenförmige  Kerne  sichtbar  werden  und  nimmt  er 
daher  eine  Zusammensetzung  aus  zarten  und  stellenweise  mit  kleinen  Kernen  besetzten  Fasern  an. 
Ferner  ist  Haeckel  in  den  Bau  des  Hörkölbchens  von  Carmarina  weiter  als  die  früheren  Forscher 
eingedrungen,  indem  er  die  zellige  Beschaffenheit  desselben  nachweist.  Er  bezeichnet  es  als 
inneren  Nervenknoten  oder  als  Sinnesganglion.  Dasselbe  besteht  nach  seiner  Untersuchung  aus 


69 


dichtgedrängten  kleinen  Ganglienzellen,  die  von  einer  zarten,  aber  doppeltcontourirten  Membran 
umhüllt  sind  lind  das  Concrement  allseitig  umgehen.  Die  an  der  Bläschenwand  verlaufenden  zwei 
Nerven  treten  zusammen  in  das  Sinnesganglion  ein,  indem  sie  sich  durchflechtend  ein  Chiasma 
bilden.  „Ihre  gekreuzten  Fasern“,  führt  Haeckel  weiter  an,  „strahlen  in  der  Weise  zwischen  den 
Zellen  des  Kapselinhalts  pinselförmig  aus,  dass  die  obere  Hälfte  des  Concrements  von  einem  kegel- 
förmigen, nach  unten  offenen  Fasermantel  umgehen  ist.  Vielleicht  stehen  die  Enden  der  Nerven- 
fasern mit  den  Zellen  im  Zusammenhang.  Doch  habe  ich  mir  darüber  keine  Gewissheit  verschaffen 
können.“  „Bisweilen  schien  das  ganze  Concrement  von  einer  Faserhülle  umgeben  zu  sein.“ 

Endlich  lässt  Haeckel  das  Randbläschen  der  Geryoniden  mit  seiner  Basis  einem  Ganglion 
des  Nervenrings  unmittelbar  aufsitzen  und  beschreibt  hier  an  der  Innenseite  der  Bläschenwand  ein 
Polster  von  rundlichen  und  spindelförmigen  blassen  Zellen.  Er  hält  dasselbe  für  eine  im  Innern 
des  Bläschens  gelegene  und  unmittelbar  mit  dem  ausserhalb  darunter  liegenden  Nervenknoten  ver- 
bundene Anhäufung  von  Nervenzellen  und  bezeichnet  es  als  Basalganglion,  aus  welchem  nach 
rechts  und  links  die  zwei  Sinnesnerven  austreten. 

Durch  unsere  Untersuchungen  haben  wir  den  Einschluss  der  Bläschen  in  die  Schirmgallerte, 
das  Vorhandensein  der  zwei  faserigen  Sinnesnerven  und  die  zellige  Zusammensetzung  des  Hörkölb- 
chens bestätigen  können.  In  anderen  Punkten  sind  wir  zu  abweichenden  Resultaten  gekommen.  So 
fehlen  nach  unseren  Beobachtungen  in  den  Nervenfasern  stäbchenförmige  Kerne.  An  dem  Hörkölbclien, 
dem  Sinnesganglion  Haeckel’s,  ist  ein  Axentheil  und  eine  einschichtige  Epithellage  zu  unterscheiden, 
welche  der  Hauptsache  nach  aus  haartragenden  Zellen  besteht.  Die  umhüllende  zarte  Membran  ist 
die  Cuticula  der  Epithelschicht.  Das  Hörbläschen  ist  vom  Nervenring  durch  einen  grösseren  Ab- 
stand entfernt,  und  ebenso  konnte  ein  Basalganglion  von  uns  nicht  wahrgenommen  werden. 

Bei  der  Deutung  der  Function  der  Randbläschen  tritt  Haeckel  der  Ansicht  derer  entgegen, 
welche  in  ihnen  Gehörorgane  erblicken  wollen.  Zwischen  den  Randbläschen  der  Medusen  und  den 
Hörbläschen  der  Würmer  und  Mollusken  bestehe  im  feineren  Bau  eine  sehr  wesentliche  Differenz. 
Auch  die  Deutung  als  Auge  verwirft  er,  indem  er  geltend  macht,  dass  das  oft  unregelmässig 
geformte  Concrement,  zumalen  wenn  noch  Nebenconcremente  vorhanden  sind,  nicht  als  Linse 
functioniren  könne.  Haeckel  ist  der  Ansicht,  dass  bei  den  niederen  Thieren  wesentlich  andere 
Sinnesempfindungen  (als  bei  den  höheren)  zu  Stande  kommen , von  deren  eigentlicher  Qualität  wir 
uns  keine  bestimmte  Vorstellung  machen  können;  er  hält  es  für  sehr  wahrscheinlich,  dass  die 
Empfindungen  der  Licht-  und  Schallwellen,  für  welche  bei  den  höheren  Thieren  verschiedene  Organe 
differenzirt  sind,  bei  den  niederen  an  ein  und  dasselbe  Sinnesorgan  in  unvollkommener  Ausbildung 
gebunden  Vorkommen.  Als  ein  solches  „gemischtes  Sinnesorgan“,  über  dessen  eigentliche 
Function  wir  uns  natürlich  vorläufig  jeder  bestimmteren  Vermuthung  enthalten  müssen,  möchte  er 
auch  die  Randbläschen  der  Geryoniden  etc.  betrachtet  wissen. 

Unsere  Ansicht  von  der  functioneilen  Bedeutung  dieser  Gebilde  werden  wir  erst  im  allge- 
meinen Theil  im  Zusammenhang  auszuführen  und  zu  begründen  versuchen. 


70 


II.  Vesiculatae. 

Unter  dem  Namen  Vesiculatae  vereinigte  Haeckel  (38)  alle  mit  Randbläschen  versehenen  Me- 
dusen mit  Ausschluss  der  Trachymedusen.  Wir  behalten  die  Gruppe  und  den  Namen  hei,  da  wir  der 
Ansicht  sind,  dass  durch  letzteren  ein  systematisch  sehr  bedeutsames  Merkmal  in  den  Vordergrund 
der  Charakteristik  gestellt  wird.  Wie  wir  später  noch  näher  erörtern  werden,  sind  die  Hörbläschen 
der  Vesiculaten  ebenso  typisch,  wenn  auch  anders  gestaltet,  als  die  Gehörorgane  der  Trachymedusen. 

Die  Unterscheidung  von  Familien  innerhalb . der  Gruppe  hat  mit  grösseren  Schwierigkeiten 
zu  kämpfen,  als  hei  den  Trachymedusen.  Einmal  fehlen  so  wesentliche  Verschiedenheiten,  wie  sie 
hei  letzteren  wenigstens  zwischen  den  Geryoniden  und  Aeginiden  bestehen,  dann  aber  sind  auch 
die  unterscheidenden  Merkmale  in  sehr  unregelmässiger  Weise  vertheilt.  Wir  haben  daher  Abstand 
genommen,  dieser  Schilderung  die  Eintheilung  in  Familien  zu  Grunde  zu  legen,  und  werden  es 
vorziehen,  alle  von  uns  untersuchten  Arten  gemeinsam  zu  besprechen  und  dabei  die  Besonderheiten 
einer  jeden  getrennt  hervorzuheben.  Wir  hatten  Gelegenheit  folgende  verschiedene  Formen  zu 
beobachten:  Phialidium  viridicans  (Leuckart),  Obelia  polystyla  (Eucope  polystyla  Gegenbaur), 
Mitrocoma  Annae  (Haeckel),  Octorchis  Gegenbauri  (Haeckel) , eine  nicht  näher  zu  bestimmende 
Eucheilota  (Mc.  Crady)  und  endlich  die  grosse  schöne  Aequorea  Forskalea  (Agassiz  Medusa  aequorea 
Forskäl).  Am  genausten  von  diesen  Formen  konnte  die  Aequorea  Forskalea  untersucht  werden. 
Sie  wird  deswegen  auch  im  Folgenden  die  Grundlage  für  unsere  Darstellung  gehen,  zumal  hei  der 
' Schilderung  des  Nervensystems. 


a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands  der  Vesiculaten. 

Der  Schirmrand  aller  Vesiculaten  besitzt  eine  glatte  Contour  und  bildet  einen  mehr  oder 
minder  auffälligen  Wulst,  dessen  an  das  Velum  angrenzende  Oberfläche  mit  einem  Streifen  von 
hohem  Flimmerepithel  bedeckt  ist.  Das  von  ihm  entspringende  Velum  ist  meist  von  geringer 
Breite  und  auch  hei  den  grösseren  Arten,  wie  Mitrocoma  und  Octorchis,  ganz  ausserordentlich  dünn, 
so  dass  es  schwer  fällt,  auf  einem  Querschnitt  die  vier  Schichten,  aus  denen  es  sich  zusammensetzt : 
das  obere  und  untere  Epithel,  die  Stützlamelle  und  die  Muskelschicht,  nachzuweisen.  Nur  Aequorea 
macht  hier  eine  Ausnahme;  bei  derselben  nehmen  die  sonst  platten  Epithelzellen  eine  mehr  cubische 
Beschaffenheit  an,  namentlich  aber  ist  die  Stützlamelle  gut  ausgebildet  und  sogar  in  der  Nähe  des 
Schirmrands,  wo  sie  sich  wie  auch  bei  anderen  Medusen,  verdünnt,  auf  Querschnitten  deutlich  zu 
erkennen.  Sie  verbindet  sich  hier  in  der  schon  von  den  Trachymedusen  geschilderten  Weise  mit 
einer  der  Subumbrella  zur  Stütze  dienenden  Membran  und  einer  zweiten,  die  die  Oberfläche  der 
Gallerte  auf  der  dorsalen  Seite  überzieht.  Die  Festigkeit  aller  dieser  Membranen  macht  die  Aequorea 
zu  einem  für  die.  Untersuchung  des  Nervensystems  ebenso  günstigen  Object,  als  es  Carmarina  unter 
den  Trachymedusen  ist. 

Die  Muskelschicht  des  Velum  wird  von  der  Subumbrella  durch  einen  Saum  geschieden, 
innerhalb  dessen,  wie  wir  schon  hei  den  Trachymedusen  beschrieben  haben,  die  musculösen 
Elemente  fehlen  (Aequorea  Taf.  VI.  Fig.  2 und  3;  Octorchis  Taf.  VII.  Fig.  13;  Mitrocoma  Taf.  VII. 
Fig.  14).  Derselbe  liegt  zum  Theil  im  Bereich  des  Velum,  zum  Theil  im  Bereich  der  Gallert- 
scheibe und  ist  namentlich  bei  Aequorea  von  ansehnlicher  Breite.  Die  nach  Innen  von  ihm  folgende 
Subumbrella  (m1)  ist  eine  musculöse  Membran,  die  nicht  die  ganze  untere  Schirmfläche  über- 


71 


zieht,  sondern  in  grösserer  oder  geringerer  Entfernung  vom  Schirmrand  mit  einer  scharfen  Linie 
abschneidet.  Sie  besteht  aus  quergestreiften  Muskelfibrillen,  die  meist  drelirund  und  sehr  schmal 
sind  und  nur  bei  Octorchis  eine  von  oben  nach  unten  abgeplattete  und  dem  entsprechend  ver- 
breiterte Gestalt  besitzen.  Die  Muskelfibrillen  verlaufen  ausnahmslos  kreisförmig  dem  Schirmrand 
parallel  und  kreuzen  hierbei  die  Radiärkanäle,  die  bei  Aequorea  bis  zu  50  vorhanden  sind,  bei 
allen  übrigen  constant  in  Vierzahl  auftreten.  Nur  da  wo  die  bandförmigen  Geschlechtsorgane  in  der 
unteren  Wand  der  Radiärkanäle  zur  Entwicklung  kommen,  ist  die  Subumbrella  durch  diese  unter- 
brochen; wie  wir  es  genauer  von  Carmarina,  bei  der  ähnliche  Verhältnisse  vorliegen,  geschildert  haben, 
hören  die  Muskelfibrillen  hier  an  beiden  Seiten  mit  zugespitzten  Enden  in  einer  geraden  Linie  auf. 

Der  feinere  Bau  der  Subumbrella  ist  bei  den  einzelnen  Arten  wesentlich  verschieden. 
Bei  Phialidium  und  Octorchis  bilden  die  Muskelfibrillen  eine  platte  Schicht  auf  der  ihnen  zur  Unter- 
lage dienenden  Stützlamelle  und  werden  nach  aussen  von  einer  einzigen  Lage  Epithelzellen  bedeckt. 
Bei  Mitrocoma  (Taf.  VII.  Fig.  14m1)  und  Aequorea  (Taf.  VI.  Fig.  2 m1)  dagegen  legt  sich  die 
Muskellamelle  in  Falten,  wodurch  eine  Vermehrung  der  musculösen  Elemente  bedingt  wird;  gleich- 
zeitig scheidet  die  Musculatur  sammt  ihren  Matrixzellen  aus  dem  Ektoderm  aus  und  bildet  ein 
eigenes  vom  Epithel  getrenntes  Stratum.  Dies  Verhalten  ist  am  meisten  bei  Aequorea  ausgeprägt. 
Legen  wir  hier  einen  Querschnitt  durch  die  Subumbrella,  so  finden  wir  nach  der  Gallerte  zu  zu- 
nächst die  Stützlamelle;  auf  diese  folgen  die  Querschnitte  der  Muskelfibrillen,  die  in  einer  gewellten 
oder  vielfach  im  Zickzack  geknickten  Linie  angeordnet  sind;  weiter  treffen  wir  auf  eine  ziemlich 
ansehnliche  Schicht  protoplasmareicher  Zellen,  die  überall  die  durch  die  Faltung  der  Muskellage 
hervorgerufenen  Einbuchtungen  ausfüllt;  den  Abschluss  nach  aussen  endlich  bildet  das  Epithel, 
bestehend  aus  platten  Zellen,  die  jedesmal  an  der  Stelle,  wo  sie  den  Kern  tragen,  einen  starken 
buckelartigen  Vorsprung  besitzen  und  mit  einer  dicken  gekörnten  Cuticula  bedeckt  sind.  Die 
Epithelzellen  werden  von  den  unterliegenden  Zellen,  welche  die  Matrix  der  Muskelfibrillen  zusammen- 
setzen, durch  eine  scharfe  und  deutliche  Linie  getrennt;  dieselbe  entspricht  wahrscheinlich  einer 
Membran,  die  sich  zwischen  beide  Lagen  einschiebt. 

Die  Ausscheidung  der  Musculatur  aus  dem  Epithel  ist  bei  Mitrocoma  noch  nicht  so  weit 
gediehen  wie  bei  Aequorea,  nur  in  der  Gegend  des  Ringkanals  ist  hier  eine  Differenzirung  des 
Ektoderms  in  Epithel-  und  Muskelzellen  eingetreten,  in  einiger  Entfernung  vom  Schirmrand  lässt 
sich  dieselbe  nicht  mehr  nachweisen.  Hier  liegen  die  Epithelzellen  unmittelbar  den  Muskelfibrillen 
auf  und  besitzen  wie  bei  anderen  Medusen  zugleich  die  Function  von  Matrixzellen  der  Musculatur 
und  von  Elementen,  welche  die  Grenzschicht  des  Organismus  bilden. 

Unmittelbar  auf  der  Stützlamelle  der  Subumbrella  lagert  am  Schirmrand  der  Ringkanal. 
Derselbe  ist  bei  Phialidium  und  Obelia  sehr  fein  und  beim  lebenden  Thier  nur  dann  zu  erkennen, 
wenn  sein  Lumen  geöffnet  ist  und  in  demselben  die  strudelnden  Bewegungen  der  Geisselzellen 
sichtbar  sind.  Auf  dem  Querschnitt  (Taf.  VII.  Fig.  7 und  8r)  bildet  er  eine  feinkörnige  Masse,  in 
der  einzelne  Zellkerne  lagern;  eine  Oeffnung  ist  in  ihm  dann  nicht  zu  erkennen.  Ansehnlicher  ist 
der  Ringkanal  bei  den  übrigen  untersuchten  Vesiculaten,  besonders  bei  Mitrocoma  (Taf.  VII.  Fig.  14) 
und  Aequorea  (Taf.  VI.  Fig:  2).  Bei  den  beiden  letztgenannten  füllt  er  den  Wulst,  welchen  der 
Schirmrand  bildet,  aus  und  lässt  in  vortrefflicher  Weise  die  Unterschiede  der  Epithelformen  er- 
kennen, die  wir  schon  früher  hervorgehoben  haben.  Ueberall  wo  die  entodermale  Auskleidung  an 
die  Gallerte  grenzt  (r1),  besteht  sie  aus  kleinen  cubischen  Zellen,  hingegen  aus  hohen  blasigen 
Gebilden  an  den  Stellen,  wo  sie  entweder  der  Subumbrella  auf  liegt  oder  sich  mit  dem  Epithel  des 
Randwulstes  berührt  (r2). 


72 


Dem  Ringkanal  sitzen  direct  die  Tentakeln  auf.  Dieselben  sind  bei  den  Vesiculaten 
mannigfaltiger  gestaltet,  als  bei  irgend  einer  anderen  Medusengruppe,  namentlich  ist  hervorzuheben, 
dass  bei  den  meisten  Arten  wesentlich  verschiedene  Formen  der  Tentakeln  gleichzeitig  und  dauernd 
neben  einander  Vorkommen,  was  sonst  nirgends  der  Fall  zu  sein  pflegt.  Im  Allgemeinen  können 
wir  unter  den  Tentakeln  zweierlei  Arten  unterscheiden,  hohle,  schlauchförmige  und  solide, 
st  ab  artige.  Erstere  finden  sich,  mit  Ausnahme  der  Obelia  polystyla,  bei  allen  von  uns  unter- 
suchten Vesiculaten  und  können  als  blinde  Aussackungen  des  Ringkanals  betrachtet  werden.  Sie 
beginnen  mit  einer  bulbusartigen  Anschwellung,  die  sich  in  einen  dünneren,  ganz  ausserordentlich 
contractilen  Schlauch,  den  Tentakelfaden,  verlängert.  Bei  Octorchis  Gegenbauri  (Taf.  X.  Fig.  11) 
und  Eucheilota  (Taf.  X.  Fig.  13)  sind  acht  derartige  Tentakeln  vorhanden,  vier  derselben  sitzen 
an  der  Einmündung  der  Radiärkanäle  und  sind  somit  radial  (tr),  die  vier  anderen  sind  inter- 
radial (ti)  und  entspringen  ungefähr  in  der  Mitte  zwischen  zwei  radialen  Tentakeln.  Bei  den 
übrigen  mit  vier  Radialkanälen  versehenen  Vesiculaten,  Phialidium  viridicans  und  Mitrocoma  Annae, 
treffen  wir  ebenfalls  vier  radiale  Tentakeln.  Dagegen  ist  die  Zahl  der  interradialen  eine  bedeu- 
tendere, bei  Phialidium  beträgt  dieselbe  8 — 12  (Taf.  X.  Fig.  10),  bei  Mitrocoma  steigt  sie  sogar  auf 
76  (Taf.  X.  Fig.  8),  so  dass  hier  im  Ganzen  80  hoble  Tentakeln  vom  Schirmrand  entspringen. 
Bei  Aequorea  endlich  (Taf.  X.  Fig.  9)  fällt  mit  der  grossen  Anzahl  der  hier  vorhandenen  Radial- 
kanäle die  Unterscheidung  von  radialen  und  interradialen  Tentakeln  wenigstens  beim  erwachsenen 
Thier  weg;  bei  den  von  uns  untersuchten  Exemplaren  waren  sogar  doppelt  so  viel  Radialkanäle 
vorhanden,  so  dass  nur  jedem  zweiten  derselben  ein  Tentakel  entsprach.  Den  Radialkanälen  gegen- 
über, welche  mit  keinem  Tentakel  correspondirten , erhoben  sich  vom  Schirmrand  starkgewölbte 
Höcker,  die  sich  ebensowohl  als  Entwicklungsstadien,  als  auch  als  Rudimente  von  Tentakeln  deuten 
lassen  und  als  Tentakelstümpfe  bezeichnet  werden  sollen.  Dieselben  bedingen  auf  der  Oberfläche 
des  Randwulstes  hohle  Vorsprünge,  deren  Binnenraum  eine  Ausstülpung  des  Ringkanals  ist,  und 
tragen  auf  ihrer  Spitze  je  eine  kleine  Papille,  welche  sich  dem  Tentakelfaden  vergleichen  lässt,  wie 
der  Höcker  selbst  dem  Tentakelbulbus. 

Zwischen  den  hohlen  Fangfäden  existiren  bei  manchen  Vesiculaten  noch  kleinere  Aus- 
stülpungen des  Ringkanals,  die  von  Haeckel  (36)  den  Namen  „Tentakelwarzen“  erhalten  haben. 
Die  Tentakelwarzen  sind  kleine  kegelförmige  Erhebungen,  die  auf  ihrer  Spitze  mit  langen  schmalen 
Nesselkapseln  gespickt  sind  und  hier  constant  in  ihrem  Epithel  schwarze  Pigmentkörnchen  ent- 
halten. Bei  Aequorea  lagern  sie  einzeln  jedesmal  in  dem  Zwischenraum  zwischen  einem  Tentakel 
und  einem  Tentakelstumpf  und  stimmen  in  Zahl  demgemäss  mit  den  Radialkanälen  überein  (Taf.  X. 
Fig.  9tw).  Bei  Eucheilota  (Fig.  13)  treten  4 — 5 Tentakelwarzen  zwischen  je  zwei  Tentakeln, 
8 — 10  somit  zwischen  zwei  benachbarten  Radialkanälen  auf;  bei  Octorchis  (Fig.  11)  endlich  war 
ihre  Zahl  eine  etwas  grössere  und  betrug  12  — 14  in  einem  Interradialraum.  Die  übrigen  Arten 
sind  nicht  mit  den  Tentakelwarzen  ausgestattet. 

Während  die  schlauchförmigen  Tentakeln  in  ihrem  Innern  einen  Hohlraum  umschliessen,  der 
mit  dem  Lumen  des  Ringkanals  communicirt,  wird  die  Axe  der  soliden  von  einem  Strang  grosser 
blasiger  Zellen  gebildet,  die  allein  aus  einer  Wucherung  des  Entodermepitliels  entstanden  sind.  Bei 
Obelia  sind  die  soliden  Tentakeln  die  einzigen  Anhänge  des  Schirmrands  (Taf.  X.  Fig.  7).  Wie 
schon  der  Artname  polystyla  andeutet,  ist  ihre  Anzahl  eine  namentlich  im  Verliältniss  zur  Kleinheit 
des  Organismus  sehr  bedeutende,  so  dass  vom  Schirmrand  aus  einer  dicht  neben  dem  andern  sich 
erhebt.  Bei  dem  grössten  Exemplar  waren  ungefähr  80  völlig  ausgebildete  Tentakeln  vorhanden, 
während  kleine  Anlagen  darauf  hindeuteten,  dass  noch  fortwährend  eine  Vermehrung  stattfinde. 


73 


Die  Axe  des  Tentakels  (Taf.  VII.  Fig.  1 1)  besteht  aus  cubischen  Entodermzellen,  die  wie  Pflanzen- 
zellen aussehen  und  in  einer  einzigen  Reihe  angeordnet  sind.  An  der  Basis  des  Tentakels  springt 
die  Axe  jedesmal  mit  einer  Zelle  in  das  Innere  der  Schirmhöhle  vor.  Hier  verdickt  sich  auch 
der  sonst  dünne  epitheliale  Ueberzug  lind  bildet  eine  dem  Schirmrand  aufsitzende  bulbusartige  An- 
schwellung der  Tentakel wurzel. 

Während  bei  Obelia  polystyla  allein  solide  Tentakeln  vorhanden  sind,  fehlen  dieselben  bei 
Aequorea  und  Phialidium  vollkommen;  bei  allen  übrigen  vesiculaten  Medusen  treten  sie  dagegen 
gleichzeitig  mit  den  hohlen  Formen  auf  und  werden  hier,  da  sie  hinter  diesen  an  Grösse  bedeutend 
zurückstehen  und  auch  niemals  so  regelmässig  gestellt  sind,  als  Nebententakeln  (tn)  bezeichnet. 
Ueberall  besitzen  sie  die  gleiche  Gestalt,  sie  sind  feine  Fäden,  die  sich  sehr  in  die  Länge  ziehen 
können  und  bei  der  Contraction  korkzieherartig  eingerollt  werden.  An  der  Basis  sind  sie  nur 
wenig  verdickt,  dagegen  an  der  Spitze  in  sehr  charakteristischer  Weise  fuchsschwanzartig  ver- 
breitert. Ihre  Axe  besteht  aus  einer  Reihe  Zellen,  die  je  nach  dem  Contractionszustand  bald  mehr 
lang  gestreckt  cylindrisch,  bald  mehr  verbreitert  scheibenförmig  erscheinen,  nur  an  der  Basis  sind 
zwei  Zellenreihen  neben  einander  vorhanden.  Das  Epithel  bildet  einen  dünnen  Ueberzug,  in  dem 
hier  und  da  lange  schmale  über  die  Oberfläche  hervorragende  Nesselkapseln  eingestreut  sind;  am 
freien  Ende  des  Tentakels  verdickt  es  sich,  bedeckt  sich  mit  langen  Flimmern  und  umschliesst  zwei 
Reihen  von  grossen  Nesselkapseln,'  die  eine  Art  Nesselknopf,  ähnlich  wie  bei  den  Fangfäden  der 
Siphonophoren , bilden  und  vornehmlich  die  fuchsschwanzartige  Verbreiterung  der  Tentakeln  bedin- 
gen. Die  geschilderten  Nebententakeln  sind  bei  Mitrocoma  (Taf.  X.  Fig.  8)  in  der  Zahl  von 
ungefähr  240  gleichmässig  am  Schirmrand  vertheilt,  so  dass  drei  auf  jeden  Zwischenraum  zwischen 
zwei  Haupttentakeln  kommen ; bei  Octorchis  Gegenbauri  (Fig.  1 1)  stehen  sie  jedesmal  an  der  Basis 
einer  Tentakel warze , ohne  jedoch  so  zahlreich  wie  diese  zu  sein;  bei  Eucheilota  (Fig.  13)  endlich 
sind  sie  zu  Gruppen  von  6 — 8 an  den  Basen  der  Haupttentakeln  vereint. 

Bei  den  genannten  drei  Arten  gelangen  weiterhin  noch  Tentakeln  zur  Beobachtung,  die  sich 
von  den  geschilderten  nur  durch  den  Mangel  der  Nesselkapseln  und  der  fuchsschwanzartigen  Ver- 
breiterung am  peripheren  Ende  unterscheiden,  sich  im  Uebrigen  aber  in  gleicher  Weise  korkzieher- 
artig einzurollen  vermögen;  sie  sind  wohl  nur  als  Entwicklungszustände  der  ersteren  zu  deuten. 

Während  bei  den  Trachymedusen  und  Ocellaten  Anhänge  des  Schirmrands  nur  auf  der 
oberen  Seite  desselben  in  der  Form  von  hohlen  und  soliden  Tentakeln  zur  Entwicklung  kommen, 
finden  sich  solche  bei  einer  Anzahl  Vesiculaten  auch  auf  der  unteren  oder  subumbrellaren  Seite; 
hier  bilden  sie  kleine  Kegel  oder  zungenförmige  Vorsprünge,  die  wir  im  Folgenden  als  Subum- 
brellapapillen  bezeichnen  werden.  Dieselben  sind  von  uns  bei  Aequorea  Forskalea  (Taf.  X. 
Fig.  9 u)  und  Octorchis  Gegenbauri  (Fig.  1 1 u)  beobachtet  worden.  Bei  ersterer  liegen  sie  noch 
innerhalb  des  muskelfreien  Saums  jedesmal  unter  den  Einmündungen  der  Radialkanäle,  mit  denen 
sie  in  gleicher  Anzahl  vorhanden  sind.  In  ihr  Inneres  dringt  eine  Ausstülpung  des  Ringkanals  ein, 
welche  auf  der  Spitze  mittels  einer  ansehnlichen  Oeffnung  nach  aussen  mündet.  Letztere  kann 
namentlich  auf  Querschnitten  mit  aller  Sicherheit  nachgewiesen  werden;  zugleich  fällt  an  denselben 
auf,  dass  die  Wimpern  des  Gastrovascularsystems  alle  am  Rand  der  Oeffnung  nach  aussen  gewandt 
sind,  was  es  wahrscheinlich  erscheinen  lässt,  dass  hier  beim  lebenden  Thier  ein  Ausströmen  des 
Inhalts  des  Ringkanals  stattfindet.  Bei  Aequorea  öffnet  sich  somit  das  Gastrovascularsystem  nicht 
allein  durch  den  Mund,  sondern  auch  an  zahlreichen  Stellen  des  Schirmrands. 

Die  schon  von  Haeckel  (36)  wahrgenommenen  Subumbrellapapillen  von  Octorchis  entsprechen 
in  ihrer  Lagerung  den  Tentakelwarzen,  so  dass  überall  da,  wo  eine  solche  sich  auf  der  oberen 

llertwig,  Medusen. 


10 


74 


Seite  erhebt,  auf  der  Subumbrellaseite  sich  eine  Papille  befindet.  Wie  bei  Aequorea  fallen  sie  noch 
in  das  Bereich  des  muskelfreien  Randsaums.  Sie  scheinen  ganz  von  Entodermzellen  erfüllt  zu 
sein  und  keine  Oeffnung  zu  besitzen.  In  das  Epithel  der  Oberfläche  sind  stets  einige  Nesselzellen 
eingelagert. 

Die  Subumbrellapapillen  sind  bei  den  Vesiculaten  ziemlich  verbreitet.  A.  Agassiz  (2)  hat 
sie  unter  dem  Namen  der  Tentakelsporne  bei  einer  ganzen  Anzahl  Arten  beschrieben,  sie  sollen 
hier  an  der  Basis  der  Tentakeln  nach  einwärts  vorspringen  und  bei  Zygodactyla,  Rhegmatodes  und 
Aequorea  hohl  sein,  bei  Lafoea  und  Ptychogena  aus  grossen  durchsichtigen  Zellen  bestehen.  Viel- 
leicht gehören  auch  hierher  die  von  Gegenbauk  (33)  bei  Thaumantias  mediterranea  beobachteten 
„stumpfen,  aus  grossen  hellen  Zellen  gebildeten  starren  Fortsätze,  die  mit  dem  horizontal  liegenden 
Theil  der  Randhaut  verwachsen  sind“.  Die  genausten  Angaben  über  die  Subumbrellapapillen  ver- 
danken wir  Mecznikow  (64),  der  bei  Zygodactyla  zum  ersten  Mal  ihr  Lageverhältniss  zum  Velum 
richtig  erkannte  und  auf  die  Oeffnung  an  der  Spitze  der  Papille  aufmerksam  machte. 

b.  Das  Nervensystem  der  Vesiculaten. 

Das  Nervensystem  der  Vesiculaten  zeigt  im  Allgemeinen  eine  grosse  Uebereinstimmung  mit 
dem  der  Tracliymedusen ; wie  bei  diesem  können  wir  an  ihm  einen  centralen  am  Schirmrand  ge- 
legenen und  einen  peripheren  Abschnitt  unterscheiden,  und  an  ersterem  wiederum  eine  Zusammen- 
setzung aus  zwei  Portionen,  dem  oberen  und  unteren  Nervenring,  nacliweisen.  Immerhin  haben  sich 
bei  einer  genaueren  Untersuchung  einige  Besonderheiten  ergeben,  die  sich  auf  einen  geringeren 
Ausbildungsgrad  des  Organsystems  zurückführen  lassen.  — Unsere  Beobachtungen  wurden  vornehm- 
lich an  Aequorea  Forskalea  angestellt,  da  die  anderen  Arten  — zum  Theil  wegen  ihrer  Kleinheit  — 
sich  als  ungünstig  erwiesen;  die  folgende  Darstellung  geht  daher  von  der  genannten  Meduse  aus 
und  nur  anhangsweise  werden  die  übrigen  Arten,  so  weit  sie  Verschiedenheiten  zeigen,  berücksichtigt 
werden;  Avie  bei  den  Tracliymedusen  beginnen  wir  mit  der  Betrachtung  des  oberen  Nerven  rings. 

Bei  der  allgemeinen  Besprechung  des  Schirmrands  hatten  wir  hervorgehoben,  dass  derselbe 
bei  Aequorea  durch  die  starke  Ausbildung  des  Ringkanals  Avulstförmig  verdickt  ist  und  dass  er 
ferner  auf  seiner  Oberfläche  eine  lebhafte  Flimmerung  erkennen  lässt.  Letztere  beginnt  an  dem 
Ursprung  des  Velum  und  erstreckt  sich  bis  auf  die  Höhe  des  Wulstes;  sie  findet  sich  somit  ungefähr 
in  der  Ausdehnung,  in  welcher  die  Wandung  des  Ringkanals  dem  Epithel  der  Schirmoberfläche 
fast  unmittelbar  anliegt,  indem  sich  zwischen  beide  nur  eine  dünne  Stützlamelle  einschiebt  (Taf.  VI. 
Fig.  2 und  3).  Soweit  die  Flimmerung  reicht,  besitzt  das  Epithel  eine  von  der  Umgebung  abwei- 
chende Beschaffenheit.  Während  die  Convexität  des  Schirms  von  platten,  das  Velum  von  cubischen 
Zellen  bedeckt  ist,  sind  im  Bereich  der  z wiscl inliegenden  Strecke  die  Epithelzellen  cylindrische 
Gebilde  von  um  so  beträchtlicherer  Feinheit,  als  die  Elementartheile  der  Aequoriden  sich  an  und 
für  sich  schon  durch  geringe  Grösse  auszeichnen.  Von  der  Fläche  betrachtet  (Taf.  VI.  Fig.  14) 
bilden  ihre  freien  Enden  ein  zierliches  Mosaik,  Avie  es  nicht  feiner  die  Sinnesepithelien  der  Säuge- 
thiere  zu  erkennen  geben.  Die  kleinen  das  Mosaik  zusammensetzenden  Vielecke  sind  verschieden 
gross;  ihre  Durchmesser  schwanken  zwischen  0,15 — 0,4  ,u;  zwischen  ihnen  zerstreut  lagern  ver- 
einzelte Nesselkapseln  (z);  am  spärlichsten  sind  dieselben  in  der  Nähe  des  Velum,  während  von 
hier  aus  nach  der  Schirmoherfläche  hin  ihre  Zahl  zunimmt.  Am  Rand  des  flimmernden  Epithel- 
streifens wandeln  sich  die  Zellen  allmählich,  wenn  auch  innerhalb  einer  schmalen  Zone,  in  die 
breiteren  Elemente  der  Schirm-  und  Velumoberfläche  um. 


75 


Auf  Querschnitten  durch  den  Schirmrand  erscheint  der  geschilderte  Epithelstreifen  verdickt 
(Fig.  1 — 3 und  5).  Die  Verdickung  ist  am  geringsten  auf  der  Höhe  des  Ringkanals  und  nimmt 
von  hier  aus  nach  dem  Velum  hin  allmählich  zu;  dicht  über  dem  Velum  ist  sie  ganz  besonders 
ausgeprägt,  so  dass  die  hier  gelegene  Epithelpartie  in  dem  flimmernden  Randsaum  einen  hervor- 
ragenden schmalen  Wulst  bildet;  derselbe  ist  nicht  an  allen  Stellen  gleich  deutlich,  namentlich  ist 
er  an  der  Basis  der  Tentakeln  so  gut  wie  gar  nicht  gegen  die  Umgebung  abgesetzt. 

Wie  sehr  auch  die  Dicke  der  Epithelschicht  wechselt,  so  besteht  dieselbe  gleichwohl  überall 
nur  aus  einer  einzigen  Lage  von  Zellen,  nur  die  Kerne  derselben  ordnen  sich  in  verschiedenen 
Schichten  an.  Anfänglich  bilden  sie  auf  dem  Querschnitt  gesehen  nur  eine  Reihe,  später  zwei,  ja 
innerhalb  des  an  das  Velum  grenzenden  Wulstes  sogar  drei  Reihen  über  einander.  Aus  Macerations- 
präparaten  durch  Klopfen  oder  durch  Zerzupfen  isolirt  zeigen  die  Epithelzellen  die  Eigenthümliclikeiten, 
die  wir  schon  bei  den  Trachymedusen  vom  Sinnesepithel  des  Nervenrings  kennen  gelernt  haben. 
Sie  sind  dünne  fadenförmige  Körper,  ^ in  denen  der  Kern  eine  bald  mehr  dem  peripheren,  bald  mehr 
dem  centralen  Ende  genäherte  Anschwellung  hervorruft  (Taf.  VI.  Fig.  12  und  15).  Am  feinsten  und 
längsten  sind  sie  in  der  Nähe  des  Velum,  und  werden  von  hier  aus  nach  dem  Schirm  zu  kürzer 
und  breiter.  Die  centralen  Enden  verlängern  sich  in  feine,  namentlich  an  guten  Macerationspräpa- 
raten  in  grosser  Länge  erhaltene  Fortsätze;  gewöhnlich  besitzt  eine  Zelle  nur  1—2  derselben, 
seltener  eine  grössere  Anzahl.  Die  peripheren  Enden  tragen  je  ein  langes  feines  Geisselhaar  und 
werden  von  einer  starken  Cuticula  überzogen,  welche  eine  Isolirung  einzelner  Zellen  sehr  erschwert. 
Gewöhnlich  erhält  man  daher  Gruppen  von  Zellen,  die  mit  ihren  peripheren  Enden  noch  fest  ver- 
einigt sind,  während  ihre  feinen  Ausläufer  wirr  nach  allen  Richtungen  hin  auseinanderstrahlen. 

Die  Verdickung,  welche  die  Ektodermschicht  am  Schirmrand  erfährt,  erklärt  sich  nur  zum 
Theil  aus  der  soeben  geschilderten  Beschaffenheit  der  Epithelzellen,  zum  Theil  muss  sie  auf  die 
Anwesenheit  zahlreicher,  unter  diesen  verlaufender  Nervenfibrillen  zurückgeführt  werden.  Auf 
dem  Querschnitt  fallen  dieselben  nur  innerhalb  des  auf  dem  Ursprung  des  Velum  lagernden  Wulstes 
auf  und  erscheinen  hier  als  eine  körnige  Masse,  die  zwischen  den  Epithelzellen  und  der  Stütz- 
lamelle lagert  und  zeitweilig  vereinzelte  Kerne  umschliesst  (Fig.  I und  önr1).  Gleiche  Resultate 
ergiebt  das  Studium  von  Flächenbildern  (Fig.  14).  Wenn  man  den  Schirmrand  einer  Aequorea  flach 
ausbreitet,  so  gewahrt  man  nach  Behandlung  mit  Osmiumsäure  schon  ohne  weitere  Präparation 
einen  dunklen  faserigen  Strang,  der  dicht  an  der  Ursprungsstelle  des  Velum  entlang  läuft  und 
unter  dem  Epithel  liegt.  Entfernt  man  dann  weiterhin  das  letztere  stellenweis  durch  Pinseln,  so 
sieht  man  da,  wo  das  Epithel  erhalten  geblieben  ist,  an  den  Rändern  ein  Gewirr  von  feinen  Fasern 
hervortreten,  die  sich  zu  einem  circulär  verlaufenden  Strang  durchflechten.  Derselbe  ist  jedoch, 
wie  Pinselpräparate  lehren,  nur  ein  Theil,  wenn  auch  der  Haupttheil  des  Nervenrings,  da  noch 
ausserhalb  des  Strangs  feine  Fäserchen  an  den  Rissstellen  unter  dem  Epithel  hervortreten.  Solche 
Fäserchen  finden  sich  soweit  als  die  Verdickung  des  Ektoderms  am  Schirmrand  sich  ausbreitet,  wenn 
sie  auch  seltener  werden,  je  mehr  wir  uns  von  dem  Velum  entfernen. 

Wir  können  somit  bei  Aequorea  eiuen  in  radialer  Richtung  sehr  ausgedehnten,  flächenhaft 
verbreiterten  Ringnerven  nachweisen,  der  sich  nur  am  Rand  zu  einem  ansehnlicheren  Strang  ver- 
dickt. In  diesem  Punkt  ist  eine  nicht  unwesentliche  Abweichung  von  dem  Verhalten,  welches  wir 
bei  den  Trachymedusen  kennen  gelernt  haben,  gegeben,  da  bei  diesen  die  Fibrillenmasse  zu  einem 
einzigen  dicken  Bündel  am  Schirmrand  zusammengedrängt  ist.  Am  auffallendsten  sind  diese  Unter- 
schiede bei  einem  Vergleich  der  Querschnittsbilder,  welche  die  Trachymedusen,  z.  B.  eine  Cunina, 
einerseits  und  die  Aequoreen  andererseits  ergeben.  Wo  bei  Cunina  (Taf.  I.  Fig.  I und  7)  ein  starker 

io* 


76 


durch  Ringnerv  und  Sinnesepithel  hervorgerufener  Wulst  verläuft,  findet  sich  bei  Aequorea  eine  ver- 
hältnissmässig  geringfügige  Anschwellung;  während  aber  jener  sich  scharf  gegen  das  Epithel  der 
Schirmoberfläche  absetzt,  geht  diese  in  eine  sich  erst  allmählich  verflachende  verdickte  Schicht  über. 

Als  Bestan  dtli  eile  des  oberen  Nerven  rings  lassen  sich  hei  Aequorea  ohne  grosse 
Mühe  Nervenfibrillen  und  Ganglienzellen  durch  Zerzupfen  isoliren  (Taf.  VI.  Fig.  17).  Erstere  sind 
zumeist  von  ausserordentlicher  Feinheit,  letztere  besitzen  einen  spindelförmigen  Körper,  in  dem  ein 
bis  zwei  auffallend  kleine  Kerne  liegen.  Durch  ihre  Gestalt  wie  durch  die  Beschaffenheit  ihrer 
Kerne  unterscheiden  sie  sich  von  den  Ganglienzellen  der  Trachymedusen , die  durch  besonders 
grosse  Zellkerne  und  einen  mehr  kugeligen  Körper  sich  auszeichnen.  Auch  sind  sie  in  viel 
grösserer  Zahl  vorhanden,  als  wir  beim  oberen  Nervenring  der  Trachymedusen  gefunden  haben. 
Im  Uebrigen  sind  auch  hier  wieder  die  meisten  Ganglienzellen  bipolar  und  nur  einige  senden  drei 
oder  mehr  Fortsätze  aus. 

Was  schliesslich  noch  das  Verhältniss  anlangt,  in  dem  Nervenring  und  Sinnesepithel  zu 
einander  stehen,  so  haben  wir  einen  innigen  Zusammenhang  beider  sowohl  auf  Querschnitten,  als 
auf  Zerzupfungspräparaten  nachweisen  können.  Beim  Zerzupfen  erhält  man  dann  und  wann  Stücke 
des  Nervenrings  im  Zusammenhang  mit  dem  Epithel  und  kann,  wenn  letzteres  genügend  zerfasert 
ist,  beobachten,  dass  die  feinen  Ausläufer  der  Epithelzellen  sich  den  Fasern  des  Nervenrings  bei- 
mischen (Taf.  VI.  Fig.  12).  Das  Gleiche  lassen  sehr  feine  Querschnitte  erkennen.  Figur  13  auf 
Tafel  YI  stellt  einen  Tlieil  eines  Schnittes  durch  den  Nervenring  dar.  Die  Faserzüge  des  letzteren 
erscheinen  auf  ihm  als  eine  körnige  Masse,  in  dieselbe  treten  die  Fortsätze  der  langen  Epithel- 
zellen (a),  deren  Wimperhaare  noch  zum  Tlieil  erhalten  sind;  im  Nervenring  selbst  lagern  zwei 
Kerne,  welche  den  hier  sich  vorfindenden  Ganglienzellen  (g)  angehören. 

Von  den  übrigen  Vesiculaten  war  es  uns  nur  noch  bei  Mitrocoma  möglich  Zerzupfungs- 
präparate  anzufertigen  und  Ganglienzellen,  Nervenfasern  und  Epithelzellen,  wenn  auch  in  einer  viel 
unvollkommeneren  Weise  als  bei  Aequorea,  zu  isoliren  (Taf.  VII.  Fig.  18«);  bei  den  anderen  Me- 
dusen haben  wir  uns  darauf  beschränkt  die  Anwesenheit  eines  Nervenrings  an  Flächenansichten 
durch  Osmiumsäurebehandlung  nachzuweisen  und  seine  Lagerung  auf  Querschnitten  genauer  fest- 
zustellen. Bei  Obelia  polystyla  haben  wir  in  Anbetracht  der  durch  die  geringe  Körpergrösse  be- 
dingten Schwierigkeiten  auch  auf  Querschnitte  verzichtet  und  stützt  sich  somit  unsere  Ansicht,  dass 
auch  hier  ein  Nervenring  vorhanden  ist,  ausschliesslich  auf  die  Beobachtung  eines  faserigen  Zugs, 
der  dem  Schirmrand  entlang  unter  dem  Epithel  verläuft. 

Alle  nach  Ausschluss  von  Aequorea  übrig  bleibenden,  von  uns  untersuchten  Vesiculaten 
stimmen  in  dem  Punkt  überein,  dass  der  vom  oberen  Nervenring  und  dem  Sinnesepithel  gebildete 
Randsaum  sicli  gegen  die  Umgebung  schärfer  abgrenzt  und  zugleich  schmäler  ist,  als  bei  Aequorea. 
In  demselben  Maasse  als  die  Breite  abnimmt,  nimmt  der  Dickendurchmesser  zu,  so  dass  hierdurch 
der  obere  Nervenring  dem  der  Trachymedusen  mehr  und  mehr  ähnlich  wird.  Bei  einem  Theil,  bei 
Octorchis  Gegenbauri  (Taf.  VII.  Fig.  13)  und  Phialidium  viridicans  (Taf.  VII.  Fig.  7),  steht  diese 
Veränderung  im  Zusammenhang  mit  der  geringen  Breite,  welche  bei  den  genannten  Arten  der  Ring- 
kanal besitzt;  bei  Mitrocoma  Annae  dagegen  ist  das  nicht  der  Fall;  wie  erwähnt,  ist  bei  dieser  Meduse 
(Taf.  VII.  Fig.  14)  der  Ringkanal  sehr  gross,  gleichwohl  ist  der  Nerven wulst  scharf  abgegrenzt 
und  schmal,  so  dass  er  kaum  bis  zur  halben  Höhe  des  Ringkanals  heraufreicht. 

Aehnliche  Verhältnisse,  wie  wir  sie  im  Obigen  für  den  oberen  Nervenring  von  Aequorea 
kennen  gelernt  haben,  kehren  bei  dem  unteren  wieder;  wie  jener  auf  der  oberen  Seite  des  Schirm- 
rands einen  breiten  Saum  mit  einer  dünnen  Lage  bedeckt,  so  ist  auch  dieser  flächenhaft  aus- 


77 


gebreitet,  was  sich  umsomehr  bemerkbar  macht,  als  er  auch  bei  anderen  Medusen,  wie  den 
Geryoniden  und  Aeginiden,  nicht  gerade  aus  dicken  Faserzügen  besteht.  Demgemäss  ist  denn  auch 
die  charakteristische  muskelfreie  Stelle  auf  der  unteren  Seite  des  Schirmrands  mehr  als  sonst  aus- 
gebildet, weniger  auf  Seiten  des  Yelum  als  auf  Seiten  der  Subumbrella,  welch  letztere  erst  in 
ziemlicher  Entfernung  von  dem  Rand,  < entsprechend  der  Mitte  des  sehr  breiten  Ringkanals,  beginnt 
(Taf.  VI.  Fig.  2). 

Im  frischen  Zustand  ist  der  untere  Nervenring  nicht  wahrnehmbar;  und  auch  nach  Be- 
handlung mit  Osmiumsäure  gelingt  der  Nachweis  nur  dann,  wenn  zuvor  das  Präparat  gut  zubereitet 
war.  Zu  dem  Zweck  muss  man,  was  nur  bei  macerirten  Thieren  möglich  ist,  den  oberen  Nerven- 
ring  durch  Pinseln  entfernen,  weiterhin  die  Gallerte  im  Zusammenhang  abziehen  und  schliesslich 
auch  noch  das  Präparat  vom  Epithel  des  Ringkanals  reinigen.  Zunächst  fällt  dann  die  veränderte 
Beschaffenheit  des  Epithels  auf,  welches  aus  viel  kleineren  Zellen  besteht,  als  das  der  Subumbrella 
(Taf.  VI.  Fig.  10  und  11  nr2).  Die  Zellen  besitzen  meist  eine  in  radialer  Richtung  verlängerte  Form 
und  sind  nur  wenig  grösser,  als  der  von  ihnen  umschlossene  Kern.  Unter  dem  Epithel  liegt  eine 
dünne  Schicht  feiner  blasser  Fasern,  in  der  man  nach  Carminfärbung  und  bei  Anwendung  stärkerer 
Vergrösserungen  kleine  runde  oder  ovale  Kerne  bemerkt.  Letztere  sind  schwer  zu  erkennen, 
namentlich  im  Verhältnis  zu  Cunina  und  Carmarina,  bei  welchen  sie,  wie  wir  früher  gesehen  haben, 
sofort  die  Aufmerksamkeit  des  Beobachters  auf  sich  lenken.  Die  Fasern  sind  am  dichtesten  in 
der  Mitte  des  muskelfreien  Saums.  Hier  ordnen  sie  sich  zu  Bündeln,  die  circulär  dem  Schirmrand 
parallel  ziehen,  einen  gewellten  Verlauf  einhalten  und  ab  und  zu  sich  mit  einander  verbinden  oder 
aus  einander  weichen.  Im  Uebrigen  lassen  sich  die  einzelnen  Bestandteile  des  Faserzugs  nicht 
genauer  erkennen,  da  sie  sich  zu  dicht  mit  einander  berühren. 

Den  geschilderten  Haupttheil  des  unteren  Nervenrings  trennt  von  dem  Rand  der  Subumbrella 
eine  schmale  Zone,  in  welcher  die  Elemente  weniger  dicht  bei  einander  lagern.  Hier  durchkreuzen 
sich  feine,  isolirt  verlaufende  Fibrillen  und  bilden  ein  lockeres  Geflecht,  das  auf  der  einen  Seite  an 
die  Subumbrella,  auf  der  anderen  Seite  an  den  Hauptstrang  des  Nervenrings  anstösst;  es  ist  am 
schönsten  zu  sehen,  wenn  ein  Spalt  im  darüber  liegenden  Epithel  durch  das  Herrichten  des  Präparats 
entstanden  ist,  wie  es  Figur  11  auf  Tafel  VI  zeigt,  wodurch  die  Nervenfasern  stellen  weis  freigelegt 
worden  sind.  Ferner  finden  sich  hier  Ganglienzellen  mit  mehreren  Ausläufern,  die  zum  Theil  in 
die  Subumbrella,  zum  Theil  in  den  Nervenring  übertreten;  die  Gestalt  dieser  Zellen  lässt  sich 
bei  genauer  Einstellung  des  Mikroskops  ermitteln,  da  sie  eine  vereinzelte  Lagerung  einnehmen 
(Fig.  11g);  bei  allen  übrigen  Theilen  dagegen  bedarf  es  einer  völligen  Isolation , um  über  ihre 
Formen  Klarheit  zu  bekommen. 

Die  Isolation  der  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  stösst  bei  der  ganz  ausser- 
ordentlichen Feinheit  der  Elemente  auf  vielfache  Schwierigkeiten  und  kann  nur  durch  Zerklopfen 
von  abgezupften  Fetzen  des  unteren  Nervenrings  herbeigeführt  werden.  Die  Bestandteile,  die  man 
auf  diesem  Wege  erhält,  sind  viel  mannigfaltiger,  als  es  beim  oberen  Nervenring  der  Fall  war. 
Wie  bei  den  Tracliymedusen  mischen  sich  zwischen  die  feinen  Fibrillen,  welche  die  Hauptmasse 
des  unteren  Nervenrings  ausmachen,  zahlreiche  starke  Fasern,  deren  Durchmesser  bis  zu  0,4  /li 
betragen  kann.  An  den  von  uns  untersuchten  Präparaten  zeigten  sie  eine  schwach  ausgeprägte 
faserige  Beschaffenheit,  die  vielleicht  auf  eine  fibrilläre  Structur  zurückzuführen,  vielleicht  aber 
auch  nur  als  eine  Folge  der  Behandlung  mit  Reagentien  anzusehen  ist.  Besonders  gross  aber  ist 
der  Reichthum  jni  Ganglienzellen  (Taf.  VI.  Fig.  6);  wie  auch  sonst  sind  dieselben  zumeist  bipolar, 
doch  trifft  man  gar  nicht  selten  auch  auf  Zellen,  bei  denen  man  3 — 4 Fortsätze  nachweisen  kann, 


78 


einmal  sogar  konnten  wir  ein  Exemplar  mit  fünf  Ausläufern  isoliren,  von  denen  einer  sich  in 
seinem  Verlauf  abermals  theilte.  Diese  multipolaren  Ganglienzellen  haben  wir  zum  grössten  Theil 
in  den  Theil  des  Nervenrings  zu  verlegen,  der  an  die  Subumbrella  grenzt.  — In  der  Stärke  der 
Ausläufer  herrschen  dieselben  Unterschiede,  wie  in  der  Stärke  der  Nervenfasern.  Ein  grosser  Theil 
der  Ganglienzellen  steht  mit  jenen  breiten  Fasern  im  Zusammenhang,  die  wir  oben  erwähnt  haben, 
und  bildet  im  Verlauf  derselben  höckerartige  Vorsprünge,  die  nach  dem  Epithel  zu  gerichtet  sind; 
ein  anderer  Theil  wiederum  bildet  nur  feinste  Fibrillen. 

Das  den  unteren  Nervenring  bedeckende  Epithel  besteht  aus  zweierlei  Zellformen.  Die 
eine  derselben  (Taf.  VI.  Fig.  7 a)  zeigt  die  eigenthümliche  Beschaffenheit,  die  wir  bei  den  Aeginiden 
zuerst  kennen  gelernt  haben.  Die  Zellen  besitzen  im  Grossen  und  Ganzen  eine  cubisclie  Gestalt 
mit  einer  gewölbten  Oberfläche,  die  von  einer  deutlichen  Cuticula  überzogen  wird ; auf  ihrer  unteren 
Seite  bilden  sie  protoplasmatische  Fäden  und  Platten,  die  sich  zwischen  die  Elemente  des  Nerven- 
rings einschieben  und  namentlich  die  Ganglienzellen  umscheiden.  Sie  erfüllen  somit  gleichzeitig 
die  Function  eines  Stütz-  und  Deckepithels.  Die  zweite  Art  der  Epithelzellen  (Taf.  VI.  Fig.  8 a) 
ist  viel  seltener  und  daher  leicht  zu  übersehen.  Ihr  Bau  deutet  darauf  hin,  dass  sie  mit  dem 
Nervenring  in  Zusammenhang  stehen  und  dem  Sinnesepithel  zugerechnet  werden  müssen.  Diese 
Zellen  sind  klein  von  Gestalt,  fast  nicht  grösser  als  der  Kern,  den  sie  umschliessen ; sie  senden 
feine  Fortsätze  aus,  die  sich  nicht  selten  in  ihrem  Verlauf  mehrfach  verästeln.  Ihr  freies  Ende 
verlängert  sich  in  ein  dünnes  hellglänzendes  Spitzchen,  von  dem  ein  feines  kurzes  Haar  entspringt. 
Diese  Sinneszellen  lagern  vereinzelt  zwischen  den  Deckzellen  und  lassen  sich  auch  auf  Quer- 
schnitten erkennen,  indem  auf  denselben  ab  und  zu  ein  feines  Haar  über  die  Oberfläche  der  Cuticula 
hervorragt,  welches  einer  darunter  gelegenen  Sinneszelle  entspricht  (Taf.  VI.  Fig.  5 a).  Im  Uebrigen 
zeigen  Querschnitte  vom  unteren  Nervenring  sehr  wenig,  da  es  nirgends  zu  einer  Anhäufung  von 
stärkeren  Nervenbündeln  kommt.  Nur  an  sehr  feinen  Schnitten  gewahrt  man  kleine  mattgraue 
runde  Kreise  und  ab  und  zu  in  ihnen  ein  oder  zwei  Kerne.  Es  sind  dies  die  durchschnittenen 
stärkeren  Fasern  und  die  in  sie  eingeschalteten  gangliösen  Anschwellungen. 

In  das  Bereich  des  unteren  Nervenrings  fällt  die  Subumbrellapapille,  jener  schon  früher 
besprochene  Zapfen,  der  durch  eine  Ausstülpung  des  Ringkanals  entsteht  und  auf  seiner  Spitze 
eine  Ausmündung  desselben  trägt.  Die  Papille  ist  auf  ihrer  Oberfläche  von  einem  Cylinderepithel 
bedeckt,  unter  dem  zahlreiche  Ganglienzellen  lagern.  Auch  hier  können  wir  im  Epithel  zwischen 
Sinnes-  und  Deckzellen  unterscheiden.  Die  ersteren  (Taf.  VI.  Fig.  8 ß)  stimmen  in  ihrem  Bau  ganz 
mit  den  von  anderen  Stellen  des  unteren  Nervenrings  geschilderten  Elementen  überein.  Der  kleine, 
meist  nur  einen  Kern  umschliessende  Zellkörper  trägt  ein  einziges  Haar  und  verlängert  sich  an  seinem 
centralen  Ende  in  nervöse  Fortsätze,  deren  Zahl  eine  ansehnliche  ist  und  bis  zu  sechs  betragen 
kann ; die  Zellen  finden  sich  häufiger,  als  es  sonst  im  unteren  Nervenring  der  Fall  ist.  Die  Deck- 
zellen (Taf.  VI.  Fig.  7 ß)  dagegen  besitzen  keine  Häärchen  und  keine  Nervenausläufer ; in  ihrem 
Bau  gleichen  sie  den  Deckzellen  des  unteren  Nervenrings,  von  denen  sie  sich  nur  durch  geringere 
Breite  und  grössere  Höhe  unterscheiden.  An  ihrer  Basis  bilden  sie  ebenfalls  faserige  Fortsätze, 
mit  denen  sie  die  unter  ihnen  hinziehenden  Ganglienzellen  und  theilweise  auch  die  gleichfalls  etwas 
tiefer  gelegenen  Sinneszellen  umhüllen.  Erstere  sind  nicht  so  zahlreich  wie  im  unteren  Nervenring, 
sind  meist  bipolar  und  senden  nur  sehr  feine  Ausläufer  aus,  während  stärkere  Nervenfasern  völlig 
fehlen.  Wie  man  auf  Querschnitten  erkennt,  sind  die  Sinneszellen  vereinzelt  oder  zu  Gruppen 
zwischen  den  Deckzellen  vertheilt;  da  ihre  Körper  kleiner  sind  als  die  der  letzteren,  ragen  die 
Sinneshaare  isolirt  oder  büschelweise  aus  grübchenartigen  Vertiefungen  im  Epithel  hervor. 


79 


Dem  Gesagten  zu  Folge  besitzt  das  Ektoderm,  welches  die  Subumbrellapapille  bedeckt,  im 
Grossen  und  Ganzen  die  gleiche  Beschaffenheit,  wie  das  Ektoderm  innerhalb  des  muskelfreien,  dem 
Nervenring  entsprechenden  Randsaums  und  kann  somit  nach  Lage  und  Beschaffenheit  als  ein  Theil 
desselben  angesehen  werden.  Die  Vermehrung  der  Sinneszellen  auf  der  Oberfläche  der  Papille 
steht  offenbar  mit  ihrer  Hervorwölbung  im  Zusammenhang,  da  durch  dieselbe  eine  für  das  Empfinden 
sinnlicher  Eindrücke  günstigere  Lagerung  geschaffen  wird. 

Ueber  den  Bau  des  unteren  Nervenrings  bei  den  übrigen  Vesiculaten  haben  wir,  mit 
Ausnahme  von  Mitrocoma,  keine  Beobachtungen  angestellt.  Bei  letzterer  Meduse  zeigten  einige, 
wenn  auch  unvollkommene  Isolationspräparate,  dass  feinere  und  dickere  Nervenfasern  hier  unter 
dem  Epithel  verlaufen  (Taf.  VII.  Fig.  18/3).  Querschnitte,  die  wir  ausser  Obelia  von  allen  Medusen 
(Phialidium  Fig.  7 und  8;  Octorchis  Fig.  13;  Mitrocoma  Fig.  14  auf  Taf.  VII)  angefertigt  haben, 
constatirten  überall  die  wichtige  Thatsache,  dass  sich  zwischen  Subumbrella  und  Velum  eine  Lage 
von  Epithelzellen  findet,  welche  keine  Muskeln  bilden,  in  deren  Bereich  somit  zweifellos  ein  unterer 
Nervenring  zur  Entwicklung  kommt. 

Um  die  Ausbreitung  des  peripheren  Nervensystems  bei  den  Vesiculaten  zu  verfolgen, 
haben  wir,  ausgehend  von  unseren  Beobachtungen  über  die  Trachymedusen , die  Subumbrella  zum 
Untersuchungsobject  gewählt.  Wie  wir  bei  der  allgemeinen  Besprechung  der  Organisation  hervor- 
gehoben haben,  besitzt  dieselbe  innerhalb  der  Gruppe  einen  verschiedenen  Bau,  je  nachdem  die 
Muskellage  vom  Epithel  aus  gebildet  wird  und  demgemäss  direct  unter  diesem  liegt  oder  das  Product 
einer  besonderen  Zellschicht  ist,  die  sich  zwischen  Epithel  und  Musculatur  einschiebt.  Dem  ent- 
sprechend gestaltet  sich  auch  die  Anordnung  des  gangliösen  Plexus  der  Subumbrella  bei  den  ein- 
zelnen Vesiculaten  verschieden. 

Da  wo  die  Muskeln  unmittelbar  unter  dem  Epithel  liegen,  wie  z.  B.  bei  Octorchis  und 
Phialidium,  den  beiden  von  uns  untersuchten  Arten,  ist  die  Anordnung  dieselbe  wie  bei  den  Trachy- 
medusen. Wer  die  Subumbrella  der  letzteren  kennt,  wird  mit  einiger  Aufmerksamkeit  die  gleichen 
vielverzweigten  Zellen  (Taf.  VII.  Fig.  6 von  Phialidium,  Fig.  21  von  Octorchis)  wiederfinden  wie 
dort,  wenn  er  die  mit  Carmin-Osmium  behandelte  Subumbrella  von  der  Gallerte  in  continuo  abzieht 
und  flächenhaft  ausbreitet.  Die  Zellen  liegen  zwischen  Epithel  und  Muskelschicht;  wie  alle  Zellen 
der  Vesiculaten  sind  sie  sehr  klein  und  ist  dies  der  einzige  Punkt,  der  die  Untersuchung  etwas 
erschwert.  Einen  Zusammenhang  mit  dem  unteren  Nervenring  haben  wir  nicht  beobachten  können, 
da  wir  gezwungen  waren  die  Untersuchung  an  in  Spiritus  erhärtetem  Material  vorzunehmen,  an  dem 
sich  der  den  Nervenring  verdeckende  Ringkanal  nicht  entfernen  liess. 

Die  Ausscheidung  der  Muskelzellen  aus  dem  Epithel  ist  am  vollständigsten  bei  Aequorea 
durchgeführt,  wir  haben  deshalb  diese  Meduse  benutzt,  um  die  Lagerung  zu  studiren,  welche  die 
Ganglienzellen  bei  der  veränderten  Beschaffenheit  der  Subumbrella  einnehmen.  Bei  Aequorea  findet 
sich  der  Plexus  zwischen  dem  Epithel  und  der  Zellschicht,  welche  die  Muskelfasern  bildet.  Um 
ihn  sichtbar  zu  machen,  muss  man  zunächst  die  Subumbrella  von  der  Gallerte  abziehen.  Dieselbe 
ist  eine  an  und  für  sich  wenig  durchsichtige  Lage,  da  sie  sich  aus  der  mehrfach  gefalteten  Muskel- 
faserschicht, der, dicken  myogenen  Zelllage  und  dem  Epithel  zusammensetzt;  ihre  Undurchsichtigkeit 
wird  aber  noch  vermehrt,  indem  eine  von  Radialkanal  zu  Radialkanal  ziehende  Lage  trüber  cubischer 
Entodermzeflen  an  ihr  hängen  bleibt.  Entodermzellen-  und  Muskelzellenschicht  greifen  mit  Falten 
in  einander  und  sind  daher  schwer  zu  trennen.  Dagegen  kann  man  sie  im  Zusammenhang  von  der 
darüber  liegenden  Epithelmembran  ablösen.  Letztere  ist  im  isolirten  Zustand  ein  zartes  Häutchen 
(Taf.  VI.  Fig.  9)  von  körnig  streifiger  Beschaffenheit.  Zellgrenzen  lassen  sich  in  ihr  nicht  nach- 


80 


weisen  und  nur  die  zahlreich  zerstreuten  Kerne  lassen  die  zellige  Zusammensetzung  erkennen.  Um 
die  Kerne  herum  ist  eine  grosse  Menge  Zellsubstanz  angehäuft;  es  entstehen  so  auf  der  äusseren 
Seite  der  Epithelmembran  rundliche,  scharf  umschriebene  Höckerchen,  oder  flache  hügelige  Er- 
hebungen, die  ganz  allmählich  sich  in  die  Umgehung  verlieren.  Auf  der  Innenseite  des  Epithels 
liegen  die  Ganglienzellen,  wie  es  schien,  in  der  ganzen  Suhumhrella  gleichmässig  zahlreich  verbreitet. 

Sie  sind  sehr  kleine  spindelige  oder  sternförmige  Körper  (Fig.  9 g)  mit  ein  oder  zwei  Kernen  und 
meist ( zahlreichen  langen  Ausläufern,  die  sich  in  ihrem  Verlauf  nicht  selten  ein-  oder  zweimal  ver- 
ästeln und  dabei  so  zart  werden,  dass  sie  nicht  weiter  verfolgt  werden  können.  Leichter  als  hei 
anderen  Medusen  gelingt  es  die  Ganglienzellen,  die  der  unteren  Fläche  des  Epithels  nur  locker 
anhaften,  vollständig  zu  isoliren  (Fig.  11)  oder  an  den  Rändern  abgezupfter  Epithelstücken  ihre  frei 
hervorragenden  Fortsätze  aufzufinden.  Auch  der  Zusammenhang  mit  dem  unteren  Nervenring  ist 
an  guten  Präparaten  nicht  schwer  nachzuweisen;  er  wird  durch  die  lockere  Faserlage,  die  am 
Rand  des  Hauptstrangs  des  unteren  Nervenrings  verläuft,  und  durch  die  multipolaren  Ganglienzellen, 
die  in  diese  Faserlage  eingestreut  sind,  an  allen  Punkten  des  Schirmrands  in  gleichmässiger 
Weise  vermittelt. 

Literatur.  Wenn  wir  von  P.  J.  v.  Beneden  (10)  abselien,  welcher  die  Geschlechtsorgane  einer 
Obelia  für  Ganglien  hielt,  ein  Irrthum,  der  schon  kurze  Zeit  später  von  Desor  (21)  und  Krohn 
(54)  berichtigt  wurde,  so  ist  Louis  Agassiz  (3)  der  erste,  welcher  bei  einer  Vesiculate  ein  Nerven- 
system beschrieben  hat.  Bei  Tiaropsis  diademata  lässt  er  dasselbe  einen  dünnen  Nervenstrang 
bilden,  der  nach  innen  vom  Ringkanal  — hierbei  haben  wir  uns  die  Meduse  mit  eingeschlagenem 
Velum  zu  denken  — am  Rand  der  Scheibe  verläuft;  mit  dieser  kurzen  Schilderung  hat  Agassiz 
schon  damals  im  Allgemeinen  das  Richtige  getroffen.  — Von  diesen  Angaben  Agassiz’s  beeinflusst, 
hat  dann  später  Mc.  Crady  (63)  eine  ähnliche  Schilderung  vom  Nervensystem  einer  Eucheilota 
gegeben;  es  soll  bei  dieser  Meduse  in  Gestalt  eines  gefärbten  Strangs  auftreten,  der  dem  Sehirm- 
rand  folgt  und  grössere  Anschwellungen  an  der  Basis  der  Tentakeln,  kleinere,  entsprechend  den 
Sinnesbläschen,  bildet.  Aus  dieser  Darstellung,  sowie  aus  der  zugehörigen  Abbildung  geht  jedoch 
mit  Sicherheit  hervor,  dass  Mc.  Crady  nicht  wie  Agassiz  den  Nervenring,  sondern  das  verdickte 
untere  Epithel  des  Ringkanals  vor  Augen  gehabt  hat. 

Auch  bei  zwei  nicht  näher  bestimmten  Eucopiden  wurde  von  Hensen  (41)  und  Leuckart  (59) 
ein  Nervenring  aufgefunden;  ersterer  beschränkt  sich  auf  die  Bemerkung,  „dass  er  für  die  Existenz 
eines  Nervensystems  im  Sinne  von  Agassiz  einstehe“;  letzterer  dagegen  ist  ausführlicher;  er  will 
sich  auf  das  Bestimmteste  von  der  Anwesenheit  eines  besonderen,  neben  dem  Ringgefäss  ver- 
laufenden Randfadens  überzeugt  haben.  Die  Anschwellungen,  die  dieser  Randfaden  an  der  An- 
heftungsstelle der  Randkapseln  und  Tentakeln  zeige,  sollen  aus  Zellen  von  ziemlich  indifferentem 
Charakter  bestehen,  während  die  dazwischen  ausgespannten  Commissuren  eine  Längsstreifung 
erkennen  Hessen. 

Diese  sich  auf  Eucopiden  beziehenden  Angaben  Hensen’s  und  Leuckart’s  wurden  von  Claus 
(18)  und  Allman  (7)  bestritten.  Claus  giebt  die  Existenz  „einer  zarten  Zellenlage,  welche  den  jj 
Schirmrand  in  ganzem  Umfang  begleitet“,  zu,  will  dieselbe  aber  nicht  als  Nervenring  gedeutet 
wissen,  sondern  als  einfaches  Epithel,  da  sie  mit  dem  Epithel  der  Tentakeln  continuirlich  zusammen-  | 
hänge  und  ausserdem  Nesselzellen  erzeuge.  Ebenso  hat  Allman  namentlich  aus  der  Untersuchung  \ 
der  Eucopiden  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass  der  scheinbare  Strang  nur  eine  Ektodermschicht  ist, 
die  unmittelbar  auf  der  distalen  Seite  des  Ringkanals  liegt  und  den  äussersten  Schirmrand  bildet, 
während  die  angeblichen  Ganglien  nur  Ektodermverdickungen  an  der  Basis  der  Sinnesbläschen  seien. 


81 


Ganz  neuerdings  endlich  hat  Harting  (40)  eine  Eucopide  (?)  auf  ihr  Nervensystem  unter- 
sucht; er  ist  überrascht  über  die  Leichtigkeit,  mit  der  sich  der  Nervenring  ohne  Weiteres  nach- 
weisen  Hess,  und  schildert  und  bildet  ihn  ab  als  einen  namentlich  nach  kurzer  Osmiumbehandlung 
scharf  hervortretenden  Zug  äusserst  feiner  Fasern,  die  zum  Tlieil  in  die  Sinnesorgane  einbiegen. 


c.  Die  Gehörorgane  der  Vesiculaten. 

Die  Gehörorgane  der  Vesiculaten  besitzen  in  ihrem  Aussehen  eine  grosse  Aehnlichkeit  mit 
den  Hörbläschen  der  Geryoniden  und  mancher  Trachynemideu  und  sind  daher  in  den  Schilderungen 
früherer  Forscher  nicht  genauer  von  denselben  unterschieden  worden.  In  der  That  aber  sind  sie 
morphologisch  vollkommen  verschiedene  Bildungen,  insofern  sie  sowohl  nach  einem  anderen  Typus 
gebaut  sind,  als  auch  eine  andere  Verbindungs  weise  mit  dem  Nervenring  und  eine  andere  Lagerung 
erkennen  lassen.  Auch  innerhalb  der  Gruppe  ergeben  sich  bei  einer  genaueren  Untersuchung  der 
einzelnen  Arten  erheblichere  Differenzen  in  der  Beschaffenheit  der  Organe,  als  die  in  der  Literatur 
vorliegenden  Angaben  erwarten  lassen,  indessen  berühren  dieselben  nicht  die  Grundzüge  des  Baus, 
sondern  lassen  sich  darauf  zurückführen,  dass  die  Organe  auf  verschiedenen  Stufen  der  Ausbildung 
eines  allen  gemeinsamen  Typus  stehen  geblieben  sind.  Wir  können  somit  auch  bei  den  Vesiculaten 
eine  Entwicklungsreihe  in  der  Vervollkommnung  der  Hörorgane  nachweisen,  wie  wir  es  in  ähnlicher 
Weise  schon  für  die  Trachymedusen  gethan  haben.  Am  Anfang  der  Entwicklungsreihe  stehen 
unter  den  von  uns  untersuchten  Medusen  die  Organe  von  Mitrocoma  Annae,  welche  daher 
hier  auch  an  erster  Stelle  besprochen  werden  sollen. 

Die  Gehörorgane  liegen  nach  aussen  vom  Nervenring  und  gehören  somit  schon  dem  Velum 
an  und  zwar  dem  an  den  Schirmrand  grenzenden  Anfangstheil  desselben.  Jedesmal  ein  Organ 
findet  sich  in  dem  Zwischenraum  zwischen  zwei  schlauchförmigen  Haupttentakeln,  nicht  immer 
genau  in  der  Mitte,  sondern  bald  mehr  dem  einen,  bald  mehr  dem  anderen  genähert  (Taf.  X. 
Fig.  8hb).  Da  nun  die  Zahl  der  Haupttentakeln  sich  bei  einer  geschlechtsreifen  Mitrocoma  auf  80 
beläuft,  so  sind  auch  im  Ganzen  ungefähr  80  Gehörorgane  vorhanden. 

Das  Aussehen  der  Organe  verändert  sich  ganz  ungemein  beim  Wechsel  der  Lagerung,  je 
nachdem  sie  mehr  von  oben,  von  unten  oder  von  der  Seite  betrachtet  werden.  Die  Ansicht  von 
oben  verschafft  man  sich  am  besten,  wenn  man  aus  einem  in  Osmiumsäure  getödteten  Thier  einen 
Theil  des  Schirmrands  herausschneidet,  flach  ausbreitet  und  das  Velum  unter  der  Schirmgallerte 
hervorzieht.  Bei  dieser  Lagerung  des  Organs  würde  man  meinen,  ein  ovales,  vollkommen  geschlos- 
senes Bläschen  zu  erblicken,  dessen  Längendurchmesser  dem  Schirmrand  parallel  verläuft  und  un- 
gefähr doppelt  so  gross  ist,  als  der  Breitendurchmesser  (Taf.  VII.  Fig.  10).  Das  Bläschen  schmiegt 
sich  dicht  an  den  Nervenring  (nr ')  an,  ja  drängt  sich  sogar  etwas  in  ihn  hinein  und  zwingt  so  die 
Fibrillenzüge,  etwas  nach  der  Schirmgallerte  zu  auszuweichen.  In  gleicher  Weise,  wie  der  Ring- 
nerv nach  innen,  beschreiben  die  Muskelfasern  des  Velum  auf  der  anderen  Seite  einen  Bogen  nach 
aussen.  — Kehrt  man  jetzt  die  Meduse  um,  ohne  im  Uebrigen  die  Lagerung  zu  verändern,  so 
überzeugt  man  sich,  dass  der  Binnenraum  des  scheinbaren  Bläschens  nach  unten  keineswegs  ge- 
schlossen ist,  sondern  sich  hier  breit  nach  aussen  öffnet.  Die  Stelle  der  Communication  liegt 
zwischen  Schirmrand  und  Velum  und  wird  um  so  deutlicher,  je  mehr  man  letzteres  nach  aussen 
hervorzieht.  Demnach  ist  das  Organ  kein  Bläschen,  sondern  vielmehr  eine  grubenförmige  Vertiefung 
auf  der  unteren  Seite  des  Velum,  die  auf  der  oberen  naturgemäss  eine  entsprechende  hügelförmige 
Hervorwölbung  bedingt.  — Eine  Ansicht  des  Gehörorgans  von  unten,  wie  wir  sie  eben  geschildert 

Hertwig,  Medusen.  • 


82 


haben,  bei  massig  hervorgezogenem  Vel um,  ist  in  Figur  11  auf  Tafel  YII  abgebilclet;  zu  derselben 
haben  wir  noch  zu  bemerken,  dass  auf  ihr  nur  die  an  den  Gallertschirm  angrenzende  Wand  dar- 
gestellt, dagegen  die  nach  dem  Velum  zu  liegende  Wand,  sowie  dieses  selbst  weggelassen  ist,  da 
die  beiden  letztgenannten  Theile  das  Innere  des  Organs  verdecken  würden.  Auf  der  Figur  ist 
die  in  tangentialer  Richtung  besonders  weite  Mündung  der  Grube  sichtbar. 

Noch  überzeugendere  Bilder  erhält  man  durch  Querschnitte,  die  in  radialer  Richtung 
durch  das  Organ  geführt  sind  (Taf.  YII.  Fig.  14);  dieselben  zeigen,  dass  die  Membran,  welche 
die  obere  Wand  des  scheinbar  vom  Yelum  vollkommen  abgeschnürten  Körpers  bildet,  nichts  als  ein 
Theil  des  Yelum  selbst  ist,  dass  dagegen  eine  Membran,  welche  den  Abschluss  nach  unten  bedin- 
gen würde,  völlig  fehlt.  Wir  werden  daher  die  Gehörorgane  der  Mitrocoma  im  Folgenden  als  Hör- 
gruben bezeichnen  und  an  denselben  eine  proximale,  dem  Schirmrand  angehörige  und  eine  distale, 
in  der  Verlängerung  des  Velum  liegende  Wand,  ferner  eine  untere  concave  und  eine  obere  convexe 
Seite  unterscheiden. 

Da  die  Wand  der  Hörgrube  im  Wesentlichen  nur  ein  Theil  des  Yelum  ist,  so  setzt  sie  sich 
natürlich  auch  aus  denselben  Schichten  wie  dieses  zusammen,  mit  Ausschluss  der  Ringmusculatur, 
welche  am  Rand  der  Einsenkung  aufhört.  Wir  können  somit  an  der  Hörgrube  ein  oberes  und 
unteres  Epithel  (d1  und  d'-)  und  eine  zwischen  beiden  liegende  Stützlamelle  (s)  lachweisen.  Letztere 
ist  eine  dünne  Membran,  die  noch  innerhalb  der  proximalen  Wand  der  Hörgrube  in  die  Stützlamelle 
der  Subumbrella  übergeht,  ohne  im  Uebrigen  Besonderheiten  zu  zeigen;  die  beiden  Epithelschichten 
dagegen  verlangen  eine  genauere  Besprechung*. 

Das  dorsale  Epithel  ist  eine  Lage  grosser  Cylinderzellen , die  von  derben  Membranen 
umgeben  sich  gegenseitig  polyedrisch  abplatten.  Von  der  Fläche  gesehen  (Taf.  VII.  Fig.  10  d1  auf 
der  rechten  Seite)  bilden  sie  ein  Mosaik  polygonaler  Figuren  von  ungefähr  1 /i  Durchmesser,  das 
einige  Aehnliclikeit  mit  der  F acettirung  eines  Arthropodenauges  hat ; auf  dem  Querschnitt  (Taf.  VII. 
Fig.  1 0 d 1 links,  Fig.  1 1 d l,  Fig.  1 4 d ')  stehen  sie  wie  Pallisaden  eine  dicht  neben  der  anderen.  Ihr 
Inhalt  besteht  zum  grössten  Theil  aus  einer  wasserklaren  Flüssigkeit,  welche  das  Protoplasma  auf 
eine  dünne  Rindenschicht  zusammendrängt;  in  derselben  und  zwar  meist  im  basalen  Ende  der  Zelle 
liegt  der  Kern,  der  in  das  Lumen  der  letzteren  einen  kleinen  Vorsprung  bildet.  Da  die  Wände 
benachbarter  Zellen  mit  einander  verschmelzen,  so  entsteht  eine  Bildung,  die  man  völlig  einer  ge- 
deckelten Bienenwabe  vergleichen  kann.  Die  geschilderte  Modiiication  des  Epithels  ist  auf  den 
Umkreis  der  Hörgrube  beschränkt  und  schneidet  ebensowohl  gegen  das  Epithel  des  Nervenrings 
wie  gegen  das  des  Velum  scharf  und  ohne  vermittelnde  Uebergänge  ab. 

Das  Epithel  auf  der  concaven  unteren  Fläche  der  Gehörgrube  ist  ein  Theil  der  Epithel- 
schicht, welche  einerseits  die  Subumbrella,  andererseits  die  untere  Seite  des  Velum  bedeckt.  Es 
ist  der  bei  weitem  wichtigste  Bestandtlieil  des  ganzen  Organs  und  wird  von  dreierlei  verschiedenen 
Zellformen  gebildet:  Concrementzellen,  Sinneszellen  und  einfachen  Epithelzellen. 

Die  Concrementzellen  (o)  fallen  am  meisten  in  die  Augen;  es  sind  blasige  Gebilde,  die 
den  Epithelzellen  der  oberen  Seite  im  Allgemeinen  gleichen,  sie  aber  an  Grösse  bedeutend  über- 
treffen. Ihr  wahrscheinlich  flüssiger  Inhalt  wird  von  einer  doppelt  contourirten  Membran  um- 
schlossen und  enthält  eine  fettglänzende  Concretion  suspendirt,  ein  Körperchen  von  unregelmässig 
kugeliger  Gestalt,  das  als  Otolith  zu  deuten  ist  und  stets  an  einer  Stelle  der  Oberfläche  eine  kleine 
nabelartige  Vertiefung  besitzt.  Wenn  man  nach  letzterer  die  Lagerung  der  Körperchen  in  der 
Zellflüssigkeit  bestimmt,  so  ist  dieselbe  in  den  einzelnen  Fällen  sehr  verschieden.  In  dünnen 
Säuren  löst  sich  die  Concretion  nach  einiger  Zeit  auf  und  hinterlässt  ein  feines  Häutchen,  das  an 


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dem  freien  Ende  der  Zelle  befestigt  ist.  Ebendaselbst  kann  man  durch  Färbung  in  Carmin  einen 
kleinen  ovalen  Kern  nacliweisen. 

Die  Concrementzellen  finden  sich  in  grosser  Anzahl  zu  10 — 20  in  einer  Gehörgrube  vor; 
sie  nehmen  die  tiefste  Stelle  der  muldenförmigen  Einsenkung  ein  und  ordnen  sich  meistentheils  in 
zwei  Reihen  an,  die  dem  Schirmrand  parallel  verlaufen;  zuweilen  bemerkt  man  sogar  Ansätze  zu 
einer  dritten  Reihe,  die  dann  distal  von  den  beiden  übrigen  liegt.  Weder  Zellen  noch  Concretionen 
sind  in  einer  Gehörgrube  von  gleicher  Grösse  und  zwar  finden  sich  die  ansehnlichsten  in  der  Mitte 
der  proximalen  oder  ersten  Reihe;  von  hier  aus  werden  sie  nach  beiden  Seiten  kleiner,  so  wie 
auch  die  Elemente  der  zweiten  und  dritten  Reihe  geringere  Grösse  besitzen.  Zwischen  die  aus- 
gebildeten Concrementzellen  schieben  sich  vereinzelte  abortive  Bildungen,  blasige  Körper,  deren 
Inneres  keinen  Otolithen  beherbergt.  Da  die  Zellen  einer  Gehörgrube  auf  einen  kleinen  Raum 
zusammengedrängt  sind,  schliessen  sie  seitlich  dicht  aneinander  und  bilden  so  ein  ganz  ähnliches 
Gewebe,  wie  wir  es  vom  Epithel  der  convexen  Seite  schon  kennen  gelernt  haben. 

Die  Reihen  der  Concrementzellen  scheiden  die  Sinnesgrube  in  einen  distalen  und  einen  proxima- 
len Theil.  Ersterer  ist  von  einem  einfachen  Plattenepithel  bedeckt,  das  sich  in  das  Epithel  der  unteren 
Yelumseite  fortsetzt.  Von  demselben  unterscheidet  es  sich  dadurch,  dass  es  die  Fähigkeit  Muskel- 
fasern zu  erzeugen  verloren  hat,  es  ist  dem  entsprechend  protoplasmaarm  und  bildet  einen  sehr 
dünnen  unscheinbaren  Ueberzug.  Der  proximale  Theil  der  Hörgrube  enthält  die  Sinneszellen. 

Die  Hör  zellen  sind  bei  Mitrocoma  schwieriger  als  bei  irgend  einer  anderen  Meduse  zu 
beobachten,  da  sie  nicht  allein  von  grosser  Feinheit  sind,  was  bei  allen  Vesiculaten  der  Fall  ist, 
sondern  ausserdem  noch  von  dem  bienenwabenartigen  Epithel  der  oberen  Seite  verdeckt  werden. 
Wir  haben  sie  untersucht,  indem  wir  frisch  in  dünner  Osmiumsäure  abgetödtete  Thiere  in  der 
oben  geschilderten  Weise  ausbreiteten  und  von  oben  betrachteten;  zuvorige  Carminfärbung  ist  sehr 
empfehlenswerth,  da  sich  die  Hörzellen  ziemlich  stark  imbibiren,  das  blasige  sie  bedeckende  Epithel 
dagegen  vollkommen  farblos  bleibt.  Sieht  man  an  einem  derartig  hergerichteten  Präparat  genau 
von  oben  auf  die  Hörgrube,  so  erblickt  man  eine  ungefähr  0,4  a dicke  Lage  kleiner  auf  dem 
optischen  Querschnitt  cubisch  erscheinender  Zellen  (Taf.  YII.  Fig.  10  h).  Dieselben  bedecken  die 
an  den  Nervenring  grenzende  Wand  der  Grube  und  sind  demnach  Zellen,  die  in  einer  Flucht  sich 
in  das  Deckepithel  des  unteren  Nervenrings  fortsetzen,  wie  dies  namentlich  auch  auf  Querschnitten 
(Taf.  VII.  Fig.  14)  nachzuweisen  ist.  Durch  Veränderung  der  Einstellung  des  Mikroskops  kann 
man  die  Zellenlage  continuirlich  bis  an  die  erste  Reihe  der  Concrementblasen  heran  verfolgen 
(Taf.  VII.  Fig.  19  h)  und  sehen,  wie  hier  die  einzelnen  Elemente  scharf  abgeschnitten  alle  in  einer 
Linie  enden.  An  jede  Blase  treten  3 — 5 Zellen,  im  Ganzen  stehen  daher,  da  ungefähr  10  Con- 
crementblasen die  erste  Reihe  bilden,  40  Zellen  in  einer  einzigen  Phalanx.  Von  dem  Ende  jeder 
Zelle  entspringt  ein  Hör  haar,  das  an  der  Wand  der  Concrementblase  herabsteigt  und  sich  der 
Krümmung  derselben  aufs  Innigste  anschmiegt.  Bei  der  Betrachtung  von  oben  kann  man  natürlich 
diesen  Verlauf  der  Haare  nicht  auf  einmal  überblicken,  vielmehr  sieht  man  nur  die  Querschnitts- 
bilder der  letzteren  als  hellleuchtende  Punkte  auf  der  proximalen  Seite  der  Concrementzelle , die 
bei  oberflächlicher  Einstellung  (Fig.  19)  am  Ende  der  Hörzellen  liegen,  je  mehr  man  den  Tubus 
senkt,  um  so  weiter  sich  von  diesen  entfernen  (Fig.  10).  Auf  jede  Concrementblase  kommen  ent- 
sprechend der  Anzahl  der  Hörzellen  4-5  derartige  Hörhaare,  welche  sie  von  unten  umgreifen  und 
somit  gleichsam  eine  Art  Trage  für  sie  bilden. 

Die  Reihe  der  Hörzellen  lässt  sich  deutlicher  zur  Anschauung  bringen,  wenn  man  an 
Macerationspräparaten  durch  Pinseln  das  blasige  Epithel  der  oberen  Seite  entfernt.  Leider  werden 

li* 


84 


bei  diesem  Verfahren  die  Elemente  aus  ihrer  natürlichen  Lage  gebracht  und  der  Zusammenhang 
der  Concrement-  und  Sinneszellen  gelöst,  ferner  bleiben  die  Hörhaare  nicht  erhalten,  wenigstens 
war  dies  bei  den  von  uns  untersuchten  Präparaten  nicht  der  Fall.  Dafür  gewinnt  man  eine  ge- 
nauere Kenntniss  von  der  Form  der  Hörzellen  und  der  an  sie  grenzenden  Epithelzellen,  zumal 
wenn  man  noch  weiterhin  durch  fortgesetztes  Zerzupfen  die  gesammte  Epithellage  der  proximalen 
Seite  der  Hörgrube  im  Zusammenhang  ablöst  und  durch  vorsichtiges  Klopfen  in  ihre  einzelnen 
Bestandtlieile  zerlegt. 

Im  Zusammenhang  isolirt  bildet  das  Epithel  (Taf.  VII.  Fig.  20)  eine  Lage  kleiner  cubischer 
Zellen,  die  kaum  grösser  sind  als  die  von  ihnen  umschlossenen  Kerne  und  an  tingirten  Präparaten 
daher  eine  nahezu  gleichmässig  gefärbte  Masse  darstellen.  Die  ganze  Lage  schliesst  mit  einem 
schwach  gekrümmten  Rand  ab,  welchem  entlang  die  Reihe  der  Hörzellen  angeordnet  ist.  Diese 
besitzen  ebenfalls  einen  kleinen  cubisclien  Körper  mit  grossem  Kern,  verlängern  sich  aber  weiter- 
hin noch  in  einen  dünnen  spatelartigen  Fortsatz,  der  sich  häufig  umlegt  und  dann  von  der  Seite 
gesehen  wie  ein  feines  Fädchen  erscheint.  Die  Fortsätze  grenzen  sich  gegen  den  Körper  der 
Zelle  mit  einer  scharfen  Linie  ab  und  sind  am  längsten  an  den  in  der  Mitte  der  Reihe  gelegenen 
Hörzellen,  welche  zugleich  an  die  grössten  Concrementblasen  stossen,  von  hier  aus  werden  sie 
nach  beiden  Seiten  hin  kleiner. 

Nur  mit  grosser  Mühe  ist  es  uns  gelungen,  einzelne  der  Hörzellen  völlig  zu  isoliren,  da 
sie  sowohl  unter  einander  als  auch  mit  dem  cubisclien  Epithel  fest  Zusammenhängen  (Fig.  20/?). 
Dieselben  verlängerten  sich  au  dem  vom  spatelförmigen  Fortsatz  abgewandten  Ende  in  eine  feine 
Spitze,  ohne  dass  es  uns  jedoch  geglückt  wäre,  von  derselben  eine  Nervenfibrille  ausgehen  zu  sehen. 

In  welchem  Verhältniss  stehen  nun  die  durch  Isolationen  gewonnenen  Re- 
sultate zu  den  Bildern,  welche  die  Betrachtung  einfacher  Situspräparate  ergeben 
hat?  — Bei  der  Erörterung  dieser  Frage  müssen  wir  sehr  bedauern,  dass  an  den  Macerations- 
präparaten  die  Hörhaare  nicht  mehr  erhalten  waren,  dass  es  somit  nicht  möglich  war,  durch  directe 
Beobachtung  die  Stelle  des  Zellenkörpers  zu  bestimmen,  von  der  jene  entspringen.  Dieser  Punkt 
aber  ist  für  die  Beurtheilung  der  Gestalt  der  Sinneszelle  von  der  grössten  Bedeutung. 

Am  meisten  Wahrscheinlichkeit  hat  die  auch  sonst  durch  Beobachtungen  bei  Octorchis  und 
Aequorea  gestützte  Annahme  für  sich,  dass  die  scharfe  Grenze,  welche  den  eigentlichen  Zellkörper 
und  den  spatelförmigen  Fortsatz  von  einander  trennt,  der  hellen  Linie  entspricht,  die  an  Situs- 
präparaten  als  Ende  der  Zelle  erscheint  und  von  der  aus  das  Hörhaar  entspringt,  und  dass  ferner 
der  Fortsatz  als  ein  Tlieil  der  Zelle  anzusehen  ist,  der  im  Situspräparat  nicht  beobachtet  wurde 
und  der  sich  zwischen  die  Wand  der  Concrementzelle  und  die  Stützmembran  einschiebt.  Dieser 
Annahme  zufolge  wäre  der  Fortsatz  keineswegs  das  periphere  freie  Ende  der  Zelle,  für  das  man 
ihn  auf  den  ersten  Blick  wohl  halten  möchte,  sondern  als  solches  wäre  die  kleine  über  dem  Kem 
gelegene  Fläche  anzusehen,  deren  eine  Kante  an  die  Lage  cubischer  Zellen  stösst,  deren  andere 
Kante  sich  mit  der  Concrementblase  berührt  und  dem  Hörliaar  zum  Ursprung  dient.  So  würden 
wir  denn  zu  folgender  Vorstellung  vom  Bau  der  Hörzelle  gelangen.  Die  Hörzelle  ist  eine  Zelle 
von  cubischer  Gestalt,  deren  centrales  auf  der  Stützlamelle  liegendes  Ende  sich  auf  einer  Seite  in 
einen  dünnen  Fortsatz  verlängert  und  mit  diesem  sich  unter  die  Wand  der  Concrementzelle  schiebt, 
auf  der  andern  Seite  dagegen  in  einen  Nervenfortsatz  übergeht.  Im  Gegensatz  zu  dem  stark  ver- 
breiterten centralen  Ende  ist  das  periphere  schmal  und  trägt  da,  wo  es  die  Concrementzelle  berührt, 
das  Hörhaar.  Durch  diese  Deutung  der  Beobachtungen  wird  die  eigentümliche  Stellung  der  Hör- 
zellen  und  Hörhaare  zu  den  Concrementzellen  verständlich  und  lässt  sich  die  Anordnung  des 


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gesammten  Hörapparats  unmittelbar  aus  einem  Zustand  ableiten,  wo  die  Elemente  desselben  neben 
einander  als  indifferente  Epithelzellen  lagerten. 

Die  besprochene  Phalanx  der  Hörzellen  tritt  nur  an  die  erste  Reihe  der  Concrementblasen 
heran,  die  zweite  und  dritte  Reihe  der- letzteren  steht  dagegen,  wie  wir  uns  an  Situsbildern  wie 
an  Macerationspräparaten  auf  das  bestimmteste  versichert  haben,  mit  keinerlei  Elementen  in  Zu- 
sammenhang, welche  eine  Hörempfindung  vermitteln  könnten,  namentlich  fehlen  die  charakteristischen 
Hörhaare,  die  sonst  der  Wand  der  Concrementblasen  auf  liegen.  Die  Blasen  der  distalen  Reihen 
können  somit  höchstens  als  Hilfsapparate  angesehen  werden,  welche  die  Function  der  in  der  proxi- 
malen Reihe  stehenden  verstärken. 

Was  die  Bedeutung  des  so  eigenthümlichen,  auf  die  obere  Seite  der  Hörgrube  beschränkten 
Cylinderepithels  anlangt,  so  hat  Herr  Professor  W.  Müller,  dem  wir  gelegentlich  unsere  Präparate 
zeigten,  die  gewiss  ganz  zutreffende  Ansicht  geäussert,  dass  die  blasigen  derbwandigen  Zellen  der 
gewölbten  Fläche  zur  Stütze  dienen  und  dadurch  ein  Einsinken  derselben  bei  den  Contractionen 
des  Yelum  verhindern. 

Literatur.  Ueber  die  Gehörorgane  der  Mitrocoma  liegt  zur  Zeit  allein  eine  kurze  Notiz 
vor,  welche  Haeckel  in  seiner  als  vorläufige  Mittheilung  erschienenen  „Beschreibung  neuer  cras- 
pedoter  Medusen“  gegeben  hat.  „Randbläschen“,  heisst  es  daselbst,  „80,  je  eines  in  der  Mitte 
zwischen  zwei  Haupttentakeln,  von  0,15  mm.  Durchmesser  und  von  sehr  eigenthümlichem  Bau,  den 
ich  an  einem  andern  Orte  beschreiben  werde  und  der  sich  am  nächsten  an  die  entsprechenden 
Verhältnisse  von  Tiaropsis  anzuschliessen  scheint.“ 

Wenn  wir  die  einzige  genauere  Beschreibung  der  Gehörorgane  von  Tiaropsis,  die  von 
Agassiz  (3  und  4)  gegeben  worden  ist , vergleichen , so  lässt  es  sich  wohl  kaum  bezweifeln , dass 
hier  in  der  That  die  gleichen  Bildungen  vorliegen,  wenn  wir  von  dem  Pigmentfleck  absehen,  der 
bei  Tiaropsis  noch  ausserdem  vorhanden  ist,  bei  Mitrocoma  dagegen  fehlt.  Agassiz  bezeichnet  das 
Organ  als  ein  zusammengesetztes  Auge  und  schildert  es  als  einen  querovalen  dicken  Körper,  der 
mit  einem  breiten  und  dicken  Stiel  auf  der  Scheibe  aufsitzt  und  aus  zwei  Schichten  besteht.  Die 
äussere  Schicht  soll  mit  der  äusseren  Schicht  der  Scheibe  Zusammenhängen  und  aus  einer  einzigen 
Lage  von  grossen  hyalinen,  breiten,  scharf  polygonalen  Zellen  bestehen,  die  innere  dagegen  soll 
die  ganze  Breite,  Dicke  und  Länge  des  Organs  ausfüllen  und  sich  in  die  innere  Wand  der 
Scheibe  (das  Entoderm)  fortsetzen;  die  Zellen  sollen  zu  durchsichtig  sein,  um  mit  gewöhnlichen 
Systemen  erkannt  zu  werden.  Der  eigentliche  optische  Apparat  bestehe  aus  14  in  einer  halbmond- 
förmigen Reihe  angeordneten  Linsen,  deren  jede  von  einer  Zellwand  umschlossen  sei. 

Diese  von  Agassiz  gegebene  Darstellung  ist  zweifellos  in  den  wichtigsten  Punkten  eine  ver- 
fehlte. Keinenfalls  ist  das  Organ  bei  Tiaropsis  ein  solider  Körper,  sondern  jedenfalls  enthält  es 
einen  Hohlraum,  bei  dem  es  allein  fraglich  erscheinen  kann,  ob  er  nach  unten  geschlossen  ist  und 
somit  ein  Bläschen  bildet,  wie  wir  es  bei  den  übrigen  Vesiculaten  kennen  lernen  werden,  oder  ob 
er  wie  bei  Mitrocoma  sich  nach  unten  öffnet  und  Grubenform  besitzt;  ebenso  sicher  ist  es,  dass 
das  Sinnesepithel  des  Hohlraums  nicht  mit  dem  Entoderm  zusammenhängt.  Geben  uns  somit  die 
Angaben  Agassiz’s  gerade  über  den  Punkt,  auf  den  es  am  meisten  ankommt,  über  die  Beschaffen- 
heit des  Hohlraums  keinen  Aufschluss,  so  lässt  doch  ein  Merkmal  von  untergeordneter  Bedeutung, 
die  Bildung  des  oberen  Epithels,  es  uns  wahrscheinlich  erscheinen,  dass  Tiaropsis  sich  der 
Mitrocoma  und  nicht  den  übrigen  Vesiculaten  anschliesst,  dass  es  Hörgruben  nicht  Hörbläschen 
besitzt.  Das  obere  Epithel  zeigt  bei  Tiaropsis  dieselbe  blasige  Beschaffenheit  wie  bei  Mitrocoma. 
Es  deutet  dies  auf  eine  nahe  Verwandtschaft  beider  Arten  hin. 


86 


Die  hier  ausgesprochene  Vermuthung  gewinnt  noch  mehr  an  Sicherheit,  wenn  wir  Beobach- 
tungen des  jüngeren  Agassiz  (2)  zum  Vergleich  heranziehen.  Derselbe  theilt  in  seinem  Catalogue 
of  tlie  Museum  of  comparative  Zoology  mit,  dass  die  gleichen  zusammengesetzten  Augen  wie  hei 
Tiaropsis  ausserdem  noch  hei  der  Gattung  Halopsis  Vorkommen.  Von  den  beiden  zu  dieser  Gattung 
gehörenden  Arten  stimmt  eine,  die  H.  cruciata,  in  ihrem  gesammten  Bau  so  ganz  ausserordentlich 
mit  Mitrocoma  Annae  überein,  dass  es  sich  wohl  kaum  rechtfertigen  lässt,  sie  generisch  von  der- 
selben zu  trennen.  Nicht  allein  dass  der  ganze  Habitus  derselbe  ist : die  gleiche  Form  der  Glocke, 
des  Magens,  der  Geschlechtsorgane,  es  kehren  auch  dieselben  zwei  Arten  der  Tentakeln  wieder, 
und  als  einziger  Unterschied  bleibt  nur  die  geringere  Zahl  der  Gehörorgane,  welche  1 2 im  Ganzen 
beträgt,  und  die  geringere  Zahl  der  Concretionen  — 4 bis  5 — in  einem  Bläschen.  In  diesem 
Punkt  stimmt  aber  die  zweite  Halopsisart,  die  Halopsis  ocellata,  mit  ihren  96  Gehörorganen,  in 
denen  jedesmal  12  bis  14  Otolithen  in  zwei  Reihen  angeordnet  sind,  mit  Mitrocoma  überein;  sie  unter- 
scheidet sich  von  dieser  sowohl  wie  von  Halopsis  cruciata  durch  die  Anwesenheit  von  16  Radial- 
kanälen. Aus  dieser  Vergleichung  ergiebt  sich,  dass  Mitrocoma  eine  Mittelform  zwischen  Halopsis 
cruciata  und  H.  ocellata  ist.  Dies  macht  es  denn  weiterhin  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Gehör- 
organe wohl  nicht  allein  in  ihrem  äusseren  Ansehen,  sondern  auch  in  ihrem  feineren  hei  Halopsis 
noch  nicht  genauer  untersuchten  Bau  einander  gleichen  werden. 

Auf  Grund  aller  der  hier  kurz  mitgetheilten  Erwägungen  sind  wir  zu  der  Ueberzeugung 
gelangt,  dass  die  Grubenform  der  Gehörorgane  nicht  auf  Mitrocoma  beschränkt  ist,  sondern  auch 
hei  anderen  Vesiculaten,  wie  bei  Tiaropsis  und  Halopsis,  auftritt.  Wir  betonen  zum  Schluss  noch 
einmal,  dass  es  sehr  leicht  geschehen  kann,  dass  hei  der  Betrachtung  von  oben  Gehörgruben  für 
Hörbläschen  gehalten  werden;  ein  solcher  Irrthum  liegt  um  so  näher,  als  bisher  nur  Hörbläschen 
bekannt  waren,  jeder  Beobachter  daher  an  die  Untersuchung  zunächst  wohl  mit  der  vorgefassten 
Meinung  heranging,  derartige  Organe  zu  finden. 

Während  die  Gehörorgane  bei  Mitrocoma  grubenartige  Vertiefungen  sind,  bilden  sie  bei 
allen  übrigen  von  uns  untersuchten  Vesiculaten  vollkommen  geschlossene  Bläschen,  die  in  ihrem 
Bau  im  Wesentlichen  mit  einander  übereinstimmen , so  dass  wir  uns  darauf  beschränken  können, 
nur  von  einer  Art  — wir  wählen  hierzu  Aequorea  Forskalea  — eine  genauere  Beschreibung  zu 
geben.  Im  Anschluss  an  dieselbe  werden  wir  dann  noch  kurz  die  Eigen thiimlichkeiten  hervor- 
heben, welche  für  die  übrigen  Arten  charakteristisch  sind  und  sich  im  Grossen  und  Ganzen  allein 
auf  Lagerung,  Zahl  und  Form  der  Organe  beziehen. 

Die  Aequo rea  Forskalea  (Taf.  X.  Fig.  9hb)  zeichnet  sich  durch  die  aussergewöhnlich 
grosse  Zahl  der  Hörbläschen  aus;  in  jedem  Intertentakularraum  stehen  10 — 15  derselben,  so  dass 
man  ihre  Gesammtzahl,  da  an  50  Tentakeln  vorhanden  sind,  nahezu  auf  600  wird  schätzen  können. 
Je  nach  der  Zahl  ihrer  Concretionen  sind  sie  von  sehr  verschiedener  Grösse  und  Form.  Die 
kleinsten  Hörbläschen  mit  nur  einer  Concretion  besitzen  einen  Durchmesser  von  0,06  mm.  und 
sind  von  mehr  oder  minder  kugeliger  Gestalt;  die  grössten  dagegen,  welche  5 oder  6 Otolithen 
umschliessen,  sind  oval,  wobei  der  längste  Durchmesser  des  Ovals  dem  Schirmrand  parallel  verläuft 
und  ungefähr  0,13  mm.  beträgt.  Beide  Formen  sind  selten,  während  mittelgrosse  Bläschen  mit  2 bis 
4 Concretionen  am  meisten  vertreten  sind. 

Die  Hörbläschen  sind  häufig  zu  zweien  oder  dreien  einander  genähert;  dies  führt  zu  Zwil- 
lingsbildungen, wie  sie  bei  Aequorea  gar  nicht  selten  sind,  indem  zwei  Bläschen  so  dicht  an 
einander  rücken,  dass  die  zugekehrten  Wandungen  zum  Theil  mit  einander  verschmelzen  und  ein 


87 


einziger  ovaler  Körper  entsteht,  dessen  Binnenraum  durch  eine  Scheidewand  untergetheilt  wird 
(Taf.  VII.  Fig.  12). 

Wie  die  Hörgruben  von  Mitrocoma,  so  liegen  auch  die  Hörbläschen  von  Aequorea  auf  dem 
Anfangstheil  des  Velum  nach  aussen  vom  Nervenring.  Letzterem  sind  sie  so  dicht  angedrückt, 
dass  die  Nervenfasern  aus  ihrer  Bahn  gelenkt  werden  und  etwas  nach  der  Seite  des  Schirms  hin 
ausbiegen  müssen.  Der  am  Schirmrand  verlaufende  Hauptstrang  des  Nervenrings  wird,  man  könnte 
fast  sagen,  von  der  Seite  zusammengepresst,  was  eine  erhebliche  Dickenzunahme  zur  Folge  hat. 
Letzteres  kann  man  besonders  an  Querschnitten  (Taf.  VI.  Fig.  5)  nacliweisen,  auf  denen  fast  der 
gesammte  Raum  hinter  dem  Sinnesbläschen,  zwischen  ihm  und  dem  Ringkanal,  von  Nervenmasse 
ausgefüllt  erscheint. 

Bei  der  Beschreibung  des  feineren  Baues  haben  wir  an  den  Hörbläschen  drei  Schichten  zu 
unterscheiden,  die  schon  im  frischen  Zustand  erkennbar  sind,  noch  deutlicher  aber  auf  Querschnitten 
oder  an  Macerationspräparaten  hervortreten.  Die  Schichten  sind  von  aussen  nach  innen  aufgezählt 
1)  das  äussere  Epithel  (d1),  2)  die  Stützmembran  (s),  3)  das  innere  Epithel  (d2). 

Das  äussere  Epithel  besteht  aus  kleinen  platten  Zellen  und  bedeckt  die  Oberfläche,  so 

weit  dieselbe  frei  zu  Tage  liegt.  Da  sich  nun  unterhalb  das  Velum  befindet  und  auf  der  proxi- 

malen Seite  die  Fibrillenbündel  des  Ringnerven  hinziehen,  so  sind  es  allein  die  obere,  die  distale 
und  die  beiden  seitlichen  Flächen,  die  von  Epithel  überzogen  sind. 

Die  Stützlamelle  ist  eine  dünne,  aber  sehr  feste  Membran,  die  mit  dem  gleichnamigen 
Gebilde  des  Velum  in  Zusammenhang  steht.  An  feinen  Querschnitten,  die  genau  durch  die  Mitte 
des  Hörbläschens  gelegt  sind  (Taf.  VI.  Fig.  5 s) , kann  man  verfolgen , wie  die  Stützlamelle  des 
Velum  bis  nahe  an  den  Schirmrand  herantritt,  dann,  noch  bevor  sie  denselben  erreicht  hat,  unter 
einem  sehr  spitzen  Winkel  umbiegt  und  in  der  distalen  Wand  des  Bläschens  emporsteigt.  Hier 
wird  sie  zur  Stützlamelle  des  letzteren ; als  solche  trennt  sie  zunächst  äusseres  und  inneres  Epithel 

von  einander,  weiterhin  in  der  proximalen  Wand  das  innere  Epithel  vom  Sinnesepithel  und  von 

den  Faserzügen  des  Nervenrings;  schliesslich  verschmilzt  sie  mit  der  schon  oben  besprochenen 
Membran,  die  sich  zwischen  dem  Nervenring  und  dem  Ringkanal  befindet.  Ueberblicken  wir  diesen 
Verlauf,  so  ist  klar,  dass  die  Stiitzlamelle  für  sich  allein  kein  vollständig  geschlossenes  Bläschen 
bilden  würde;  vielmehr  würde  in  den  Binnenraum  hinein  eine  in  der  unteren  Wand  gelegene  Oeff- 
nung  führen,  die  zwischen  der  Umbiegungsstelle  und  der  Insertion  der  Membran  erhalten  bleibt. 

Die  besprochene  Oeffnung  lässt  sich  sehr  schön  an  Macerationspräparaten  erkennen 
(Taf.  VI.  Fig.  4),  wenn  man  durch  Abpinseln  des  Epithels  der  oberen  und  unteren  Seite  die  Stütz- 
lamelle des  Velum  und  den  benachbarten  Theil  des  Gallertschirms  blosslegt.  An  der  Grenze  beider 
sitzen  dann  die  ebenfalls  ihres  Epithelüberzugs  beraubten  Hörbläschen  als  kleine  dünnwandige 
Säckchen,  deren  Membran,  da  die  geschrumpfte  innere  Epithelauskleidung  sich  von  ihr  zurück- 
gezogen hat,  vollkommen  isolirt  ist  und  als  ein  faltiges  kaum  doppelt  contourirtes  Häutchen  erscheint. 
Sehr  deutlich  ist  hierbei  die  Oeffnung,  welche  von  unten  in  das  Innere  des  Säckchens  führt,  um 
so  deutlicher,  als  durch  sie  ein  Zellstrang  tritt,  der  das  Binnenepithel  des  Hörbläschens  mit  dem 
Epithel  der  unteren  Schirm-  und  Velumseite  verbindet.  Derartige  Macerationspräparate  stellen  es 
ausser  Zweifel,  dass  die  Stützlamelle  des  Hörbläschens  und  die  Stützlamelle  des  Velum  ein  und 
dieselbe  Membran  bilden,  dass  erstere  nur  ein  von  unten  hervorgestülpter  Theil  der  letzteren  ist, 
der  sich  an  seiner  Basis  ein  wenig  abgeschnürt  hat. 

Das  auf  der  inneren  Seite  des  Hörbläschens  gelegene  Epithel  setzt  sich  aus  denselben 
Bestandteilen , welche  die  untere  Fläche  der  Hörgrube  von  Mitrocoma  auskleiden,  zusammen;  wir 


88 


haben  somit  nach  einander  die  Concrementzellen,  die  indifferenten  Epithelzellen  und  die  Sinneszellen 
zu  besprechen. 

Die  Concrementzellen  (Taf.  VII.  Fig.  22)  sind  grosse  blasige  Körper  mit  einer  derben 
Membran,  mit  spärlichem  Protoplasma  und  einem  im  basalen  Abschnitt  gelegenen  Kern.  Da  sie 
nicht  wie  bei  Mitrocoma  dicht  zusammengedrängt  sind,  können  sie  ungehindert  ihre  Gestalt  ent- 
falten , ohne  sich  durch  gegenseitigen  Druck  abzuplatten ; demgemäss  entspringen  sie  mit  breiter 
Basis  unmittelbar  auf  der  Stützlamelle  und  ragen  mit  ihrem  stark  gewölbten  freien  Ende  in  das 
Lumen  des  Bläschens  hinein.  Im  peripheren  Ende  der  Zelle  liegt  die  Concretion,  ein  bimförmiges, 
stark  lichtbrechendes  Körperchen,  das  bei  Behandlung  mit  Säuren  nur  einen  geringen  organischen 
Rückstand  hinterlässt.  Die  Concretion  ist  stets  in  der  Weise  befestigt,  dass  ihr  verbreitertes  Ende 
nach  der  Basis  der  Zelle  gewandt  ist,  das  mässig  zugespitzte  dagegen  in  das  Lumen  des  Hör- 
bläschens vorspringt  und  dabei  von  der  Membran  der  Zelle  eingefasst  wird. 

Wo  eine  Concrementzelle  in  einem  Hörbläschen  vorhanden  ist,  liegt  dieselbe  der  Oeffnung 
in  der  Stützlamelle  gegenüber;  eine  grössere  Anzahl  dagegen  vertheilt  sich  ziemlich  unregelmässig, 
wenn  auch  im  Allgemeinen  in  der  Art,  dass  eine  dem  Schirmrand  parallele  Reihe  entsteht.  Distal- 
wärts  von  dieser  Reihe  ist  die  Innenwand  des  Bläschens  von  sehr  dünnen  indifferenten  Epithel- 
zellen gebildet,  dagegen  lagern  proximalwärts  von  ihr  die  wichtigen  Bestandteile,  die  Ilörzellen 
und  ein  dickes  aus  Ganglien-  und  Sinneszellen  gebildetes  Polster.  Letzteres  werden  wir  zunächst 
einer  genaueren  Besprechung  unterziehen. 

Bei  der  Schilderung  der  Stiitzlamelle  haben  wir  hervorgehoben,  dass  durch  die  in  ihr  be- 
findliche Oeffnung  ein  starker  Zellstrang  eintritt,  der  von  dem  Epithel  der  unteren  Schirm- 
fläche, genauer  gesagt,  vom  Epithel  des  unteren  Nervenrings  herkommt  (Taf.  VI.  Fig.  10  nz).  Auf 
Querschnitten  (Fig.  5 nz)  erscheint  derselbe  als  ein  Pfropf,  der  das  Lumen  der  Oeffnung  vollständig 
verscliliesst  und  eine  Strecke  weit  in  das  Innere  des  Bläschens  sich  fortsetzt,  um  auf  der  Seite 
des  Nervenrings  eine  dicke  Zellenlage  zu  bilden.  Diese  Zellenlage  fällt  schon  im  frischen  Zustand, 
wenn  man  genau  von  oben  auf  ein  Hörbläschen  blickt,  als  eine  Anschwellung  am  Grunde  desselben 
auf  (Taf.  VII.  Fig.  12np);  sie  zeichnet  sich  an  Carmin  - Osmiumpräparaten  durch  einen  grossen 
Reichthum  kleiner  rundlicher  Kerne  aus ; bei  Anwendung  macerirender  Reagentien  (Taf.  VI.  Fig.  4) 
löst  sie  sich  in  zahlreiche  feinste  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  auf,  die  nach  dem  Lumen  des 
Bläschens  zu  von  kleinen  cubischen  Epithelzellen  bedeckt  sind  und  beim  Zerzupfen  als  ein  Büschel 
feinster  Fibrillen  durch  die  Oeffnung  der  Stiitzlamelle  hervortreten.  Die  meisten  Ganglienzellen 
sind  bipolar  und  nur  wenige  sind  mit  drei  oder  vier  Ausläufern  versehen. 

An  die  Anschwellung  am  Grund  des  Bläschens  schliessen  sich  mehrere  Reihen  kleiner  rund- 
licher Zellen,  die  fast  nur  von  dem  Kerne  gebildet  werden  und  gemeinsam  eine  einschichtige  Lage 
zusammensetzen.  Sie  reichen  bis  an  die  Basis  der  Concrementblasen  heran,  um  hier  mit  den  Hör- 
zellen abzuschliessen.  Einzelne  Nervenfäserchen  lassen  sich  über  die  basale  Anschwellung  hinaus 
bis  in  die  geschilderte  Zellschicht  verfolgen,  ohne  dass  es  jedoch  gelungen  wäre,  ihren  Zusammen- 
hang mit  Hörzellen  nachzuweisen. 

Die  Hörzellen  vertheilen  sich  in  der  Weise  auf  die  einzelnen  Concrementblasen,  dass 
6 — 8 auf  der  proximalen  Seite  einer  jeden  in  einem  flachen  Bogen  gestellt  sind.  Sie  sind  Gebilde 
von  ganz  ausserordentlicher  Feinheit  und  im  frischen  Zustand  kaum  sichtbar;  erst  bei  genauer 
Untersuchung  mit  starken  Systemen  bemerkt  man  einen  breiten  scheinbar  feinfaserigen  Streifen, 
der  in  der  proximalen  Wand  des  Bläschens  bis  an  die  Basis  der  Concrementblasen  hinzieht  und 
allen  6 — 8 Hörzellen  zusammen  genommen  entspricht.  Bei  Osmiumsäurebehandlung  wird  der  Streifen 


89 


etwas  deutlicher  und  lässt  eine  Zusammensetzung  aus  Zellen  erkennen,  die  die  Gestalt  schmaler 
viereckiger  Plättchen  besitzen  und  mit  ihren  Rändern  dicht  an  einander  gefügt  sind;  Kerne  von 
ovaler  Form  treten  in  ihnen  erst  hei  Carminfärbung  hervor  (Taf.  VII.  Fig.  121i). 

An  den  Concrementblasen  enden  die  Hörzellen  alle  in  einer  Linie  mit  einer  hellglänzenden 
Contour;  jede  einzelne  trägt  hier  ein  starkes  Haar,  das  ganz  in  der  Weise,  wie  wir  es  von  Mitro- 
coma  schon  geschildert  haben,  der  Oberfläche  der  Concrementblase  sich  anschmiegt  und  der  Wöl- 
bung derselben  entsprechend  gebogen  ist.  Das  Haar  ist  im  frischen  Zustand  schon  nachweisbar,  am 
deutlichsten  aber  zu  sehen,  wenn  das  Concrement  in  Osmiumsäure  gelöst  ist.  Bei  der  Betrachtung 
von  oben  erscheint  es  auch  hier  wiederum  auf  dem  optischen  Durchschnitt  als  ein  hellleuchtender 
Punkt  und  lässt  sich  als  solcher  durch  Wechseln  der  Einstellung  bis  an  den  Kranz  der  Hörzellen 
heran  verfolgen;  nur  sein  unterster  umgebogener  Abschnitt  lässt  sich  auf  einmal  überblicken. 

Auch  auf  Querschnitten  ist  es  uns  einmal  gelungen,  eine  Ansicht  der  Hörhaare  zu  erhalten. 
In  den  Querschnitt,  welcher  in  Figur  5 auf  Tafel  YI  dargestellt  und  der  genau  durch  die  Mitte 
eines  Hörbläschens  gelegt  ist,  haben  wir  vom  nächstfolgenden  Schnitt  die  Hörzellen  eingezeichnet. 
Dieselben  tragen  ausnahmslos  noch  ihre  bogenförmig  gekrümmten  Hörhaare,  dagegen  sind  die 
zugehörigen  Concrementblasen  durch  den  Schnitt  entfernt  worden,  was  indessen  nur  zur  Deutlich- 
keit des  Bildes  beiträgt. 

An  Macerationspräparaten  lassen  sich  die  Hörzellen  nur  mühsam  durch  lange  fortgesetztes 
Klopfen  isoliren,  (Taf.  VI.  Fig.  16a  und  ß).  Ihre  Gestalt  erinnert  vollkommen  an  die  bei  Mitrocoma 
geschilderte.  Der  eigentliche  Zellkörper  ist  klein  und  ebenso  breit  als  hoch;  auf  der  Seite,  mit 
der  er  an  die  nächste  Reihe  der  Epithelzellen  stösst,  verlängert  er  sich  in  eine  feine  Spitze,  auf 
der  anderen  dagegen  sendet  er  einen  dünnen  platten  Fortsatz  aus.  Gegen  diesen  setzt  sich  der  Körper 
mit  einer  scharfen  Kante  ab,  die  bei  seitlicher  Ansicht  der  Zelle  (ß)  einen  Vorsprung  bildet,  auf 
dem  Flächenbild  (a)  dagegen  wie  eine  hellglänzende  Leiste  erscheint.  Die  Vorsprünge  der  einzelnen 
Zellen  bilden  gemeinsam  eine  fortlaufende  Linie.  — Die  Hörhaare  waren  leider  nirgends  erhalten, 
so  dass  auch  hier  der  Ursprung  nicht  direct  beobachtet  werden  konnte ; indessen  kann  es  hier  noch 
weniger  fraglich  sein  als  bei  Mitrocoma,  dass  die  hellglänzende  Leiste  der  scharfen  Contour  ent- 
spricht, mit  welcher  auf  dem  Situspräparat  die  Zellen  an  den  Concrementblasen  abschneiden,  und 
dass  somit  an  jener  die  Ursprungsstellen  der  Hörhaare  zu  suchen  sind  (cf.  Tafelerklärung  VII). 

Ueberblicken  wir  zum  Schluss  noch  einmal  die  Schilderung,  welche  wir  vom  Bau  der 
Sinnesbläschen  von  Aequorea  entworfen  haben,  so  ergiebt  sich  eine  ganz  ausserordentliche  Aehn- 
lichkeit  im  feineren  Bau  mit  den  Gehörgruben  der  Mitrocoma.  Vornehmlich  sind  die  mor- 
phologisch und  physiologisch  wichtigsten  Bestandtheile,  die  Concrement-  und  Hörzellen,  bei  beiden 
Arten  isolirt  fast  kaum  von  einander  zu  unterscheiden.  — Die  Aehnlichkeit  im  feineren  Bau  ge- 
winnt noch  weiter  dadurch  an  Bedeutung,  dass  die  Lagerung  und  die  Beziehungen  zu 
umliegenden  Theilen  bei  den  Organen  der  beiden  Medusen  dieselben  sind.  Hierbei 
kommen  namentlich  zwei  Punkte  in  Betracht,  1)  dass  die  Organe  nach  aussen  vom  Nervenring 
liegen  und  2)  dass  die  Sinneszellen  durch  eine  Membran  vom  oberen  Nervenring  getrennt  werden, 
dagegen  mit  dem  unteren  in  directem  Zusammenhang  stehen.  Wir  können  es  somit  als  ein  fest- 
stehendes Resultat  der  anatomischen  Untersuchung  betrachten,  dass  die  Ilörbläschen  von 
Aequorea  und  die  Hörgruben  von  Mitrocoma  einander  homolog  sind. 

Der  auf  den  ersten  Blick  bedeutsam  erscheinende  Unterschied,  dass  die  Hörorgane  bei  der 
ersteren  nach  unten  geschlossen  sind,  bei  der  letzteren  dagegen  weit  geöffnet,  stellt  sich  ebenfalls 
bei  einer  genaueren  Untersuchung  als  unwichtig  heraus.  Dies  geht  namentlich  aus  dem  Verhalten 

Hertwig,  Medusen.  12 


90 


der  Stützlamelle  hervor,  welches  hei  Aequorea  das  gleiche  ist  wie  bei  Mitrocoma,  indem  die  Stütz- 
lamelle bei  ersterer  ebenfalls  auf  der  unteren  Seite  eine  Oeffnung  besitzt.  Durch  diesen  Nachweis 
wird  der  hervorgehobene  Unterschied  auf  eine  Verschiedenheit  im  Ausbildungsgrad  der  Organe 
zurückgeführt  und  dadurch  erklärt,  dass  sich  bei  Mitrocoma  die  ursprünglichere  Form  des  Gehör- 
organs, die  Form  der  Gehörgrube,  erhalten  hat,  während  es  bei  Aequorea  zu  einer  Abschnürung 
gekommen  ist. 

Die  regellose  Vertlieilung  der  Hörbläschen  bei  Aequorea  hat  bei  den  übrigen  Vesiculaten 
einer  gesetzmässigen  Anordnung  derselben  Platz  gemacht.  Hand  in  Hand  hiermit  geht  eine  Re- 
duetion  der  Zahl,  welche  bei  den  Gattungen  Eueheilota  und  Octorchis  am  meisten  ausgesprochen  ist. 

Euch  eil ota  besitzt  16  Hörbläschen,  die  sich  in  regelmässigen  Abständen  auf  den  Schirm- 
rand vertheilen.  Da  die  Zahl  der  Haupttentakeln  sich  auf  acht  beschränkt,  vier  radiale  und  vier 
interradiale,  so  liegen  in  jedem  Intertentakularraum  zwei  Bläschen  (Taf.  X.  Fig.  13 hb).  Dieselben 
sind  von  ovaler  Gestalt  und  mit  ihrer  Hauptaxe  dem  Schirmrand  parallel  gestellt;  ein  jedes  von 
ihnen  umscliliesst  vier,  seltener  fünf  kugelige  Concretionen , die  in  einer  Reihe  derartig  angeordnet 
sind,  dass  zwei  bei  der  Ansicht  von  oben  dem  Beobachter  zugewandt  sind,  während  die  beiden 
anderen  von  der  Seite  gesehen  werden  (Taf.  VII.  Fig.  16  und  17).  An  die  Concrementzellen  treten 
fünf  breite  mit  Hörhaaren  (hh)  versehene  Hörzellen  (li)  heran,  welche  schwer  zu  sehen  sind,  da 
das  äussere  Epithel  (d1)  nicht  sehr  durchsichtig  ist.  Es  wird  von  cubischen  relativ  grossen  Zellen 
gebildet,  von  denen  eine  jede  auf  ihrem  peripheren  Ende  eine  lebhaft  schwingende  Geissei  trägt. 
Von  der  Fläche  gesehen,  ergeben  die  Zellen  eine  polyedrische  Zeichnung  in  ähnlicher  Weise,  wie 
die  entsprechenden  Gebilde  auf  der  Gehörgrube  der  Mitrocoma;  sie  besitzen  jedoch  nicht  die  blasige 
Beschaffenheit  der  letzteren,  sondern  sind  Zellen  mit  grossem  Kern  und  reichlichem  Protoplasma. 

Noch  geringer  als  bei  Eueheilota  ist  die  Zahl  der  Gehörbläschen  bei  Octorchis  Gegen- 
bauri  (Taf.  X.  Fig.  llhb),  indem  nur  ein  Bläschen  in  einem  Intertentakularraum  liegt,  während 
die  Zahl  der  Haupttentakeln  sich  wie  dort  auf  acht  beläuft.  In  der  querovalen  Gestalt  stimmen 
die  Bläschen  mit  denen  von  Eueheilota  überein,  sind  aber  grösser  und  von  dem  unterliegenden 
Velum  schärfer  abgeschnürt  wie  diese;  ausserdem  enthalten  sie  eine  grössere  Anzahl  von  Concrement- 
zellen, die  gewöhnlich  zu  acht  vorhanden  sind.  Letztere  besassen  bei  dem  einzigen  Exemplar,  was 
wir  untersuchen  konnten,  eine  sehr  regelmässige  Anordnung;  alle  standen  einander  paarweis  ge- 
nähert in  einer  einzigen  dem  Schirmrand  parallelen  Reihe,  welche  das  Bläschen  in  zwei  annähernd 
gleiche  Theile  zerlegte;  die  Concretionen  waren  wie  die  von  Aequorea  bimförmig  gestaltet  und 
wurden  vom  peripheren  Zellende  fest  umschlossen.  An  jede  Concrementzelle  treten  bei  Octorchis  i 
6—8  Hörzellen  heran,  deren  Hörhaare  gut  zu  sehen  sind,  weil  die  Bläschen  wand  dünn  ist  und 
nur  von  einem  unscheinbaren  Epithel  überzogen  wird.  Wie  bei  Aequorea  gelang  es  uns  auch  hier, 
die  Hörhaare  auf  Querschnitten  (Taf.  VIII.  Fig.  5)  nachzuweisen,  im  vorliegenden  Fall  sogar  im 
Zusammenhang  mit  den  Concrementzellen.  Zugleich  wurden  wir  darauf  aufmerksam,  dass  die  ■ 
Hörzellen  sich  über  den  Ursprung  der  Haare  hinaus  in  Fortsätze  verlängern,  die  sich  unter  die  f 
Concrementzellen  einschieben.  Diese  Fortsätze  entsprechen  zweifellos  den  spatelförmigen  Fortsätzen 
bei  Mitrocoma  und  Aequorea,  es  ist  daher  diese  Beobachtung  ein  weiterer  Fingerzeig,  dass  die  von  j 
uns  oben  entwickelte  Auffassung  vom  Bau  der  Hörzellen  der  Vesiculaten  eine  richtige  ist.  Leider 
hatten  wir  von  Octorchis  kein  Maeerationsmaterial,  so  dass  wir  den  Bau  der  Hörzellen  iln  isolirten  1 
Zustand  nicht  untersuchen  konnten. 

Da  acht  Concrementzellen  vorhanden  sind  und  mit  jeder  sich  über  acht  Hörzellen  verbinden,  j 
so  mögen  auf  jedes  Hörbläschen  ungefähr  60  der  letzteren  kommen.  Dieser  aussergewöhnlich  grossen 


91 


Anzahl  entspricht  die  bedeutende  Stärke  der  von  Ganglienzellen  und  Nervenfasern  gebildeten  An- 
schwellung am  Grund  des  Hörbläschens,  welche  sich  bei  keiner  anderen  der  von  uns  untersuchten 
Medusen  so  gut  nachweisen  lässt;  das  Epithel  auf  der  Oberfläche  der  Anschwellung  ist  mit  Flim- 
mern bedeckt,  was  vielleicht  auch  bei  anderen  Vesiculaten  der  Fall  ist,  von  uns  jedoch  nur  hier 
beobachtet  wurde  (Taf.  VII.  Fig.  3 und  4 np). 

Die  Hörbläschen  von  Obelia  polystyla  und  Phialidium  viridicans  stimmen  in  ihrem 
Bau  so  sehr  tiberein,  dass  wir  sie  hier  gemeinsam  besprechen  können;  wir  gehen  auf  ihre  Schil- 
derung noch  einmal  näher  ein,  da  sie  bei  weitem  am  geeignetsten  sind]  um  sich  über  den  Bau  der 
Hörbläschen  bei  den  Vesiculaten  zu  orientiren,  namentlich  aber  geeignet,  um  die  Hörhaare  und 
Hörzellen  zu  sehen. 

Bei  beiden  Arten  sind  die  Bläschen  sehr  klein,  bei  Phialidium  50,  u,  bei  Obelia  sogar  nur 
30  ft  gross.  Bei  letzterer  sind  sie  stets  in  Achtzahl  vorhanden  und  liegen  hier  an  der  Basis  der 
Tentakeln  distalwärts  von  denselben  (Taf.  VII.  Fig.  1.  Taf.  X.  Fig.  7).  Nach  innen  von  ihnen 
springt  in  das  Lumen  der  Schirmglocke  jener  schon  früher  erwähnte  Höcker  vor,  der  aus  einer 
einzigen  Zelle  besteht  und  an  der  Basis  eines  jeden  Tentakels  sich  vorfindet.  Bei  Phialidium 
(Taf.  X.  Fig.  10)  wechselt  die  Zahl  mit  dem  Alter  des  Thieres.  Sehr  junge  Exemplare  besitzen 
acht  Bläschen,  erwachsene  geschlechtsreife  Individuen  dagegen  bis  zu  32;  da  nur  halb  so  viel 
Tentakeln  angelegt  sind,  so  finden  sich  gewöhnlich  zwei  Sinnesbläschen  in  einem  Intertentakular- 
raum.  Im  Lauf  des  Wachsthums  kommen  jedoch  mannigfache  Unregelmässigkeiten  vor,  indem 
in  einem  Intertentakularraum  die  Vermehrung  der  Sinnesbläschen  eine  verlangsamte  oder  eine  be- 
schleunigte sein  kann.  Man  kann  so  an  demselben  Thier  zwischen  zwei  Tentakeln  an  verschie- 
denen Stellen  des  Körpers  ein,  zwei  oder  drei  Sinnesbläschen  wahrnehmen. 

Normaler  Weise  enthalten  die  Sinnesbläschen  nur  einen  Otolithen,  doch  haben  wir  ver- 
einzelt bei  Phialidium  eine  Art  Zwillingsbildung  beobachtet.  In  diesen  Fällen  (Taf.  VII.  Fig.  5) 
war  das  Bläschen  der  Quere  nach  beträchtlich  verlängert  und  zerfiel  durch  eine  bisquitförmige 
Einschnürung  in  zwei  unvollständig  von  einander  getrennte  Abschnitte,  von  denen  ein  jeder  einen 
Otolithen  umschloss.  Da  sich  die  Zwillingsbildung  allein  in  einem  Intertentakularraum  vorfand,  in 
dem  sonst  zwei  Gehörorgane  vorzukommen  pflegen,  so  liegt  es  nahe,  sie  sich  aus  Verschmelzung 
der  Anlagen  zweier  Bläschen  entstanden  zu  denken. 

Das  äussere  Epithel  (Taf.  VII.  Fig.  1.  2.  15  d *)  bildet  einen  namentlich  bei  Obelia  ver- 
schwindend dünnen  Ueberzug  und  ist  nur  an  den  Kernen  zu  erkennen,  die  hier  und  dort  über  die 
Oberfläche  nach  aussen  hervorragen.  Das  Gleiche  gilt  von  dem  inneren  Epithel  (d2),  dessen 
Kerne  in  entsprechender  Weise  in  das  Lumen  des  Bläschens  vorspringen. 

Die  blasige  Co ncrementzelle  (o)  erhebt  sich  mit  breiter  Basis  von  der  Innenwand  des 
Hörbläschens  und  zwar  gegenüber  der  Stelle,  an  der  letzteres  dem  Schirmrand  aufsitzt  (Fig.  8). 
In  ihrem  peripheren  Ende,  welches  in  den  Hohlraum  hineinragt,  umschliesst  sie  den  sphärischen 
Otolithen,  während  ein  rundlicher  Kern  in  der  Seitenwand  der  Zelle  lagert.  Sinn  es  zellen  (h) 
sind  4 — 7 vorhanden,  ihre  Zahl  ist  gewöhnlich  grösser  bei  Phialidium  als  bei  Obelia.  Sie  sind  im 
frischen  Zustand  leichter  als  bei  den  übrigen  Medusen  zu  erkennen  und  besitzen  dann  eine  fein- 
faserige Beschaffenheit,  so  dass  man  sie  für  eine  dünne  Lage  von  Fibrillen  halten  könnte,  die 
vom  Nervenring  an  die  Otolithenblase  herantreten.  An  letzterer  hören  die  Zellen  alle  in  einer 
Linie  mit  einem  glänzenden  Contour  auf,  von  dem  aus  die  Hörhaare  leicht  zu  finden  sind.  Bei 
der  Betrachtung  von  oben  entspricht  jeder  Hörzelle  ein  leuchtender  Punkt,  jedesmal  der  optische 
Querschnitt  eines  Haares.  Bei  Obelia  sieht  man  daher  gewöhnlich  vier,  bei  Phialidium  meist  sechs 

12* 


92 


solche  Punkte  genau  an  den  Stellen,  wo  die  Hörzellen  die  Concrementblase  berühren  (Taf.  VII. 
Fig.  2 a hh).  Stellt  man  dann  tiefer  ein,  so  erblickt  man  die  gleiche  Zahl  heller  Punkte,  doch 
diesmal  in  einiger  Entfernung  von  den  Hörzellen,  da  die  Membran  der  Concrementblase  jetzt  ent- 
fernter liegt  (/?);  schliesslich  erhält  man  den  untersten  umgebogenen  Theil  des  Haares  zur  An- 
sicht {y).  Alle  Bilder,  welche  successive  beim  Wechsel  der  Einstellung  entstehen,  sind  in  den 
Figuren  2 a — y von  einer  Obelia  wiedergegeben. 

Die  geschilderten  Sinnesbläschen  von  Obelia  und  Phialidium  entfernen  sich  unter  allen  von 
uns  untersuchten  Vesiculaten  am  meisten  von  den  Hörgruben  der  Mitrocoma.  Immerhin  sind  die 
Unterschiede,  wenn  wir  von  dem  einen  Hauptmerkmal  absehen,  dass  diese  offene,  jene  geschlossene 
Organe  sind,  von  keiner  grossen  Bedeutung;  sie  äussern  sich  darin,  dass  die  Zahl  der  Otolithen 
eine  Beschränkung  erfahren  hat  und  zugleich  eine  gesetzmässige  geworden  ist.  In  dieser  Hinsicht 
lassen  sich  die  Hörbläschen  der  Eucopidenfamilie  wohl  als  die  höchstentwickelten  betrachten. 

Ob  mit  den  beschriebenen  Formen  die  Mannigfaltigkeit,  welche  die  Hörorgane  bei  den  Vesi- 
culaten in  ihrem  Bau  zu  erkennen  geben,  erschöpft  ist,  müssen  wir  dahingestellt  sein  lassen;  fast  will 
es  uns  aber  scheinen,  dass  dem  nicht  so  sei.  Wir  halten  es  für  wahrscheinlich,  dass  noch  primi- 
tivere Bildungen  vorhanden  sind  als  die  Hörgruben  der  Mitrocoma;  vielleicht  existiren  noch  Me- 
dusen, bei  denen  isolirte  Concrementzellen  im  Epithel  des  unteren  Nervenrings  zerstreut  Vorkommen. 
Den  Nachweis  von  derartigen  ersten  Anfängen  eines  Gehörorgans  haben  wir  vielleicht  von  einer 
genaueren  Untersuchung  derjenigen  Vesiculatenfamilien  zu  erwarten,  bei  denen  bisher  keine  Hör- 
bläschen beobachtet  worden  sind,  wie  bei  den  Thaumantiaden  s.  str.,  den  Melicertiden  u.  s.  w. 

Literatur.  Die  Hörbläschen  der  Vesiculaten  wurden  von  M.  Saks  (77)  entdeckt,  der  zum 
ersten  Male  bei  einer  Thaiunantias  (?)  multicirrhata  acht  Randkörper  auffand.  Im  Laufe  der  näch- 
sten zehn  Jahre  mehrten  sich  die  Beobachtungen.  Milse  Edwards  (23)  beschrieb  die  Organe  bei 
der  Aequorea  violacea,  Kölliker  (50),  v.  Beneden  (10)  und  Krohn  (53)  von  jungen  Obelien, 
Will  (86)  und  Forbes  (29)  von  einigen  Eucopiden  und  Geryonopsiden.  Hinsichtlich  des  Baues 
beschränkten  sich  die  meisten  Beobachter  auf  die  Angabe,  dass  dem  Schirmrand  Bläschen  aufsitzen, 
die  je  nach  den  einzelnen  Arten  ein  oder  mehrere  stark  lichtbrechende  Körperchen  umschliessen. 
Kölliker,  Krohn  und  Will  machten  ausserdem  noch  darauf  aufmerksam,  dass  die  Körperchen  sich 
in  Säuren  lösen  und  daher  wahrscheinlich  aus  kohlensaurem  Kalk  bestehen  ; van  Beneden  dagegen 
erkannte,  dass  die  Concretion  noch  von  einem  besonderen  Bläschen  umschlossen  sei;  nach  ihm  sind 
bei  Obelia  zwei  Bläschen  in  einander  geschachtelt,  von  denen  das  innere  den  kugeligen  Körper  j 
umschliesst;  dass  letzteres  — die  Concrementzeüe  — mit  der  Wand  des  grösseren  Bläschens  fest 
verbunden  ist,  blieb  dem  belgischen  Forscher  verborgen.  Bei  der  Deutung  der  Function  der  Organe  ' 
gingen  die  Ansichten  auseinander.  Während  v.  Beneden  zweifelhaft  war,  ob  er  die  Organe  für 
Augen  oder  Hörbläschen,  die  Concremente  für  Linsen  oder  für  Otolithen  halten  sollte,  erklärte  sich  J 
Kölliker  und  Will  mit  Bestimmtheit  für  die  Deutung  als  Gehörorgane,  indem  sie  die  Aehnlichkeit  j 
des  Bläschens  mit  den  Hörbläschen  der  Mollusken  und  die  in  beiden  Fällen  gleiche  chemische  ; 
Zusammensetzung  der  Concretionen  hervorhoben.  Busk  (14)  dagegen  sprach  sich  in  einer  einige  j 
Jahre  später  erschienenen  kurzen  Abhandlung  dahin  aus,  dass  die  Randkörper  der  Vesiculaten  wie 
die  der  übrigen  Medusen  sich  noch  am  ehesten  als  Augen  betrachten  Hessen. 

Ein  weiterer  Fortschritt  in  der  Kenntniss  der  Gehörorgane  der  Vesiculaten  wurde  durch  den 
Nachweis  herbeigeführt,  dass  das  von  v.  Beneden  beschriebene  den  Otolithen  enthaltende  Bläschen  n 
nicht  frei  im  Innern  des  Hörbläschens  schwebt,  sondern  von  der  Wand  desselben  entspringt.  Nach  j 
Leuckart  (58)  sind  die  Organe  bei  Phialidium  „rundliche  Kapseln  mit  einem  sphärischen  Otolith,  j 


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der  fest  und  unbeweglich  in  eine  eigene  zweite  Zellenhülle  eingebettet  und  an  den  äusseren  Rand 
der  Kapsel  befestigt  ist“;  ebenso  konnte  Gegenbaue  (32  und  33)  „bei  mehreren  Thaumantiasförmigen 
Medusenarten  den  Einschluss  der  Concretion  in  eine  besondere  Zelle  und  deren  bald  mehr  bald 
minder  stielförmige  Verbindung  mit  der  Wandung  des  Randkörperhohlraums“  constatiren.  Beide 
Forscher  vergleichen  die  Hörbläschen  der  Vesiculaten  mit  denen  der  Geryoniden  und  schreiben 
beiderlei  Gebilden  denselben  Bau  zu;  das  Irrthümliche  dieses  Vergleichs  liegt  jedoch  mehr  in  einer 
unrichtigen  Beurtheilung  des  Baues  des  Geryonidenbläschens , als  in  einer  unvollständigen  Kennt- 
niss  der  Organe  der  Vesiculaten.  Mit  Leuckakt  und  Gegenbaue  stimmen  ferner  Kefeestein  und 
Ehlees  (47  und  48)  überein,  indem  sie  angeben,  dass  von  der  „äusseren  Wand  der  Randbläschen  bei 
Eucope  polystyla  (Obelia  polystyla)  nach  innen  ein  Zapfen  vorragt,  der  den  runden  Otolitlien  trägt“. 

Während  von  den  genannten  Autoren  sich  Leuckaet  bestimmt  für  die  KöLLiKEE'sche  Deu- 
tung der  Bläschen  als  Gehörorgane  erklärt,  bezeichnet  Louis  Agassiz  (4)  letztere  in  seinen  fast 
zu  gleicher  Zeit  gemeinsam  mit  James  Claek  herausgegebenen  Contributions  to  the  Nat.  Hist,  mit 
gleicher  Bestimmtheit  als  Augen,  indem  er  den  Concretionen  die  Function  von  Linsen  beimisst. 
Hierbei  bleibt  jedoch  die  anatomische  Schilderung  der  Organe  von  Clytia  volubilis  und  Obelia 
commissuralis  in  so  fern  hinter  den  Angaben  Leuckaet’s,  Gegenbaue’s  u.  A.  zurück,  als  sie  der 
Zelle,  welche  die  Concretion  in  ihrem  Innern  birgt,  mit  keinem  Wort  Erwähnung  tliut. 

Bei  der  Discussion  über  die  Function  der  Randbläschen  wurde  gegen  die  Auffassung  Köl- 
likee’s  stets  der  vollkommen  berechtigte  Einwand  erhoben,  dass  noch  keine  Hörhaare  beobachtet 
worden  seien.  Dieser  Einwand  schien  eine  Zeit  lang  durch  eine  kurze  Notiz,  die  Hensen  (41)  in 
seine  Studien  über  das  Gehörorgan  der  Decapoden  einschaltete,  beseitigt  zu  sein.  Der  genahnte 
Forscher  giebt  hier  in  einer  Anmerkung  folgende  Schilderung  von  dem  Hörbläsclien  einer  nicht 
näher  bestimmten  Eucopide.  „In  den  zahlreichen  Otolithensäcken  fand  sich  an  der  centralen  Seite 
eine  verdickte  Stelle,  als  verdickte  Epithelschicht  zu  deuten.  Von  hier  aus  sah  man  sehr  feine 
Haare  nach  einem  Steine  zu  strahlen,  der  in  der  Mitte  des  Sackes  lag.  Der  Stein  aber  war  in 
einer  inneren  Blase,  die  er  nicht  ganz  ausfüllte,  und  an  die  eine  Seite  dieser  Blase  gingen  noch 
wieder  Haare  heran.“  „Die  Härchen  waren  zwar  sehr  blass  und  wenig  lichtbrechend,  jedoch  schon 
mit  Oberhäuser  Syst.  8 und  allen  Stiplinsen  zu  erkennen.“ 

Vergleichen  wir  diese  Angaben  mit  den  Resultaten  unserer  Untersuchung,  so  kann  es  keinem 
Zweifel  unterliegen,  dass  Hensen  die  Hörhaare  nicht  gesehen  hat.  Die  feinen  Linien,  die  zum 
Theil  an  den  Otolithen,  zum  Theil  an  die  Otolithenblase  herantreten  und  als  blasse  Härchen  ge- 
deutet wurden,  sind  wahrscheinlich  die  Grenzcontouren  der  Hörzellen;  die  verdickte  Epithelschicht, 
von  welcher  die  Haare  entspringen  sollen,  ist  Nichts  anderes  als  die  am  Grund  des  Bläschens 
befindliche  aus  Ganglien-  und  Epithelzellen  gebildete  Anschwellung,  von  welcher  die  Hörzellen 
ausgehen.  Da  Hensen  die  Hörbläschen  allein  von  oben  betrachtete,  hat  er  auch  die  Befestigung 
der  Concrementzelle  an  der  Wand  nicht  beobachten  können;  dies  erklärt,  wesshalb  er  seine  Re- 
sultate mit  denen  Gegenbaue’s,  Leuckaet’s  u.  A.  nicht  hat  in  Uebereinstimmung  bringen  können. 

Die  Darstellung  Hensen’s  ist  zwar  zum  Theil  in  die  Lehrbücher  übergegangen  (vergl.  Claus  : 
Zoologie,  Gegenbaue:  Grundzüge  der  vergl.  Anat.),  hat  aber  von  Seiten  der  meisten  Forscher,  die 
sich  mit  dem  Gegenstand  näher  beschäftigt  haben,  Widerspruch  erfahren.  F.  Müllee  (71),  der  in 
der  physiologischen  Deutung  mit  Agassiz  überein  stimmt,  hebt  mit  Recht  hervor,  dass  die  Con- 
crementblase  sich  an  der  Wand  des  Organs  befestige,  geht  jedoch  im  Uebrigen  bei  seiner  Polemik 
von  der  falschen  Voraussetzung  aus,  dass  die  Randkörper  der  Vesiculaten  dieselben  Bildungen 
seien  wie  die  der  Trachymedusen,  und  bestreitet  daher  unberechtigter  Weise  die  Bläschennatur  der 


94 


Concrementzellen.  Fast  gleichzeitig  giebt  auch  Haeckel  (37)  auf  Grund  ausgedehnterer  Unter- 
suchungen eine  Kritik  der  HENSEN’schen  Beobachtungen.  Haeckel  ist  gleichfalls  der  Ansicht,  dass 
die  Organe  der  Vesiculaten  in  den  wichtigsten  Punkten  denen  der  Trachymedusen  gleichen;  in  der 
Concrementzelle  erblickt  er  das  Homologon  des  Gehörkölbchens  der  Geryoniden  (Sinnesganglion 
nach  Haeckel),  die  hei  letzteren  von  ihm  nachgewiesenen  zwei  Nervenstämme  sollen  hei  den  Euco- 
piden  durch  einen  unpaaren  Nerven  vertreten  sein,  ,,der  wie  ein  Stiel  das  die  Concretion  um- 
schliessende  Sinnesganglion  trage“.  Ferner  geht  aus  der  Schilderung  von  Octorchis  (36)  hervor, 
dass  Haeckel  auch  die  Anschwellung  am  Grund  der  Hörbläschen  beobachtet  hat;  er  beschreibt 
dieselbe  als  ein  .„Zellpolster,  auf  welchem  6 — 10  glänzende  Kugeln  sitzen,  jede  in  ein  zartwandiges 
Bläschen  eingeschlossen“.  Indem  nun  Haeckel  eine  Umdeutung  des  HENSEN’schen  Bildes  versucht, 
„führt  er  die  von  Hensen  als  Härchen  aufgefassten  feinen  blassen  Linien  auf  die  Fasern  des 
Sinnesnerven  und  die  beiden  äussersten  Härchen  auf  die  Contouren  des  Nerven  zurück“.  Der  hier 
referirten  Darstellung  Haeckel’s  können  wir  in  zwei  Punkten  nicht  beistimmen,  einmal  dass  er  die 
Summe  der  Hörzellen  für  einen  Sinnesnerv  hält,  zweitens  dass  er  die  als  eine  einfache  Zelle 
anzusehende  Concrementblase  als  Ganglion  bezeichnet. 

Gegen  Hensen  hat  sich  weiterhin  auch  Allman  ausgesprochen,  zuerst  auf  der  British  Asso- 
ciation im  Jahr  1867  (6),  später  ausführlicher  in  seiner  Monographie  der  Tubulariden  (7).  Nach  ihm 
sind  die  Bandbläschen  kleine  structurlose  Kapseln,  die  zum  grossen  Tlieil  von  einer  kugeligen 
weichen  Masse  (pulp)  erfüllt  sind,  in  dem  distalen  Pole  der  letzteren  befindet  sich  eine  tiefe  scharf 
umschriebene  Aushöhlung  und  in  dieser  die  runde  stark  lichtbrechende  Concretion,  die  Oberfläche 
zeigt  12 — 15  oft  kaum  sichtbare  zarte  Streifen,  welche  ungefähr  in  gleichen  Abständen  einen 
meridionalen  Verlauf  einhalten.  Am  distalen  Pole  enden  sie  genau  mit  dem  Band  der  Aushöhlung 
und  können  von  hier  aus  eine  Strecke  nach  dem  anderen  Pole  verfolgt  werden.  Diese  meridionalen 
Streifen  entsprechen  offenbar  den  Linien,  die  Haeckel  für  Fasern  der  Sinnesnerven,  wir  für  die 
Grenzen  der  Hörzellen  halten;  damit  stimmt  denn  auch  überein,  dass  sie  Allman  den  von  Hensen 
fälschlich  als  Haare  gedeuteten  Bildungen  vergleicht.  Ist  unsere  Annahme  richtig,  so  würde  an 
der  Schilderung,  noch  mehr  aber  an  der  Abbildung  der  meridionalen  Streifen  nur  das  Eine  aus- 
zusetzen sein,  dass  Allman  sie  auf  allen  Seiten  der  Otolithen  zeichnet,  während  ja  die  Hörzellen 
auf  die  proximale  Seite  des  Hörbläschens  beschränkt  sind.  Was  ferner  den  Bläscheninhalt  anlangt, 
so  ist  klar,  dass  Allman  die  das  Lumen  erfüllende  Flüssigkeit  für  eine  pulpöse  Masse,  die  Oto- 
lithenzelle  dagegen  für  einen  Hohlraum  in  derselben  gehalten  hat;  dies  erklärt  dann,  wesshalb  der 
englische  Forscher  sich  gegen  Keferstein  und  Ehlers  ausspricht , welche  die  Concrementzelle  als 
Stiel  des  Otolithen  bezeichnen. 

Bei  der  Beurtheilung  der  Function  der  Organe  nimmt  Allman  eine  neutrale  Stellung  ein; 
die  Analogie  mit  den  Hörbläschen  der  Mollusken,  sagt  er,  sei  keinenfalls  so  gross,  um  den  frag- 
lichen Organen  die  Bedeutung  von  Gehörorganen  beizumessen,  da  sich  in  ihrer  Structur  mindestens 
ebenso  nahe  Beziehungen  zur  Licht-  wie  zur  Tonempfindung  ausdriickten. 

Die  neueste  Untersuchung  des  Gehörorgans  einer  Vesiculate  stammt  von  Harting  (40),  der 
eine  irrigerweise  als  Eucopide  bestimmte  Eucheilota  oder  eine  Geryonopside  vor  Augen  gehabt  zu 
haben  scheint.  Harting  lässt  den  Nervenring  in  das  Innere  des  Bläschens  eindringen  und  hier  ein 
Polster  bilden ; die  Fasern  dieses  Polsters,  das  offenbar  der  basalen  Epithelverdickung  Hensen’s  ent- 
spricht, hält  er  mit  Unrecht  für  die  HENSEN’schen  Hörhaare.  Da  er  keinen  Zusammenhang  zwischen 
dem  Nervenkissen  und  den  Otolithen,  die  an  der  Innenwand  des  Bläschens  umschlossen  von  einem 
kleinen  durchsichtigen  Säckchen  liegen,  hat  nachweisen  können,  will  er  sich  hinsichtlich  der  Function 


95 


der  Organe  nicht  entscheiden,  zumal  da  es  nicht  ausgemacht  sei,  oh  nicht  die  Medusen  Sinnes- 
organe von  ganz  anderer  Qualität  besässen. 

Schliesslich  haben  wir  noch  zwei  Arbeiten  zu  erwähnen,  die  der  Zeit  ihres  Erscheinens  nach 
vor  Allman’s  Tubularidenmonographie  fallen,  die  wir  aber  erst  hier  besprechen,  da  sie  in  keiner 
Beziehung  zu  der  durch  Hensen  angeregten  Streitfrage  stehen;  es  sind  dies  des  jüngeren  Agassiz 
Catalog  des  Museums  für  vergleichende  Zoologie  (2)  und  Hincks  British  Zoopliytes  (43).  Hin- 
sichtlich der  Anatomie  der  Hörbläschen  sind  beide  Arbeiten  von  keinem  Belang,  wie  daraus  schon 
zur  Genüge  hervorgeht,  dass  in  keiner  auch  nur  der  Befestigungsweise  der  Concretion  gedacht  wird. 
Agassiz’s  Catalog  ist  in  so  fern  von  Interesse,  als  er  Uber  die  Zahl  der  Sinnesbläschen  und  der  in 
ihnen  enthaltenen  Concretionen  bei  den  einzelnen  Arten  zahlreiche  Angaben  enthält.  Wie  sein  Vater 
hält  auch  er  an  der  Ansicht  fest,  dass  die  Bläschen  Augen  seien,  während  Hincks  die  Frage  als 
eine  offene  behandelt. 


III.  Ocellatae. 

Die  formenreiche  Abtheilung  der  Ocellaten  schliesst  sich  an  die  Vesiculaten  durch  ihre 
gemeinsame  Abstammung  von  Hydroidpolypen  am  nächsten  an,  unterscheidet  sich  aber  von  ihnen 
sowohl  durch  die  verschiedene  Beschaffenheit  der  Hydroidengeneration,  als  auch  durch  mehrere  ana- 
tomisch wichtige  Charaktere.  Während  die  Vesiculaten  von  den  Campanulariden  aufgeammt  werden, 
bilden  die  Ammenformen  der  Ocellaten  die  Tubulariden.  Als  die  wichtigsten  Merkmale  in  ana- 
tomischer Hinsicht  sind  die  Lage  der  Geschlechtsorgane  am  Magen  und  der  Mangel  von  besonderen 
Gehörorganen  hervorzuheben,  die  wir  bis  jetzt  bei  allen  besprochenen  Medusenfamilien  vorgefunden 
haben.  Nie  kommt  es  hier  zur  Entwicklung  von  besonderen  Concrement-  oder  Otolitlienzellen.  An- 
statt dessen  treten  in  reicher  Verbreitung  an  der  Basis  der  Tentakeln  pigmentirte  Stellen,  die  soge- 
nannten Augenflecke  auf,  wegen  deren  Haeckel  der  ganzen  Abtheilung,  den  Oceaniden  Gegen- 
baur’s,  den  Namen  der  Ocellaten  beigelegt  hat.  Systematisch  erscheinen  indessen  diese  Ocelli  den 
drei  oben  hervorgehobenen  Charakteren  gegenüber  von  geringerer  Bedeutung,  da  sie  einmal  zahl- 
reichen Arten  fehlen  und  zweitens  auch  anderen  Medusen,  wie  namentlich  vielen  Acraspeden  zukommen. 

Aus  den  zahlreichen  Familien  der  Ocellaten  haben  wir  nur  zwei  Formen,  eine  Bougainvillide 
und  eine  Oceanide,  die  Lizzia  Koellikeri  (Gegenbaur)  und  die  Oceania  conica  (Esch)  beob- 
achtet und  haben  wir  die  erstgenannte  Art  einer  genaueren  histologischen  Analyse  unterworfen. 

a.  Die  Anatomie  des  Schirmrands  von  Lizzia. 

Der  Schirm  ran  d von  Lizzia  erinnert  in  seiner  Beschaffenheit  an  die  bei  den  Vesiculaten 
besprochenen  Verhältnisse.  Der  Ektodermüberzug  des  Schirms  gewinnt  hier  plötzlich  ein  verän- 
dertes Aussehen.  An  Stelle  der  sonst  überall  verbreiteten  grossen  und  platten  Epithelzellen,  von 
denen  man  gewöhnlich  kaum  mehr  als  den  Kern  erkennen  kann,  tritt  ein  breiter  Streifen  eines 
hohen  einschichtigen  Epithels,  das  dicht  mit  Flimmerhaaren  bedeckt  ist  und  von  den  unterliegenden 
Theilen  durch  eine  homogene  und  dünne  Stützlamelle  geschieden  wird  (Taf.  VIII.  Fig.  1 1 a). 

An  den  unteren  Rand  dieses  flimmernden  Epithelstreifens  setzt  sich  das  ungemein  zarte  Velum 
an,  welches  aus  den  schon  mehrfach  besprochenen  vier  Lamellen  besteht.  Eine  eigenthtimliche  Er- 


96 


scheinung  konnten  wir  hier  an  der  lebenden  Lizzia  beobachten.  Die  auf  der  Oberfläche  des  Yelum 
liegenden  Zellen  erheben  sich  zu  sehr  verschieden  gestalteten,  bald  mehr  buckelförmigen,  bald  coni- 
sclien  Fortsätzen,  die  wieder  mit  Spitzchen  und  Zäckchen  besetzt  sind.  Letztere  kommen  und  ver- 
schwinden und  auch  die  Fortsätze  selbst  ändern  in  mannigfaltigster  Weise  ihre  Gestalt.  Die  Epithel- 
zellen zeigen  uns  so  in  auffälligster  Weise  amöboide  Bewegungserscheinungen,  die  auch  sonst  schon 
im  ganzen  Stamme  der  Coelenteraten  und  bei  niederen  Würmern  an  verschiedenen  Zellelementen 
beobachtet  worden  sind.  Die  zarte  Stützlamelle  des  Velum  spaltet  sich  an  ihrem  Ansatz  am  Schirm- 
rand und  geht  hier  einerseits  in  die  Stützlamelle  des  flimmernden  Epithelstreifens,  andererseits  in 
diejenige  der  Subumbrella  über,  wo  sie  der  Ringmusculatur  zur  Grundlage  dient. 

Die  Subumbrella  besitzt  bei  Lizzia  eine  eigenartige  Beschaffenheit,  welche  auf  die  Ver- 
breitung des  peripheren  Nervensystems,  wie  wir  später  sehen  werden,  nicht  ohne  Einfluss  ist.  Sie 
besteht  aus  einer  an  der-  unteren  Seite  der  Glocke  überall  gleichmässig  entwickelten  Ringfaserschicht, 
die  in  geringer  Entfernung  vom  Schirmrand  beginnt  und  mit  der  Musculatur  des  Velum  daher  nicht 
continuirlich  zusammenhängt.  Die  circulären  Muskelfasern  sind  deutlich  quergestreifte  breite  Bänder 
(Taf.  VIII.  Fig.  16).  Abweichend  von  den  früher  beschriebenen  Medusen  sind  sie  auf  ihrer  der 
Schirmhöhle  zugekehrten  Fläche  nicht  von  einer  deutlich  gesonderten  Epithelschicht  bedeckt,  viel- 
mehr sind  nur  hie  und  da  ovale  Kerne  wahrzunehmen,  die  sich  den  Muskelfasern  innig  anschmiegen 
und  beim  Zerzupfen  eines  Subumbrellastückcliens  mit  ihnen  im  Zusammenhang  isolirt  werden.  Wahr- 
scheinlich ist  dieses  Verhältniss  in  der  Weise  zu  erklären,  dass  die  Epithellage  der  Subumbrella 
endothelartig  dünn  geworden  ist  und  dass  daher  die  Zellcontouren  bei  den  angewandten  Reagentien 
nicht  deutlich  geworden  sind.  Die  Kerne  der  Epithelzellen  hätten  wir  dann  in  den  ovalen,  den 
Muskelfibrillen  anliegenden  Kernen  zu  suchen. 

Eine  andere  Beschaffenheit  zeigt  die  Subumbrella  in  der  Umgebung  der  vier  Radialkanäle. 
Unter  denselben  lässt  sich  gleichfalls  die  Ringmusculatur  in  continuo  verfolgen.  Sie  nimmt  aber 
hier  nicht  an  der  Begrenzung  der  Aussenfläche  Theil,  sondern  wird  noch  von  einer  feinen  radiär 
streifigen  Zellenlage  überzogen  (Taf.  VIII.  Fig.  14).  Um  sich  ein  klares  Bild  von  der  Verbreitung 
dieser  Lage  zu  machen,  breite  man  ein  Antimer  einer  in  Osmium-Essigsäure  macerirten  Lizzia  flach 
aus.  Es  fallen  dann  sofort  die  radiär  streifigen  Züge  in  die  Augen,  die  sich  mit  glatten  scharfen 
Rändern  von  den  übrigen  Theilen  der  Subumbrella  absetzen.  Sie  beginnen  ziemlich  breit  am  Ring- 
kanal und  verschmälern  sich  nach  dem  Mittelpunkt  der  Glocke  zu  in  der  Weise,  dass  ihr  Rand 
eine  bogenförmige  Contour  erhält;  stets  aber  bleiben  sie  um  ein  mehrfaches  breiter  als  die  Radial- 
kanäle, welche  sie  beiderseits  überragen.  Durch  Zerzupfen  lässt  sich  die  rädiärstreifige  Lage  in 
einzelnen  Stücken  von  der  Ringmusculatur  der  Subumbrella  als  dünnes  Häutchen  abziehen  (Taf.  VIII. 
Fig.  14).  Sie  ist  aus  platten  Epithelzellen  zusammengesetzt,  deren  Grenzen  sich  schwer  unterscheiden 
lassen;  dagegen  sind  die  querovalen  Kerne  an  gefärbten  Präparaten  gut  sichtbar.  Ausserdem  ver- 
laufen in  dem  dünnen  Häutchen  noch  feine  glänzende  glatte  Fasern  in  geringen  Abständen  von  ein-  ! 
ander.  Die  Meisten  sind  einander  parallel  gerichtet,  einige  aber  treffen  die  anderen  unter  spitzem 
Winkel  und  scheinen  mit  ihnen  zu  verschmelzen.  Ob  diese  glatten  Fasern  nur  locale  Verdickungen 
des  Zellhäutchens  darstellen  oder  ob  sie  vielleicht  musculöser  Natur  sind,  darüber  haben  wir  uns 
kein  sicheres  Urtheil  bilden  können.  Die  vom  Zellhäutchen  bedeckte  Lage  der  quergestreiften  Mus- 
kelfibrillen (m)  ist  noch  mit  besonderen  vereinzelten  Kernen  versehen. 

Die  verschiedene  Beschaffenheit,  die  nach  den  mitgetheilten  Befunden  die  Subumbrella  unter-  | 
halb  der  Radialkanäle  annimmt,  wird  wohl  auf  denselben  Umbildungsprocess  zurückgeführt  werden 
müssen,  den  wir  unter  den  Vesiculaten  bei  Aequorea  und  Mitrocoma  kennen  gelernt  haben.  Im  j 


97 


Bereiche  des  Gastrovascularsystems  sind  bei  Lizzia  diejenigen  Zellen,  welche  die  quergestreiften 
Ringfasern  gebildet  haben,  aus  dem  Epithelüberzug  ausgeschieden.  Dadurch  ist  überall  wo  dieser 
Process  stattgefunden  hat,  noch  ein  besonderes  leicht  ablösbares  Epithelhäutchen  über  der  kern- 
haltigen Ringmusculatur  entstanden.  Im  ganzen  übrigen  Theil  der  Subumbrella  ist  dagegen  eine 
solche  Ausscheidung  nicht  eingetreten,  vielmehr  sind  hier  die  endothelartig  abgeplatteten  Zellen,  wie 
bei  den  meisten  Medusen,  Epithel-  und  Muskelzellen  zugleich  geblieben. 

Dem  Schirmrand  entlang  verläuft  unmittelbar  unter  dem  flimmernden  Epithelstreifen  der  Ring- 
kanal, der  bei  Lizzia  von  ansehnlicher  Weite  ist  (Taf.  VIII.  Fig.  llr).  In  regelmässigen  Abstän- 
den zeigt  er  acht  erweiterte  Stellen,  von  denen  sich  vier  am  Ende  der  Radialkanäle,  vier  andere 
aber  zwischen  denselben  interradial  vorfinden.  Hier  ist  in  den  Entodermzellen  reichlich  ein  roth- 
bräunliches  Pigment  abgelagert,  so  dass  acht  Flecken  am  Rande  entstehen,  die  schon  dem  unbe- 
waffneten Auge  auffallen.  An  den  erweiterten  Stellen  des  Ringkanals  nehmen  die  Tentakeln 
ihren  Ursprung;  dieselben  sind  in  einer  für  die  Lizzien  charakteristischen  Weise  auf  acht  Büschel, 
vier  radiale  und  vier  interradiale  zusammengedrängt  (Taf.  VIII.  Fig.  15).  In  jedem  Büschel  nimmt 
ihre  Anzahl  mit  dem  Alter  des  Thieres  zu  und  beläuft  sich  bei  grossen  geschlechtsreifen  Exemplaren 
auf  etwa  15.  Die  Tentakeln  eines  Büschels  sind  in  einer  Ebene  am  Schirmrand  befestigt  und 
berühren  sich  an  der  Basis  mit  ihren  Seitenflächen,  von  hier  weichen  sie  in  geringem  Grade  fächer- 
förmig auseinander.  Sie  besitzen  eine  feste  Axe  von  grossblasigen , derbwandigen  Zellen,  die  an 
der  Basis  in  zwei  Reihen  angeordnet  sind,  dann  aber  in  einer  Reihe  wie  die  Stücke  einer  Geld- 
rolle sich  folgen.  Die  Basis  der  Tentakeln  ist  daher  ein  wenig  verdickt.  Auch  dringt  ganz  in 
ihren  Anfang  ein  kleiner  Fortsatz  des  Ringkanals  ein,  dessen  Wandungen  mit  rothbraunen  Pigment- 
körnchen erfüllt  sind. 


b.  Das  Nervensystem  der  Ocellaten. 

Zur  Untersuchung  des  Nervensystems  ist  Lizzia  ein  nicht  ungeeignetes  Object,  da  bei 
der  gruppenweisen  Vertheilung  der  Tentakeln  grosse  Strecken  des  Randes  tentakelfrei  sind.  Es 
gelang  uns  daher  den  Nervenring  sowohl  in  situ  zu  beobachten,  als  auch  in  seinen  feineren  Bau 
weiter  einzudringen.  Ueber  seine  Lage  wollen  wir  uns  zunächst  auf  einem  Durchschnitt  durch  den 
Schirmrand  orientiren.  Wie  aus  der  Figur  11.  Taf.  VIII.  zu  sehen  ist,  liegt  nach  Aussen  von  dem 
weiten  Ringkanal  (r)  der  flimmernde  Epithelstreifen  (a)  des  Mantelrandes.  Beide  Theile  sind  nur 
durch  eine  feine  Stützlamelle  von  einander  geschieden.  Nach  oben  ist  der  Epithelstreifen  gegen 
das  nicht  flimmernde  Plattenepithel  der  Schirmoberfläche  scharf  abgegrenzt,  nach  unten  schneidet 
er  mit  der  Insertion  des  Velum  ab.  Hier  ist  es  nun,  wo  der  Epithelstreifen  am  meisten  verdickt  ist 
und  auf  dem  Durchschnitt  einen  kleinen  Wulst  bildet.  Der  Wulst  wird  dadurch  bedingt,  dass  unter- 
halb des  Epithels  zwischen  ihm  und  der  Stützlamelle  sich  noch  eine  feinkörnige  gebräunte  Masse  (nr) 
vorfindet,  der  Durchschnitt  des  oberen  Nervenrings.  Derselbe  liegt  daher  gerade  über  der  Insertion 
des  Velum  nach  aussen  vom  Ringkanal,  von  dem  er  nur  durch  die  Stützlamelle  geschieden  ist. 

Durch  Abpinseln  oder  Zerzupfen  mit  Präparirnadeln  haben  wir  den  Nervenring  mit  dem 
ihn  bedeckenden  Epithel,  in  dem  wir  auch  hier  wieder  ein  Sinnesepithel  kennen  lernen  werden, 
weiter  isolirt.  Von  der  Fläche  betrachtet  zeigt  letzteres  ein  zierliches  Mosaik,  das  durch  die  Enden 
der  kleinen  Cylinderzellen  gebildet  wird.  Unter  ihm  erscheint  bei  etwas  tieferer  Einstellung  des 
Tubus  eine  Lage  feiner  Fasern,  zwischen  welchen  hie  und  da  auch  einzelne  spindelförmige  Zellen 
auftreten.  Noch  lehrreichere  Bilder  bietet  der  freigelegte  Strang,  wenn  er  sich  so  gelagert  hat,  dass 

Hartwig,  Medusen.  13 


98 


die  Epithellage  von  der  Seite  erblickt  wird  (Taf.  VIII.  Fig.  13).  Auf  dem  optischen  Durchschnitt 
überzeugt  man  sich  dann,  dass  die  Cy linderzellen  (a)  des  flimmernden  Epithelstreifens  von  der  Faser- 
lage sich  nicht  scharf  abgrenzen,  vielmehr  mit  verschmälerter  Basis  in  dieselbe  unmittelbar  über- 
gehen. Die  einzelnen  Elemente  des  Nervenrings,  Fasern  sowohl  als  Zellen  können  durch  Zerzupfen 
oder  durch  Zerklopfen  vollständig  isolirt  werden.  An  einem  derartigen  Präparat  verdient  vor  Allem 
die  ungleiche  Stärke  der  Nervenfibrillen  hervorgehoben  zu  werden.  Der  Hauptmasse  nach  sind  es 
feinste  varicöse  Fibrillen  von  kaum  messbarer  Stärke,  dazwischen  finden  sich  einige  gröbere  Fasern, 
die  seitlich  dünne  Aestchen  abgeben,  welche  meistens  wegen  ungenügender  Maeeration  kurz  abge- 
rissen sind  (Taf.  VIII.  Fig.  12  c).  Die  Ganglienzellen,  die  in  geringer  Anzahl  im  Verlauf  der  Nerven- 
fibrillen, namentlich  der  stärkeren  Vorkommen,  besitzen  eine  langgestreckte  spindelförmige  Gestalt 
und  sind  wie  alle  Zellen  der  Ocellaten  von  sehr  geringer  Grösse.  Die  Isolation  aller  dieser  Theile 
gelingt,  wie  die  Figuren  12  c und  13  zeigen,  auf  sehr  grosse  Strecken  hin.  Hierbei  kommen  auch 
isolirte  Zellen  aus  dem  Si;  uesepithel  mit  langen  Ausläufern  nicht  selten  zur  Beobachtung  (Taf.  VIII. 
Fig.  1 3 a).  Zum  Theil  si  , 1 dieselben  von  kurz  eylindrischer  Gestalt  mit  breitem  peripheren  Ende, 
das  von  einer  Cuticula  überzogen  wird,  zum  Theil  sind  sie  mehr  spindelförmig  beschaffen  mit  ver- 
dickter, kernführender  Mitte  und  einem  peripheren  und  centralen  spitzen  Fortsatz.  Beide  Zellen- 
arten alterniren  im  Epithellager  mit  einander,  beide  sind  an  ihrem  basalen  Ende  mit  langen  feinen 
varicösen  Ausläufern  versehen,  die  von  einer  Nervenfibrille  nicht  zu  unterscheiden  sind,  beide  tragen 
auf  ihrer  Cuticula  ein  feines  Geisselhaar. 

Oh  ausser  dem  oberen  Nervenring  auch  noch  ein  unterer  vorhanden  ist,  müssen  wir  bei 
Lizzia  unentschieden  lassen.  Während  bei  den  Trachymedusen  und  Vesiculaten  ein  solcher  isolirt 
werden  konnte,  wollte  uns  dies  hier  nicht  glücken,  weil  der  Ringkanal  auf  dem  unter  ihm  liegenden 
Theil  der  Subumbrella,  der  kritischen  Stelle,  fest  anhaftet.  Für  sein  Vorhandensein  möchte  indess 
die  grosse  Uebereinstimmung  in  allen  übrigen  Verhältnissen  geltend  zu  machen  sein,  sowie  auch 
besonders  der  Umstand,  dass  die  Ringmusculatur  an  der  Unterfläche  des  Schirmrandes  und  der 
Ansatzstelle  des  Velum  fehlt.  — Einige  weitere  Beiträge  zur  Kenntniss  des  peripheren  Nervensystems 
der  Medusen  wurden  durch  die  Untersuchung  der  Subumbrella  und  der  Tentakelbasis  von  Lizzia 
gewonnen.  An  beiden  Orten  konnten  Ganglienzellen  mit  langen  Ausläufern  nachgewiesen  werden. 
In  der  Subumbrella  sind  dieselben  auf  die  oben  beschriebenen  radiärgestreiften  Partieen  beschränkt, 
welche  unterhalb  der  vier  Radialkanäle  verlaufen  (Taf.  VIII.  Fig.  14g),  fehlen  dagegen  überall 
da,  wo  die  Ringmusculatur  direct  an  die  Oberfläche  tritt.  Die  Ganglienzellen  sind  schon,  wenn 
auch  undeutlich,  bei  Durchmusterung  der  flach  ausgebreiteten  Subumbrella  zu  beobachten;  doch 
gewinnt  man  erst  deutlichere  Bilder  dann,  wenn  man  das  faserige  Epithelhäutehen  von  der  Ring- 
musculatur abzieht.  Die  Ganglienzellen,  welche  zwischen  beiden  Lagen  eingebettet  sind,  bleiben 
meist  auf  der  erstgenannten  Lamelle  haften.  Am  zahlreichsten  finden  sie  sich  unmittelbar  unter 
den  Radialkanälen,  wo  sie  nach  Entfernung  des  Epithels  des  Gastrovascularsystems  zu  bemerken 
sind.  Die  Ganglienzellen  sind  ziemlich  klein,  trotzdem  aber  durch  ihre  starke  Bräunnng  in  Osmium- 
säure nicht  schwer  aufzufinden,  sie  besitzen  entweder  eine  sternförmige  oder  eine  mehr  spindlige 
Gestalt  und  verlängern  sich  in  drei  und  mehr  feine  varicöse  Ausläufer,  die  in  verschiedenen  Rich- 
tungen die  sie  bedeckenden  Faserlagen  kreuzen  und  hier  und  da  Seitenfädchen  abgeben  (Taf.  VIII. 
Fig.  12b).  Oft  konnten  sie  in  beträchtlicher  Länge  verfolgt  werden,  namentlich  wenn  alle  Theile 
des  Präparates  durch  das  Zerzupfen  etwas  gelockert  waren.  Auch  trafen  wir  nicht  selten  ziemlich 
vollständig  isolirte  Ganglienzellen,  die  aus  einem  zerzupften  Stückchen  der  Subumbrella  zum  Theil 
herausgezerrt  waren. 


99 


Aelmliche  Elemente  wie  in  der  Subumbrella  kommen  auch  in  dem  Epithelüberzug  der  Ten- 
takelbasis vor.  Bei  Maceration  in  sehr  verdünnter  Essigsäure  zerfällt  hier  das  Epithel  in  dreierlei 
Arten  von  Zellen:  in  Muskel-,  Nessel-  und  Ganglienzellen.  Die  ersteren,  welche  an  Zahl  iiber- 
wiegen,  bestehen  aus  einem  epithelialen  Theil  und  einer  Lage  Muskelfibrillen  (Taf.  VIII.  Fig.  17). 
Der  epitheliale  Theil  ist  von  cubischer  Form  und  auf  seiner  peripheren  Fläche,  mit  welcher  er  nach 
aussen  hervortritt,  von  einer  dünnen  Cuticula  bedeckt.  Nach  der  Basis  zu  breitet  sich  das  Proto- 
plasma flach  aus  und  hat  hier  eine  Lage  feiner  quergestreifter  Muskelfibrillen,  den  contractilen 
Theil  der  Epithelzelle,  ausgeschieden.  Die  Fibrillen  haften  unmittelbar  auf  der  Stiitzlamelle  des 
Tentakels.  Zwischen  diese  Elemente  sind  in  geringer  Anzahl  auch  kleine  sternförmige  Ganglien- 
zellen eingebettet,  die  mit  zahlreichen  und  langen  Ausläufern  versehen  sind  (Taf.  VIII.  Fig.  12a). 
Die  Ausläufer  sind  an  den  Essigsäurepräparaten  hie  und  da  mit  kleinen  Knötchen  besetzt;  sie 
theilen  sich  zuweilen  in  zwei  oder  mehr  feine  Seitenästchen.  Alles  in  Allem  gleichen  sie  den  in 
der  Subumbrella  als  Ganglienzellen  bezeichneten  Gebilden,  mit  welchen  sie  auch  in  ihrer  Lagerung 
übereinstimmen.  Denn  sie  befinden  sich  nach  Aussen  von  der  Muskelfibrillenlage  und  sind  hier 
von  den  protoplasmatischen  Körpern  der  Epithelzellen  in  der  Weise  überzogen,  dass  sie  von 
den  peripheren  verbreiterten  Enden  derselben  umschlossen  und  von  der  Oberfläche  ganz  aus- 
geschlossen werden. 

Literatur.  Angaben  über  ein  Nervensystem  bei  den  Ocellaten  hat  schon  im  Jahre  1849 
L.  Agassiz  (3)  in  seiner  Beschreibung  von  Sarsia  und  Bougainvillia  gemacht.  Er  hebt  hier  be- 
sonders hervor,  dass  die  Medusen  einen  eigenartigen  Typus  des  Nervensystems  besitzen,  der  von 
allen  den  Typen  verschieden  ist,  welche  bis  jetzt  im  Thierreich  erkannt  worden  sind,  denn  es 
fehlen  besondere  Nervenfasern  und  Ganglienknoten.  Das  Nervensystem  besteht  einzig  und  allein, 
indem  die  Gewebe  noch  wenig  differenzirt  sind,  aus  sensibeln  ovalen  Zellen.  Diese  Zellen  bilden 
in  fünf  bis  sechs  Reihen  angeordnet  einen  Nervenring  am  unteren  Rand  der  Glocke,  indem  sie 
dem  Laufe  des  Ringgefässes  folgen.  Sie  verbinden  die  einzelnen  Ocelli  untereinander  und  schwellen 
unter  ihnen  zu  einem  kleinen  Knoten  an,  der  eine  Art  von  Ganglion  bildet.  Von  hier  nehmen 
Radialäste  ihren  Ursprung,  die  an  der  Innenwand  der  Glocke  nach  einwärts  von  den  Radialkanälen 
verlaufen  und  sich  am  Ursprung  des  Magenstiels  unter  einander  zu  einem  zweiten  Nervenring  ver- 
binden, von  welchem  rücklaufende  interradiale  Nerven  entstehen. 

Keferstetn  und  Ehlers  (47)  haben  diese  Angaben  von  Agassiz  nicht  bestätigen  können 
und  halten  die  von  ihm  beschriebenen  Nerven  für  ,, Falten  des  Schwimmsackes  oder  der  Gallert- 
glocke oder  für  die  scharfen  aus  Zellen  gebildeten  Contouren  der  Radialkanäle“. 

Agasstz  selbst  hat  später  in  seinem  grossen  Werk  über  die  Acalephen  der  Vereinigten 
Staaten  (4)  seine  Darstellung  vom  Nervensystem  der  Medusen  zurückgenommen  und  erklärt,  dass 
dieselbe  auf  einer  irrigen  Deutung  beruhe.  Dem  gegenüber  müssen  wir  hervorheben,  dass  der  von 
Agassiz  entdeckte  Zellstrang  am  Rande  der  Schirmglocke  mit  unserem  Nervenring  und  dem  ihn 
bedeckenden  Sinnesepithel  wohl  identisch  ist,  dass  dagegen  die  von  ihm  gemachten  Beobachtungen 
bei  der  mangelhaften  Erkenntniss  der  histologischen  Zusammensetzung  der  Tlieile  zu  der  Deutung 
eines  Nervensystems  nicht  berechtigen. 

Genaueres  über  den  Nervenring  der  Ocellaten  hat  allein  F.  Eilhard  Schulze  (79)  bei  Sarsia 
tubulosa  ermittelt.  Er  beschreibt  hier  nach  unten  und  etwas  nach  aussen  vom  Ringkanal  einen  band- 
förmigen Strang,  welchen  er  für  einen  Nervenring  hält.  Derselbe  besteht  aus  6—8  gleichmässig 
dicken,  mässig  stark  lichtbrechenden  Fasern.  Zwischen  oder  an  diesen  wurde  eine  grosse  Menge 
ovaler  Kerne  bemerkt,  welche  von  wenig  körniger  Masse  umgeben  waren. 


13* 


100 


c.  Die  Sinnesorgane  der  Ocellaten. 

Wie  schon  am  Eingang-  hervorgelioben  wurde,  entbehren  die  Ocellaten  der  Gehörorgane  und 
werden  für  diesen  Mangel  zum  Theil  wenigstens  durch  den  Besitz  scharf  umgrenzter  Pigmentflecke 
entschädigt,  die  sich  im  Ektoderm  des  Körpers  entwickelt  haben.  Dieselben  werden  ziemlich  allge- 
mein als  Augen  von  primitiver  Beschaffenheit  gedeutet  und  demgemäss  als  Ocelli  oder  Augen- 
flecke bezeichnet.  Durch  unsere  Untersuchung  ihres  feineren  Baues  glauben  wir  diese  Auffassung 
noch  weiter  begründen  zu  können. 

Während  die  Gehörorgane  am  Rande  des  Schirmes  angebracht  sind,  ist  der  gewöhnliche  Sitz 
der  Ocelli  die  Basis  der  Tentakeln.  Bei  Lizzia  Koellikeri,  die  wir  zunächst  betrachten  werden, 
befinden  sie  sich  an  der  unteren  ventralen  Seite  derselben  am  Ende  des  früher  schon  erwähnten 
dickeren  basalen  Abschnitts.  Sie  sind  daher  vom  Schirmrand  durch  einen  ziemlich  beträchtlichen 
Abstand  getrennt  (Taf.  VIII.  Fig.  15oc).  Der  Abstand  fällt  bei  den  15  Tentakeln,  die  zu  einem 
Büschel  gehören,  verschieden  gross  aus.  Am  beträchtlichsten  ist  er  bei  den  in  der  Mitte  gelegenen 
und  nimmt  von  hier  nach  beiden  Seiten  hin  allmählich  ab.  Hierdurch  werden  die  Ocelli,  da  sie 
an  allen  Tentakeln  entwickelt  sind,  in  einer  regelmässigen  bogenförmigen  Linie  angeordnet.  Diese 
verschiedene  Stellung  erklärt  sich  aus  dem  verschiedenen  Alter  und  der  verschiedenen  Grösse  der 
Tentakeln.  Die  mittleren  sind  die  zuerst  gebildeten  und  daher  auch  die  grössten,  die  seitlichen 
dagegen  sind  erst  successive  auf  späteren  Entwicklungsstadien  hervorgesprosst  und  besitzen  dem- 
gemäss auch  eine  etwas  geringere  Grösse.  Die  Lage  der  Ocelli  an  der  unteren  Seite  würde  für 
ihre  Verwerthung  als  Sehorgane  eine  wenig  günstige  sein,  wenn  die  Tentakeln,  wie  bei  den  meisten 
Medusen,  vom  Schirmrand  nach  abwärts  herabhingen.  Dies  ist  aber  bei  Lizzia  nicht  der  Fall,  viel- 
mehr werden,  wenn  das  Thier  ruhig  im  Wasser  schwebt,  alle  Tentakeln  eines  Büschels  nach  oben 
gehalten,  so  dass  sie  an  der  Aussenwand  der  Schirmglocke  eine  Strecke  weit  emporsteigen,  mit 
ihren  Enden  dann  umbiegen  und  bogenförmig  nach  abwärts  hängen.  Hierdurch  kommen  die  Ocelli 
vollkommen  frei  nach  Aussen  an  den  Schirmrand  zu  liegen,  den  sie  in  acht  Halbbogen  garniren. 

Ueber  den  anatomischen  Bau  der  Ocelli  lässt  sich  Folgendes  feststellen.  Wenn  man 
einen  isolirten  Tentakel  bei  stärkerer  Verg-rösserung  betrachtet  und  hierbei  so  wendet,  dass  der 
Oeellus  seitlich  zu  liegen  kommt  (Taf.  VIII.  Fig.  10),  so  bemerkt  man,  dass  der  dünne  einschichtige 
Epithelüberzug  am  Ende  des  basalen  Tentakelabschnitts  sich  plötzlich  bedeutend  verdickt  und  zu 
einem  kleinen  Hügel  anschwillt,  auf  dessen  Höhe  der  braunrothe  Pigmentfleck  (oc)  eingebettet  ist. 
Auf  seiner  Oberfläche  ist  der  Epithelhügel  in  der  Umgebung  der  pigmentirten  Stelle  mit  langen 
Geisselhaaren  besetzt,  die  auch  sonst  an  der  Basis  des  Tentakels  überall  verbreitet  sind.  Die  in 
seiner  Mitte  gelegenen  Zellen  grenzen  sich  von  den  übrigen  als  rundlicher  Körper  ab.  Die  peripheren 
Enden  dieser  Zellen  sind  es,  in  welchen  sich  kleinere  und  grössere  braunrothe  Pigmentkömchen 
abgelagert  haben.  Im  Pigmentfleck  selbst  fällt  ein  kleiner  linsenförmiger  durchsichtiger  Körper  (1) 
auf,  der  in  einer  Grube  eingebettet  ist  und  nach  Aussen  mit  convexer  Fläche  vorspringt.  Die 
genannten  Theile  sind  auch  bei  Betrachtung  der  Ocelli  von  der  Oberfläche  wohl  zu  unterscheiden. 
Auf  der  Höhe  des* Hügels  erscheint  der  linsenförmige  Körper  als  milder  heller  Fleck,  der  von 
einem  Pigmentring  umgeben  ist,  dann  folgt  in  geringer  Entfernung  wieder  eine  kreisförmige  Con- 
tour,  die  Grenze  zwischen  den  enger  zusammengehörigen  Epithelzellen  der  Mitte  des  Hügels  und 
den  nach  Aussen  liegenden  Zellen. 

Um  den  Augenfleck  in  seine  einzelnen  Bestandteile  zu  zerlegen,  wurde  ein  Tentakelbüschel 
in  0,2  °/o  Essigsäure  macerirt  und  unter  dem  Präparinnikroskop  zerzupft.  Hierbei  kann  der  Oeellus 


101 


aus  der  hügelförmigen  Ektodermverdickung  als  kugelförmiges  Gebilde  vollständig  herausgeschält 
werden.  Eine  weitere  Isolirung  muss  dann  noch  hei  der  Kleinheit  des  Objectes  durch  vorsichtiges 
Klopfen  auf  das  Deckglas  herbeigeführt  werden.  Dieselbe  ergibt,  dass  der  Ocellus  aus  dreierlei 
Elementen  zusammengesetzt  wird,  die  wir  als  Pigmentzellen,  Sehzellen  und  Ganglienzellen  beschreiben 
werden  (Taf.  VIII.  Fig.  9).  Die  Pigmentzellen  (p)  sind  cylinderförmig  und  namentlich  dadurch  aus- 
gezeichnet, dass  sie  ein  breites  peripheres  Ende  besitzen,  welches  mit  rothbraunen  Pigmentkörnchen 
dicht  angefüllt  ist.  Die  Basis  in  welcher  der  Kern  liegt,  verschmälert  sich  und  geht  in  einen  dünnen 
Fortsatz  über.  Als  Sehzellen  (se)  bezeichnen  wir  fadenförmige  Gebilde,  die  etwa  in  ihrer  Mitte 
eine  spindelförmige  Anschwellung  mit  einem  ovalen  Kern  enthalten.  Hierdurch  wird  der  Zellenfaden 
in  einen  centralen  und  peripheren  Abschnitt  zerlegt.  Die  peripheren  Fortsätze  wechseln  in  ihrer 
Länge , je  nachdem  die  Kerne  der  Sehzellen  der  Oberfläche  des  Ocellus  bald  näher  bald  ferner 
liegen ; sie  schieben  sich  zwischen  die  Pigmentzellen  hinein,  und  dringen  mit  ihrer  Spitze  bis  an  die 
Oberfläche  vor.  Die  centralen  Fortsätze  sind  sehr  fein  und  bleiben  nur  selten  in  grösserer  Aus- 
dehnung erhalten.  Die  vollständige  Isolation  der  Pigment-  und  Sehzellen  gelingt  nicht  leicht,  da 
sie  mit  ihren  peripheren  Enden  an  einer  dünnen  aber  festen  Cuticula  ansitzen.  Meist  erhält  man 
kleinere  Zellenbündel,  deren  einzelne  Bestandtheile  peripher  durch  die  Cuticula  noch  zusammen- 
gehalten werden,  central  dagegen  radienartig  auseinander  weichen.  Drittens  haben  wir  an  den  Ma- 
cerationspräparaten  noch  kleine  sternförmige  Zellen  (g)  mit  zahlreichen  feinen  Ausläufern  angetroffen. 
Sie  scheinen  uns  an  der  Basis  der  vorhergenannten  zu  liegen.  Wegen  ihrer  Uebereinstimmung  mit 
den  Ganglienzellen  der  Subumbrella  und  der  Tentakelbasis  glauben  wir  sie  auch  als  solche  deuten 
zu  müssen. 

Der  in  der  Mitte  des  Ocellus  eingebettete  durchsichtige  Körper  (1)  kann  gleichfalls  vollständig 
isolirt  werden.  Er  bildet  eine  kleine  schwach  biconvexe  Scheibe,  und  wird  daher  eine  Ablenkung 
und  Sammlung  der  durchgehenden  Lichtstrahlen  bewirken  müssen.  Morphologisch  kann  er  nichts 
anderes  sein  als  eine  verdickte  Stelle  in  der  dünnen  Cuticula,  von  welcher  der  Epithelhügel  und 
Ocellus  überzogen  wird. 

Die  zweite  der  von  uns  untersuchten  Ocellaten,  die  Oceania  conica  (Taf.  X.  Fig.  12)  ist 
gleichfalls  mit  zahlreichen  Pigmentflecken  (oc)  versehen,  welche  an  den  Tentakeln  sitzen.  Tentakeln 
und  Pigmentflecke  wachsen  an  Zahl  mit  dem  Alter  des  Thieres.  Bei  sehr  jungen  Exemplaren  sind 
deren  nur  vier,  je  einer  am  Ende  der  vier  Radialkanäle  (rr)  entwickelt,  später  sprossen  in  den  Inter- 
radien vier  weitere  hervor  und  auf  einem  dritten  Stadium  endlich  beläuft  sich  ihre  Anzahl  auf  16. 
Vielleicht  kann  auch  diese  Summe  noch  wreiter  überschritten  werden.  Die  jungen  Tentakeln  werden 
als  kleine  Höcker  angelegt,  in  welche  ein  Fortsatz  des  Ringkanals  eindringt.  Schon  früh  tritt  in 
ihrer  Oberfläche  eine  kleine  pigmentirte  Stelle  auf.  Im  ausgebildeten  Zustand  sind  sie  an  ihrer 
Basis  bulbusartig  verdickt  (Taf.  VIII.  Fig.  7).  Sie  sitzen  der  dicken  Mantelgallerte  schräg  auf,  in- 
dem die  Aussenwand  des  Bulbus  vreit  kürzer  als  die  innere  ist.  Ihr  Ektodermüberzug  besteht  aus 
langen  dünnen  Cylinderzellen  und  setzt  sich  derselbe  auf  die  Schirmoberfläche  als  ein  schmaler  mit 
Nesselzellen  dicht  besetzter  Streifen  fort  (Taf.  X.  Fig.  12x.  Taf.  VIII.  Fig.  7x).  An  den  entwickelten 
Tentakeln  findet  sich  der  Ocellus  (oc)  dicht  über  der  Stelle,  wo  die  Aussenwand  des  Bulbus  an 
den  Schirmrand  sich  ansetzt  und  der  Nesselstreifen  beginnt.  Diese  Lagerung,  welche  der  von  Lizzia 
beschriebenen  gerade  entgegengesetzt  ist,  erklärt  sich  aus  der  verschiedenen  Haltung  der  Tentakeln. 
Während  dieselben  bei  Lizzia  an  der  Aussenwand  der  Glocke  nach  oben  emporgehalten  werden, 
hängen  sie  bei  Oceania  nach  abwärts  herab.  In  dem  einen  wie  in  dem  andern  Falle  kommt  der 
Ocellus  frei  nach  aussen  zu  liegen.  Bemerkenswerth  ist  das  Fehlen  eines  besondern  linsenförmigen 


102 


Körpers  bei  Oceania.  Das  Sehorgan  stellt  daher  liier,  wenn  anders  die  Deutung  eine  richtige  ist, 
auf  einer  niederen  morphologischen  Entwicklungsstufe.  Von  dem  Fehlen  der  Linse  abgesehen, 
ist  die  histologische  Zusammensetzung  des  Ocellus  die  gleiche  wie  bei  Lizzia  (Taf.  VIII.  Fig.  8). 
Auch  hier  trifft  man  an  Macerationspräparaten  cylinderförmige  mit  schwarzbraunem  Pigment  erfüllte 
Zellen  (p)  und  feinere  fadenförmige  Sinneszellen  (se),  deren  periphere  Fortsätze  von  ersteren  allseitig 
umhüllt  werden. 

Die  Augenflecke,  deren  feineren  histologischen  Bau  wir  an  zwei  Arten,  Oceania  conica  und 
Lizzia  Koellikeri,  soeben  kennen  gelernt  haben,  sind  in  der  grossen  formenreichen  Ocellatenabthei- 
lung  weit  verbreitet.  Entweder  sind  sie  einfache  circumscripte  Ansammlungen  von  Pigment  im 
Ektoderm,  oder  dieselben  sind  dadurch,  dass  noch  ein  lichtbrechender  Körper  hinzutritt,  höher  ent- 
wickelt. Wir  haben  daher  Ocellen  mit  und  ohne  Linse  zu  unterscheiden.  Ueberall  ist  ihr 
Vorkommen  auf  die  Basis  der  Tentakeln  und  zwar  meist  auf  die  dorsale  Seite  beschränkt.  In  allen 
Fällen  wo  sie  an  der  centralen  Seite  sich  vorfinden,  werden  die  Tentakeln  am  Schirmrand  nach 
oben  getragen.  Pigmentflecke  ohne  Linse  besitzen  zum  Beispiel  die  verschiedenen  Arten  von  Syn- 
coryne,  Corymopsis,  Turris,  Bougainvillia  u.  s.  w.  Dagegen  sind  mit  der  höher  entwickelten  Ocellen- 
form  Cladonema,  Clavatella  und  Eleutheria  versehen.  Hier  scheint  die  Linse  noch  deutlicher  aus- 
gebildet zu  sein,  als  bei  der  von  uns  untersuchten  Lizzia  Koellikeri.  Die  Farbe  des  Pigmentes 
wechselt  in  den  Ocellen  nach  den  einzelnen  Arten  und  ist  bald  eine  rotlie,  bald  eine  rothbraune 
oder  schwarze.  Wie  die  Hörbläschen  werden  auch  die  Ocellen  schon  früh  im  Laufe  der  Entwicklung 
angelegt.  Schon  an  den  kleinen  am  Stückchen  noch  festsitzenden  Medusen  sind  sie  deutlich  wahr- 
zunehmen. Gewöhnlich  ist  ihre  Anzahl  hier  eine  geringe  und  erst  mit  dem  Alter  wächst  sie  in 
demselben  Maasse  wie  die  Tentakeln  zunehmen. 

Nicht  alle  Medusen  der  Ocellatenabtheilung  sind  indessen  mit  Pigmentflecken  versehen.  Eine 
grosse  Anzahl  von  Arten,  wie  die  sich  ablösenden  Glocken  von  Gemmaria,  Perigonus,  Corymorpha 
u.  s.  w.  entbehren  derselben.  Ebenso  scheinen  die  Hydroiden  mit  festsitzenden  medusoiden  Ge- 
schlechtsglocken niemals  Ocelli  an  diesen  zu  entwickeln,  eine  Thatsache,  die  wir  für  die  Hörbläschen 
gleichfalls  schon  hervorzuheben  hatten  (vergleiche  Allman  (7)). 

Literatur.  Wenn  wir  jetzt  noch  einen  Blick  auf  die  Literatur  dieses  Gegenstandes  werfen, 
so  scheint  die  Deutung  der  Pigmentflecke  der  Medusen  als  Augen  durch  Ehrenberg  (24)  veran- 
lasst worden  zu  sein  in  seiner  Untersuchung  über  Aurelia  aurita,  die  bei  den  Acraspeden  noch 
besprochen  werden  wird.  Bei  jungen  noch  festsitzenden  Medusensprösslingen  von  Syncoryne  hat 
zuerst  Loven  (61)  an  der  Basis  der  Randfäden  vier  glänzend  rotlie  Pigmentflecke  beobachtet  und 
als  Augen  bezeichnet,  indem  er  sich  auf  Ehrenberg  beruft,  der  „dergleichen  Organe  bei  Acalephen 
und  Echinodenuen  als  Augen  zu  deuten  gelehrt  habe“.  Nach  ihm  beschrieben  Steenstrup  (82)  und 
Sars  (78)  bei  ihren  Untersuchungen  über  den  Generationswechsel  der  Medusen  Pigmentflecke  bei 
noch  anderen  jungen  Sprösslingen  von  Hydroiden.  Sars  macht  bei  der  Gelegenheit  darauf  auf- 
merksam, dass  die  jungen  Medusen  immer  nach  der  dem  Lichte  zugekehrten  Seite  des  Glases  hin- 
schwimmen,  er  mochte  das  Glas  drehen  wie  er  wollte.  „Es  zeige  dies,  dass  sie  die  Einwirkung 
des  Lichtes  empfinden;  ob  die  Empfindung  aber  den  vier  braunrothen  Punkten,  die  Loven  für  Augen 
halte,  zugeschueben  werden  könne,  müsse  er  dahin  gestellt  sein  lassen.“ 

Eine  weitere  Stütze  erhielt  die  Deutung  der  Pigmentflecke  als  Sehorgane  der  Medusen  durch 
Quatrefages  1842  (74).  Bei  Eleutheria  machte  derselbe  die  Entdeckung,  dass  in  dem  Pigment- 
häufchen an  der  Basis  eines  jeden  Tentakels  eine  vollkommen  durchsichtige  Linse  eingebettet  sei, 
die  nothwendigerweise  das  Licht  sammeln  müsse.  Nach  Ermittlung  dieser  Thatsache  scheint  es  ihm 


103 


unmöglich  zu  sein,  die  Ansicht  noch  zurückzuweisen,  dass  das  von  ihm  beschriebene  Organ  ein 
Sehwerkzeug,  ein  wahrhaftes  Auge  sei.  Kurze  Zeit  nach  dem  Aufsatz  von  Quatrefages,  dessen 
Angaben  später  durch  Krohn  (56)  und  Claparede  (17)  bestätigt  wurden,  beobachtete  Dujardin  (22) 
auch  in  den  Augenflecken  von  Cladonema  lichtbrechende  Körper. 

Durch  die  Beobachtungen  zahlreicher  Forscher  wurde  die  weite  Y erbreitung  der  Ocellen  inner- 
halb der  Medusenabtheilungen  jetzt  immer  mehr  festgestellt.  So  fand  Gegenbaur  (32)  Gelegenheit, 
auf  die  systematische  Bedeutung  dieser  Bildungen  zuerst  die  Aufmerksamkeit  zu  lenken.  In  seinen 
Bemerkungen  über  die  Randkörper  der  Medusen  weist  er  nach,  dass  die  Pigmentflecke  und  Hör- 
bläschen in  ihrem  Vorkommen  sich  gegenseitig  ausschliessen,  so  dass  dadurch  zwei  leicht  abgrenz- 
bare  Gruppen  von  Familien  formirt  werden,  die  bei  der  Systematik  der  Medusen  recht  gut  zu 
verwerthen  seien.  Als  Medusen  mit  Pigmentflecken  bezeichnet  er  die  Familien  der  Oceaniden  und 
Thaumantiaden , als  solche  mit  Hörbläschen  die  Geryoniden,  Aeginiden,  Aequoriden.  Zugleich 
berichtigt  er  eine  Angabe  von  Forbes,  nach  welcher  bei  Oceania  turrita  an  der  Basis  eines  jeden 
Tentakels  ein  Otolithenbläschen  combinirt  mit  einem  scharlaclirothem  Ocellus  Vorkommen  solle.  Das 
vermeintliche  Bläschen  ist  hier  nichts  anderes  als  der  flimmernde  Hohlraum  des  Gastrovascular- 
systems  in  der  bulbusartig  angeschwollenen  Tentakelbasis. 

Die  von  Gegenbaur  angebahnte  Trennung  hat  darauf  Haeckel  (38)  in  seiner  generellen 
Morphologie  durchgefiihrt,  indem  er  die  mit  Randbläschen  versehenen  Medusen  als  besondere  Ordnung 
der  Vesiculaten  der  Ordnung  der  Ocellaten  oder  Augenfleckmedusen  gegenüberstellte.  Auch  wir 
haben  diese  Eintlieilung  unserer  Untersuchung  zu  Grunde  gelegt,  obwohl  man  jetzt  meist  die 
Medusen  nach  der  Ilydroidengeneration  zu  classificiren  pflegt. 

In  allerneuster  Zeit  hat  über  den  Ocellus  der  Tubulariden  noch  Allmann  (7)  gehandelt,  der 
ihm  in  seiner  Monographie  einen  besondern  Abschnitt  unter  den  Sinnesorganen  widmet.  Seinen 
Untersuchungen  zufolge  besteht  der  Ocellus  aus  sehr  kleinen  Zellen,  von  denen  jede  mit  Pigment 
erfüllt  ist  und  zu  denen  zuweilen  noch  ein  lichtbrechender  Körper  sich  hinzugesellt.  Die  Function 
desselben  lässt  er  dahin  gestellt  sein. 


04 


B.  Acraspeda. 

Die  zweite  Hauptabtheilung  der  Medusen,  die  Acraspeden,  weichen  von  den  Craspedoten 
so  wesentlich  in  der  Ausbildung  fast  aller  Organsysteme  ab,  dass,  je  genauer  wir  in  ihre  Organi- 
sation eindringen,  um  so  schärfer  sich  die  Grenze  zwischen  beiden  ziehen  lässt.  Schon  ältere 
Forscher,  wie  Eschscholz  und  Forbes,  haben  dies  herausgefunden  und  haben  die  auch  noch  jetzt 
gerechtfertigte  Zweitheilung  der  Medusen  eingeführt.  Aber  Beide  waren  in  dem  Auffinden  der 
Hauptunterscheidungscharaktere  nicht  glücklich,  Eschscholz  (26),  indem  er  nach  dem  angeblichen 
Fehlen  oder  Vorkommen  der  Geschlechtsorgane  die  Medusen  in  Discophorae  phanerocarpae  und 
cryptocarpae  trennte,  Forbes  (29),  indem  er  von  den  Randkörpern  ausgehend  die  Abtheilungen  der 
Steganophtlialmata  und  Gymnoplithalmata  schuf.  Zwar  sind  die  beiden  Abtheilungen  der  genannten 
Forscher  durchaus  naturgemässe , aber  ihre  Eintheilungsprincipicn , welche  auf  noch  mangelhafter 
anatomischer  Kenntniss  beruhen,  sind  nicht  haltbar.  Auf  eines  der  wichtigsten  unterscheidenden 
Merkmale  in  der  Medusenorganisation  hat  zuerst  Gegenbaur  (33)  aufmerksam  gemacht,  indem  er 
die  Beschaffenheit  des  Schirmrandes  als  die  Eigenschaft  bezeichnet,  „welche  mit  aller  Schärfe  die 
Medusen  in  grössere  Abtheilungen  scheidet  und  mit  welcher  sich  zugleich  tiefer  gehende  physio- 
logische und  anatomische  Unterschiede  verbinden“.  Hiermit  hat  Gegenbaur,  wenn  wir  von  der 
Entwicklungsgeschichte  absehen,  nach  unserer  Ansicht  den  Hauptunterschied  im  Bau  der  beiden 
altbegründeten  Abtheilungen,  welchen  er  jetzt  den  Namen  der  Craspedoten  und  Acraspeden  bei- 
legt, berührt. 

Die  hohe  Bedeutung,  welche  dem  Schirmrand  in  der  Organisation  der  craspedoten  Medusen 
zukommt,  haben  wir  auf  den  vorhergehenden  Seiten  schon  genugsam  würdigen  lernen.  Sie  besteht, 
wenn  wir  die  einzelnen  Momente  noch  einmal  kurz  zusamraenfassen , darin,  dass  am  Schirmrand 
eine  Anzahl  der  wichtigsten  Organsysteme  in  typischer  Weise  zusammentreten.  Velum  und  Sub- 
umbrella,  Ringkanal  und  Nervenring  berühren  sich  hier  in  einer  kreisförmigen  Begrenzungslinie. 
In  diesem  Merkmal  stimmen  Trachymedusen,  Vesiculaten  und  Ocellaten  mit  einander  überein.  Bei 
den  Acraspeden  dagegen  vermissen  wir  überall  entweder  die  obengenannten  Organe,  oder  wenigstens 
das  bei  den  Craspedoten  als  gesetzmässig  wiederkehrende  Lageverhältniss  derselben.  Schon  äusser- 
lich  zeigt  uns  der  Schirmrand  eine  abweichende  Beschaffenheit.  Während  er  bei  den  Craspedoten 
ganzrandig  ist  (Taf.  X.  Fig.  1 — 13),  ist  er  hier  stets  ausgezackt  oder  gelappt  (Taf.  X.  Fig.  14  -19). 
Dieser  schon  äusserlich  hervortretende  Unterschied  erhält  eine  grössere  Bedeutung  dadurch,  dass 
ein  Mangel  anatomisch  wichtiger  Organe  mit  der  Lappung  des  Schirmrandes  verbunden  ist,  der 
Mangel  eines  Velums,  eines  Ringkanals  und  eines  Nervenrings.  Zwar  besitzen  einige  Acraspeden, 
wie  Aurelia,  in  der  Nähe  des  Randes  an  der  Unterfläche  des  Schirms  eine  schmale  musculöse 
herabhängende  Haut.  Dieselbe  kann  aber  nicht  als  ein  Homologon  des  Velum  bezeichnet  werden, 
da  sie  andere  Lagebeziehungen  aufweist,  da  sie  nicht  unmittelbar  am  Schirmrand  und  an  der 
Aussenseite  eines  Ringkanals  befestigt  ist.  Aehnliches  gilt  vom  Ringkanal.  Auch  bei  einzelnen 
Acraspeden  sehen  wir  die  Radialkanäle  durch  Anastomosen  ringförmig  untereinander  verbunden. 
Aber  dieser  Pseudoringkanal  entspricht  in  seiner  Lage  nicht  demjenigen  der  Craspedoten,  indem  er 
nie  vollkommen  den  Schirmrand  einnimmt.  Auch  ist  er,  wie  die  Entwicklungsgeschichte  lehrt, 
eine  secundäre  Bildung,  die  erst  spät  dadurch  entsteht,  dass  die  primitiven  Magentaschen  Seiten- 
zweige bilden  und  vermittelst  derselben  untereinander  in  Verbindung  treten. 


105 


Wie  wichtig-  die  Beschaffenheit  des  Schirmrandes  für  die  Gesammtorganisation  der  Medusen 
ist,  das  geht  so  recht  deutlich  auch  aus  dem  Einfluss  hervor,  welchen  die  Lappenbildung  hei  den 
Acraspeden  auf  die  Entwicklung  des  Nervensystems  ausüht.  Während  hei  den  Craspedoten  es  zur 
Anlage  eines  geschlossenen  Nervenrings  kommt,  fehlt  ein  solcher,  wie  schon  jetzt  hervorgehoben 
werden  mag,  bei  den  Acraspeden.  Das  Nervensystem  setzt  sich  hei  ihnen  aus  einer  Anzahl  von 
einander  getrennter  Anlagen  zusammen.  Hiermit  lässt  sich  gleichzeitig  zwischen  einem  Central- 
theil  desselben  und  ihm  angefügten  Sinnesorganen  eine  noch  weniger  scharfe  Grenze  als  bei  den 
Craspedoten  ziehen.  In  jeder  Beziehung  treten  uns  daher  hier  ganz  neue  und  eigenartige  Verhält- 
nisse entgegen,  die  besonders  dadurch  von  Interesse  werden,  dass  sie  uns  mit  noch  primitiveren 
Zuständen  als  den  bereits  besprochenen  bekannt  machen.  Auf  den  Gang  unserer  Darstellung  ist 
dies  nicht  ohne  Einfluss  geblieben.  Während  wir  früher  das  Nervensystem  und  die  Sinnesorgane 
in  getrennten  Capiteln  besprochen  haben,  werden  wir  sie  von  jetzt  ab  wegen  ihrer  geringen  morpho- 
logischen Sonderung  gemeinsam  behandeln.  Eine  kurze  Beschreibung  des  Schirmrandes  wird  auch 
hier  ihrer  Untersuchung  vorausgeschickt  werden. 

Von  acraspeden  Medusen  haben  wir  während  unseres  Winteraufenthaltes  in  Messina  vier 
Arten,  Nausithoe  albida,  Pelagia  noctiluca,  Phacellophora  camtschatica  und  Aurelia 
aurita  kennen  gelernt.  Von  denselben  standen  uns  die  beiden  erstgenannten  in  hinreichender 
Menge  zur  Verfügung,  während  wir  von  den  letzteren  nur  je  ein  Exemplar  haben  erhalten  können. 
Die  in  unseren  Meeren  seltene  Charybdea  hatten  wir  keine  Gelegenheit  uns  zu  verschaffen,  was 
wir  um  so  mehr  bedauern,  als  hier  vielfach  abweichende  Verhältnisse  vorliegen.  Nach  den  Beschrei- 
bungen anderer  Forscher  werden  wir  diese  Lücke  in  unserer  Untersuchung  auszufüllen  versuchen. 

In  der  folgenden  Darstellung  haben  wir  es  für  zweckmässig  befunden,  die  einzelnen  Arten 
der  Acraspeden  nach  der  Beschaffenheit  ihrer  Randkörper  in  drei  Gruppen  zu  besprechen.  Die 
erste  derselben  wird  allein  durch  Nausithoe  repräsentirt;  zu  der  zweiten  rechnen  wir  alle  übrigen 
Acraspeden  nach  Ausschluss  der  Charybdeiden,  welche  die  dritte  Gruppe  bilden. 


I.  Nausithoe  albida  (Gegenbaur). 

Nausithoe,  welche  von  Kölliker  (51)  entdeckt,  aber  erst  von  Gegenbaur  (33)  ausführlicher 
untersucht  wurde,  ist  die  kleinste  der  sonst  allgemein  zu  einer  sehr  ansehnlichen  Grösse  heran- 
wachsenden  Acraspeden.  In  ihrem  ganzen  Habitus  zeigt  sie  eine  grosse  Aehnlichkeit  mit  der 
Ephyra,  der  Jugendform  der  grossen  Scheiben  quallen.  Louis  Agassiz  (4)  sprach  daher  die  Ver- 
muthung  aus:  es  möchte  Nausithoe  keine  besondere  Art,  sondern  nur  der  Jugendzustand  einer 
Pelagia  sein,  eine  Vermuthung,  die  als  unbegründet  bezeichnet  werden  muss;  denn  einmal  legten 
die  von  uns  eingefangenen  Exemplare  reichlich  reife  Eier  ab,  die  sich  auch  zu  entwickeln  beganuen, 
und  zweitens  sind  sie  auch  in  ihrem  anatomischen  Bau  erheblich  anders  als  die  erwachsenen  Pela- 
gien  und  als  ihre  Jugendformen  gestaltet. 

Der  Schirmrand  von  Nausithoe  (Taf.  X.  Fig.  17)  ist  in  16  zungenförmige  Lappen 
zerfallen,  welche  aus  Gallerte  bestehen  und  von  einer  Lage  dünner,  platter  Zellen  auf  ihrer  oberen 
und  unteren  Seite  überzogen  werden.  Die  Einkerbungen,  welche  die  Lappung  des  Schirms  bedingen, 
sind  nicht  gleich  tief,  sondern  in  der  Weise  angeordnet,  dass  tiefere  mit  weniger  tiefen  alterniren. 
Am  Grunde  der  ersteren  nehmen  die  acht  Tentakeln  (t)  ihren  Ursprung,  am  Grunde  der  letzteren 

Uertwig,  Medusen.  14 


106 


sind  die  sogenannten  Randkörper  (sk)  angebracht.  Da  wir  diese  für  die  Centraltheile  des  Nerven- 
systems glauben  deuten  zu  müssen,  so  führen  wir  für  sie  den  Namen  Sinneskörper  ein  und 
bezeichnen  dementsprechend  die  Einkerbung,  in  welcher  sie  liegen,  als  Sinnesbucht  und  die  au 
ihrer  Seite  entspringenden  Randlappen  als  Sinneslappen  (sl).  Von  der  Sinnesbucht  unterscheiden 
wir  die  tiefere  Einkerbung  als  Tentakelbucht. 

In  Folge  der  Lappung  des  Schirmrandes  ist  das  Gast rovasc ul ar System  in  einer  für  die 
Acraspeden  besonders  charakteristischen  Weise  entwickelt.  Vom  Magen  aus  entspringen  weite 
taschenförmige  Fortsätze,  welche  bis  zu  den  Einbuchtungen  des  Schirmrandes  reichen.  Sowohl  am 
lebenden  Thiere  als  auch  an  gefärbten  Präparaten  sind  sie  nicht  leicht  wahrzunehmen,  da  sie  von 
platten  Zellen  ausgekleidet  werden.  Nach  Gegenbaur  (33)  sollen  ihrer  nur  acht  vorhanden  sein, 
welche  zur  Basis  der  Sinneskörper  verlaufen  und  hier  sich  gabeln,  um  mit  je  einem  Ast  in  die 
zwei  zusammengehörigen  Sinneslappen  einzudringen.  Auf  Durchschnitten  haben  wir  indessen  noch 
acht  weitere  kleinere  Fortsätze  des  Gastro vascularsystems  nachweisen  können,  welche  bis  zur  In- 
sertion der  Tentakeln  Vordringen.  Im  Ganzen  gehen  daher  vom  Magen  16  Taschen  aus.  Ein 
dieselben  verbindender  Ringkanal  fehlt. 

Ebenso  fehlt  ein  Velum  und  auch  die  Ringmusculatur  (m)  der  Subumbrella  ist  in  anderer 
Weise  als  bei  den  Craspedoten  entwickelt.  Sie  beschränkt  sicli  auf  ein  breites  Band,  das  etwas 
nach  einwärts  von  der  Basis  der  Sinneslappen  liegt  und  sich  von  einer  Tentakelbucht  zur  anderen 
quer  hinüberzieht.  Die  äussere  Begrenzung  des  Bandes  bildet  daher  ein  achtseitiges  Polygon,  dessen 
Ecken  den  Tentakelbuchten  entsprechen,  und  dessen  Seiten  den  Sinneskörpern  gegenüberliegen  und 
durch  einen  geringen  Abstand  von  ihrer  Basis  getrennt  sind.  Die  Museulatur  besteht  aus  feinen 
quergestreiften  Fibrillen,  die  auf  ihrer  unteren  Fläche  von  einem  cubischen  Epithel  überzogen  sind, 
das  von  dem  übrigen  Plattenepithel  der  Subumbrella  verschieden  ist,  dagegen  demjenigen  der  Ten- 
takeln vollständig  gleicht. 

In  den  tiefen  Einkerbungen  des  Schirmrandes  an  den  Ecken  des  vom  Ringmuskel  gebildeten 
Polygons  entspringen  die  acht  soliden  Tentakeln  von  Nausithoe.  Ihr  Axentheil  zeigt  gross- 
blasige  dem  Entoderm  entstammende  Zellen.  Ihr  Ektoderm  liegt  einer  dicken  Stützlamelle  auf 
und  setzt  sich  aus  einer  Schicht  von  Muskelfibrillen  und  einer  einfachen  Lage  von  cubischen  Epithel- 
zellen zusammen.  Diese  letzteren  gehen  nach  einwärts  in  die  Epithelbekleidung  des  Muskelrings 
der  Subumbrella  über,  dagegen  findet  sich  zwischen  der  Tentakelbasis  und  dem  Sinneskörper,  welche 
beiden  durch  den  vorspringenden  Sinneslappen  (sl)  getrennt  werden,  nur  einfaches  Plattenepithel 
vor;  es  fehlt  somit  bei  Nausithoe  der  Streifen  Sinnesepithel,  der  bei  allen  Craspedoten  in  so  charak- 
teristischer Weise  die  am  Schirmrand  gelegenen  Organe  verbindet. 

Die  acht  Sinneskörper  (sk),  zu  deren  Betrachtung  wir  jetzt  übergehen,  sind  schon  mit 
unbewaffnetem  Auge  als  kleine  weisse  Pünktchen  zu  bemerken ; unter  dem  Mikroskop  betrachtet  bil- 
den sie  zwischen  zwei  zusammengehörigen  Sinneslappen  einen  zungenförmigen  Vorsprung,  an  dem  man 
einen  einfacher  gebauten  basalen  Theil  von  einem  peripheren  unterscheiden  kann  (Taf.  IX.  Fig.  5). 

Der  basale  Theil  besitzt  die  Gestalt  eines  stark  gewölbten  Hügels  mit  steil  abfallenden 
Wänden.  In  seinem  Inneren  enthält  er  eine  geräumige  Höhle,  die  mit  dem  Gastrovascularsystem 
zusammenhängt  und  wie  dieses  eine  lebhafte  Flimmerung  aufweist  (Taf.  IX.  Fig.  2 ga).  Die  Wan- 
dungen des  Sinneshügels  lassen  drei  verschiedene  Schichten  erkennen,  ein  inneres  und  ein 
äusseres  Epithel  und  eine  zwischen  beiden  liegende  Stützsubstanz. 

Das  innere  Epithel  oder  das  Entoderm  ist  einschichtig  und  mit  Flimmern  bedeckt 
(Taf.  IX.  Fig.  2en).  An  der  dorsalen  Wand  (cl)  des  Sinneskörpers  besteht  es,  wie  im  grössten 


107 


Tlieil  des  Gastrovascularsystems , aus  grossen  platten  Zellen.  Von  da  an  nimmt  es  an  Höhe  zu 
und  erreicht  seine  grösste  Dicke  auf  der  ventralen  Fläche  des  Hohlraums,  wo  sich  flimmernde 
Cylinderzellen  finden. 

Die  mittlere  Schicht  (s)  ist  am  ansehnlichsten  in  der  dorsalen  Wand  (fl)  entwickelt.  Sie 
besteht  hier  aus  einer  dicken  Gallertschicht,  der  directen  Fortsetzung  der  Gallerte  des  Schirm- 
randes. In  den  übrigen  Theilen  des  Hügels  ist  sie  auf  eine  dünne  Stützlamelle  reducirt,  die  eine 
etwas  resistentere  Beschaffenheit  angenommen  hat. 

Die  dritte  Schicht  oder  das  äussere  Epithel  ändert  wie  das  Entoderm  seinen  Charakter 
auf  den  verschiedenen  Seiten  des  Sinneskörpers.  Dorsalwärts  findet  sich  dasselbe  Plattenepithel  (d1), 
welches  auch  die  ganze  Schirmoberfläche  überzieht.  Seitlich  dagegen  und  besonders  ventralwärts 
verdickt  sich  der  Epithelüberzug  (a)  ganz  bedeutend  und  übertrifft  hier  das  ventrale,  gleichfalls 
verdickte  Entoderm  noch  um  das  zwei-  und  dreifache  an  Höhe.  Er  ist  auf  seiner  ganzen  Ober- 
fläche mit  einem  dichten  Wald  langer  abstehender  Haare  bedeckt,  die  man  am  besten  bei  Beobachtung 
des  lebenden  Objectes  erkennt.  Das  Epithel  setzt  sich  aus  sehr  langen  und  feinen  Elementen 
zusammen,  welche,  wie  Macerationspräparate  lehren,  bald  mehr  cylinderförmig , bald  mehr  spindel- 
förmig gestaltet  sind  (Taf.  IX.  Fig.  10  und  11).  Die  schmalen  Cylinderzellen  sind  mit  einem  breiten 
peripheren  kernführenden  Ende  versehen,  verschmälern  sich  basalwärts  und  gehen  in  einen  oder 
in  zwei  Fortsätze  über.  Die  spindelförmigen  Zellen  dagegen,  welche  an  Zahl  überwiegen,  bergen 
den  Kern  in  dem  mittleren  verdickten  Tlieil  und  zeigen  einen  dünnen  peripheren  und  centralen 
Fortsatz;  von  diesen  ist  je  nach  der  höheren  oder  tieferen  Lage  des  Kerns  bald  der  eine,  bald 
der  andere  länger  oder  kürzer.  Der  centrale  Fortsatz  ist  sehr  fein  und  reisst  leicht  ab.  An  guten 
Macerationspräparaten  indessen  lässt  er  sich  in  einer  Länge  isoliren,  welche  die  Dicke  des  Epithel- 
überzugs übertrifft.  Er  muss  daher  unter  dem  Epithel  sicli  umbiegen  und  auf  der  mittleren  Stütz- 
lamelle weiter  verlaufen.  Hier  findet  sich  auch  eine  Faserschicht  vor,  die  bei  der  kleinen  Nausithoe 
sehr  dünn,  bei  anderen  Acraspeden  dagegen  mächtiger  entwickelt  ist.  Auf  ihrer  Oberfläche  sind 
die  Epithelzellen  von  einer  ziemlich  resistenten  Cuticula  überzogen,  von  der  sie  sich  schwer  ablösen. 
Beim  Zerzupfen  trifft  man  sie  daher  meist  zu  Büscheln  vereint  und  zwar  mit  ihren  peripheren 
Enden  verbunden,  mit  den  centralen  dagegen  pinselförmig  auseinanderweichend.  Jede  einzelne 
Epithelzelle  ist  mit  einer  sehr  langen  Geissei  versehen. 

Das  so  charakteristisch  beschaffene  Epithel  des  Sinneskörpers  nimmt  nach  der  Basis  und 
nach  der  dorsalen  Wand  an  Höhe  etwas  ab,  doch  geht  es  nicht  in  das  Plattenepithel  continuir- 
lich  über,  von  welchem  die  untere  und  obere  Fläche  des  Schirms  überzogen  wird,  grenzt  sich 
vielmehr  mit  einem  scharfen  Rande  überall  gegen  dasselbe  ab.  Auch  hört  die  Wimperung  an  dieser 
Grenzlinie  auf. 

Es  bleibt  uns  jetzt  noch  im  Ektodermüberzug,  den  wir  seiner  ganzen  Beschaffenheit  nach 
als  Sinnesepithel  in  Anspruch  nehmen  müssen,  eine  besonders  modificirte  Stelle  zu  beschreiben 
übrig,  die  bisher  ganz  unerwähnt  gelassen  worden  war.  Es  ist  dies  ein  runder  pigmentirter 
Fleck,  der  am  Uebergang  der  ventralen  in  die  distale  Fläche  des  Hügels  an  der  Stelle  liegt, 
wo  das  Ektoderm  die  grösste  Dicke  erreicht  (Taf.  IX.  Fig.  2 und  5 oc).  In  seiner  Mitte  ist  bei 
seitlicher  Betrachtung  ein  sehr  kleiner  heller  linsenartiger  Körper  (1)  wahrzunehmen ; der  pigmenfirte 
Fleck  gleicht  daher  dem  Ocellus  von  Lizzia  und  ist  wie  dieser  als  ein  primitives'  Sehorgan  zu 
deuten.  Die  Zellen,  welche  zum  Ocellus  gehören,  sind  gemeinsam  von  den  übrigen  Elementen  des 
Ektoderms  deutlich  abgegrenzt  und  haften  auch  an  Macerationspräparaten  fester  aneinander;  sie 
bilden  einen  nahezu  kugeligen  Körper,  der  sich  aus  dem  Epithel  herausschälen  lässt.  Im  Uebrigen 


14* 


108 


gleichen  sie  in  ihrer  Form  den  sie  umgebenden  Zellen.  Sie  sind  daher,  wenn  wir  den  Ocellus 
in  seine  feineren  Elemente  zerlegen,  theils  cylindrisch,  theils  spindel-  oder  fadenförmig  gestaltet 
(Taf.  IX.  Fig.  13).  Die  cylindrischen  Gebilde  enthalten  allein  die  braunen  Pigmentkörnchen  ab- 
gelagert, die  peripheren  Enden  der  spindelförmigen  Zellen  dagegen  bleiben  pigmentfrei  und  dringen 
zwischen  den  Cylinderzellen  und  von  ihnen  allseitig  eingehüllt  bis  zur  Oberfläche  vor.  Endlich 
waren  noch  auf  Durchschnitten  an  der  Basis  des  Pigmentflecks  unmittelbar  über  der  Stützlamelle 
Kerne  wahrzunehmen  (Taf.  IX.  Fig.  2g).  Dieselben  mögen  wohl  Zellen  angehören,  die  von  der 
Oberfläche  des  Ektoderms  ganz  ausgeschieden  sind  und  vielleicht  die  Bedeutung  von  Ganglien- 
zellen besitzen. 

Von  dem  Basaltheil  des  Sinneskörpers  nehmen  zwei  Bildungen  ihren  Ursprung,  welche  wir 
als  Hörkölbchen  (hk)  und  Hörfalte  (sf)  bezeichnen  wollen.  Das  Hörkölbchen,  dessen  äussere 
Form  schon  durch  den  Namen  gekennzeichnet  wird,  ist  mit  einem  dünnen  Stiel  an  der  distalen 
freien  Fläche  des  Sinneshügels  ventralwärts  von  der  Hörfalte  befestigt  (Taf.  IX.  Fig.  2).  Es  zeigt  in 
seinem  feineren  Bau  eine  grosse  Uebereinstimmung  mit  den  gleichnamigen  Gebilden,  die  am  Schirm- 
rand der  Aeginiden  in  einem  früheren  Capitel  beschrieben  worden  sind.  Es  besteht  daher  aus 
einem  mittleren  Theil,  der  Axe,  und  einem  Ektodenniiberzug.  Der  Axentheil  ist  am  freien  Ende 
kugelig  angeschwollen  und  birgt  in  demselben  ein  grosses  Concrement  (o),  das  von  vielen  kleinen 
polygonalen  Flächen  begrenzt  wird.  Nach  dem  Stiel  des  Kölbchens  zu  liegen  ihm  meist  noch 
einige  sehr  kleine  unregelmässig  geformte  Concremente  an.  Diese  sowohl  als  das  grosse  lösen 
sich  schon  in  sehr  verdünnten  Säuren  auf.  Nach  ihrer  Entfernung  werden  im  kugelig  erweiterten 
Theil  des  Hörkölbchens  zwei  Kerne  sichtbar,  welche  den  nur  in  Zweizahl  vorhandenen  Concrement- 
zellen  angehören.  Von  diesen  geht  die  unterste  in  einen  dünnen  körnigen  Faden  über,  der  in  der 
Mitte  des  dünnen  Stieles  verläuft  und  an  seinem  Ursprung  mit  dem  Epithel  des  Gastrovascular- 
systems  zusammenhängt.  Der  Axentheil  wird  von  einer  deutlich  doppelt  contourirten  Membran 
umhüllt,  die  in  die  Stützlamelle  des  Sinneshügels  übergeht.  Das  ihn  bedeckende  Epithel  wird  auf 
seiner  ventralen  Seite  und  über  dem  concrcmenthaltigen  Theil  von  dünnen  platten  Zellen  gebildet, 
auf  der  dorsalen  Seite  dagegen  geht  es  in  hohe  und  feine  Cylinderzellen  über.  Letztere  sind  ins- 
gesammt  mit  langen  und  starren  Haaren  besetzt,  während  solche  an  anderen  Stellen  der  Obeifläche 
des  Kölbchens  nur  spärlich  sich  finden. 

Von  der  dorsalen  und  zum  Theil  auch  der  seitlichen  Wand  des  Sinneshügels  entspringt  die 
Hörfalte  (Taf.  IX.  Fig.  2 und  5 sf).  Sie  wölbt  sich  über  das  Ende  des  kolbenförmigen  Körpers  und 
umschliesst  ihn  vom  Rücken  und  der  Seite  vollständig.  Der  Körper  kommt  so  in  eine  nach  unten 
offene  Nische  zu  stehen,  aus  der  er  allein  durch  die  ventrale  halbkreisförmige  Oeffnung  nach 
abwärts  herausgedrängt  werden  kann.  Die  umhüllende  Falte  ist  eine  directe  Verlängerung  der 
dorsalen  Wand  des  Sinneshügels  und  besteht  gleich  dieser  aus  einer  dünnen  Lage  der  Schirm- 
gallerte, welche  von  einem  zarten  Plattenepithel  überzogen  wird.  Im  Plattenepithel  liegen  hie  und 
da  Gruppen  kleiner  Nesselzellen. 

Bei  der  Untersuchung  der  lebenden  Nausithoe  erblickt  man  den  Sinneskörper  gewöhnlich 
nur  von  seiner  dorsalen  oder  ventralen  Seite  (Taf.  IX.  Fig.  5).  Bei  dieser  Lagerung  erhält  man 
in  die  Verbindung  des  Hörkölbchens  mit  dem  Basaltheil  keinen  Einblick,  da  seine  Insertionsstelle 
durch  den  vorspringenden  Rand  des  undurchsichtigen  Sinneshügels  (sh)  verdeckt  wird.  Auch  kann 
die  ventrale  Oeffnung  in  der  Hörfalte  bei  der  hohen  Durchsichtigkeit  des  ganzen  Gebildes  leicht 
übersehen  und  so  die  Vorstellung  wachgerufen  werden,  als  läge  das  Hörkölbchen  in  einem  ge- 
schlossenen Bläschen,  wie  dies  frühere  Forscher  gelehrt  haben.  Ein  weit  klareres  und  vollstän- 


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digeres  Bild  erhält  man  bei  seitlicher  Ansicht  des  Sinneskörpers  (Taf.  IX.  Fig.  2).  In  diese  Lagerung 
kann  man  das  zu  untersuchende  Object  bringen,  wenn  man  eine  in  dünner  Osmiumsäure  getödtete 
Nausithoe  oder  ein  kleines  Randstück  derselben  in  der  Weise  zusammenlegt,  dass  der  Umschlag 
gerade  zwischen  zwei  zusammengehörige  Läppchen  in  die  Sinnesbucht  fällt.  Die  Begrenzung  der 
Nischenöffnung  und  die  Befestigung  des  Kölbchens  sind  dann  deutlich  zu  sehen.  Auch  feine  Quer- 
schnitte, die  sich  leicht  gewinnen  lassen,  führen  zu  demselben  Ergebniss. 

Von  den  Sinneskörpern  von  Nausithoe,  welche  Kölliker  (51)  bei  der  Diagnose  der  von  ihm 
untersuchten  Art  nur  kurz  erwähnt,  hat  bis  jetzt  allein  Gegenbaur  (32)  eine  ausführlichere  Dar- 
stellung gegeben.  Er  schildert  den  Sinneshügel  als  einen  gelblich  gefärbten  vorstehenden  Wulst,  der 
auf  seiner  Höhe  einen  dunklen  Pigmentfleck  mit  lichtbrechendem  Körper  trägt.  Bei  der  Beschreibung 
des  peripheren  Theils  des  Sinneskörpers  hat  er  die  ventrale  Oeffnung  in  der  Hörfalte  übersehen. 
Er  betrachtet  daher  die  offene  Nische  als  einen  geschlossenen  mit  Wimpern  ausgekleideten  Hohl- 
raum, vergleicht  denselben  der  Ampulle  des  Pelagienrandkörpers  und  lässt  ihn  wie  dort  mit  dem 
Gastrovascularsystem  Zusammenhängen.  Das  Hörkölbchen  bezeichnet  er  als  „ein  kleines,  dem  An- 
schein nach  an  den  gelblichen  Wulst  befestigtes  Säckchen“,  welches  „ein  mit  Krystallen  erfülltes 
Bläschen,  das  Analogon  des  Krystallsackes  der  Pelagien  umschliesst“. 

Nach  Gegenbaur  haben  nur  noch  Keferstein  und  Ehlers  (47)  die  Sinneskörper  von  Nau- 
sithoe untersucht  und  haben  hierbei  die  Angaben  desselben  bestätigt. 


II.  Peliigiii  noctiluca  (Per.  Los.).  Phacellopliora  caiiitscliatiea  (Brandt).  Aiirelia 

aurlta  L. 

Zn  der  zweiten  Gruppe  von  Acraspeden,  die  wir  nach  der  Form  der  Sinnesk.örper  aufgestellt 
haben,  gehören  unter  den  von  uns  untersuchten  Arten  Pelagia,  Phacellopliora  und  Aurelia.  Unter 
diesen  scldiesst  sich  Pelagia  in  ihrem  Bau  und  Habitus  so  nahe  an  Nausithoe  an,  dass  man  beide 
in  der  Familie  der  Pelagidae  vereint  hat.  Wie  bei  Nausithoe  ist  der  Schirmrand  durch  acht  tiefere 
und  acht  seichtere  Einkerbungen,  die  mit  einander  alterniren,  in  1(5  Sinneslappen  zerfallen  (Taf.  X. 
Fig.  1 8 sl).  Der  Unterschied  in  der  Tiefe  der  Einkerbung  ist  indessen  hier  ein  so  bedeutender, 
dass  die  Zusammengehörigkeit  von  je  zwei  Sinnesläppchen  schon  bei  oberflächlicher  Betrachtung 
sofort  auffällt.  Man  wird  daher  die  Beschaffenheit  des  Schirmrandes  vielleicht  besser  noch  in  der 
Weise  schildern,  dass  man  von  acht  grösseren  Lappen  spricht,  deren  jeder  wieder  an  seinem  freien 
Rande  in  zwei  kleinere  Läppchen  untergetheilt  ist.  Zwischen  den  grossen  Lappen,  in  den  so- 
genannten Tentakelbuchten,  entspringen  acht  lange  Fangfäden  (t),  die  indessen  nicht  wie  bei 
Nausithoe  solid,  sondern  wie  bei  allen  übrigen  Acraspeden  hohl  und  schlauchförmig  sind.  In  den 
Buchten  zwischen  je  einem  Paar  von  Sinnesläppchen  sind  die  acht  Sinneskörper  angebracht.  Nach 
den  16  Einkerbungen  des  Randes  zu  verlängert  sich  der  Magen  in  16  Taschen,  von  diesen  sind 
die  acht  nach  den  Sinnesbuchten  zu  verlaufenden  die  grössten  und  weitesten,  sie  geben  am  Rande 
drei  schmalere  Fortsätze  ab,  einen  mittleren  unpaaren,  der  für  den  Sinneskörper  bestimmt  ist,  und 
zwei  seitliche,  die  in  die  Sinnesläppchen  hineindringen.  Die  acht  übrigen  Taschen  sind  schmäler 
und  verlängern  sich  gleichfalls  in  die  Sinnesläppchen  und  ausserdem  noch  in  die  hohlen  Ten- 
takeln. Ein  Velum  und  ein  dem  Rande  entlang  laufender  Streifen  von  Sinnesepithel  fehlt.  Die 
Ringmusculatur  der  Subunrbrella  zeigt  die  bei  Nausithoe  beschriebene  Anordnung. 


Die  acht  Sinneskörper  (Taf.  IX.  Fig.  4 und  6)  sind,  wie  hei  allen  grossen  Scheiben- 
quallen , von  ziemlich  ansehnlicher  Grösse  und  können  leicht  mit  unbewaffnetem  Auge  durch  die 
umhüllende  Gallertsubstanz  als  gelblich-weisse  Körper  wahrgenommen  werden.  Sie  liegen  nicht  frei 
in  der  Sinnesbucht  wie  bei  Nausithoe  albida,  sondern  zeigen  im  Gegentheil  hier  und  ebenso  bei  den 
weiter  zu  beschreibenden  Arten  eine  versteckte  Lage,  ein  Verhältniss,  durch  welches  Forises  (29) 
veranlasst  wurde,  die  Acraspeden  als  Steganophtlialmata  zu  bezeichnen.  Ihre  versteckte  Lage  wird 
dadurch  herbeigeführt , dass  sie  durch  drei  Fortsatzbildungen  des  Schirmrandes  allseitig  eingehüllt 
Averden.  Von  der  oberen  Scheibenfläche  aus  sind  die  Sinneskörper  gar  nicht  zugänglich,  hier  wer- 
den sie  von  einer  aus  Gallertsubstanz  gebildeten  Lamelle  (ß)  überragt,  welche  nach  oben  die  Basis 
der  beiden  Sinnesläppchen  verbindet  und  dergestalt  den  Einschnitt  zwischen  ihnen  weniger  tief 
erscheinen  lässt.  Aber  auch  nach  der  unteren  Fläche  des  Schirms  zu  ist  die  Lage  der  Sinnes- 
körper eine  ziemlich  geschützte.  Zwei  zarte  Falten  (Taf.  IX.  Fig.  4 sf)  entspringen  hier  von  den 
unteren  inneren  Rändern  der  Sinnesläppchen  und  legen  sich  von  links  und  rechts  zum  Theil  über 
einander.  Gemeinsam  mit  der  oberen  Lamelle  begrenzen  sie  einen  röhrenförmigen  Hohlraum,  der 
nur  an  seinen  beiden  Enden  eine  kleine  Oeffnung  besitzt.  Um  die  Sinneskörper  von  unten  frei  zu 
legen,  muss  man  die  beiden  Falten  mit  zAvei  Präparirnadeln  auseinandersehlagen. 

Den  hier  beschriebenen  Fortsatzbildungen  des  Schirmrandes,  welche  wir  auch  bei  anderen 
Acraspeden  in  mannigfach  veränderter  Weise  wieder  antreffen  werden,  wollen  wir  fortan  besondere 
Namen  beilegen,  die  obere  Lamelle  werden  wir  als  Deckplatte  (<)')  und  die  zwei  an  der  unteren 
Seite  vorspringenden  Falten  als  Sinnesfalten  (sf)  bezeichnen.  Sie  bestehen  alle  aus  der  gleichen 
Gallertsubstanz  wie  der  Schirm  und  sind  auf  ihrer  Oberfläche  von  einer  einschichtigen  Lage  von 
Ektodermzellen  überzogen. 

Der  Sinneskörper  (sk)  seihst  ist  bei  Pelagia  einfacher  als  bei  Nausithoe  gebaut.  In  seiner 
äusseren  Form  lässt  er  sich  einem  gekrümmten  Finger  vergleichen  (Taf.  IX.  Fig.  G).  Er  entspringt 
mit  verdünnter  Basis  in  der  Bucht  zwischen  den  zwei  Sinnesläppchen  von  der  unteren  Fläche  der 
Deckplatte  (<V);  unmittelbar  an  seinem  Ursprung  krümmt  er  sich  rechtwinklig  um,  so  dass  er  parallel 
zu  der  Fläche,  an  welcher  er  befestigt  ist,  zu  liegen  kommt.  Durch  eine  leichte  Einkerbung  wird 
er  in  einen  kurzen  kolbig . verdickten  Endtheil  und  in  einen  grösseren  basalen  Abschnitt  zerlegt. 
Von  diesen  ist  der  erstere  solid  und  im  Innern  mit  kleinen  glänzenden  Krystallen  (o)  dicht  erfüllt, 
der  letztere  dagegen  umschliesst  eine  Ausstülpung  des  Gastro vascularsystems  (ga).  Dieselbe  hängt 
mit  dem  mittleren  der  drei  Fortsätze  zusammen,  in  welche  die  nach  der  Sinnesbucht  verlaufende 
Magentasche  zerfällt  (Taf.  X.  Fig.  18).  Der  mittlere  Fortsatz  reicht  nämlich  in  die  Deckplatte  bis 
zur  Insertion  des  Sinneskörpers  und  dringt  von  hier  durch  eine  kleine  Oeffnung  in  der  Ansatzstelle 
in  das  Innere  desselben  ein,  das  er  bis  zu  dem  mit  Krystallen  erfüllten  Endabschnitt  aushöhlt. 

Bei  der  histologischen  Untersuchung  der  Sinneskörper  haben  wir  dieselben  drei 
Schichten  wie  bei  Nausithoe  zu  unterscheiden:  ein  äusseres  Epithel,  eine  mittlere  Stützsubstanz 
und  die  nach  Innen  von  ihr  gelegenen  Zellen  des  Entoderms. 

Das  äussere  Epithel  bildet  über  dem  mit  Krystallen  erfüllten  Endtheil  eine  einfache  Lage 
platter  Zellen,  nach  dem  basalen  Abschnitt  zu  verdickt  es  sich  rasch  und  geht  hier  in  ein  sehr  hohes 
Cylindercpithel  über,  das  auf  seiner  ganzen  Oberfläche  mit  langen  Geisseih aaren  bedeckt  ist.  Am 
Ursprung  des  Sinneskörpers  nimmt  es  wieder  an  Höhe  ab  und  hängt  hier  mit  dem  dünnen  Zell- 
häutchen, welches  die  Gallerte  bekleidet,  zusammen.  Die  Zellen  des  hohen  Cylinderepithels  (Taf.  VIII. 
Fig.  3)  zeichnen  sich  durch  eine  grosse  Feinheit  aus,  so  dass  man  die  stärksten  Vergrösserungen 
bei  ihrer  Untersuchung  amvenden  muss.  Auf  ihrer  Oberfläche  Averden  sie  von  einer  feinen  Cuticula 


111 


überzogen,  wodurch  ein  festerer  Zusammenhalt  der  einzelnen  Elemente  auch  an ’Macerationspräpa- 
raten  herbeigeführt  wird.  Die  einzelnen  Zellen  besitzen,  je  nachdem  ihre  Kerne  näher  oder  ent- 
fernter zur  Oberfläche  liegen,  bald  eine  cylindrische,  bald  eine  spindelförmige  Gestalt  (Taf.  IX. 
Fig.  7.  8.  12);  an  ihrer  Basis  gehen  sie,  wenn  sie  gut  isolirt  sind,  in  feine  varicöse  Ausläufer  über, 
die  sich  oft  in  beträchtlicher  Länge  erhalten  zeigen.  Die  Ausläufer  sind  theils  einfach,  theils  gabeln 
sie  sich  nach  ihrem  Ursprung,  theils  sind  sie  mit  mehreren  secundären  Aestchen  besetzt.  Sie  biegen 
unter  der  Epithellage  um  und  verlaufen  unter  derselben  auf  der  Stützlamelle.  Unter  einem  zer- 
zupften kleinen  Epithelstückchen  (Taf.  IX.  Fig.  7)  gewahrt  man  daher  bei  seitlicher  Lagerung  ein 
dichtes  Gewirr  feinster  sich  verschlingender  Fäserchen  oder  Fibrillen.  Es  gleicht  dieses  Bild  in  vieler 
Hinsicht  demjenigen,  welches  ein  Epithelstückchen  bietet,  das  vom  oberen  Nervenring  der  Cras- 
pedoten  abgezupft  ist.  Auch  an  feinen  Durchschnitten  durch  einen  in  Osmiumsäure  erhärteten 
Sinneskörper  ist  die  von  den  basalen  Verlängerungen  der  Epithelzellen  gebildete  Fibrillenlage  als 
eine  besondere  dünne  Schicht  nachzuweisen  (Taf.  VIII.  Fig.  3n).  Sie  erscheint  auf  dem  Durch- 
schnitt als  ein  feinkörniger  gelbbraun  gefärbter  Streifen,  der  sich  zwischen  die  helleren  Epithel- 
zellen und  die  Stützlamelle  einschiebt. 

Die  Mittelschicht,  welche  aus  Stütz  Substanz  besteht,  scheidet  die  zum  Entoderm  und 
Ektoderm  gehörenden  Theile  von  einander  (Taf.  IX.  Fig.  6 s).  In  den  einzelnen  Abschnitten  des 
Sinneskörpers  zeigt  sie  eine  verschiedene  Mächtigkeit.  Soweit  das  Plattenepithel  reicht,  erscheint 
sie  als  eine  dünne,  aber  resistente  Membran,  welche  unmittelbar  den  Krystallhaufen  umschliesst. 
Nach  abwärts  verdickt  sie  sich  und  erreicht  etwa  die  gleiche  Dicke,  wie  das  äussere  Cylinder- 
epithel.  Sie  ist  vollkommen  homogen  und  durchsichtig  und  gleicht  der  Gallerte  des  Schirms,  mit 
dem  Unterschied  vielleicht,  dass  sie  eine  grössere  Dichtigkeit  als  diese  besitzt.  Von  dem  Entoderm 
aus  dringen  feine  Fädchen  oder  Röhrchen  in  sie  hinein,  welchen  wohl  die  Bedeutung  von  Ernährungs- 
kanälchen zukommt. 

Die  innere  Schicht  (en)  wird,  soweit  sie  den  zum  Gastro vascularsystem  gehörigen  Hohl- 
raum auskleidet,  von  einer  einfachen  Lage  schmaler  und  hoher  Cylinderzellen  zusammengesetzt.  Auf 
ihrer  ganzen  Oberfläche  ist  sie  mit  lebhaft  schwingenden  Flimmerhaaren  bedeckt.  Im  Endtheil  des 
Sinneskörpers  dagegen  ist  die  innere  Schicht  eine  solide  Masse,  die  vollständig  ' mit  zahlreichen, 
kleinen  Coneremcnten  (o)  erfüllt  ist.  Dieselben  liegen  so  dicht  hei  einander,  dass  sie  bei  durch- 
fallendem Licht  einen  schwarzen  Fleck  hervorrufen;  bei  auffallendem  Licht  dagegen  kreidigweiss 
erscheinen.  Der  Conerementhaufen  ist  allseitig  scharf  umgrenzt,  so  dass  frühere  Forscher  ihn  als 
ein  mit  Krystallen  erfülltes  Säckchen  beschrieben  haben.  Dies  ist  insofern  nicht  richtig,  als  sich 
abwärts  nach  dem  Holilraume  zu  eine  bebildere  Membran  nicht  nachweisen  lässt.  Nur  nach  dem 
Ektoderm  zu  ist  eine  solche  in  der  Form  der  schon  früher  beschriebenen  Stützlamelle  vorhanden. 
Wenn  man  den  Ueberzug  des  Concrementhaufens  mit  Nadeln  anritzt,  so  tritt  sein  Inhalt  zum  Theil 
in  das  umgebende  Medium  heraus  und  zertheilt  sieh  in  demselben,  so  dass  man  die  einzelnen  Bestand- 
teile jetzt  besser  erkennen  kann.  Die  Concrcmente  sind  mit  wohl  entwickelten  Kanten  versehen 
und  zeigen  eine  deutlich  krystallinische  Beschaffenheit;  meist  sind  sie  von  nadelförmiger  oder  pris- 
matischer Gestalt.  In  verdünnten  Säuren,  selbst  in  Osmiumsäure  sind  sie  löslich,  ohne  hierbei  Gas- 
blasen zu  entwickeln,  und  gleichen  sie  hierin  den  Concrementen , welche  in  den  Hörorganen  der 
Craspedoten  auftreten.  Nach  der  Auflösung  der  Krystalle  bleibt  ein  spongiöses  Gewebe  zurück, 
Uber  dessen  histologische  Eigenschaften  feine  Querschnitte  weitere  Aufschlüsse  gehen  (Taf.  VIII. 
Fig-  4).  Dasselbe  wird  von  grösseren  und  kleineren  vaeuoligen  Räumen  (o)  durchsetzt,  in  welchen 
die  durch  Säuren  aufgelösten  Concremente  enthalten  waren.  Die  Räume  sind  von  einander  durch 


112 


Scheidewände  getrennt,  die  ans  einer  feinkörnigen  Substanz  bestehen  und  etwa  den  einzelnen  Vacuolen 
entsprechend  Kerne  eingebettet  enthalten.  Nach  abwärts  geht  dieses  spongiöse  Gewebe  ohne  scharfe 
Grenze  in  die  Epithelschicht  über,  von  welcher  der  Hohlraum  des  Sinneskörpers  ausgekleidet  wird. 
Es  ist  daher  genetisch  als  eine  Bildung  des  Entoderms  zu  betrachten,  in  gleicher  Weise  wie  die 
Concrementzellen  in  den  Hörkölbchen  der  Trachymedusen,  deren  Abstammung  vom  Entoderm  bereits 
von  uns  nachgewiesen  wurde. 

An  die  Beschreibung  der  ausgebildeten  Sinneskörper  mögen  sich  einige  Angaben  über  frühere 
Entwicklungszustände  anreihen,  die  wir  an  kleinen  Ephyraformen  haben  beobachten  können,  die 
während  des  Winters  und  Frühjahrs  in  grosser  Zahl  neben  den  gesehlechtsreifen  Pelagien  auftraten. 
Die  jungen  Ephyren  (Taf.  X.  Fig.  15)  von  etwa  5 Millimeter  Umfang  bilden  eine  flache  Scheibe, 
die  durch  tiefe  breite  Einschnitte,  die  späteren  Tentakelbuchten,  in  acht  Lappen  zerlegt  ist.  Jeder 
Lappen,  der  eine  breite  taschenförmige  Aussackung  des  Gastrovascularsystems  (ga)  empfängt,  zerfällt 
selbst  wieder  an  seinem  freien  Rand  in  zwei  kleinere  Sinnesläppchen  (sl).  Tentakeln  sind  noch 
nicht  angelegt,  dagegen  sind  die  Sinneskörper  (sk)  schon  wohl  entwickelt  und  bilden  einen  kleinen 
fingerförmig  gestalteten  Fortsatz  in  der  Bucht  zwischen  zwei  Sinnesläppchen  (Taf.  IX.  Fig.  1 und  3). 
Vor  Allem  ist  nun  hier  hervorzuheben,  dass  die  Lage  der  Sinneskörper  noch  eine  vollkommen  freie 
ist  und  an  die  Verhältnisse  erinnert,  welche  wir  bei  Nausithoe  auch  am  erwachsenen  Thiere  vor- 
gefunden haben.  Indessen  kann  man  schon  jetzt  an  der  Form  des  Schirmrandes  den  Vorgang 
erratheil , durch  welchen  auf  späteren  Entwicklungszuständen  die  Umhüllung  der  Sinneskörper  zu 
Stande  kommt.  Bei  etwas  älteren  Ephyraformen  sieht  man  von  der  Verbindungsstelle  der  beiden 
Sinnesläppchen  eine  Falte  (J)  ausgehen,  die  von  oben  die  Basis  des  kleinen  Sinneskörpers  zudeckt. 
Durch  die  mächtige  Entwicklung  derselben  entsteht  später  die  Deckplatte,  welche  den  Grund  der 
Sinnesbucht  von  der  Schirmoberfläclie  aus  unzugänglich  macht.  Zweitens  ist  schon  jetzt  an  der 
unteren  und  inneren  Seite  eines  jeden  Läppchens  eine  vorspringende  Kante  (sf)  zu  bemerken.  Durch 


und  rechts  ventralwärts  Zusammenlegen  und  dadurch  einen  cylinderförmig  gestalteten  Hohlraum 
abgrenzen. 

Die  kleinen  Sinneskörper  zeigen  eine  von  den  Verhältnissen,  die  wir  beim  erwachsenen 
Thiere  kennen  gelernt  haben,  darin  abweichende  Gestaltung,  dass  sic  nicht  nur  in  ihrem  peripheren, 
sondern  auch  in  ihrem  basalen  Theile  eine  solide  Beschaffenheit  besitzen.  Sie  werden  noch  ganz 
von  einer  Wucherung  des  Entoderms  ausgefüllt,  in  welcher  sich  bräunliche  Pigmentkörnchen  wie 
in  allen  Zellen  des  Gastrovascularsystems  eingebettet  finden.  Im  peripheren  Tlieil  ist  schon  eine 
grössere  Anzahl  prismatischer  Krystalle  entwickelt;  an  die  Basis  des  Sinneskörpers  grenzt  die  oben 
beschriebene  Aussackung  (ga)  des  Magens  dicht  an  und  schickt  in  dieselbe  noch  einen  kleinen  Fort- 
satz hinein,  durch  dessen  weiteres  Vordringen  später  die  Aushöhlung  des  basalen  Abschnitts  herbei- 
geführt wird.  Auf  ihrer  Oberfläche  sind  die  Sinneskörper  mit  einem  geisseltragenden  Cylinderepithel 
überzogen,  welches  sich  von  dem  Plattenepithel  der  Umgebung  deutlich  absetzt.  Wie  hieraus  zu 
ersehen  ist,  sind  die  Abänderungen,  die  noch  eintreten  müssen,  um  diese  Jugendform  in  die  bleibende 
überzuführen,  geringfügiger  Art  und  beschränken  sich  hauptsächlich  darauf,  dass  noch  zahlreichere 
Krystalle  ausgeschieden  werden  und  dass  die  Aushöhlung  des  Sinneskörpers  bis  zum  Krystallhaufen 
selbst  vorschreitet. 

Mit  Pelagia  zeigen  die  zwei  weiteren  von  uns  untersuchten  Arten,  Phacellophora  und 
Aurel ia,  welche  die  Vertreter  zweier  besonderer  Familien,  der  Sthenonidae  und  der  Aurelidae  sind, 
eine  grosse  Aehnlichkeit  sowohl  in  der  äusseren  Form  als  auch  in  dem  feineren  Bau  ihrer  Sinnes- 


113 


kprper.  Diese  Aehnlichkeit  ist  so  bedeutend,  dass  nur  geringfügige  Differenzen  eine  Unterscheidung 
überhaupt  ermöglichen.  Die  Sinneskörper  besitzen  auch  hier  etwa  die  gleiche  Grösse  und  die  gleiche 
Form  eines  gekrümmten  Fingers  wie  bei  Pelagia  (Taf.  VIII.  Fig.  6.  Taf.  IX.  Fig.  15).  In  ihrem 
verbreiterten,  durch  eine  Ringfurche  etwas  eingeschnürten  Endtheil  umschliessen  sie  einen  kugligen 
Haufen  zahlreicher  nadelförmiger  Krystalle.  Bei  allen  dringt  bis  zum  Krystallhaufen  ein  schlauch- 
förmiger Fortsatz  des  Gastrovascularsystems  (ga)  ein.  Auch  die  histologischen  Verhältnisse  sind  im 
Allgemeinen  die  gleichen,  so  dass  wir  hinsichtlich  derselben  auf  Pelagia  verweisen  können.  Nur 
Aurelia  zeigt  uns  noch  zwei  Besonderheiten  (Taf.  VIII.  Fig.  3.  4.  6).  Erstens  treten  in  der  Mittel- 
schicht des  Sinneskörpers,  welche  Entoderm  und  Ektoderm  von  einander  trennt,  kleine  sternförmige 
Zellen  (e)  mit  verästelten  Ausläufern  auf,  wie  sie  auch  sonst  sich  in  der  Schirmgallerte  von  Aurelia 
finden.  Zweitens  hat  sich  an  einer  umschriebenen  Stelle  in  den  Ektodermzellen  Pigment  abgelagert, 
so  dass  ein  kleiner  Ocellus  (oc)  entstanden  ist.  Derselbe  liegt  an  der  dorsalen  Seite  des  Sinnes- 
körpers am  Beginn  des  kolbig  verdickten  und  mit  Krystallen  erfüllten  Endtheils  (Taf.  VIII.  Fig.  6). 
Er  besitzt  keinen  besonderen  linsenförmigen  Körper  und  ist  daher  dem  von  Oceania  beschriebenen 
Augenfleck  gleich  gebildet. 

Auffälligere  Unterschiede  zwischen  Pelagia  einerseits,  Phacellophora  und  Aurelia  anderer- 
seits werden  dagegen  durch  die  verschiedene  Anzahl  der  Sinneskörper  und  durch  die  Art  und  Weise 
veranlasst,  wie  diese  durch  Fortsatzbildungen  des  Schirmrandes  umhüllt  werden.  Die  Anzahl  der 
Sinneskörper  beläuft  sich  bei  Aurelia  auf  acht,  bei  Phacellophora  dagegen  auf  das  Doppelte. 
In  ihrer  Lagerung  ergeben  sich  im  Verhältniss  zu  Pelagia  ziemlich  abweichende  Verhältnisse,  die 
durch  eine  verschiedene  Lappung  des  Schirmrandes  bedingt  sind. 

Bei  Phacellophora  (Taf.  X.  Fig.  16)  ist  der  Schirmrand  in  10  grössere  und  16  kleinere 
Lappen  zerfallen,  die  mit  einander  alterniren.  Von  diesen  tragen  die  grösseren  (tl)  in  einiger  Ent- 
fernung vom  Rande  auf  ihrer  unteren  Fläche  ein  Büschel  von  neun  langen  schlauchförmigen  Ten- 
takeln (t),  und  werden  wir  sie  daher  als  Tentakellappen  bezeichnen.  Die  mit  ihnen  alternirenden 
kleinen  Lappen  sind  an  ihrem  Ende  durch  eine  Einkerbung  abermals  in  zwei  Läppchen  (sl)  unter- 
getheilt,  die  wie  zwei  Flügel  auseinanderweichen  und  nach  ihrer  Lagerung  den  Sinnesläppchen 
von  Pelagia  und  Nausithoe  entsprechen.  Es  geht  dies  daraus  hervor,  dass  in  der  Bucht  zwischen 
ihnen  der  Sinneskörper  liegt,  der  schon  mit  unbewaffnetem  Auge  als  gelbes  Korn  wahrzunehmen 
ist.  Derselbe  wird  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  Pelagia  allseitig  durch  Faltenbildung  des  Schirm- 
randes eingehüllt  (Taf.  IX.  Fig.  15).  Nach  oben  wird  er  von  einer  dicken  Lamelle  bedeckt,  an 
deren  unterer  Fläche  er  selbst  seinen  Ursprung  nimmt.  Ventralwärts  legen  sich  zwei  Sinnes- 
falten (sf)  schützend  über  ihn  her.  Während  die  Deckplatte  sich  zwischen  der  Basis  der  Sinnes- 
läppchen (sl)  ausspannt,  gehen  die  beiden  Falten  vom  unteren  inneren  Rand  derselben  aus. 

In  noch  höherem  Maasse  als  Phacellophora  weicht  Aurelia  in  der  Bildung  ihres  Schirm- 
randes von  Pelagia  ab  (Taf.  X.  Fig.  14).  In  systematischen  Werken  wird  die  flache  Scheibe  ge- 
wöhnlich als  achtlappig  bezeichnet  und  wird  sie  auf  den  ersten  Blick  auch  wohl  stets  einen  solchen 
Eindruck  hervorrufen.  Die  in  die  Augen  fällenden  Lappen  (tl)  sind  sehr  breit,  wenig  gekrümmt 
und  durch  sehr  seichte  Einkerbungen  von  einander  geschieden.  Sie  sind  mit  zahlreichen,  sehr 
kurzen  Tentakeln  versehen  und  entsprechen  daher  in  ihrer  Bedeutung  den  16  Tentakellappen 
von  Phacellophora.  Bei  genauerer  Untersuchung  sind  aber  in  den  seichten  Einkerbungen  zwischen 
ihnen  noch  weitere  acht  Paare  von  verhältnissmässig  sehr  kleinen  Läppchen  (sl)  aufzufinden,  die 
dadurch  sich  auszeichnen,  dass  sie  jedesmal  einen  Sinneskörper  umschliessen  (Taf.  VIII.  Fig.  1 und  2). 
In  ihrer  äusseren  Form  lassen  sie  sich  einem  Flügel  vergleichen;  sie  sind  nicht  horizontal,  sondern 

Heitwig,  Medusen.  15 


114 


senkrecht  zur  Schirm  Oberfläche  gestellt  und  legen  sich  mit  ihren  Breitseiten  dicht  aneinander.  An 
ihrem  Ursprung  sind  sie  mit  ihren  oberen  Rändern  unter  einander  durch  eine  Lamelle  (d)  ver- 
bunden, welche  der  bei  Pelagia  und  Phacellophora  beschriebenen  Deckplatte  entspricht.  Dieselbe 
zeigt  bei  Aurelia  eine  charakteristische  Beschaffenheit,  indem  sie  nach  oben  sich  zu  einem  ovalen 
Polster  verdickt,  welches  in  radialer  Richtung  auf  den  Schirm  selbst  noch  Ubergreift  und  Uber  seine 
Oberfläche  hervorspringt.  Auf  seinem  vordersten  Abschnitt  ist  das  Polster  noch  einmal  zu  einem 
kleinen  halbkugeligen  Körper  (Taf.  VIII.  Fig.  1 und  2*)  hervorgewölbt,  der  sich  durch  eine  Furche 
an  seiner  Basis  vom  übrigen  Theil  abgrenzt  und  ausserdem  noch  auf  seiner  proximalen  Fläche 
eine  grubenförmige  Vertiefung  besitzt.  Gerade  unterhalb  dieser  Vertiefung  ist  der  Sinneskörper  (sk) 
an  der  Unterfläche  der  polsterförmig  gestalteten  Deckplatte  befestigt.  Er  kommt  daher  auch  bei 
Aurelia  in  eine  Art  Nische  zu  liegen,  die  nach  oben  von  dem  vorderen  zu  einem  halbkugeligen 
Körper  verdickten  Theil  des  Polsters  und  seitlich  von  den  sich  aneinander  schmiegenden  Sinnes- 
läppchen gebildet  wird. 

Ein  Einblick  in  die  hier  beschriebenen  Verhältnisse  lässt  sich  schon  bei  Betrachtung  des 
Schirmrandes  von  der  Fläche  oder  bei  seitlicher  Ansicht  eines  ausgeschnittenen  Stückes  gewinnen. 
Weiteren  Aufschluss  über  Form  und  Lage  der  einzelnen  Theile  liefern  dann  ausserdem  noch  in 
radialer  Richtung  an  gefertigte  Querschnitte  (Taf.  VIII.  Fig.  6). 

Wie  in  der  Lappung  des  Schirmrandes,  so  ergeben  sich  auch  in  der  Beschaffenheit  des 
Gastro  vaseul  arsy  stems  wichtige  Unterschiede  zwischen  Pelagia  und  zwischen  Phacellophora 
und  Aurelia.  Anstatt  tasehenförmiger  Ausstülpungen  des  Magens  linden  wir  hier  eine  grössere 
Anzahl  von  schmäleren,  radiär  verlaufenden  Kanälen  vor,  die  sich  zum  Theil  nach  der  Peripherie 
zu  dichotomiscli  gabeln  und  in  der  Nähe  des  Randes  durch  ein  schmales  Ringgcfäss  untereinander 
verbunden  werden  (Taf.  X.  Fig.  14  und  1(3).  Dasselbe  verläuft  in  einiger  Entfernung  nach  einwärts 
von  den  Sinneskörpem  und  giebt  hier  einen  Ast  ab,  der  sich  alsbald  in  drei  Stämmchen  theilt: 
einen  unpaaren  mittleren  und  zwei  seitliche  (Taf.  VIII.  Fig.  2 und  15).  Der  unpaare  dringt  in  die 
Deckplatte  und  von  da  in  den  Sinneskörper  ein,  die  zwei  seitlichen  nehmen  ihren  Weg  zu  den 
Sinnesläppchen  Alle  drei  entsprechen  mithin  den  drei  Fortsätzen,  mit  welchen  die  acht  nach  der 
Sinnesbucht  reichenden  Magentaschen  von  Pelagia  enden. 

Es  bleibt  uns  jetzt  noch  die  so  verschiedenartige  Lappung  des  Sehirmrandes  zu  erklären, 
welche  bei  der  grossen  Ueberein Stimmung  in  Bau  und  Form  der  Sinneskörper  unsere  Aufmerk- 
samkeit besonders  auf  sich  ziehen  muss.  Wenn  wir  die  bei  Pelagia,  Phacellophora  und  Aurelia 
(Taf.  X.  Fig.  14.  16.  18)  beschriebenen  Bildungen  unter  einander  vergleichen,  so  finden  wir  bei 
allen  drei  als  typisch  wiederkehrende  Theile  die  Sinnesläppchen  vor,  welche  bei  einer 
Vergleichung  den  Ausgangspunkt  bilden  müssen.  Die  Homologie  derselben  ergiebt  sich  sowohl 
aus  ihrer  übereinstimmenden  Lage  zum  Sinneskörper,  als  auch  aus  ihrer  Beziehung  zum  Gastro- 
vascularsystem , das  hier  bei  allen  drei  Acraspeden  mit  drei  Fortsätzen  endet.  Während  aber  bei 
Pelagia  die  Sinnesläppchen  von  beträchtlicher  Grösse  sind  und  allein  den  gelappten  Rand  zusammen- 
setzen, haben  sie  bei  den  zwei  anderen  Arten  an  Umfang  verloren  und  nehmen  nur  geringen  An- 
theil  an  der  Umgrenzung  des  Schirms.  Am  abweichendsten  von  Pelagia  (Taf.  X.  Fig.  1 8)  ist  hierin 
Aurelia  (Taf.  X.  Fig.  14)  beschaffen,  während  Phacellophora  (Taf.  X.  Fig.  16)  gleichsam  verbindend 
zwischen  beide  zu  stehen  kommt.  Mit  der  geringeren  Ausbildung  der  Sinnesläppchen  haben  sich 
zwischen  ihnen  als  eine  neue  Bildung  und  gewissennassen  zum  Ersatz  die  Ten  takellappen  (tl) 
entwickelt.  Dieselben  können,  wenn  sie  auf  die  bei  Pelagia  gegebene  Einrichtung  zurückgeftihrt 
werden  sollen,  mit  nichts  anderem  als  den  Tentakelbuchten  verglichen  werden. 


115 


Was  schon  die  Vergleichung'  lehrt,  darüber  giebt  uns  die  Entwicklungsgeschichte  von  Aurelia, 
die  durch  L.  Agassiz  (4)  ziembeb  vollständig  bekannt  geworden  ist,  einen  viel  sicherem  Aufschluss. 
Sie  zeigt  uns,  dass  auch  Aurelia  aus  einer  Ephyra  sich  entwickelt,  die  mit  der  Pelagienephyra 
die  grösste  Aehnlichkeit  besitzt  (Taf.  X.  Fig.  15).  Der  flache  Schirm  ist  durch  tiefe  Einschnitte 
gleichfalls  in  acht  Lappen  zerfallen.  Diese  theilen  sich  wieder  an  ihrem  Ende  in  zwei  Sinnes- 
läppchen, zwischen  denen  die  acht  Sinneskörper  als  kleine  Höcker  frei  zu  Tage  liegen. 

Bei  Pelagia  erhält  sich  nun  diese  primitive  Lappung  des  Schirmrandes  auch  heim  erwach- 
senen Thiere  mehr  oder  minder,  und  sprossen  nur  acht  Tentakeln  in  den  Einschnitten  zwischen 
den  acht  Paar  Sinnesläppchen,  den  Tentakelbuchten,  hervor.  (Wir  müssen  daher  diese  Art  als  eine 
Ausgangsform  für  die  übrigen  Acraspeden  betrachten.)  Bei  Aurelia  aber  tritt  eine  weitgehende 
Metamorphose  des  Schirmrandes  ein,  die  sich  auf  ein  sehr  ungleiches  Wachsthum  der  einzelnen 
Theile  zurückführen  lässt  (Taf.  X.  Fig.  19).  Die  acht  Paar  Sinnesläppchen  (sl)  nämlich  wachsen 
verhältnissmässig  nur  langsam  weiter.  Dagegen  beginnt  die  eingebuchtete  Randstrecke  zwischen 
ihnen  sich  weit  rascher  zu  entwickeln  und  einen  besonderen  lappenförmigen  Vorsprung  (tl)  zu  bil- 
den, an  dessen  Unterseite  sich  kleine  Tentakeln  (t)  anlegen.  Bald  sind  diese  Tentakellappen  so 
weit  hervorgewachsen,  dass  sie  auf  gleiche  Höhe  mit  den  acht  Paar  Sinneslappen  zu  liegen  kom- 
men und  mit  ihnen  alternirend  den  nun  1 Glappigen  Schirmrand  zusammensetzen.  Auf  diesem  Stadium 
besitzt  die  kaum  einen  Zoll  grosse  Aurelia,  von  der  ungleichen  Anzahl  der  Lappen  abgesehen,  in 
der  Bildung  des  Schirmrandes  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  der  erwachsenen  Phacellophora  (ver- 
gleiche Taf.  X.  Fig.  16  und  19).  Mit  der  weiteren  Grössenzunahme  schwindet  aber  auch  diese 
Aehnlichkeit.  Die  acht  Tentakellappen  gewinnen  mehr  und  mehr  durch  stärkeres  Wachstkum  das 
Uebergewicht  über  die  Sinnesläppchen,  bis  diese  endlich  ganz  in  den  Hintergrund  gedrängt  werden. 
So  kommt  es,  dass  beim  erwachsenen  Thier  (Taf.  X.  Fig.  14)  der  Schirmrand  nur  aus  den  acht 
sehr  breiten  tentakeltragenden  Lappen  zu  bestehen  scheint.  Erst  bei  sorgfältigem  Zusehen  wird 
man  in  den  Buchten  zwischen  ihnen  auch  die  acht  Paar  relativ  kleiner  Sinnesläppchen  gewahr, 
die  im  Vergleich  zu  früher  und  zu  Pelagia  uns  gleichsam  als  rudimentäre  Organe  erscheinen. 

Wenn  wir  jetzt  am  Schluss  dieses  Abschnittes  noch  einen  Blick  auf  die  übrigen  von  uns 
nicht  beobachteten  Acraspeden  werfen,  so  zeigen  uns  die  Untersuchungen  von  Agassiz,  Haeckel, 
Grenacher,  Brandt  u.  s.  w.,  dass  überall  in  der  Form  und  dem  Bau  der  Sinneskörper  eine  grosse 
Einförmigkeit  herrscht.  Auch  findet  bei  allen  Arten  eine  Umhüllung  derselben  von  zwei  Sinnes- 
läppchen, wie  bei  Pelagia,  Phacellophora  und  Aurelia,  in  mannigfach  modificirter  Weise  Statt. 
Verschiedenheiten  lassen  die  einzelnen  Familien  der  Acraspeden  unter  einander  in  der  Anzahl 
der  Sinneskörper  erkennen,  welche  zu  acht,  zwölf  oder  sechzehn  am  Schirmrand  auftreten 
können.  Am  weitesten  verbreitet  ist  die  Zahl  acht.  Sie  findet  sich  bei  den  Nausithoidae,  Pelagidae, 
Cyanidae,  Aurelidae,  Rhizostomidae , Cepheidae,  Cassiopeidae  und  Crambessidae ; mit  zwölf  Sinnes- 
körpern sind  allein  die  Polyclonidae  und  mit  sechzehn  die  Sthenonidae  (Phacellophora  und  Heccae- 
decomma)  versehen. 

Literatur.  Von  den  Sinnesorganen  der  Medusen  sind  die  Randkörper  der  Acraspeden,  da 
sie  durch  ihre  ansehnlichere  Grösse  auch  dem  unbewaffneten  Auge  sichtbar  sind,  am  frühesten 
bekannt  geworden  und  haben  den  älteren  Zoologen  zu  den  verschiedensten  Deutungen  Veranlassung 
gegeben.  Schon  Otto  Friedrich  Müller  (66)  beschreibt  in  seiner  Zoologia  Danica  am  Schirmrand 
von  Aurelia  aurita  am  Ende  von  acht  radial  verlaufenden  Kanälen  acht  hohle  Körper,  deren  Enden 
mit  einer  schwärzlichen  pulverigen  Substanz  erfüllt  sind.  Da  er  letztere  öfters  in  das  Wasser 
(wahrscheinlich  durch  Verletzung  bei  der  Präparation)  austreten  und  sich  zertheilen  sah , so  deutet 

15* 


116 


er  sie  als  Excremente,  die  acht  Kanäle  für  Därme  und  unsere  Sinnesorgane  für  die  acht  After 
der  Meduse.  Nach  ihm  hat  Gaede  (31)  wieder  die  Randkörper  bei  Aurelia  aurita  beobachtet  und 
gefunden,  dass  die  körnige  aus  sechseckigen  Partikelchen  bestehende  Substanz  in  eine  feine  Haut 
eingeschlossen  ist  und  nur  durch  ein  Zerreissen  derselben  austreten  kann;  er  verwirft  daher  die 
Deutung  Müller’s,  ohne  indessen  eine  andere  an  ihre  Stelle  setzen  zu  können.  Auch  Eysenitardt  (27) 
spricht  in  seiner  genauen  Anatomie  von  Rhizostoma  nur  von  acht  räthselhaften  Körpern.  Er  be- 
schreibt über  ihnen  ganz  richtig  eine  ovale  Verdickung  der  Schirmgallerte,  unsere  Decklamelle, 
und  in  derselben  eine  längliche  Grube.  Rosenthal  (76)  betrachtet  die  von  0.  F.  Müller  entdeckten 
Gebilde  als  Schleim  absondernde  Organe.  Er  macht  auf  die  erdige  Beschaffenheit  der  Concremente 
aufmerksam  und  da  er  dieselben  sich  nicht  in  Schwefelsäure  auflösen  sah,  erklärt  er  sie  für  Sand- 
körnchen. Eschscholz  (26)  führt  den  Namen  „Randkörper“  ein;  er  lässt  die  Organe,  in  welchen 
der  durch  die  Kanäle  hingeleitete  Nahrungssaft  eine  Umänderung  erleiden  soll,  die  Stelle  der  Leber 
vertreten.  Tilesius  (83)  nennt  sie  Schirmrandbläschen  und  erblickt  in  ihnen  Respirations-  und 
Excretionsorgane,  die  Nachts  „einen  matten  Phosphorschein  aushauchen“.  Oken  (73)  möchte  in 
ihnen  Ansätze  zu  Rippen  wie  bei  den  Rippenquallen  sehen. 

Die  hier  gegebenen  kurzen  Referate  zeigen  deutlich,  wie  sich  die  älteren  Beobachter  in 
ihrem  Urtheil  über  die  Function  der  Randkörper  nicht  haben  einigen  können.  Erst  Ehrenberg  (24) 
hat  in  seiner  Abhandlung  „über  die  Acalephen  des  rothen  Meeres  und  über  den  Organismus  der 
Medusen  der  Ostsee“,  eine  Wendung  in  dieser  Frage  herbeigeführt.  Er  findet,  dass  die  von 
Rosenthal  beschriebenen  Krystalle  in  Säuren  löslich  sind,  und  schliesst  daraus,  dass  sie  nicht  aus 
Kieselerde,  sondern  aus  kohlensaurem  Kalk  bestehen;  ferner  entdeckt  er,  dass  der  Randkörper  von 
Aurelia  auf  seiner  dorsalen  Fläche  mit  einem  rothbraunen  Pigmentfleck  versehen  ist.  Diese  beiden 
Beobachtungen  werden  für  Ehrenberg  bei  seiner  Deutung  maassgebend.  Während  er  früher  an- 
nahm, dass,  die  Randkörper  der  Medusen  zu  einem  männlichen  Zeugungsapparate  gehörten,  weil  sie 
bei  den  Contractionen  des  Schirms  immer  in  die  Nähe  der  Eierstocksötfnungen  gebracht  würden, 
erklärt  er  sie  jetzt  für  Sinnesorgane,  den  Pigmentfleck  für  ein  Auge,  die  verdickten  Epithelpartieen 
für  Markknoten  und  Augennerven,  die  umhüllenden  Theile  für  eine  Augenkapsel.  Diese  Ansicht 
sucht  er  unter  Anderem  dadurch  zu  begründen,  dass  eine  Ansammlung  von  Kalkkrystallen  bei 
Thieren  häufig  in  der  Nähe  von  Nervensubstanz  stattfinden  solle  (Kalksäcke  an  den  Rückenmarks- 
wurzeln der  Frösche). 

Die  von  Ehrenberg  ausgesprochene  Deutung  fand  bei  einem  Theil  der  Forscher  Anklang, 
bei  anderen  Widerspruch.  So  hält  Brandt  (12)  in  seiner  Beschreibung  der  von  Mertens  beobach- 
teten Schirmquallen  die  Annahme,  dass  die  Randkörper  Augen  seien,  wohl  für  sicher.  Ferner  zeigt 
Sars  (78),  dass  schon  bei  den  von  der  Strobila  sich  ablösenden  Ephyrae  von  Aurelia  die  von 
Ehrenberg  als  Augen  bezeichneten  Theile  in  den  tiefen  Einschnitten  des  Schirms  entwickelt  sind, 
und  dass  ein  jeder  Randkörper  auch  bereits  an  seiner  Spitze  den  gelbrothen  Pigmentfleck  trägt. 
Dagegen  sprechen  sich  Milne  Edwards  und  Deshayes  (57)  gegen  Ehrenberg  aus : „rothes  Pigment 
sei  kein  Auge;  es  sei  ein  G'irkelschluss,  weisse  Partien  als  Ganglien  und  Nerv  zu  bezeichnen,  weil 
sie  an  einem  Pigmentfleck  endeten“. 

Einen  neuen  Gesichtspunkt  führte  Kölliker  (50),  ausgehend  von  den  damals  bekannt  gewor- 
denen Gehörbläschen  der  Mollusken,  in  das  Studium  der  Randkörper  ein.  Er  beschreibt  sie  als 
bimförmige  Bläschen,  die  an  einem  Ende  ein  Häufchen  Krystalle  von  kohlensaurem  Kalk  und  an 
ihren  inneren  Wänden  Flimmerhaare  besitzen.  Ihren  Binnenraum  lässt  er  irriger  Weise  nicht  mit 
dem  Gastrovascularsystem  Zusammenhängen,  sondern  durch  ein  rundes  Loch  an  der  oberen  Fläche 


117 


der  Scheibe  direct  nach  Aussen  münden.  Indem  Kölliker  in  der  Deutung  der  Pigmentflecke  der 
Ansicht  Ehrenberg’s  sich  anschliesst,  hierbei  aber  hervorhebt,  dass  nur  wenige  Discophoren  Pigment- 
flecke besitzen,  wirft  er  zugleich  die  Frage  auf,  was  für  eine  Bedeutung  man  den  Kiystallhaufen 
oder  da  wo  keine  Augen  sich  finden,  den  Randkörpern  zuschreiben  solle?  ,,Die  Thatsache  des  Vor- 
kommens von  Augen“,  heisst  es  in  seiner  kurzen  Abhandlung,  „und  höchst  wahrscheinlich  von 
Nerven  und  einem  Ganglion  an  dieser  Stelle  des  Leibes  einiger  Medusen  zeigt  uns  schon  die  Mög- 
lichkeit, dass  andere  Sinnesorgane,  wenn  sie  bei  diesen  Thieren  sich  finden  sollten,  wohl  an  dieser 
Stelle  Vorkommen  könnten,  und  in  der  That,  je  mehr  man  über  die  Structur  dieser  bis  dahin 
räthselhaften  Organe  nachdenkt,  um  so  plausibler  erscheint  es,  in  den  Krystalle  umschliessenden 
Kapseln  Gehörbläschen  zu  sehen.  Bedenken  wir,  dass  die  einfachste  Form  des  Gehörorgans,  wie 
uns  die  Entwicklungsgeschichte  und  vergleichende  Anatomie  lehrt,  ein  mit  Conerementen  von  kohlen- 
saurem Kalk  gefülltes  Bläschen  ist,  an  dem  ein  Nerv  sich  verzweigt,  so  steht  wahrlich  meiner 
Deutung  nur  das  im  Wege,  dass  man  die  Nerven  der  Kapsel  der  Randkörper  noch  nicht  gefunden 
hat,  worauf  aber  bei  unserer  sonstigen  mangelhaften  Kenntniss  des  Nervensystems  dieser  Thiere 
Niemand  grosses  Gewicht  legen  wird.“ 

In  demselben  Jahre  wie  Kölliker  erklärte  auch  Will  (85  und  86)  in  einem  Schreiben  aus 
Triest,  dass  die  Randkörperchen  der  Medusen,  wenigstens  nach  seinen  Untersuchungen  an  Cephea, 
Gehörorgane  sind.  — Die  KöLLiKER’sche  Ansicht  brach  sich  jetzt  rasch  Bahn.  So  wurden  in  Siebold  s 
Lehrbuch  der  vergleichenden  Anatomie  die  Randkörper  im  Capitel  über  Sinnesorgane  abgehandelt 
und  als  Gehörwerkzeuge  deswegen  bezeichnet,  weil  „die  in  den  Kapseln  enthaltenen  und  durch 
Säuren  brausend  löslichen  Krystalle  den  Otolithen  der  höheren  Thiere  vergleichbar  seien“. 

Bei  dem  Bestreben  die ' Randkörper  der  Acraspeden  als  Hörbläschen  zu  deuten,  war  in  der 
anatomischen  Kenntniss  ihres  Baues  ein  Rückschritt  darin  gemacht  worden,  dass  Kölliker  die 
Communication  des  Binnenraums  mit  dem  Darmkanal  in  Abrede  gestellt  hatte.  Dieser  Irrthum  wurde 
schon  nach  kurzer  Zeit  in  den  Arbeiten  von  Huxley,  Leuckart  und  Gegenbaur  berichtigt.  Gegen- 
baur,  welcher  sich  am  meisten  mit  dem  Bau  und  der  vergleichenden  Anatomie  der  Sinnesorgane 
der  Medusen  beschäftigt  hat,  weist  an  Pelagia  nach,  dass  der  Hohlraum  des  Randkörpers,  den  er 
Ampulle  nennt,  eine  Ausstülpung  des  Gastrovascularsystems  ist  und  dass  eine  nach  Aussen  com- 
municirende  Oeffnung  fehlt.  Die  zahlreichen,  auf  einen  Haufen  zusammengedrängten  Krystalle  lässt 
er  von  einer  Membran  allseitig  umhüllt  sein.  Das  so  entstandene  Gebilde  bezeichnet  er  als  das 
Krystallsäckchen  und  vergleicht  er  dieses  allein  den  Gehörbläschen  der  Mollusken  und  den  Rand- 
bläschen der  craspedoten  Medusen.  Er  weicht  somit  bei  der  Deutung  der  einzelnen  Theile  wesent- 
lich von  Kölliker  ab,  der  die  Ampulle  des  Randkörpers  gemeinsam  mit  dem  Krystallhaufen  als 
Hörbläschen  aufgefasst  hat.  Ueber  die  Function  der  Organe  selbst  giebt  Gegenbaur  kein  bestimmtes 
Urtheil  ab.  Zu  den  Sinnesorganen  möchte  er  sie  gerechnet  wissen,  weil  sie  erstens  mit  augenähn- 
lichen Bildungen  vicariirend  auftreten  und  zweitens  nur  bei  den  freilebenden  Medusen  Vorkommen, 
bei  den  sessilen  Geschlechtsgemmen  aber  fehlen.  Dass  Gehörwerkzeuge  vorliegen,  erscheint  ihm 
zweifelhaft,  weil  in  dem  Krystallsack  der  Acraspeden  und  den  Randbläsclien  der  Craspedoten  keine 
Flimmerung  zu  beobachten  ist  und  die  Otolithen  daher  bewegungslos  sind,  während  sie  bei  den 
Hörbläschen  der  Wirbellosen  durch  Cilien  in  zitternde  Bewegung  versetzt  werden. 

Eine  sehr  abweichende  Beschreibung  und  Deutung  erfuhren  die  Randkörper  der  Acraspeden 
in  dem  im  Jahre  1862  erschienenen  Medusenwerk  von  Agassiz  und  Clark  (4).  Sie  werden  hier 
als  zusammengesetzte  Augen  bezeichnet.  Diese  Deutung  läuft  aber  nicht  auf  die  früher  von  Ehren- 
berg gegebene  hinaus.  Nicht  der  Pigmentfleck  ist  das  Auge,  wie  die  meisten  Forscher  seitdem 


118 


angenommen  haben,  sondern  das  als  Krystallsäckchen  gedeutete  Gebilde.  Clark,  welcher  die  genauere 
histologische  Untersuchung  des  Organs  übernommen  hatte,  empfiehlt  zum  Studium  jugendliche  Aurelien. 

Er  betrachtet  das  Krystallsäckchen  als  Facettenauge,  den  unterliegenden  Theil  als  Augenstiel,  die 
einhüllenden  Theile  des  Schirms  als  Augenlappen.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  entdeckt 
er  einen  hochentwickelten  Bau  am  Facettenauge.  Das  Plattenepithel  auf  dem  Krystallsäckchen 
bildet  nach  ihm  eine  Cornea,  die  Krystalle  sind  Linsen;  auch  Augenkammern  mit  Humor  aqueus, 
eine  Membrana  pupillaris,  und  ein  Corpus  vitreum  fehlen  nicht.  Wie  gänzlich  haltlos  diese  Angaben 
sind,  die  nur  aus  einer  von  vornherein  befangenen  Anschauungsweise  entsprungen  sein  können,  geht 
schon  aus  der  Darstellung  unserer  eigenen  Beobachtungen  zur  Genüge  hervor. 

Von  jetzt  ab  sehen  wir  die  Randkörper  der  Acraspeden  bald  als  Auge,  bald  als  Hörorgane 
aufgeführt  werden.  Fritz  Müller  erklärt  sich  für  die  Deutung  Clark’s,  wenn  die  von  ihm  gegebene 
Darstellung  die  richtige  sei.  Haeckel  führt  die  RandköYper  der  Crambessiden,  die  er  freilich  nicht 
mikroskopisch  hat  untersuchen  können,  als  acht  in  Einschnitten  des  Schirmrandes  (Augenbuchten) 
gelegene  Augen  auf  und  bezeichnet  zwei  sie  einhüllendc  Zipfel  des  Schirmrandes  wie  Agassiz  als 
Augenläppchen  (lobi  oculares).  Gegenuaur  dagegen  hält  in  dem  Grundriss  der  vergleichenden  Ana- 
tomie an  der  allen  Deutung  fest. 

Die  neueste  Arbeit  über  die  Randkörper  der  Medusen  hat  Eimer  (25)  im  Jahre  1874  geliefert. 

In  derselben  macht  er  uns  mit  einigen  interessanten  physiologischen  Experimenten  bekannt,  die  wir 
im  synthetischen  Theil  noch  genauer  besprechen  werden.  Hinsichtlich  des  morphologischen  Baues 
beschränkt  er  sich  auf  einige  kurze  Andeutungen,  die  er  in  einer  speciellcn  Arbeit  weiter  auszu- 
führen verspricht.  „Die  Verbindung  der  einzelnen  Strahlstiiekc  der  Scheibenqualle  werde  durch 
Nervenfädchen  von  ungemeiner  Feinheit  vermittelt,  welche  überall  den  Gallertschirm  dieser  Thiere 
durchziehen;  ihr  Nervensystem  sei  somit  ähnlich  beschaffen,  wie  dasjenige,  welches  er  von  Beroe 
beschrieben  habe.“  Körperliche  Ganglien  habe  er  bis  jetzt  bei  den  Acraspeden  nicht  auffinden  können. 
Dagegen  treffe  er  in  der  Umgebung  der  Randkörper  ungewöhnlich  zahlreiche  Nervenelemente 
(Fasern  und  Zellen),  „Elemente,  welchen  ohne  Zweifel  zum  Theil  die  Aufgabe  zufalle,  die  contractilen 
Zonen  zu  beherrschen,  während  sie  zum  anderen  Theil  zu  den  Randkörpern  selbst  treten.“ 

Welche  Theile  Eimer  für  nervöse  Gebilde  bei  Aurelia  erklärt,  können  wir  aus  diesen  kurzen 
Andeutungen  nicht  ersehen.  Wir  können  nur  auf  Grund  unserer  Beobachtungen  die  von  früheren 
Autoren  gemachten  Angaben  bestätigen,  dass  in  der  Gallerte  sich  Stützfasern  und  Bindegewebs- 
zellen vorfinden,  und  haben  weiterhin  hinzuzutügen,  dass  bei  den  Medusen  keinerlei  Anknüpfungs- 
punkte an  den  von  Eimer  bei  Beroe  in  der  Gallert  Substanz  des  Körpers  beschriebenen  Nervenplexus 
sich  ergeben. 

Schliesslich  gehen  wir  noch  auf  die  so  eben  erschienene  Abhandlung  von  Claus  (20)  ein, 
in  der  eine  Anzahl  Beobachtungen  über  die  Sinnesorgane  und  das  Nervensystem  einiger  'Acras- 
peden mitgetheilt  werden.  Claus  beschreibt  ein  besonderes  Riechorgan  auf  der  dorsalen  Fläche 
der  über  jedem  Randkürper  von  Aurelia  gelegenen  Deckplatte,  welche  er  Trichterplatte  nennt.  Er 
findet  hier  eine  Grube,  deren  „im  lebenden  Zustand  wimperndes  Epithel  eine  ganz  andere  Beschaffen- 
heit als  das  der  Umgebung  und  namentlich  zahlreiche  sehr  hohe  und  schmale  Cvlinderzellen  besitzt,  j 

welche  alle  Charaktere  eines  Sinnesepithels  tragen“.  Unter  diesem  verlaufen  fibrilläre  Streifen,  welche  j 

sich  wie  Bündel  von  Nervenfibrillen  verhalten.  Leider  sind  wir  bei  unseren  Untersuchungen  von 
Aurelia,  welche  uns  nur  in  einem  Exemplar  frisch  zur  Verfügung  stand,  auf  das  von  Claus  zuerst 
entdeckte  Organ  nicht  aufmerksam  geworden.  Als  eine  zweite  Art  von  Sinnesorganen  führt  Claus 
die  Randkörper  auf.  Bei  ihrer  histologischen  Untersuchung  hat  er  erstens  in  dem  verdickten  und 


119 


Wimpern  tragenden  Ektodermepithel  des  Stiels  eine  tiefe  Lage  von  Ganglienzellen  und  Nerven- 
fibrillen  beobachtet;  zweitens  bat  er  noch  auf  eine  paarige  in  Form  zweier  Zapfen  angeschwollene 
Verdickung  aufmerksam  gemacht,  die  an  der  Basis  des  Randkörpers  liegt  und  durch  eine  Anhäufung 
von  Ganglienzellen  und  Nervenfibrillen  unter  dem  Epithel  gebildet  wird.  Endlich  konnten  noch  hei 
Chrysaora  eine  grössere  Menge  von  Ganglienzellen  aufgefunden  werden,  die  unter  dem  Epithel  der 
mächtig  entwickelten,  quergestreiften  Ringmusculatur  zerstreut  liegen  und  die  motorischen  Centren 
derselben  sind.  Claus  weist  mithin  bei  Aurelia  und  Chrysaora  ähnliche  Zellelemente  nach,  wie  wir 
sie  bei  Cräspedoten  sowohl,  als  auch  bei  Acraspeden  als  Theile  eines  Nervensystems  beschrieben 
haben.  Dagegen  ist  ihm  die  nervöse  Beschaffenheit  des  Epithels  der  Sinneskörper  entgangen. 
Ferner  bestehen  zwischen  seinen  Angaben  und  den  unsrigen  einige  Differenzen,  die  durch  erneute 
Untersuchungen  ausgeglichen  werden  müssen;  wir  meinen  das  Vorkommen  von  Ganglienzellen  in 
der  Nervenfaserschicht  unter  dem  Sinnesepithel  und  die  paarige  an  der  Basis  eines  Randkörpers 
als  Ganglion  gedeutete  Verdickung. 


III.  Die  CharyMeiden. 

Eine  dritte  Form  von  Sinneskörpern  zeigt  uns  unter  den  Acraspeden  die  so  eigenartig 
organisirte  Familie  der  Charybdeiden , über  deren  systematische  Stellung  die  Anschauungen  noch 
vielfach  auseinander  weichen.  Wenn  wir  die  Gruppe  an  dieser  Stelle  aufführen,  so  geschieht  dies 
allein  wegen  der  Beschaffenheit  ihrer  Sinneskörper,  welche  sich  an  diejenigen  der  Acraspeden  am 
meisten  anschliessen.  Da  wir  selbst  nicht  Gelegenheit  hatten,  die  in  unseren  Meeren  seltene  Charybdea 
marsupialis  zu  beobachten,  so  geben  wir,  um  unsere  Darstellung  von  den  Sinnesorganen  der  Medusen 
nach  allen  Seiten  zu  vervollständigen,  eine  ausführliche  Schilderung  der  Ergebnisse,  zu  welchen 
frühere  Forscher  wie  namentlich  Gegenbaur  und  Fritz  Müller  gelangt  sind.  — Die  Sinneskörper 
von  Charybdea  marsupialis  hat  zuerst  Milne  Edwards  beobachtet  und  da  er  seine  Untersuchung 
wahrscheinlich  nur  mit  der  Lupe  anstelltc,  für  Ovarien  gehalten,  indem  er  die  lichtbrechenden 
Körper  und  die  Krystalle  im  Krystallsacke  als  Eier  deutete  und  für  diese  Verhältnisse  Analogien 
mit  anderen  Thieren  aufzusuchen  sieh  bestrebte  (32).  Gegenbaur  (32)  hat  diesen  Irrtlium  aufgeklärt 
und  gleichzeitig  von  den  augenartigen  Sinneskörpern  dieser  Meduse  eine  genaue  Beschreibung  und 
Abbildung  gegeben,  die  uns  in  die  vorliegenden  Verhältnisse  einen  vollen  Einblick  gewährt.  Wir 
lassen  daher  seine  Beschreibung  hier  wörtlich  folgen  und  haben  wir  dieselbe  unserem  Leser  dadurch 
anschaulicher  zu  machen  gesucht,  dass  wir  auch  die  Abbildungen  Gegenbaur’s  auf  unsere  Tafel  IX. 
Fig.  9 und  14  mit  aufgenommen  haben. 

,, Charybdea  marsupialis  trägt  ihre  vier  Randkörper  auf  schlanken  Stielen  und  birgt  sie  in 
vier  noch  weit  oberhalb  der  Randausschnitte  des  glockenförmigen  Körpers  eingegrabenen  Nischen, 
die  zu  zwei  Dritttheilen  ihrer  Höhe  von  einem  dünnen,  am  freien  Rande  zierlich  ausgeschweiften 
Blättchen  überdeckt  werden.  In  Fig.  14  ist  dieses  Verhalten  bei  geringer  Vergrösserung  veran- 
schaulicht; sk  stellt  den  Randkörper  mit  seinem  Stiele,  sb  die  Nische  vor,  d ist  die  deckende 
Lamelle,  die  nichts  anderes  ist,  als  eine  Fortsetzung  der  glashellen  Substanz  der  Glocke.“ 

„Der  Randkörper  selbst  (Fig.  9)  ist  von  unregelmässig  viereckiger  oder  ovaler  Gestalt  mit 
schräg  gestellter  Längsaxe  und  an  das  dünne  Ende  eines  beweglichen  contractilen  Stieles  befestigt. 
Dieser  inserirt  sich  mit  seiner  dicker  gewordenen  Basis  genau  in  der  Mitte  des  oberen  querlinearen 


120 


Nischenrandes,  und  bildet  dort,  indem  er  mit  dem  Deckplättchen  und  der  Substanz  der  Glocke  ver- 
schmilzt, eine  doppelwulstig-  nach  aussen  vorragende  Anschwellung.  In  seiner  Längsaxe  besitzt  der 
Stiel  einen  Kanal,  der  mit  trichterförmiger  Erweiterung  beginnend,  mit  beträchtlich  verengtem  Lumen 
in  die  Substanz  des  Randkörpers  hineintritt,  sich  etwas  weniges  erweitert,  um  dann  nach  kurzer  Ein- 
schnürung sich  in  eine  unregelmässig  viereckig  gestaltete  Ampulle  (ga)  fortzusetzen  und  damit  zu 
enden.  Diese  Ampulle,  deren  Gestalt  am  besten  aus  der  gegebenen  Abbildung*  (Fig.  9)  zu  ersehen 
ist,  nimmt  einen  beträchtlichen  Tlieil  des  Inneren  vom  Randkörper  ein  und  wird  theils  von  einem 
kleinzelligen  gelblichen  Gewebe,  das  gewissermassen  die  Grundsubstanz  des  Randkörpers  bildet, 
theils  von  sogleich  zu  beschreibenden  Gebilden  begrenzt.  An  dem  Ursprünge  des  Stiels  von  der 
Glocke  lässt  sich  der  Kanal  in  Fortsätze  des  Magens  verfolgen,  so  dass  auch  hier  der  Zusammen- 
hang der  Randkörperampulle  mit  dem  Gastro vascularsystem  nachzuweisen  ist.  Die  ganze  Innen- 
fläche des  Kanals  sowohl  wie  der  Ampulle,  ist  mit  Cilien  ausgekleidet,  und  der  Inhalt  besteht  aus 
einem  hellen  Fluidum,  welches  zahlreiche  Zellen  einschliesst , nebst  feinen  Molecülen  und  vielen 
kleinen  Körperchen  verschiedener  Art  und  Form.  Alle  diese  wirbeln  vielfach  durcheinander  und 
finden  sich  in  grösserer  Anzahl  an  der  etwas  verbreiterten  und  ausgebuchteten  Partie  der  Ampulle, 
welche  schräg  gegenüber  dem  Eintritte  des  Kanales  liegt.  Die  Strömung  der  Flüssigkeit  geht  in 
bestimmter  Richtung  vor  sich,  so  dass  immer  an  einer  Wand  das  Absteigen  und  an  der  gegenüber- 
stehenden das  Aufsteigen  der  Formelemente  gesehen  wird.“ 

„An  der  vorhin  erwähnten  grösseren  Fläche  der  Ampulle  und  in  dem  meist  nach  abwärts 
gerichteten  Theile  des  Randkörpers  und  am  weitesten  von  der  Eintrittsstelle  des  Kanales  entfernt 
liegt  ein  etwas  abgeplatteter  von  der  Seite  gesehen  nierenförmiger  Sack  (o)  von  0,14'"  im  Durch- 
messer. Er  lagert  so  dicht  an  der  Ampullenwand,  dass  er  sie  an  mehreren  Stellen  etwas  eindrängt. 
Das  Contentum  dieses  Sackes  besteht  dicht  aus  Krystallen,  die  rhombische  oder  trigonale  Be- 
grenzungsfiächen  darbieten  und  von  bedeutender  Härte  sind.  Ich  fand  sie  gleichfalls  in  Säuren 
(Chrom-  und  Essigsäure)  unlöslich.  Die  Membran  des  Sackes  ist  sehr  dünn,  scheinbar  structurlos 
und  elastisch.“ 

„Gerade  der  Insertionsstelle  des  Stieles  gegenüber  und  in  der  verlängerten  Axe  des  Kanales 
erblickt  man  ferner  eine  unregelmässig  gefonnte,  zuweilen  rundliche  Masse  schwarzen  Pigmentes  (oc), 
die  an  Umfang  etwa  dem  des  Krystallsackee  gleichkommt,  in  Fällen  ihn  auch  übertrifft.  Aus  dieser 
ragt  mit  fast  halbkugeliger  Fläche  ein  heller  lichtbrechender  Körper  (1)  von  0,1"'  Durchmesser, 
und  giebt  sich  als  vollkommene  Kugel  zu  erkennen,  sobald  man  ihn  aus  der  Pigmentmasse  heraus- 
geschält hat.  Er  wird,  soweit  er  im  Randkörper  steckt,  ausschliesslich  von  der  Pigmentmasse  um- 
fasst, ohne  dass  noch  eine  andere  Substanz  sich  dazwischen  lagert.  Ebenso  wenig  ist  an  seiner 
unteren  Partie  ein  besonderer  Ueberzug  sichtbar.  Die  Pigmentmasse  selbst,  welche  hie  und  da  um 
die  lichtbrechende  Kugel  mit  kleinen  Vorragungen  sich  herumwölbt,  wird  ringsum  von  der  gelb- 
lichen Grundsubstanz  des  Randkörpers  umlagert  und  wird  sogar  an  der  vorderen  Fläche  bis  zum 
Rande  der  Kugel  davon  überdeckt;  nur  mit  ihrer  hinteren  Fläche  berührt  sie  einen  Theil  der  Wand 
der  flimmernden  Ampulle.  Seitlich  von  diesem  ungewöhnlichen  Organe  bemerkt  man  noch  ein  solches 
kleineres,  welches  fast  im  rechten  Winkel  zur  Axe  des  vorigen  nach  oben  gerichtet  ist;  dicht  dabei, 
zuweilen  zwischen  diesen  beiden  Organen  sieht  man  noch  ein  drittes,  ebenso  gebaut  aber  von  viel 
geringerer  Grösse  und  häufig  (wie  in  Fig.  9)  mit  einem  langen  Pigmentstreifen  in  die  Grundsubstanz 
ragend.  Ausserdem  kommen  in  den  einzelnen  Randkörpern  noch  mehrere  des  lichtbrechenden  Kör- 
pers entbehrende  Pigmentflecken  vor,  deren  Gestalt  und  Lagerung  durchaus  unbeständig  ist.  Diese 
Unbeständigkeit  erstreckt  sieb  zuweilen  auch  auf  die  grösseren  Organe,  und  ich  fand  von  den 


121 


acht  Randkörpern  der  zwei  untersuchten  Exemplare  von  Cliarybdea  marsupialis  kein  völlig  gleich 
zusammengesetztes  Paar.“ 

Nach  Gegenbaue  hat  Fkitz  Müller  (70)  bei  zwei  anderen  Arten  der  Charybdeiden , bei 
Tamoya  haplonema  und  quadrumana,  die  Sinneskörper  beschrieben  und  gleichzeitig  auch  Angaben 
über  die  Anwesenheit  eines  ,,mit  überraschender  Deutlichkeit  ausgeprägten  Nervensystems“  gemacht. 
Wie  bei  Charybdea  entspringen  die  vier  Randkörper  im  Grunde  einer  Nische  mit  einem  dünnen 
Stiel  von  der  oberen  Wand  derselben.  Es  sind  unregelmässig  kugelige  Körper,  deren  Oberfläche 
mit  Cilien  bedeckt  ist.  Sie  enthalten  ein  Krystallsäckchen  und  einen  kleineren  und  grösseren  licht- 
brechenden Körper,  der  von  Pigment  umhüllt  ist.  Fritz  Müller  deutet  die  Pigmentflecke  als 
Augen,  hält  es  dagegen  für  zweifelhaft,  ob  man  den  unregelmässig  krystallinischen  Endkörper  ohne 
Weiteres  den  frei  in  einer  Blase  bewegten  Otolithen  der  Mollusken  oder  den  Randbläschen  der 
niederen  Schirmquallen  parallelisiren  und  als  Gehörorgan  deuten  dürfe. 

Das  Nervensystem  der  Charybdeiden  glaubt  Müller  in  einem  weisslichen  oder  gelblichen 
Streifen  zu  erkennen,  der  in  der  Höhe  der  Randkörper  in  der  inneren  Wand  der  Seitentaschen  ring- 
förmig um  die  Höhle  der  Glocke  verläuft,  sich  auch  an  bestimmten  Stellen  zu  Ganglien  verdickt 
und  einen  ansehnlichen  Nerven  in  den  Stiel  der  Randkörperchen  sendet. 

Einige  kurze  Andeutungen  über  die  Sinnesorgane  der  Charybdeiden  giebt  endlich  noch 
Semper  (80)  in  einem  Bericht  über  seine  Reise  nach  den  Philippinen.  Die  vier  Randkörper  sitzen 
nach  ihm  über  dem  Scheibenrand  in  vier  verscliliessbaren  Taschen.  Ein  Nervenring,  welchen  er 
gleichfalls  beobachtete,  „steigt  vom  Randkörper  etwas  in  die  Höhe,  biegt  sieh  dann  herunter  und 
erreicht  in  der  Mittellinie  des  Basalstückes  eines  Tentakels  dicht  am  Aussenrand  der  Scheibe  seine 
tiefste  Stelle  und  steigt  dann  im  nächsten  Octant  des  Scheibenumkreises  wieder  zu  dem  nächsten 
Randkörper  empor.“ 


Bert 


Medusen. 


16 


SYNTHETISCHER  THEIL. 


In  dem  analytischen  Theil  dieser  Arbeit  haben  wir  eine  grössere  Anzahl  von  Medusen  auf 
den  Bau  ihres  Nervensystems  und  ihrer  Sinnesorgane  untersucht;  wir  konnten  hierbei  über  ein 
Material  verfügen,  welches  alle  Hauptgruppen  der  Medusen  umfasst  und  auch  einen  grossen  Theil 
der  innerhalb  der  Ilauptgruppen  unterschiedenen  Familien  durch  eine  oder  mehrere  Arten  vertreten 
enthält.  Den  vollständigsten  Ueberblick  haben  wir  über  die  Trachymedusen  gewonnen,  von 
denen  uns  keine  der  von  früheren  Forschern  aufgestellten  Familien  fehlt.  Da  uns  hier  sogar 
Repräsentanten  der  wichtigsten  Gattungen  Vorgelegen  haben,  so  können  wir  uns  wohl  mit  Be- 
stimmtheit dahin  aussprechen,  dass  eine  Untersuchung  der  wenigen  von  uns  nicht  beobachteten 
Genera  keine  wesentlich  neuen  Gesichtspunkte  ergeben  wird. 

Weniger  vollständig  ist  die  Reihe  der  Acraspeden,  Ocellaten  und  Vesiculaten.  Von  den  Vesi- 
culaten,  welche  nach  A.  Agassi  z (2)  in  sieben  Familien  zerfallen  würden,  haben  wir  drei  Fami- 
lien nicht  kennen  gelernt:  die  Polyorchidae,  Laodiceidae  und  Melicertidae,  somit  Medusen,  die  nach 
den  Angaben  der  Autoren  keine  Hörbläschen  besitzen;  es  ist  dies  in  so  fern  zu  bedauern,  als 
möglicherweise  sich  hei  denselben  noch  primitivere  Formzustände  der  Gehörorgane  finden  als  bei 
Mitrocoma  Annae,  der  in  dieser  Hinsicht  am  einfachsten  gebauten  unter  den  von  uns  berücksich- 
tigten Arten.  Wenn  wir  indessen  hiervon  absehen,  so  sind  wir  mit  den  wichtigsten  Modifieationen 
bekannt  geworden , in  welchen  nach  den  vorliegenden  Schilderungen  zu  schliessen  — die  den 
Gegenstand  unserer  Arbeit  bildenden  Organe  Vorkommen. 

Noch  grösser  möchte  auf  den  ersten  Blick  die  Lücke  bei  den  Acraspeden  erscheinen; 
allein  eine  Prüfung  der  einschlägigen  Literatur  ergiebt,  dass  hier  eine  grosse  Einförmigkeit  in  der 
Bildung  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  herrscht,  dass  daher  unsere  in  den  wichtigsten 
Punkten  unter  sich  übereinstimmenden  Beobachtungen  an  Phacellophora,  Pelagia  und  Aurelia 
uns  zugleich  einen  Maassstab  für  die  Beurtheilung  der  übrigen  Acraspeden  an  die  Hand  geben. 
Besonderheiten  scheinen  nur  bei  Nausithoe  und  bei  den  Charybdeiden  vorhanden  zu  sein;  da 
nun  die  erstere  in  zahlreichen  Exemplaren  uns  zu  Gebote  stand,  so  haben  wir  nur  zu  be- 
klagen, dass  wir  die  zuweilen  im  Mittelmeer  auftretende  Charybdea  marsupialis  nicht  haben 
erhalten  können. 


123 


Was  schliesslich  die  Ocellaten  anlangt,  so  ist  es  uns  am  wenigsten  fühlbar  geworden, 
dass  die  Zahl  der  untersuchten  Arten  im  Yerhältniss  zur  grossen  Menge  der  bekannten  Formen 
ausserordentlich  spärlich  ist.  So  mannigfaltig  im  Allgemeinen  die  Gruppe  gestaltet  ist,  so  einfach 
verhält  sie  sich  in  Bezug  auf  den  Bau  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane. 

Aus  den  erörterten  Gründen  sind  wir  der  Ansicht,  dass  die  beobachteten  Arten  uns  ein 
ziemlich  erschöpfendes  Bild  von  den  Formen  geben,  in  denen  das  Nervensystem  und  die  Sinnes- 
organe, speciell  die  Ocellen  und  Gehörorgane,  bei  den  Medusen  auftreten. 

Bei  der  anatomischen  Untersuchung  waren  wir  einerseits  bemüht,  den  allgemeinen  Aufbau 
der  Organe  und  ihre  Lagebeziehungen  zu  den  umgebenden  Theilen  festzustellen,  andererseits  haben 
wir  überall,  wo  wir  über  ein  genügendes  Material  zu  verfügen  hatten,  eine  möglichst  genaue  histo- 
logische Analyse  angestrebt.  Hierbei  kam  es  uns  sehr  zu  Statten,  dass  wir  aus  jeder  Hauptgruppe 
ein  oder  mehrere  günstige  Objecte  in  reichlicher  Anzahl  erhalten  konnten.  An  diesen  haben  wir  die 
histologische  Untersuchung  bis  zur  völligen  Isolirung  der  jedesmal  das  Organ  zusammensetzenden 
Elementartheile  fortgeführt  und  glauben  so  zu  der  Vollständigkeit  im  Verständniss  des  Baues  gelangt 
zu  sein,  welche  man  ausgehend  von  den  entsprechenden  Organen  höherer  Thiere  verlangen  kann. 

Auf  Grund  der  erhaltenen  Resultate  scheint  es  uns  jetzt  schon  möglich,  eine  zusammen- 
fassende Darstellung  vom  Nervensystem  und  den  Sinnesorganen  der  Medusen  zu  geben,  indem  wir 
die  im  analytischen  Theil  gewonnenen  Bausteine  zu  einem  einheitlichen  Ganzen  zusammenfügen. 
Bei  dieser  zusammenfassenden  Darstellung  werden  wir  einerseits  die  morphologischen  Beziehungen, 
in  welchen  die  in  den  einzelnen  Familien  oft  so  verschiedenartig  gestalteten  Organe  zu  einander 
stehen,  näher  zu  erörtern  haben,  andererseits  müssen  wir  uns  noch  über  die  functionelle  Bedeutung, 
welche  den  Organen  zukommt,  eingehender  aussprechen.  Im  analytischen  Abschnitt  haben  wir  die 
Bezeichnungen  Nervensystem,  Hörbläschen,  Ocellen  u.  s.  w.  für  Theile  angewandt,  welche  den  ent- 
sprechenden Theilen  anderer  Thiere  keineswegs  so  ähnlich  sind,  dass  ihre  physiologische  Gleicli- 
werthigkeit  so  ohne  Weiteres  als  unbestreitbar  angesehen  werden  dürfte.  Besonders  gilt  dies  von 
den  sogenannten  Randkörpern,  den  Hörbläschen  und  Hörkölbchen,  deren  Function  bis  in  die  Neu- 
zeit in  sehr  verschiedenem  Sinne  gedeutet  worden  ist.  Wir  haben  somit  noch  nachträglich  die  aus 
praktischen  Gründen  schon  im  Voraus  eingeführten  Benennungen  zu  rechtfertigen.  Wie  bei  den 
Einzelschilderungen  behandeln  wir  auch  hier  das  Nervensystem  und  die  Sinnesorgane  getrennt  und 
schicken  jedesmal  einen  geschichtlichen  Abriss  von  dem  Entwicklungsgang  voraus,  den  unsere 
Kenntnisse  vom  Bau  und  von  der  Function  der  betreffenden  Organsysteme  genommen  haben. 

Die  Ergebnisse  unserer  Beobachtungen  haben  uns  weiterhin  zu  Reflexionen  veranlasst,  welche 
Uber  den  engeren  Kreis  der  sich  unmittelbar  aus  den  Einzeluntersuchungen  ergebenden  Folgerungen 
hinausgehen  und  in  zwei  weiteren  Capiteln  erörtert  werden  sollen.  — Jede  vergleichend  anatomische 
Bearbeitung  eines  wichtigen  Organsystems  innerhalb  einer  Thiergruppe  regt  die  Frage  an:  In  wie 
weit  stimmt  die  zur  Zeit  gütige  systematische  Anordnung  der  Gruppe  mit  der  Anordnung  überein, 
welche  man  unter  Zugrundelegcn  des  betreffenden  Organsysteras  erhalten  würde.  Kann  zwar  ein 
einzelner  Theil  der  Organisation  nie  allein  maassgebend  sein,  um  die  systematische  Verwandtschaft 
der  Thiere  festzusetzen,  so  ist  er  doch  immer  ein  Prüfstein,  in  wie  weit  richtige  Eintheilungs- 
principien  im  einzelnen  Fall  zur  Anwendung  gekommen  sind.  Als  einen  solchen  Prüfstein  von 
hervorragendem  Werth  für  die  Bestimmung  der  Verwandtschaftsbeziehungen  zwischen  den  Familien 
und  Ordnungen  der  Medusen  betrachten  wir  den  Bau  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane. 

Zweitens  sind  die  von  uns  bei  den  Medusen  gewonnenen  Resultate  geeignet,  zu  Fragen 
nach  der  Genese  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  in  der  Thierreihe  anzuregen.  Ist  doch 

t6* 


gerade  der  Ursprung  dieser  Organe  eines  der  interessantesten  Probleme,  welche  die  histogenetische 
Forschung  sich  stellen  kann. 

Der  synthetische  Theil  gliedert  sich  somit  in  drei  Abschnitte;  von  diesen  behandelt  der 
erste  Abschnitt  die  Morphologie  und  Physiologie  1.  des  Nervensystems  und  2.  der  Sinnesorgane, 
der  zweite  die  systematische  Bedeutung  dieser  Organe,  im  dritten  Abschnitt  werden  wir  ver- 
suchen, eine  Theorie  von  der  Genese  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  zu  geben. 


Erster  Abschnitt. 

1.  3lorpliologie  und  Physiologie  des  Nervensystems  der  Medusen. 

Die  Frage  nach  der  Existenz  eines  Nervensystems  bei  den  Medusen  ist  eine  sehr  alte;  sie 
wurde  am  Ende  des  vorigen  und  am  Anfang  des  jetzigen  Jahrhunderts,  als  man  die  Medusen  einer 
genaueren  anatomischen  Prüfung  zu  unterziehen  begann,  schon  aufgeworfen  und  ist  von  da  bis  in 
die  Neuzeit  einer  der  zweifelhaftesten  Punkte  in  der  Medusenanatomie  geblieben.  Auf  der  einen 
Seite  schien  es. ein  physiologisches  Erforderniss  zu  sein,  ein  Nervensystem  Thieren  zuzusprechen, 
die  eine  so  beträchtliche  Vollendung  in  ihren  animalen  Leistungen  erkennen  lassen  und  sich  zum 
Theil  wenigstens  durch  eine  grosse  Reizbarkeit  und  Präcision  in  ihren  Bewegungen  auszeichnen; 
auf  der  anderen  Seite  suchte  die  anatomische  Forschung  vergeblich  nach  Theilen,  die  dem  Nerven- 
system anderer  Thiere  verglichen  werden  konnten,  oder  sie  war,  wenn  sie  sich  einen  weiteren  Spiel- 
raum in  der  Deutung  gestattete  und  einzelne  nicht  gerade  einem  Nervensystem  ähnliche  Bildungen 
für  nervös  erklärte,  um  Gründe  verlegen,  diese  Auffassung  zu  stützen.  Das  hervorgehobene  Ver- 
hältniss  ist  nicht  ohne  Einfluss  auf  den  geschichtlichen  Entwicklungsgang  unserer  Kenntnisse  vom 
Nervensystem  der  Medusen  geblieben.  Die  Forscher,  welche  bei  der  anatomischen  Beurtheilung  den 
physiologischen  Gesichtspunkten  in  ausgedehnterem  Maasse  Rechnung  trugen,  beruhigten  sich  bei 
der  Deutung  einzelner  Körpertheile  als  Ganglien  oder  Nervenstränge  leichter  als  andere,  die  einen 
kritischen  Standpunkt  einnahmen  und  nur  von  der  anatomischen  Beschaffenheit  der  Theile  ausgingen. 
Da  nun  die  meisten  Angaben  über  ein  Nervensystem  der  Medusen  anatomisch  ungenügend  begründet 
sind  und  sich  mehr  oder  minder  auf  das  an  und  für  sich  berechtigte  Bestreben,  ein  Nervensystem 
zu  finden,  zurückführen  lassen,  so  wird  das  Schwanken  der  Ansichten  verständlich,  welches  lange 
Zeit  auf  diesem  Gebiet  geherrscht  hat. 

Wenn  auch  schon  Petrus  Forskal  (30)  im  Jahre  1775  bei  einer  Pelagia  rothe  Streifen, 
welche  von  der  Spitze  der  Scheibe  nach  dem  Rande  verlaufen  sollten,  als  Nerven  deutete,  so  über- 
wog doch  am  Ausgang  des  18.  und  während  der  ersten  Jahrzehnte  des  19.  Jahrhunderts  die  An- 
sicht, dass  die  Medusen  Organismen  ohne  Nerven  seien.  So  hoben  Chamisso  und  Eysenitardt  (16)  in 
ihrer  Charakteristik  der  Medusen  hervor:  corpus  gelatinosum  etc.  nervis  destitutum.  Rosentiial  (76), 
der  anfänglich  selbst  glaubte,  einen  Nervenring  mit  Radialnerven  beobachtet  zu  haben,  entschied 
sich  schliesslich  gegen  die  Existenz  eines  solchen,  und  auch  Oken  (73)  sprach  sich  in  seiner  Natur- 
geschichte dahin  aus,  dass  Nichts  von  Nerven  vorhanden  sei. 

Es  ist  bezeichnend,  dass  der  erste,  welcher  mit  Bestimmtheit  den  Medusen  ein  Nervensystem 
zuschrieb,  Ehrenberg  (24)  ist,  der  Erfinder  des  „ihm  eigenen  Princips  überall  gleich  vollendeter 
Entwicklung“.  Derselbe  schilderte  bei  Aiuelia  aurita  zahlreiche  Ganglienknoten,  zu  denen  auch  die 


125 


Anschwellungen  der  Sinneskörper  gehören,  und  leitete  hiermit,  wenn  schon  seine  Darstellung  viel- 
fach auf  Widerspruch  stiess  und  namentlich  von  Milne  Edwards  (57)  auf  das  lebhafteste  bestritten 
wurde,  eine  Periode  der  Forschung  ein,  in  der  die  Ueberzeugung  von  der  Anwesenheit  eines  Nerven- 
systems bei  den  Medusen  zu  immer  allgemeinerer  Geltung  gelangte.  Die  erste  Zeit  über  wurden 
sehr  heterogene  Gebilde  als  Tlieile  eines  Nervensystems  in  Anspruch  genommen;  so  hielt  Kölliker  (50) 
den  Radialmuskel  der  Geryonia  für  nervös  und  v.  Bene  den  (10)  erklärte  die  Geschlechtsorgane  von 
Obelia  für  Ganglien,  eine  Annahme,  die  jedoch  sehr  bald  durch  Desor  (21)  und  Krohn  (54)  wider- 
legt wurde.  Später  richtete  sich  die  Aufmerksamkeit  mehr  auf  den  Schirmrand  als  denjenigen  Theil 
des  Medusenkörpers,  der  sich  experimentell  als  der  empfindlichste  auswies  und  ausserdem  durch  die 
Anwesenheit  der  Sinnesorgane  sich  auszeichnete.  Wenn  wir  von  Mc.  Crady  (62)  absehen,  der  noch 
einen  Theil  des  Ringkanals  als  Nerven  deutete,  so  ist  es  bei  den  Craspedoten  wenigstens  fortan 
nur  ein  bestimmter  Zellstrang,  über  dessen  nervöse  oder  nicht  nervöse  Natur  die  Ansichten  der 
Forscher  auseinandergingen.  Derselbe  liegt  nach  aussen  vom  Ringkanal  und  bildet  einen  am  Schirm- 
rand verlaufenden  Wulst,  der  auch  von  uns  bei  einigen  Arten  g’anz,  bei  anderen  wenigstens  zum 
Theil  dem  Nervensystem  zugerechnet  wird. 

Der  fragliche  Zellstrang  wurde  zum  ersten  Mal  von  L.  Agassiz  (3)  bei  einigen  Ocellaten 
(Hippocrene  und  Sarsia)  und  Vesiculaten  (Tiaropsis)  beobachtet  und  als  Ringnerv  bezeichnet.  Später 
wurden  die  Angaben  von  Agassiz  von  verschiedenen  Seiten,  so  von  Leuckart  (59),  TIensen  (4 1 ) und 
Semper  (80)  bestätigt,  während  andererseits  Claus  (18)  und  Allman  (6)  sich  gegen  sie  erklärten; 
einen  sehr  entschiedenen  Vertreter  fanden  sie  in  Fritz  Müller  (67 — 71),  der  bei  Cuninen,  Geryo- 
niden  und  Charybdeiden  den  Ringnerv  als  einen  Strang  mit  gangliösen  Anschwellungen  an  der 
Basis  der  Sinnesorgane  beschrieb. 

Unter  den  genannten  Autoren  spricht  nur  Leuckart  von  einer  fibrillären  Beschaffenheit  des 
sogenannten  Ringnerven,  alle  übrigen  dagegen  wurden  bei  ihrer  Deutung  allein  durch  einige  äusser- 
liche  Aehnlichkeiten  bestimmt,  welche  der  Zellstrang  mit  der  Ganglienkette  der  Wirbellosen  besitzt; 
es  fehlte  somit  an  einer  histologischen  Begründung  der  Auffassung;  namentlich  war  der  Nachweis 
von  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  nicht  beigebracht.  Wir  müssen  es  daher  als  einen  wichtigen 
Fortschritt  ansehen,  dass  Haeckel  (37)  bei  den  Geryoniden  in  dem  Randwulst  einen  faserigen  Strang 
nachwies  und  in  demselben  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  unterschied.  Ferner  ist  von  Bedeutung, 
dass  Haeckel  im  Zusammenhang  mit  dem  Nervenring  die  an  das  Hörbläschen  herantretenden  Nerven- 
stämme  beobachtete.  Dieser  Darstellung  pflichteten  später  Claus  (19)  und  Allman  (7)  bei,  wenn 
auch  letzterer  sich  der  Uebertragung  der  Beobachtungen  auf  andere  Medusen,  wie  z.  B.  auf  die  von 
ihm  untersuchten  Eucopiden,  widersetzte;  sie  wurde  ferner  von  Harting  (40)  und  F.  E.  Schulze  (79) 
bestätigt;  namentlich  schilderte  letzterer  von  Syncoryne  Sarsii  nach  aussen  vom  Ringkanal  einen 
feinfaserigen  Strang  mit  ovalen  eingestreuten  Kernen,  den  er  nur  für  einen  Nervenring  glaubt 
halten  zu  können. 

Schliesslich  ist  in  der  Neuzeit  noch  von  Eimer  (25)  und  Romanes  (75)  der  Versuch  gemacht 
worden,  die  Frage  nach  der  Existenz  eines  Nervensystems  auf  experimentellem  Wege  zu  lösen; 
ersterer  untersuchte  die  Äcraspeden,  letzterer  dehnte  ausserdem  seine  Beobachtungen  auf  die  Cras- 
pedoten aus;  beide  kamen  zu  dem  Resultat,  dass  die  Bewegungserscheinungen  nur  durch  ein 
bei  Äcraspeden  und  Craspedoten  in  verschiedener  Weise  am  Schirmrand  localisirtes  Nervensystem 
zu  erklären  seien. 

Fassen  wir  zum  Schluss  das  Resultat,  zu  dem  die  Untersuchungen  unserer  Vorgänger  geführt 
haben,  kurz  zusammen,  so  können  wir  uns  dahin  aussprechen,  dass  nach  den  histologischen  Unter- 


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suchungen  Haeckel’s  und  den  Experimenten  von  Eimer  und  Romanes  die  Existenz  eines  Nerven- 
systems in  hohem  Grad  wahrscheinlich  geworden  war.  Dagegen  fehlten  genauere  Angaben  über 
die  Beschaffenheit  und  die  Anordnung  der  nervösen  Bestandteile , eine  Lücke,  die  wir  durch  An- 
wendung vervollkommneter  Methoden  nun  glauben  ausgefüllt  zu  haben.  — 

Bei  einem  Ueberblick  über  die  von  uns  gewonnenen  Resultate  fällt  sofort  der  fundamentale 
Unterschied  auf,  der  im  Bau  des  Nervensystems  zwischen  allen  Craspedoten  einerseits  und 
allen  Acraspeden  andererseits  obwaltet.  Dieser  Unterschied  ist  so  durchgreifend,  dass  eine  einheit- 
liche Betrachtung  beider  Gruppen  überhaupt  nicht  möglich  ist,  dass  wir  beide  getrennt  besprechen 
müssen,  wobei  wir  mit  den  Craspedoten  beginnen. 

Das  Nervensystem  der  Craspedoten  besteht  stets  aus  einem  centralen  und  einem 
peripheren  Abschnitt;  ersterer  hat  sich  am  Rand  der  Schwimmglocke  localisirt  und  bildet  hier  den 
Nervenring,  der  durch  den  Ursprung  des  Velum  in  zwei  Portionen,  den  oberen  und  den  unteren 
Nervenring,  geschieden  wird. 

Der  obere  Nervenring  ist  bei  vielen  Vesiculaten  und  Ocellaten  am  ausgesprochensten 
ist  das  Verhalten  bei  Aequorea  Forskalea  — in  einer  Hachen  Schicht  ausgebreitet,  die  sich  nur  da, 
wo  sie  auf  der  Stützlamelle  des  Velum'  liegt,  etwas  wulstartig  verdickt.  Der  Nervenring  setzt  sich 
daher  bei  den  betreffenden  Medusen  nur  undeutlich  gegen  die  Umgebung  ab,  was  uns  zu  der  An- 
nahme berechtigt,  dass  wir  es  hier  mit  einem  niederen  Grad  der  Ausbildung  zu  thun  haben.  Bei 
anderen  Vesiculaten  drängen  sich  die  Nervenfasern  am  Ursprung  des  Velum  zusammen,  wodurch 
eine  grössere  Concentration  des  Organs  bedingt  wird.  Noch  in  höherem  Maass  ist  dies  bei  den 
Trachymedusen  der  Fall,  bei  denen  der  obere  Nervenring  ein  ansehnlicher  gegen  das  Epithel  des 
Velum  und  des  Schirms  scharf  abgegrenzter  Wulst  ist;  bei  den  Gcryoniden  und  Trachynemiden 
wird  dieser  Wulst  noch  durch  ein  eigenthümlich  modificirtes  Nesselgewebe  beträchtlich  verstärkt. 

Bei  allen  Craspedoten  liegt  der  obere  Nervenring  durchaus  im  Ektoderm;  er  wird  sowohl 
von  der  Gallerte,  die  wir  als  Vorläufer  eines  zelligen  Mesoderms  zu  betrachten  haben,  als  auch  von 
dem  Entoderm  des  Ringkanals  durch  eine  Stützmembran  getrennt,  die  histologisch  den  als  Basement- 
raembranes  bezeichneten  Bildungen  anderer  Thiere  verglichen  werden  kann.  Der  Hauptmasse  nach 
wird  er  von  Fibrillen  gebildet,  die  sich  durch  ihre  ganz  ausserordentliche  Feinheit  auszeichnen; 
zwischen  den  Eibrillen  linden  sich  verhältnissmässig  spärlich  eingestreute  Ganglienzellen  mit  meist 
zwei,  selten  zahlreicheren  Ausläufern,  die  den  Fibrillen  an  Feinheit  nicht  nachstehen,  im  Verlauf  sich 
denselben  beimengen  und  dann  nicht  weiter  verfolgt  werden  können.  Das  den  Nervenstrang  über- 
ziehende Epithel  verbindet  sich  mit  diesem  aufs  innigste  und  unterscheidet  sich  in  auffälliger  Weise 
vom  Plattenepithel  der  Umgebung.  Seine  Zellen  besitzen  einen  langgestreckten  cylindrischen  oder 
fadenförmigen  Körper,  der  am  peripheren  Ende  ein  zartes  Haar  trägt,  am  centralen  Ende  in  feine 
Ausläufer  sich  verlängert.  Die  Ausläufer  zeigen  wie  die  der  Ganglienzellen  durchaus  die  Charaktere 
der  Nervenfibrillen , lassen  sich  auf  weite  Strecken  isoliren  und  treten  in  natürlicher  Lagerung  in 
den  Faserverlauf  des  Nervenrings  über.  Am  leichtesten  sind  diese  Verhältnisse  bei  Carmarina  fest- 
zustellen; zugleich  gelang  es  uns  bei  dieser  Meduse  noch  zwei  weitere  Elemente  im  Nervenring 
nachzuweisen:  Stützzellen  und  eigenthiimliche  Zeitformen,  welche  einen  Uebergang  zwischen  den 
Ganglien-  und  Epithelzellen  vermitteln.  Die  ersteren  sind  lange  cylindrische  Gebilde,  die  mit  ihrem 
freien  Ende  bis  zur  Oberfläche  des  Epithels  reichen,  nach  der  Basis  zu  sich  vielfach  zerfasern  und 
so  sich  an  die  Stützlamelle  inseriren.  Die  zweite  Zellform  verlangt  eine  genauere  Besprechung. 
Unter  den  Epithelzellen  fallen  stets  einige  durch  die  Grösse  ihres  Körpers  und  die  Masse  der  von 
demselben  entspringenden  Fortsätze  auf;  sie  liegen  aussergewöhnlich  tief  unter  der  Oberfläche  und 


erreichen  letztere  nur  mittelst  eines  langen  Fortsatzes,  der  an  seinem  freien  Ende  ein  Haar  trägt. 
Bei  anderen  Zellen  ist  der  periphere  Fortsatz  kleiner  und  hört  zugespitzt  auf,  ohne  an  der  Bildung 
der  Oberfläche  sich  zu  betheiligen.  Wir  haben  jetzt  eine  Ganglienzelle,  welche  sich  nach  dem 
Epithel  zu  in  eine  Spitze  auszieht  und  den  gewöhnlichen  Ganglienzellen  um  so  ähnlicher  wird,  je 
mehr  die  kleine  Spitze  sich  zurückbildet.  Diese  Beobachtungen  machen  es  uns  wahrscheinlich,  dass 
continuirlich  Zellen  aus  dem  Epithel  ausscheiden  und  zu  Ganglienzellen  werden.  Dasselbe  wird 
wohl  auch  von  den  übrigen  Craspedoten  gelten,  da  bei  ihnen  die  gleichen  Beziehungen  zwischen 
dem  Epithel  und  dem  Faserstrang  des  Nervenrings  vorliegen.  Wir  werden  durch  diese  Beobach- 
tungen sowie  durch  theoretische  Erwägungen  zu  der  Annahme  geführt,  dass  der  obere  Nervenring 
ursprünglich  nur  von  den  Ausläufern  der  Epithelzellen  hergestellt  wurde,  und  dass  erst  später,  als 
diese  in  die  Tiefe  rückten  und  ihren  peripheren  Fortsatz  mit  dem  Geisselhaar  verloren,  Ganglien- 
zellen sich  entwickelten. 

Unterhalb  des  oberen  liegt  der  untere  Nervenring,  eingeschaltet  zwischen  die  Musculatur 
des  Velum  und  der  Subumbrella,  inmitten  eines  breiten  Saums,  in  welchem  Muskelfasern  vollkommen 
fehlen.  Hier  bildet  er  eine  dünne  aber  breite  Schicht,  die  ebenfalls  dem  Ektoderm  angehört  und 
daher  von  der  Gallerte  und  dem  Ringkanal  durch  eine  derbe  Stützlamelle  getrennt  wird.  Er  besteht 
aus  denselben  Elementen  wie  der  obere  Nervenring,  aus  Nervenfasern  und  Ganglienzellen;  beiderlei 
Bestandtlieile  besitzen  aber  eine  so  wesentlich  verschiedene  Beschaffenheit,  dass  man  einem  isolirten 
Bündel  sofort  ansehen  kann,  aus  welchem  Theil  es  stammt.  Im  unteren  Nervenring  sind  nämlich 
zahlreiche  Nervenfasern  von  ganz  bedeutender  Dicke,  so  dass  sie  in  einem  auffälligen  Gegensatz 
zu  den,  man  könnte  fast  sagen,  unmessbar  feinen  Fibrillen  des  oberen  Nervenrings  stehen.  Ein 
zweites  unterscheidendes  Merkmal  ist  durch  den  überraschenden  Reichtlmm  an  Ganglienzellen  ge- 
geben, der  sich  schon  bei  oberflächlicher  Betrachtung  bemerkbar  macht.  Zugleich  sind  die  Ganglien- 
zellen von  einer  eigenthümlichen  Gestalt,  indem  ihr  Körper  höckerartig  in  das  bedeckende  Epithel 
hinein  vorspringt. 

Von  der  angrenzenden  Subumbrella  wird  der  untere  Nervenring  durch  eine  schmale  Zone 
getrennt,  in  welcher  sich  isolirte  Züge  von  Nervenfasern  und  einzelne  multipolare  Ganglienzellen 
finden.  Diese  schicken  sehr  zahlreiche  Ausläufer  zum  Theil  in  die  Subumbrella,  zum  Theil  in  den 
unteren  Nervenring  hinein  und  vermitteln  so  den  Zusammenhang  zwischen  dem  letzteren  und  einem 
der  Subumbrella  ungehörigen  Plexus,  der  als  Theil  des  peripheren  Nervensystems  sogleich  besprochen 
werden  soll. 

Die  geschilderten  Elemente  werden  nach  aussen  von  platten  Epithelzellen  bedeckt,  welche 
die  Ganglienzellen  mit  zahlreichen  Fortsätzen  umhüllen,  wie  die  Pigmentzellen  der  Retina  die 
Stäbchen  und  Zapfen.  Zwischen  ihnen  sind  nur  spärliche  Sinneszellen  eingestreut,  welche  den- 
selben Charakter  besitzen  wie  die  Sinneszellen  des  oberen  Nervenrings,  sie  sind  verhältnissmässig 
kleine  Körper  mit  nervösen  Fortsätzen  und  einem  Sinneshaar. 

Wenn  wir  das  Gesagte  überblicken,  so  nimmt  ohne  Zweifel  der  untere  Nervenring  einen 
höheren  Grad  der  Ausbildung  ein  als  der  obere.  Für  diese  Annahme  sprechen  besonders  zwei 
Momente,  1.  die  grosse  Mannigfaltigkeit  der  Nervenfasern  und  Ganglienzellen,  2.  das  Verhalten  des 
Epithels.  In  letzterer  Hinsicht  halten  wir  cs  für  wichtig,  dass  die  Verbindung  mit  dem  Epithel  nahezu 
völlig  gelöst  ist.  Der  Nervenring  hat  sich  gleichsam  von  seinem  Mutterboden  abgetrennt  und  bildet 
nunmehr  eine  selbstständige  Lage  unter  dem  Epithel.  Freilich  ist  hiermit  noch  keine  Ausscheidung 
aus  dem  Ektoderm  erfolgt;  es  würde  dies  die  nächst  höhere  Stufe  der  Differenzirung  des  Nerven- 
systems sein,  die  aber  von  keiner  Meduse  erreicht  wird. 


128 


Die  beiden  Tlieile  des  Nerven  rings  werden  von  einander  durch  eine  meist  feine  Membran 
getrennt.  Dieselbe  ist  nichts  als  ein  Theil  der  Stützlamelle  des  Velum,  die  unmittelbar  am  Sehirm- 
rand  sich  ausserordentlich  verdünnt.  Bei  Carmarina  haben  wir  Züge  von  Nervenfasern  die  Mem- 
bran durchbohren  und  so  eine  Verbindung  vom  oberen  und  unteren  Nervenring  vermitteln  sehen. 
Es  kann  wohl  kaum  zweifelhaft  erscheinen,  dass  derartige  Verbindungen  auch  bei  den  übrigen 
Medusen  verbreitet  sind. 

Von  derselben  einfachen  Beschaffenheit,  wie  der  eben  besprochene  Nervenring,  ist  auch  das 
periphere  Nervensystem  der  Craspedoten;  gleichfalls  im  Ektoderm  zwischen  dem  Epithel 
und  der  Basalmembran  gelegen,  lässt  es  keine  gesonderten  Nervenstämme  erkennen,  sondern  tritt 
uns  als  ein  Plexus  von  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  entgegen.  Ein  solcher  konnte  bei  allen 
Medusen  in  der  Subumbrella  und  bei  einigen  ausserdem  noch  in  den  Tentakeln  nachgewiesen  wer- 
den. In  beiden  Fällen  schiebt  er  sich  zwischen  die  Muskelfibrillenlage  und  die  Epithelzellenschicht 
ein  und  ist  am  besten  an  der  Subumbrella  zu  studiren,  wo  er  von  schönen,  gleichmässig  verteilten 
multipolaren  Ganglienzellen  gebildet  wird.  Die  Ausläufer  benachbarter  Ganglienzellen  verschmelzen 
mit  einander  oder  legen  sich  in  ihrem  Verlauf  zu  kleinen  Nervenziigen  von  zwei  bis  drei  Fäserchen 
an  einander;  am  Schirmrand  vereinigen  sie  sich  mit  den  Elementen  des  Nervenrings. 

Während  ein  Theil  der  Fibrillen  des  Nervenplexus  die  Verbindung  zwischen  den  Ganglien- 
zellen, ein  anderer  Theil  die  Verbindung  mit  dem  Nervenring  herstellt,  hängen  weitere  Fibrillen 
wahrscheinlich  mit  den  Epithelzellen  ihres  Verbreitungsbezirks  zusammen.  Innerhalb  der  Subum- 
brella sind  letztere  ausschliesslich  Zellen,  welche  Muskelfasern  an  ihrer  Basis  ausgeschieden  haben 
und  von  Kleinenberg  (49)  als  Neuromuskelzellen  bezeichnet  wurden;  an  den  Tentakeln  gesellen 
sich  zu  den  Neuromuskelzellen  noch  Sinneszellen  hinzu,  deren  Anwesenheit  bei  einigen  Medusen 
von  uns  durch  directe  Beobachtung  festgestellt  worden  ist  und  wegen  der  Beschaffenheit  des  Epithels 
auch  bei  den  übrigen  nicht  zweifelhaft  sein  kann. 

Wie  verhalten  sich  nun  in  Bezug  auf  die  Verbreitung  des  Nervensystems  die  übrigen  Tlieile 
des  Medusenkörpers,  die  obere  Schirmfiäehe  lind  das  Velum?  — Auf  der  Convexität  des  Schirms 
haben  wir  nur  platte  Epithelzellen  und  spärliche  Nesselzellen  gefunden,  dagegen  jegliche  nervösen 
Bestandtheile  vermisst,  ein  Verhalten,  das  mit  der  Unempfindlichkeit  der  betreffenden  Körperober- 
fläche  in  Uebereinstimmung  steht.  Sinneszellen  uml  Nervenfäserchen  finden  sich  nur  in  den  Mantel- 
spangen und  Nesselstreifen  der  Trachymedusen,  Bildungen,  die  auf  den  marginalen  Theil  des  Schirms 
beschränkt  sind. 

Was  das  Velum  anlangt,  so  sind  unsere  Untersuchungen  zu  keinem  bestimmten  Abschluss 
gekommen.  Ein  Plexus  wie  in  der  Subumbrella  ist  jedenfalls  nicht  vorhanden,  da  er  uns  wohl 
kaum  hätte  verborgen  bleiben  können,  wo  wir  mehrfach  nach  ihm  gesucht  haben;  entweder  fehlen 
Ganglienzellen  überhaupt  oder  sie  sind  nur  spärlich  entwickelt.  Wie  wir  bei  nochmaliger  Prüfung 
der  Frage  neuerdings  bei  Trachynema  und  andeutungsweise  auch  bei  Cuninen  gesehen  haben,  ver- 
laufen hier  feine  Fäserchen,  die  vielleicht  nervöser  Natur  sind,  unter  dem  Epithel  auf  der  unteren 
Seite  des  Velum  in  radialer  Richtung  vom  Nervenring  nach  dem  freien  Rande  hin.  Da  dieselben 
keine  Kerne  enthalten,  so  spricht  diese  Beobachtung  für  die  Ansicht,  dass  die  Nervenfibrillen  für 
die  Museulatur  des  Velum  direct  von  Ganglienzellen  des  Nervenrings  abstammen.  Sollte  sich  diese 
Ansicht  bestätigen,  so  würde  das  Velum  in  einem  auffälligen  Contrast  zur  Subumbrella  stehen. 

Trotz  der  einfachen  Beschaffenheit  des  peripheren  Nervensystems  der  Medusen  sind  bei  einigen 
Arten  die  Ansätze  zu  einer  höheren  Differenzirung  nicht  zu  verkennen.  Bei  Carmarina,  die  unter 
allen  Medusen  wohl  in  morphologischer  wie  physiologischer  Hinsicht  am  entwickeltsten  ist,  drängen 


129 


sich  zahlreiche  Fibrillen  und  Ganglienzellen  an  den  Rändern  der  blattförmigen  Geschlechtsorgane 
und  theilweise  auch  an  den  Rändern  der  Centripetalkanäle  zusammen,  so  dass  hier  Bildungen  ent- 
stehen, die,  wenn  sie  auch  nicht  scharf  umgrenzt  sind,  immerhin  schon  als  Nervenstämme  bezeichnet 
werden  können.  Noch  in  einer  anderen  Weise  kommt  es  zur  Bildung  von  Nervenstämmen , indem 
Organe,  die  dem  Nervenring  anfänglich  aufsassen  und  direct  von  demselben  versorgt  wurden,  sich 
von  ihrem  ursprünglichen  Orte  entfernen,  was  dann  zur  Folge  hat,  dass  die  zugehörigen  Nerven- 
fasern zu  einem  gemeinsamen  Bündel  ausgezogen  werden.  Auf  diese  Art  entstehen  namentlich  die 
beiden  Stämmchen,  welche  an  das  Gehörkölbchen  der  Geryoniden  treten,  sowie  die  Faserzüge,  welche 
bei  den  Aeginiden  in  den  Radialfurchen  nach  den  Basen  der  Tentakeln  verlaufen.  Mit  diesen  wenigen 
Beispielen  sind  indessen  schon  die  Fälle  erschöpft,  in  denen  wir  periphere  Nervenstämmchen  bei 
den  Craspedoten  beobachtet  haben,  im  Uebrigen  findet  sich  nur  die  gleichmässige  Ausbreitung  der 
Nervenfibrillen  in  Form  von  Geflechten,  wie  sie  bisher  bei  keinem  anderen  Thierstamm  aufgefunden 
worden  sind. 

Bei  der  zweiten  Grundform  des  Nervensystems,  welche  den  Acraspeden  eigen- 
thümlich  ist,  wird  der  centrale  Theil  von  einer  Anzahl  getrennter  Abschnitte  gebildet,  die  unter- 
einander durch  keine  Commissuren  Zusammenhängen.  Die  einzelnen  Nervencentren  sind  wie  der 
Nervenring  der  Craspedoten  am  Schirmrand  entwickelt  und  nehmen  hier  die  Basis  der  Sinneskörper 
ein,  die  in  den  Einkerbungen  des  Schirmrandes  zwischen  zwei  Sinneslappen  liegen  und  meist  zu  8, 
seltener  zu  12  oder  gar  wie  bei  Phacellophora  zu  16  Vorkommen.  Sie  sind  Ektodermverdickungen, 
welche  entweder  die  Basen  der  Sinneskörper  rings  umgreifen  (bei  der  Mehrzahl  der  Acraspeden) 
oder  nur  die  ventrale  Seite  derselben  bedecken  (bei  Nausithoe).  Histologisch  betrachtet  bestehen 
sie  aus  Sinneszellen  und  einer  dicken  Schicht  feinster  Nervenfibrillen,  die  sieh  zwischen  jene  und 
die  Basalmembran  einschiebt,  dagegen  scheinen  Ganglienzellen  wenigstens  bei  den  von  uns  unter- 
suchten Arten  vollständig  zu  fehlen,  so  dass  sich  die  Nervenfaserschicht  nur  aus  den  Ausläufern 
der  Epithelzellen  zusammen  setzen  würde. 

Ueber  das  periphere  Nervensystem  der  Acraspeden  haben  wir  keine  Beobachtungen  gesam- 
melt, zweifeln  aber  nicht,  dass  hier  ähnliche  Verhältnisse  wie  bei  den  Craspedoten  wiederkehren. 
In  der  Tliat  hat  auch  neuerdings  Claus  (20)  zahlreiche  Ganglienzellen  in  der  Submnbrella  von 
Chrysaora  entdeckt. 

Wenn  wir  nunmehr  das  Nervensystem  der  Acraspeden  mit  dem  der  Craspedoten  vergleichen, 
so  gelangen  wir  im  Gegensatz  zu  der  herrschenden  Auffassungsweise  zu  dem  Resultat,  dass  das 
erstere  eine  viel  niedere  Entwicklungsstufe  einnimmt,  als  das  letztere;  es  lässt  sich  diese  Ansicht 
nach  jeder  Richtung  hin  vertheidigen.  Histologisch  zeigt  das  Nervensystem  eine  primitivere  Be- 
schaffenheit, insofern  in  seinem  centralen  Theil  keine  oder  nur  sehr  spärliche  Ganglienzellen  Vor- 
kommen; ferner  ist  seine  Masse  eine  geringere,  da  die  8 — 16  Nervenknoten,  welche  in  den  Ein- 
schnitten des  Mantelrandes  liegen,  zusammengenommen  ausserordentlich  viel  weniger  Nervenfasern 
enthalten  als  der  Nervenring  der  Craspedoten.  Endlich  ist  auch  die  Centralisation  eine  unvoll- 
kommenere, wie  daraus  hervorgeht,  dass  das  Centralorgan  aus  einer  grösseren  Anzahl  (8 — 16) 
von  Einzelorganen  gebildet  wird. 

Was  die  genetischen  Beziehungen  der  beiden  Formen  des  Nervensystems  zu  einander  anlangt, 
so  ist  es  im  höchsten  Grade  unwahrscheinlich,  dass  sich  die  eine  aus  der  anderen  durch  Umbildung 
entwickelt  hat;  vielmehr  sind  wir  der  Meinung,  dass  beide  aus  einer  gemeinsamen  indifferenten 
Grundform  entstanden  sind.  Hierbei  ist  es  keineswegs  nöthig,  dass  diese  Grundform  sich  bei  einer 
niedrig  organisirten  Meduse  vorgefunden  habe.  In  der  Neuzeit  ist  es  wohl  allgemein  als  sicher 

Hertwig,  Medusen.  17 


130 


anerkannt,  dass  die  Medusen  umgewandelte , an  eine  pelagische  Lebensweise  angepasste  Polypen 
darstellen  und  dass  die  Grundzüge  ihrer  Organisation  schon  bei  diesen  vorgebildet  sind.  So  Hesse 
sich  denn  auch  das  Nervensystem  der  beiden  Medusenahtheilungen  aus  einer  primitiven  Form  des 
Nervensystems  hei  den  Hydroiden  ahleiten.  Da  der  Schirmrand  der  Medusen,  wie  wir  sogleich 
noch  näher  begründen  werden,  dem  Tentakeln  tragenden  Saum  des  Hydroidenperistoms  entspricht, 
so  würden  wir  in  der  anatomischen  Beschaffenheit  dieses  Körpertheils  den  Ausgangspunkt  zu  suchen 
haben,  und  würde  daher  die  Frage  zu  beantworten  sein,  ob  sich  schon  bei  den  Polypen  eine  An- 
häufung nervöser  Elemente  am  Rand  des  Peristoms  nachweisen  lässt. 

Die  Beantwortung  der  aufgeworfenen  Frage  würde  noch  aus  einem  zweiten  Grund  von 
Interesse  sein,  da  sie  wahrscheinlich  eine  auffallende  Eigenthümlichkeit  im  Bau  des  Nervenrings 
der  Craspedoten  erklären  würde.  Wie  wir  gesehen  haben,  wird  derselbe  durch  die  Stützlamelle 
des  Velum  in  eine  obere  und  untere  Portion  geschieden;  thatsächlich  sind  somit  zwei  Nervenringe, 
zwei  Centralorgane  vorhanden,  die  zwei  verschiedenen  Körperseiten  angehören  und  nur  äusserlicli 
durch  Aneinanderlagerung  zu  einem  Ganzen  vereinigt  erscheinen.  Dies  kann  wohl  schwerlich  ein 
ursprüngliches  Yerhältniss  s6in,  vielmehr  müssen  wir  nach  Analogie  mit  anderen  Thieren  es  zunächst 
für  wahrscheinlich  halten,  dass  das  Centralnervensystem  anfangs  nur  aus  einer  Anlage  bestand, 
die  erst  später  in  zwei  zerfallen  ist.  Es  sind  nun  zwei  Möglichkeiten  gegeben,  wie  ein  solcher 
Zerfall  hätte  eintreten  können.  Einmal  wäre  es  denkbar,  dass  der  Nervenring  nur  auf  einer  Seite 
der  Stützlamelle  und  zwar  auf  der  oberen  Seite  vorhanden  war,  und  dass  der  untere  Tlieil  sich 
abgeschnürt  hat.  Dem  widerspricht  jedoch  die  Beschaffenheit  des  unteren  Nervenrings,  namentlich 
der  Umstand,  dass  derselbe  mit  Sinneszellen  und  sogar  mit  specifischen  Sinnesorganen,  wie  den  Hür- 
bläsclien  der  Vesieulaten,  in  Verbindung  steht,  was  auf  eine  Genese  aus  dem  Epithel  der  unteren 
Seite  deutet.  Zweitens  wäre  es  möglich,  dass  die  Anlage  des  Nervenrings  älter  ist  als  das  Velum, 
und  dass  die  Thcilung  des  ersteren  erst  durch  das  Hervorsprossen  des  letzteren  herbeigeführt  wurde. 
Eine  derartige  Annahme  geht  von  der  Voraussetzung  aus,  dass  das  Velum  eine  Neubildung  ist, 
die  von  der  Medusengeneration  durch  Anpassung  an  eine  schwimmende  Lebensweise  erworben 
wurde,  mit  anderen  Worten,  dass  der  Schirmrand  der  Medusen  dem  Peristomrand  der  Hydroiden 
entspricht.  Dies  letztere  lässt  sich  in  der  That  beweisen;  denn  in  beiden  Fällen  tragen  die  ge- 
nannten Ränder  die  Tentakeln,  und  was  noch  wichtiger  ist,  sie  bezeichnen  die  Grenze,  bis  zu 
welcher  das  Gastro vascularsvstem  reicht.  Wie  wir  an  einem  anderen  Orte  zeigen  werden,  lässt 
sich  das  Gastrovascularsystem  der  Medusen  aus  dem  der  Hydroiden  dadurch  ableiten,  dass  der 
einheitliche  grosse  Magenraum  der  letzteren  eine  theilweise  Rückbildung  erfahren  hat.  Bei  der- 
selben blieben  nur  ein  central  gelegener  Theil,  der  Magen  der  Meduse,  ein  peripherer  Abschnitt, 
der  Ringkanal,  und  Communicationen  zwischen  diesen  beiden,  die  Radialkanäle,  erhalten.  Inner- 
halb des  Rahmens,  der  von  dem  Ringkanal,  den  Radialkanälen  und  dem  Magen  gebildet  wird, 
führte  die  starke  Entwicklung  der  Gallerte  zu  einer  Verödung  des  Hohlraums,  so  dass  hier  nur 
Spuren  der  früheren  Existenz  des  Gastrovascularsystems  in  einer  dünnen  Schicht  von  Entoderm- 
zellen  erhalten  sind,  die  meist  unmittelbar  auf  der  Stützlamelle  der  Subumbrella  liegt.  — Dieser 
Auseinandersetzung  zu  Folge  würde  die  ganze  Peristomscheibe  der  unteren  Schirmfläche  der  Medusen, 
der  Peristomrand  "dem  Schirmrand  zu  vergleichen  sein  und  ferner  das  Velum  eine  Neubildung  dar- 
stellen, die  sich  wahrscheinlich  erst  entwickelte,  als  bereits  eine  wenn  auch  noch  so  unvollkommene 
Localisation  des  Nervensystems  erfolgt  war. 

Wir  kommen  nunmehr  zur  Beantwortung  der  Frage:  Mit  welchem  Recht  können  wir 
die  geschilderten  Theile  der  Medusen  dem  Nervensystem  zurechnen?  — Gleich  zu 


Anfang*  müssen  wir  hier  hervorheben,  dass  das  Nervensystem  hei  den  Medusen  eine  wesentlich 
andere  Beschaffenheit  als  hei  den  übrigen  Tliieren  besitzt.  Von  den  Würmern  an  aufwärts  können 
wir  in  allen  Stämmen  des  Thierreichs  ein  scharf  gesondertes  centrales  und  peripheres  Nervensystem 
unterscheiden.  Mag  das  erstere  nun  wie  hei  den  niederen  Würmern  allein  aus  einem  oberen  Schlund- 
ganglion, oder  wie  hei  den  Gliederwürmern,  Mollusken  und  Arthropoden  aus  einer  Ganglienkette, 
oder  endlich  wie  hei  den  Wirbelthieren  aus  einem  Medullarrohr  bestehen,  stets  ist  es  ein  einheit- 
liches Organ,  das  sich  gegen  die  Umgehung  deutlich  abgrenzt  und  von  derselben  sogar  meist  durch 
besondere  Umhüllungen  getrennt  wird.  Ebenso  sind  auch  die  peripheren  Nerven  Stämme,  die  sich  bei 
genügender  Grösse  mit  dem  Messer  als  scharf  umschriebene  Theile  aus  den  anliegenden  Geweben 
herausschälen  lassen. 

Von  Alledem  müssen  wir  bei  dem  Nervensystem  der  Medusen  absehen.  Zwar  haben  wir 
an  demselben  ebenfalls  einen  centralen  und  einen  peripheren  Abschnitt  nachgewiesen,  allein  beide 
gehen  unmittelbar  in  einander  über,  so  dass  man  nirgends  angeben  kann,  wo  der  eine  aufhört  und 
der  andere  beginnt.  Ferner  können  wir  auch  das  Centralnervensystem  nicht  als  ein  distinctes 
Organ  ansehen,  da  die  Faserschicht,  welche  den  Nervenring  der  Craspedoten,  sowie  die  einzelnen 
Nervencentren  der  Acraspeden  bildet,  nur  von  dem  Entoderm  und  der  Gallerte  durch  eine  Membran 
geschieden  wird,  dagegen  seitlich  sowie  gegen  das  darüber  liegende  Epithel  keine  scharfe  Ab- 
grenzung erkennen  lässt.  In  dem  peripheren  Nervensystem  fehlen  besondere  Nervenstämme  mit 
Ausnahme  der  Sinnesnerven  der  Geryoniden  und  der  Radialstränge  der  Aeginiden  vollkommen.  Wir 
gelangen  somit  zu  dem  Resultat,  dass  wir  in  der  gesammten  Verbreitungsweise  und  der  Anordnung 
des  Nervensystems  der  Medusen  Nichts  entdecken  können,  was  die  angewandte  Bezeichnung  recht- 
fertigen  würde.  Dies  ist  nur  möglich  1.  durch  eine  genaue  Analyse  des  feineren  Baues 
und  2.  durch  das  physiologische  Experiment. 

Wenn  wir  bei  histologischen  Untersuchungen  Theile  für  Nerven  und  Ganglienzellen  erklären, 
so  lassen  wir  uns  meist  von  den  Formen  und  dem  mikrochemischen  Verhalten  der  Elemente  leiten; 
ist  dies  Verfahren  in  den  meisten  Fällen  auch  ausreichend  und  vielfach  sogar  das  einzig  mögliche, 
so  gewinnt  doch  unser  Urtheil  wesentlich  an  Sicherheit,  wenn  wir  weiter  zeigen,  dass  die  Elemente 
mit  den  beiden  Polen  des  Nervensystems,  mit  Sinnes-  und  Muskelzellen,  in  Verbindung  stehen. 
Beide  Wege  der  histologischen  Beweisführung  sollen  daher  hier  betreten  werden. 

Im  Nervensystem  der  Medusen  treffen  wir  zweierlei  Bestandtbeile  an:  Fibrillen  und  Zellen 
mit  Ausläufern.  Erstere  besitzen  eine  sehr  wechselnde  Stärke  und  variiren  von  feinsten  Fädcken 
bis  zu  starken  Fasern;  ihr  Aussehen  und  ihr  Verhalten  gegenüber  Reagentien,  besonders  ihr  Ver- 
halten gegen  Essigsäure,  lässt  erkennen,  dass  sie  aus  einer  weichen,  dem  Protoplasma  ähnlichen 
Substanz  bestellen.  Alle  diese  Eigenschaften  verbieten  es  uns,  in  ihnen  Bindegewebsfibrillen  zu 
erblicken,  wie  denn  eine  solche  Deutung  schon  durch  die  Lagerung  im  Ektoderm  sehr  unwahr- 
scheinlich gemacht  wird. 

Ebenso  wird  der  Gedanke  an  Muskelfasern  ausgeschlossen,  wenn  wir  die  Beschaffenheit, 
welche  dieselben  bei  den  Medusen  besitzen,  vergleichen.  Wir  kennen  von  den  Medusen  glatte  und 
quergestreifte  Muskelfasern,  von  welchen  selbstverständlich  hier  nur  die  ersteren  in  Frage  kommen 
könnten;  indessen  auch  diese  sind  so  gut  charakterisirt,  dass  an  eine  Verwechselung  nicht  gedacht 
werden  kann.  Sie  sind  stets  von  nahezu  gleichmässiger  Stärke  und  besonders  im  frischen  Zustand 
viel  schärfer  contourirt  als  die  Nervenfasern. 

Während  sich  somit  die  Fibrillen  sowohl  von  Muskeln  als  auch  von  Bindegewebsfasern 
mit  Sicherheit  unterscheiden  lassen,  stimmen  sie  in  ihrem  gesammten  Verhalten  mit  den  Nerven- 


132 


fädchen  überein,  wie  sie  bei  den  Wirbelthieren  in  dem  Centralnervensystem  und  in  manchen  Sinnes- 
epitlielien,  wie  z.  B.  in  der  Retina,  Vorkommen,  so  dass  ihre  nervöse  Natur  wohl  kaum  bezweifelt 
werden  kann. 

Die  zeitigen  Elemente  im  Nervensystem  der  Medusen  zeichnen  sich  stets  durch  zwei  oder 
mehrere  feine,  an  guten  Isolationspräparaten  auf  weite  Strecken  hin  isolirbare  Fortsätze  aus;  sie 
sehen  den  Ganglienzellen,  welche  wir  von  den  Wirbelthieren  und  vielen  Wirbellosen  her  kennen 
und  als  Typen  der  Nervenzelle  zu  betrachten  gewohnt  sind,  nicht  gerade  besonders  ähnlich; 
namentlich  vermissen  wir  an  ihnen  den  protoplasmareichen  Zellkörper  und  den  grossen  Kern  mit 
seinem  charakteristischen  Kernkörperchen.  Indessen  diess  sind  alles  Eigenthümlichkeiten , welche 
zwar  sehr  in  die  Augen  fallen,  im  Uebrigen  aber  nur  von  untergeordneter  Bedeutung  sind  und 
auf  eine  höhere  Differenzirung  des  Nervensystems  zurückgeführt  werden  können.  Viel  wichtiger 
für  die  Charakteristik  der  Ganglienzelle  ist  die  Anwesenheit  von  Ausläufern,  welche  die  Beschaffen- 
heit von  Nervenfasern  besitzen;  solche  Ausläufer  finden  sich  sowohl  bei  den  Zellen  des  peripheren 
als  auch  des  centralen  Theils  des  Nervensystems  vor.  Ueberhaupt  könnte  allein  eine  Verwechselung 
mit  sternförmigen  Bindegewebskörperchen  in  Betracht  kommen;  dieselbe  ist  aber  im  vorliegenden 
Falle  kaum  zu  befürchten,  da  die  Zellen  in  keiner  Grundsubstanz,  sondern  im  Epithel  liegen.  Auch 
möchten  Bindegewebszellen  mit  derartig  langen,  gleichmässig  starken  Ausläufern,  wie  wir  sie 
aus  dem  unteren  Nervenring  isolirt  haben,  wohl  schwerlich  je  beobachtet  worden  sein. 

Die  erörterten  Bestandteile  des  Nervensystems  stehen  zweifellos  mit  specifischen  Endorganen 
im  Zusammenhang;  besonders  ist  dies  von  uns  für  die  Sinnesorgane  mit  aller  Sicherheit  nach- 
gewiesen worden.  Da  wir  auf  diesen  Punkt  noch  einmal  bei  der  allgemeinen  Besprechung  der 
letzteren  zuriickkommen  werden,  so  sei  hier  nur  kurz  hervorgehoben,  dass  wir  einerseits  eine  Ver- 
bindung mit  specifischen  Hör-  und  Sehzellen,  andererseits  mit  indifferenten  Sinneszellen,  wie  sie 
in  Form  eines  flimmernden  Cylinderepithels  den  Nervenring  bedecken,  beobachtet  haben.  Weniger 
erfolgreich  sind  unsere  Bemühungen  gewesen,  die  Endigungsweise  der  Nerven  in  der  Musculatur 
durch  directe  Beobachtung  festzustellen,  da  wir  die  feinen  Fäserchen  zwar  zwischen  die  als  Muskel- 
körperchen fungirenden  Epithelzellen  und  die  Muskelfibrillen  eintreten  sahen,  aber  nicht  bis  zu 
ihrem  Ende  verfolgen  konnten.  Wer  jedoch  mit  dem  heutigen  Standpunkt  der  Frage  nach  der 
Nervenendigung  im  Muskel  vertraut  ist,  wird  uns  zugeben  müssen,  dass  auch  bei  den  höheren 

Thieren  dieselbe  keineswegs  gelöst  ist;  auch  hier  wissen  wir  nur,  dass  die  terminalen  Fädchen  der 

Muskelnerven  innerhalb  des  Sarkolemms  in  der  Muskelsubstanz  sich  verbreiten , ohne  dass  bisher 
Beziehungen  zu  den  beiden  Theilen  des  Muskels,  zu  den  contractilen  Fibrillen  oder  zu  den  Muskel- 
körperchen, sicher  erkannt  worden  wären. 

Wenn  schon  der  histologische  Bau  der  dem  Nervensystem  zugerechneten  Theile  kaum  eine 
andere  als  die  von  uns  gegebene  Deutung  zulässt,  so  wird  dieselbe  durch  das  physiologische 
Experiment  ausser  allen  Zweifel  gestellt.  Wir  selbst  haben  freilich  keine  Versuche  ausgeführt, 
da  unsere  Zeit  durch  die  Erforschung  der  morphologischen  Verhältnisse  zu  sehr  in  Anspruch 

genommen  war.  Dagegen  haben  Eimer  und  Romanes  auf  experimentellem  Wege  die  Anwesenheit 

eines  Nervensystems  nachgewiesen.  Wir  lernten  die  Arbeiten  der  genannten  Forscher  erst  nach 
Abschluss  unserer  Beobachtungen  kennen  und  waren  ganz  überrascht,  wie  sehr  die  Beschaffenheit 
des  Nervensystems,  die  wir  auf  anatomischem  Wege  ermittelt  hatten,  mit  der  allgemeinen  Vorstellung 
zusammenfällt,  die  Romanes  sich  auf  Grund  seiner  Experimente  vom  Bau  des  Nervensystems  der 
Medusen  glaubte  machen  zu  müssen.  Der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  halber  gehen  wir  aus- 
führlicher auf  den  Inhalt  der  betreffenden  (75  und  25)  Arbeiten  ein. 


133 


Die  craspedoten  Medusen  liat  nur  Romanes  untersucht;  unter  den  zahlreichen  Arten,  die 
ihm  zur  Verfügung"  standen  und  ausnahmslos  den  von  Hydroiden  aufgeammten  Medusen,  den  Vesi- 
culaten  und  Ocellaten  angehörten,  hat  er  sich  besonders  eingehend  mit  Sarsia  tubulosa  beschäftigt. 
Wenn  er  bei  dieser  sehr  beweglichen  Oeellate  den  ganzen  Rand  entfernte,  so  trat  völlige  Lähmung 
ein,  woraus  er  schloss,  dass  sich  hier  ein  hochgradig  localisirtes  System  von  Willenscentren  (centres 
of  spontaneity)  vorfindet;  blieb  nur  ein  kleiner  Theil  des  Schirmrandes  erhalten,  so  dauerten  die 
selbstständigen  Bewegungen,  wenn  auch  beträchtlich  abgeschwächt,  fort;  besonders  deutlich  war 
dies,  wenn  ein  Augenfleck  in  diesem  Stück  lag,  wie  denn  auch  andererseits  Ausschneiden  der 
Augenflecke  in  sehr  auffälliger  Weise,  die  Beweglichkeit  herabsetzte.  Gestützt  auf  diese  Versuche 
kommt  Romanes  zu  dem  Resultat,  dass  die  locomotorischen  Centren  an  allen  Punkten  des  Schirm- 
randes Vorkommen,  besonders  reichlich  aber  im  Umkreis  der  Ocellen.  Die  ihres  Randes  beraubte 
Schwimmglocke  antwortet  auf  jeden  Reiz  mit  einer  einmaligen  Contraction  und  kann  durch  häu- 
fige Wiederholung  der  Reize,  in  ähnlicher  Weise  wie  ein  decapitirter  Frosch,  in  Bewegung  ver- 
setzt werden. 

Um  Uber  die  Art,  in  welcher  sich  Reize  fortpflanzen,  Sicherheit  zu  bekommen,  machte 
Romanes  in  die  Medusenglocke  radiale  Einschnitte,  die  vom  Rand  nach  der  Mitte  zu  gingen  und 
mit  ebenfalls  radialen  Schnitten  alternirten,  die  von  der  Mitte  aus  bis  in  die  Nähe  des  Randes 
reichten.  In  einem  anderen  Falle  löste  er  durch  einen  kreisförmigen  Schnitt  die  locomotorischen 
Centren  des  Schirmrandes  (den  Nervenring)  bis  auf  eine  umschriebene  Stelle  ab  und  zerschnitt 
von  derselben  aus  den  Schirm  in  Form  eines  spiralig  gewundenen  Streifens.  In  beiden  Fällen 
pflanzte  sich  der  Reiz,  welcher  eine  Stelle  des  Randes  traf,  durch  alle  Theile  des  Schirmes  fort. 
War  aber  der  spiralige  Streifen  oder  die  Verbindungsbrücke,  die  zwischen  zwei  radialen  Ein- 
schnitten erhalten  war,  zu  schmal,  so  kam  es  vor,  dass  die  Contractionswelle  einen  Stillstand 
erfuhr,  obwohl  der  jenseits  gelegene  Theil  noch  erregbar  war.  Aus  diesem  Stillstand  der  Con- 
tractionswelle folgert  Romanes,  dass  bestimmte  Nervenbahnen  im  Schirm  vorhanden  sind,  welche 
die  Erregung  vom  Centralorgan  aus  übertragen  und  dass  nicht  das  einfache  Zellprotoplasma  der 
Gewebe  den  Reiz  fortleitet;  den  Stillstand  erklärt  er  daraus,  dass  in  der  schmalen  Verbindungs- 
brücke jegliche  nervöse  Verbindung'  unterbrochen  war.  Die  Nervenbahnen  können  aber  nicht  nach 
Art  der  Nerven  bei  höheren  Thieren  beschaffen  sein;  denn  Nervenstränge  von  regelmässigem  Ver- 
lauf müssten  entweder  durch  die  radialen  oder  die  spiralig  verlaufenden  Schnitte  an  mehrfachen 
Punkten  unterbrochen  werden  und  es  müsste  eine  völlige  Lähmung  der  Meduse  eintreten.  Da  dies 
nicht  der  Fall  ist,  können  die  Leitungsbahnen  nach  der  Ansicht  des  englischen  Forschers  nur  die 
Form  eines  nervösen  Plexus  besitzen. 

Wir  haben  hier  nur  die  für  uns  wichtigsten  Punkte  der  RoMANEs’schen  Untersuchungen  mit- 
getheilt;  dagegen  alle  Angaben  über  die  Einwirkung  der  Elektricität  und  der  Gifte  auf  die  Medusen, 
so  interessant  dieselben  auch  sind,  ausgelassen,  da  sie  nur  im  Allgemeinen  den  Zweck  haben,  die 
Existenz  eines  Nervensystems  darzuthun.  Indessen  das  Mitgetheilte  genügt,  um  zu  zeigen,  wie 
sehr  die  Resultate  der  physiologischen  und  morphologischen  Beobachtung  übereinstimmen.  Die 
Anordnung  des  Nervensystems,  die  Romanes  nach  seinen  Experimenten  gleichsam  voraussagte, 
einen  Nervenring  und  einen  von  diesem  Nervenring  ausgehenden  Plexus,  haben  wir  durch  directe 
Beobachtung  nachgewiesen. 

In  ähnlicher  Weise  wie  die  Craspedoten  hat  Romanes  auch  die  Acraspeden  auf  die  An- 
wesenheit eines  Nervensystems  geprüft  und  ein  Centralorgan  in  den  acht  Randkörpern  gefunden, 
während  die  dazwischenliegenden  Partieen  des  Schirmrandes  sicli  als  völlig  bedeutungslos  für  die 


134 


Reizung“  des  Körpers  herausstellten.  Indessen  ist  die  Centralisation  des  Nervensystems  nicht  so 
weit  wie  hei  den  Craspedoten  gediehen.  Die  Zerstörung  der  Sinneskörper  ruft  nur  eine  vorüber- 
gehende Lähmung  hervor;  nach  einer  bei  den  meisten  Arten  verschieden  langen  Zeit  treten  aufs 
Neue  Contractionen  ein , wenngleich  dieselben  weniger  kräftig  als  gewöhnlich  verlaufen.  Es  ist 
dies  gleichfalls  ein  auf  physiologischem  Weg  gewonnener  Beweis  für  unsere  vom  Bau  abstrahirte 
Auffassung,  dass  in  der  Ausbildung  des  Centralnervensystems  die  Acraspeden  hinter  den  Cras- 
pedoten zurückstehen.  Was  endlich  das  periphere  Nervensystem  anlangt,  so  haben  methodisch 
angelegte  Schnitte  auch  hier  Romanes  zur  Annahme  eines  nervösen  Plexus  veranlasst.  Wenn  uns 
hier  auch  keine  Beobachtungen  zu  Gebote  stehen , so  kann  es  doch  nicht  zweifelhaft  sein , dass 
der  englische  Forscher  das  Richtige  getroffen  hat. 

Gleichzeitig  mit  Romanes  und  unabhängig  von  demselben  stellte  Eimer  Versuche  an  acras- 
peden Medusen  an,  welche  zum  Zweck  hatten,  die  Frage  nach  der  Existenz  eines  Nervensystems 
auf  experimentellem  Weg  zu  lösen;  zum  Theil  wurden  hierbei  übereinstimmende  Resultate  erzielt, 
zum  Theil  ergaben  sich  wichtige  Unterschiede.  Eine  Lähmung  der  Meduse,  die  auch  nach  Eimer 
keine  vollkommene  ist,  soll  nur  dann  eintreten,  wenn  man  ausser  den  Randkörpern  die  umliegende 
wenige  Millimeter  breite  Gewebszone,  welche  als  contractile  Zone  bezeichnet  wird,  herausschneidet. 
Letztere  zieht  sicli  dann  im  gewöhnlichen  Rhythmus  unbehelligt  weiter  zusammen;  ihre  Bewegung 
wird  durch  Zerstören  der  Randkörper  nur  vorübergehend  sistirt,  um  nach  einiger  Zeit  in  gewohntem 
Tempo  zu  beginnen.  Schnitte,  welche  zum  Theil  in  ähnlicher  Weise  wie  von  Romanes  durch  die 
Schirmscheibe  gelegt  wurden,  führten  zu  dem  Ergebniss,  dass  die  Erregungen  von  einem  Theil 
auf  den  anderen  übertragen  werden,  wenn  die  Verbindungsbrücke  zwischen  beiden  nicht  zu  schmal 
ist.  Eimer  ist  daher  der  Ansicht,  dass,  wenn  Nervenfäden  überhaupt  die  Verbindung  besorgen, 
diese  in  hohem  Grade  für  einander  zu  vicariiren  vermögen. 

Die  Differenzpunkte,  die  sich  zwischen  Eimer  und  Romanes  hinsichtlich  der  Localisation 
des  Centralnervensystems  ergeben,  bedürfen  erneuter  physiologischer  Prüfung;  die  anatomische 
Untersuchung  spricht  zweifellos  zu  Gunsten  der  RoMANEs'sclien  Ansicht.  Sollte  letztere  sich  be- 
wahrheiten, so  wäre  auch  hier  der  directe  Nachweis  geliefert,  dass  die  Nervenfaserschicht  des 
Sinneskörpers  bei  den  Acraspeden  als  Centralorgan  fungirt. 

Ueber  die  Function  des  Nervensystems  der  Medusen  können  wir  uns  zur  Zeit  nur 
ungenügende  Vorstellungen  bilden.  Aus  den  referirten  experimentellen  Untersuchungen  wissen  wir, 
dass  dem  Nervenring  der  Craspedoten  und  den  Sinneskörpern  der  Acraspeden  die  Bedeutung  von 
Centralorganen  zukommt  und  dass  von  diesen  aus  jeder  Reiz  sich  durch  den  ganzen  Nervenplexus 
fortpflanzt.  Ferner  macht  die  verschiedene  histologische  Beschaffenheit  des  oberen  und  unteren 
Nervenrings  der  Craspedoten  es  wahrscheinlich,  dass  beide  Abschnitte  sich  auch  functionell  unter- 
scheiden. Der  obere  Nervenring  ist  vorwiegend  sensibler,  der  untere  vorwiegend  motorischer  Natur. 
Von  dem  erstereil  werden  hauptsächlich  die  Sinnesorgane  versorgt,  der  letztere  dagegen  giebt  die 
Nerven  für  die  musculösen  Theile  ab.  Diese  Differenzirung  steht  damit  im  Zusammenhang,  dass 
die  Bewegungsorgane  bei  den  Medusen  auf  der  unteren  Seite  der  Schirmglocke  liegen,  die  Sinnes- 
organe dagegen  sich  auf  der  oberen  Fläche,  die  ja  allseitiger  mit  der  Umgebung  in  Berührung  ist, 
localisirt  haben.  Keinenfalls  jedoch  ist  diese  Differenzirung  eine  durchgreifende;  denn  einerseits 
erhalten  die  Gehörorgane  der  Vesiculaten  ihre  Nerven  von  dem  unteren  Nervenring,  wie  denn  dieser 
auch  stets  von  vereinzelten  Sinneszellen  bedeckt  ist,  andererseits  werden  bei  allen  Medusen  die 
muskelreichen  Tentakeln  von  dem  oberen  Nervenring  innervirt.  Hierbei  ist  es  von  Interesse,  dass 
die  zu  den  Tentakeln  herantretenden  Fasern  bei  den  Aeginiden  wenigstens  ein  ganz  anderes  Aus- 


135 


sehen  besitzen,  als  die  sonstigen  Elemente  des  oberen  Nervenrings  und  wegen  ihrer  Dicke  lind 
wegen  des  Reichthums  an  Ganglienzellen  mehr  an  den  unteren  Nervenring  erinnern. 

Zum  Schluss  mögen  noch  einige  Vermuthungen  über  das  Verhältnis  des  Nervensystems 
zum  Meerleuchten  Platz  finden.  Im  speciellen  Theil  haben  wir  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass 
die  Nervenfasern  und  noch  mehr  die  Ganglienzellen  ausserordentlich  rasch  die  Osmiumsäure  reduciren. 
Da  sie  somit  aus  Substanzen  bestehen,  die  sich  leichter  oxydiren,  als  anderweitige  Theile  der  Me- 
duse, so  wird  die  Annahme  nahe  gelegt,  in  den  nervösen  Elementen  den  Sitz  des  Meerleuchtens  zu 
suchen.  Diese  Annahme  gewinnt  dadurch  an  Wahrscheinlichkeit,  dass  das  Phänomen  durch  äussere 
Reize  hervorgerufen  werden  kann  und  somit  offenbar  unter  dem  Einfluss  des  Nervensystems  steht. 
Ausserdem  spricht  zu  ihren  Gunsten. der  Umstand,  dass  nach  den  Untersuchungen  M.  Schultze’s 
auch  bei  Lampyris  besondere  Zellen  des  Leuchtorgans,  welche  die  Osmiumsäure  stark  reduciren  und 
mit  Nervenfibrillen  sich  verbinden,  das  Lieht  ausstrahlen. 


2.  Morphologie  und  Physiologie  der  Sinnesorgane  der  Medusen. 

Von  den  Sinnesorganen  der  Medusen  wurden  am  frühesten  die  sogenannten  Randkörper  der 
Acraspeden  wahrgenommen,  aber  lange  Zeit  für  nichts  weniger  als  für  Sinnesorgane  gehalten.  Der 
dänische  Forscher  0.  F.  Müller  (66),  welcher  dieselben  zuerst  bei  Aurelia  aurita  entdeckt  hat, 
deutet  sie  als  die  After  der  Medusen;  Gaede  (31)  und  Eysenhardt  (27)  sprechen  von  ihnen  als 
von  räthselhaften  Körpern;  Rosenthal  (76),  Eschscholz  (26),  Tilesius  (83)  bezeichnen  sie  als 
excretorische  oder  secretorische  Organe,  welche  nach  dem  einen  zur  Schleimabsonderung  dienen, 
nach  dem  andern  bei  der  Verdauung  oder  bei  der  Athmung  eine  Rolle  spielen.  Ein  Umschwung 
in  der  Auffassung  trat  erst  ein,  als  Ehrenberg  (24)  die  Randkörper  bei  seiner  Untersuchung  von 
Aurelia  als  nervöse  und  sensorielle  Apparate  in  Anspruch  nahm.  Er  verglich  den  Krystallhaufen 
den  Kalkansammlungen  an  den  Rückenmarksnerven  des  Frosches  und  zog  daraus  den  Schluss, 
dass  in  seiner  Nähe  auch  Ganglien  und  Nerven  anwesend  sein  müssten,  Theile,  die  er  denn  auch 
in  bestimmten  Knötchen  und  Faserzügen  glaubte  gefunden  zu  haben.  Den  roth  pigmentirten  Fleck 
am  Ende  der  Randkörper  erklärte  er  für  ein  Auge.  Diese  letztere  Deutung  Ehrenberg’s  fand  An- 
klang.  Raid  nach  dem  Erscheinen  seiner  Abhandlung  entdeckten  Loven  (61),  Steenstrup  (82)  und 
Sars  (78)  Pigmentflecke  an  der  Tentakelbasis  von  mehreren  kleinen  Medusen  aus  der  Gruppe  der 
Ocellaten  und  bezeichneten  sie  im  Anschluss  an  Ehrenberg  als  einfachste  Augenbildungen.  Noch 
grössere  Wahrscheinlichkeit  gewann  diese  Ansicht,  als  später  Quatrefages  (74)  und  Düjardin  (22) 
lichtbrechende  Körper  in  den  Pigmentflecken  von  Eleutheria  und  Cladonema  nachwiesen.  Seitdem 
hat  die  Deutung  von  pigmentirten  Stellen  im  Ektoderm  der  Medusen  als  Augen  sich  allgemein  Ein- 
gang verschafft  und  ist  dieselbe  namentlich  durch  physiologische  Experimente  von  Romanes  (75)  in 
den  letzten  Jahren  ganz  sicher  gestellt  worden. 

Pliermit  war  aber  die  Frage  nach  der  Bedeutung  der  Randkörper  der  Acraspeden  noch  nicht 
gelöst.  Denn  es  zeigte  sich  gar  bald,  dass  bei  den  meisten  Arten  die  Randkörper  nicht  Pigment- 
flecke wie  bei  Aurelia  besitzen,  dass  ihre  Hauptfunction  daher  nicht  diejenige  von  Augen  sein  könne. 
Bald  wurde  auch  die  Beurtheilung  dieser  Organe  dadurch  in  eine  andere  Richtung  gelenkt,  dass 
mit  der  Ausdehnung  der  mikroskopischen  Forschung  auf  niedere  Seetliiere  kleine  pigmentlose,  mit 
einem  oder  mehreren  Kalkkrystallen  erfüllte  Bläschen  am  Schirmrand  vieler  craspedoter  Medusen 


136 


von  Saks  (77),  Kölliker  (50),  Will  (86)  und  andern  aufgefunden  wurden.  Diese  Bildungen  stimmten 
einerseits  im  Besitz  von  Kalkkrystallen  mit  den  Bandkörpern  der  Acraspeden  überein,  andererseits 
zeigten  sie  eine  grosse  Aehnlicbkeit  mit  den  von  Siebold  kurz  zuvor  entdeckten  Hörbläscben  der 
Mollusken.  Auf  diese  Aehnlichkeit  wies  zuerst  Kölliker  hin,  der  am  Meer  zahlreiche  Mollusken 
auf  ihre  Hörbläschen  untersuchte  und  gleichzeitig  die  Randbläschen  bei  einer  Eucope  und  ver- 
schiedenen anderen  Medusen  beobachtete.  In  einem  kleinen  Aufsatz  in  Froriep’s  Notizen  (50) 
sprach  er  die  Ansicht  aus,  dass  auch  die  Medusen  gleich  den  Mollusken  Gehörorgane  besitzen,  eine 
Ansicht,  die  bald  vom  grössten  Theil  der  Zoologen  getheilt  und  auch  in  Siebold’s  Lehrbuch  der 
vergleichenden  Anatomie  aufgenommen  wurde.  Indem  Kölliker  und  die  ihm  beistimmenden  Forscher 
von  diesem  Gesichtspunkt  aus  die  Randkörper  der  Medusen  betrachteten,  suchten  sie  die  morpho- 
logisch so  verschiedenartigen  Bildungen,  mit  denen  wir  im  analytischen  Theil  dieser  Abhandlung 
bekannt  geworden  sind,  auf  eine  Grundform  zu  reduciren.  Um  das  Resultat  dieser  im  Grossen  und 
Ganzen  nach  sehr  äusserliclien  Aehnlichkeiten  angestellten  Vergleichungen  zu  verstehen,  muss  man 
vor  allen  Dingen  im  Auge  behalten  , dass  in  der  damaligen  Zeit  bei  der  mangelhaften  Kenntniss 
des  feineren  Baues  der  Organe  die  Kalkconcremente  oder  die  Otolitlien  sowohl  den  Ausgangspunkt, 
als  auch  den  Schwerpunkt  bei  jedem  Vergleiche  bildeten.  So  kam  es,  dass  man  zu  ganz  falschen 
Homologien  geführt  wurde,  dass  man  die  Concrementzelle  der  Aeginiden  und  Trachynemiden  den 
echten,  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Bläschen  der  Geryoniden  und  diese  wieder  den  Hörbläschen  der 
Vesiculaten  für  gleich werthig  hielt.  Einen  geringfügigen  Unterschied  zwischen  den  so  ganz  ver- 
schiedenen Formen  erkannte  man  allein  darin,  dass  die  einen  dem  Schirmrand  unmittelbar  aufliegen, 
die  andern  aber  an  einem  Stielchen  befestigt  sein  sollten.  Man  sprach  daher  von  runden  und  von 
gestielten  Randbläschen.  (Vesiculaten,  Geryoniden,  — Aeginiden,  Trachynemiden.)  Auch  die  Rand- 
körper der  Acraspeden  suchte  man  auf  diesen  Typus  zu  reduciren.  Kölliker  verglich  den  flimmernden 
Hohlraum,  den  er  mit  dem  Gastrovascularsystem  nicht  Zusammenhängen,  sondern  durch  eine  kleine 
Oeffnung  nach  aussen  münden  liess,  dem  Hörbläschen  und  den  in  seiner  Wand  gelegenen  Krystall- 
haufen  verglich  er  den  Otolitlien. 

An  der  Auffassung  von  der  morphologischen  Gleichwertigkeit  der  Gehörorgane  der  Medusen 
hielt  im  Wesentlichen  auch  Gegenbaur  (32)  fest,  der  im  Jahre  1856  die  erste  und  bis  jetzt  die 
einzige  zusammenfassende  Darstellung  über  die  Randkörper  der  Medusen  gegeben  hat.  Dagegen 
weicht  er  im  Einzelnen  von  Kölliker  in  der  Deutung  der  Sinneskörper  der  Acraspeden  ab,  bei 
denen  er  die  Communication  des  Binnenraums  (der  Ampulle)  mit  dem  Gastrovascularsystem  wieder 
nachwies.  Er  will  allein  das  Krystallsäckehen , an  dessen  Wänden  er  vergeblich  nach  einer 
Flimmerung  suchte,  mit  den  Randbläschen  der  Craspedoten  verglichen  wissen.  Gegen  die  Be- 
deutung der  Organe  als  Gehörwerkzeuge  erhebt  Gegenbaur  von  seinem  Standpunkt  aus  mit  Recht 
verschiedene  Bedenken.  Die  Aehnlichkeit  mit  den  Hörbläschen  anderer  niederer  Thiere  schwinde 
dadurch  um  ein  Bedeutendes,  dass  erstens  die  Concremente  nicht  frei  im  Raum  des  Bläschens  liegen 
und  zweitens  keine  Flimmerung  an  der  Innenwand  desselben  vorhanden  sei.  Er  erblickt  daher  nur 
Sinnesorgane  in  ihnen,  ohne  sich  für  eine  bestimmte  Function  zu  entscheiden.  Endlich  hebt  Gegen- 
baur in  seiner  Schrift  noch  besonders  den  systematischen  Werth  der  Sinnesorgane  bei  den  Medusen 
hervor  und  zeigt,  dass  die  Randbläschen  und  Ocelli  in  zwei  Abtheilungen  der  Craspedoten  getrennt 
und  gleichsam  vicariirend  für  einander,  dagegen  bei  den  Acraspeden  meist  zu  einem  Organ,  dem 
Randkörper,  vereint  auftreten. 

Die  von  Gegenbaur  in  seiner  Schrift  entwickelten  Anschauungen  über  die  Morphologie  der 
Gehörorgane  der  Medusen  sind  durch  die  nachfolgenden  Untersuchungen  nicht  wesentlich  geändert 


137 


worden.  Es  rührt  dies  vornehmlich  daher,  dass  die  einzelnen  Forscher,  welche  sich  seitdem  mit  den 
Medusen  beschäftigten,  meist  nur  auf  ein  einzelnes  Object  ihre  Beobachtungen  beschränkt  und  von 
den  überkommenen  Ansichten  ausgehend  nicht  seihst  vergleichend  anatomisch  den  Gegenstand  be- 
handelt haben.  Dadurch  ist  in  den  letzten  zwanzig  Jahren  das  morphologische  Verständniss  der 
Gehörorgane  im  Ganzen  nur  wenig  gefördert  worden,  obwohl  wir  im  Einzelnen  verschiedene  Ent- 
deckungen im  feineren  Bau  dieser  Bildungen  zu  verzeichnen  haben.  Wir  verweisen  hier  auf  die 
Abhandlungen  von  Fritz  Müller  (71),  Busk  (14),  Allman  (7),  Harting  (40)  und  besonders  auf  die 
Monographie  der  Geryoniden  von  Haeckel  (37),  welcher  die  Randbläschen  von  Carmarina  am  ge- 
nauesten histologisch  untersucht  und  durch  die  Entdeckung  eines  besonderen  Sinnesnerven  die 
Deutung  als  Sinnesorgan  sicherer  begründet  hat. 

Noch  weniger  ist  etwas  Durchgreifendes  für  die  physiologische  Erklärung  der  Organe  in  der 
neueren  Zeit  geschehen;  im  Gegentheil  sind  die  verschiedensten  und  widersprechendsten  Ansichten 
über  ihre  Function  seit  Kölliker’s  erstem  Versuche  aufgestellt  worden.  Auf  der  einen  Seite  er- 
klärten Agassiz  und  Clark  (4)  die  Randkörper  der  Acraspeden,  Fritz  Müller  und  Busk  diejenigen 
der  Craspedoten  für  Augen.  Sie  gingen  von  der  Ansicht  aus,  dass  Pigment  zu  einem  Auge  nicht 
unbedingt  nothwendig  sei  und  dass  die  Concremente  als  lichtbrechende  Körper  wirkten.  Diese 
Deutung  hat  indessen  wohl  wenig  Anklang  gefunden,  da  die  bei  vielen  Arten  unregelmässige  Form 
der  Concremente  den  Eigenschaften  eines  lichtbrechenden  Körpers  zu  wenig  entspricht.  Auf  der 
andern  Seite  erhielt  die  Deutung  der  Randbläschen  als  Gehörorgane  vorübergehend  eine  Stütze  durch 
die  Mittheilung  Hensen’s  (41),  dass  er  bei  einer  Eucope  Haare  von  der  Bläschen  wand  zu  den 
Otolithen  habe  herantreten  sehen.  Diese  Beobachtung  Hensen’s  war  aber  nur  eine  gelegentlich  an- 
gestellte  und  verlor  hierdurch  und  durch  den  weiteren  Umstand  an  Werth,  dass  andere  Forscher, 
wie  Fritz  Müller,  Haeckel,  Allman,  die  Angaben  nicht  bestätigen  konnten.  Eine  dritte,  gleich- 
sam vermittelnde  Ansicht  wurde  endlich  von  Haeckel  aufgestellt.  Derselbe  bezeichnete  die  Rand- 
bläschen der  Medusen  als  gemischte  Sinnesorgane,  für  welche  die  höheren  Thiere  keine  analogen 
Verhältnisse  darbieten.  Diese  gemischten  Sinnesorgane  seien  eingerichtet  für  Empfindungen , von 
deren  eigentlicher  Qualität  wir  uns  keine  bestimmte  Vorstellung  machen  könnten. 

Wenn  wir  jetzt  auf  den  kurz  skizzirten  Entwicklungsgang  unserer  Kenntnisse  einen  Rück- 
blick werfen  und  bei  einer  Beurtheilung  desselben  nach  den  Ursachen  fragen,  durch  welche  das 
Verständniss  der  Gehörorgane  der  Medusen  erschwert  und  aufgehalten  worden  ist,  so  glauben  wir 
noch  Folgendes  hervorheben  zu  müssen.  Das  morphologische  Verständniss  der  Gehörorgane  scheiterte 
namentlich  daran,  dass  man  bei  der  Vergleichung  der  verschiedenen  Formen  auf  den  Otolithen  den 
Schwerpunkt  legte  und  gleichzeitig  hierbei  von  der  irrigen  Auffassung  geleitet  wurde,  Otolithen 
müssten  in  ein  Bläschen  eingeschlossen  sein.  Man  übersah  daher  die  richtigen  Beziehungen  zwischen 
den  von  uns  als  Hörkölbchen  bezeiclineten  Gebilden  zu  den  wirklichen  Hörbläschen.  Dagegen  war 
die  typische  und  eigenartige  Beschaffenheit  der  Gehörorgane  der  Vesiculaten  schon  schwieriger  und 
nur  auf  Grund  genauerer  histologischer  Untersuchung  festzustellen.  Die  functionelle  Bedeutung  der 
Organe  endlich  ist  bis  jetzt  besonders  darum  eine  fragliche  geblieben,  weil  von  allen  Forschern 
die  Sinneszellen  mit  ihren  Hörhaaren  übersehen  worden  sind. 

Unsere  eigenen  im  analytischen  Theil  beschriebenen  Beobachtungen,  die  wir  jetzt  zusammen- 
fassen und  beurtheilen  wollen,  haben  uns  zu  dem  allgemeinen  Ergebniss  geführt,  dass  bei  den 
Medusen  alle  Sinnesorgane  dem  Ektoderm  angehören.  Ueberall  sind  es  modificirte  Epithelzellen, 
welche  als  die  Endigungen  sensibler  Nervenfibrillen  nachgewiesen  werden  können.  Zum  Theil 
bieten  diese  Epithelzellen  weder  in  ihrer  Lagerung,  noch  in  ihrem  feineren  Bau,  noch  in  irgend 

Hertwig,  Medusen.  lg 


138 


einer  anderen  Beziehung'  Merkmale  dar,  welche  auf  eine  bestimmte  Sinnesfunction  schliessen 
lassen.  Von  andern  nicht  sensiblen  Zellen  des  Ektoderms  unterscheiden  sie  sich  anatomisch  nur 
dadurch,  dass  sie  auf  ihrem  peripheren  Ende  ein  Geisselhaar  tragen  und  an  ihrer  Basis  in  eine  oder 
mehrere  Nervenfibrillen  übergehen,  dass  sie  eine  mehr  fadenförmige,  cylin  drisch  e oder  spindlige  Ge- 
stalt  besitzen.  Derartige  indifferente  Sinneszellen  sind  bei  den  Medusen  namentlich  in  bestimmten 
Bezirken  des  Ektoderms  entwickelt.  Bei  den  Craspedoten  sind  sie  in  reichlicher  Menge  am  Schirm- 
rand anzutreffen;  hier  bilden  sie,  mit  gewöhnlichen  Ektoderm-  oder  Stützzellen  untermischt,  über 
der  Fibrillenmasse  des  oberen  Nervenrings  eine  Epithelform,  die  wir  als  Sinnesepithel  bezeichnet 
haben.  Ein  gleichbeschaffenes  Sinnesepithel  über  einem  nervösen  Fibrillenlager  haben  wir  auf  den 
Sinneskörpern  der  Acraspeden  kennen  gelernt.  Es  sind  dies  alles  Hautstrecken,  die  besonders  reizbar 
und  empfindlich  sind,  wie  aus  den  früher  angeführten  Experimenten  von  Eimer  und  Romanes,  sowie 
überhaupt  aus  jeder  Beobachtung  der  Lebensverrichtungen  der  Medusen  unzweifelhaft  hervorgeht. 

Als  Körperabschnitte,  die  mit  Sinneszellen  ausgestattet  sein  müssen,  sind  ferner  die  Tentakeln 
zu  nennen.  Obwohl  wir  den  histologischen  Nachweis  hier  selbst  nicht  versucht  haben,  so  spricht 
für  unsere  Annahme  doch  der  ganze  Charakter  des  Epithels  und  die  grosse  Reizbarkeit , durch 
welche  sich  die  Tentakeln  auszeichnen  und  derentwegen  sie  auch  gewöhnlich  als  Tastorgane  an- 
gesehen werden.  Vereinzelte  Sinneszellen  finden  sich  endlich  noch  bei  den  Craspedoten  im  Epithel- 
überzug des  unteren  Nervenrings  und  in  den  sogenannten  Nesselstreifen,  welche  bei  den  Aeginiden 
und  Geryoniden  vom  Rand  auf  die  Oberfläche  des  Schirms  sich  fortsetzen.  Dagegen  fehlen  sie  auf 
andern  Theilen  des  Medusenkörpers  entweder  vollständig  oder  fast  vollständig,  so  auf  der  Oberfläche 
des  Schirms,  in  der  Suburabrella  und  auf  der  oberen  und  unteren  Seite  des  Velum.  Auch  hier 
lehrt  das  Experiment,  dass  diese  Tlieile  gegen  äussere  Reize  unempfindlich  sind. 

Indem  wir  die  soeben  in  ihrer  Verbreitung  beschriebenen  Sinneszellen  vom  anatomischen  Ge- 
sichtspunkt aus  als  indifferente  bezeichnen,  sind  wir  zugleich  der  Ansicht,  dass  sie  auch  physiologisch 
diesen  Namen  verdienen,  insofern  sie  Eindrücke  unbestimmter  und  allgemeiner  Natur  dem  Organis- 
mus übermitteln  werden.  Wir  halten  daher  dieselben  in  morphologischer  und  physiologischer  Be- 
ziehung für  die  primitivsten  Sinneselemente  und  erblicken  in  ihnen  die  Grundlage, 
aus  welcher  sich  die  specifischen  Sinnesorgane  allmählich  hervorgebildet  haben. 
Bei  der  Zusammenstellung  unserer  weiteren  Beobachtungen  werden  wir  diese  Anschauung  im  Ein- 
zelnen durchzuführen  und  zu  begründen  versuchen. 

Ausser  den  indifferenten  Sinneszellen  sind  in  diesen  und  jenen  Abtheilungen  der  Medusen 
noch  specifische  Sinnesorgane  zur  Entwicklung  gekommen.  Dieselben  treten  uns  — und 
hierauf  möchten  wir  zunächst  die  Aufmerksamkeit  lenken  — als  besonders  modificirte  Abschnitte 
des  eben  besprochenen  Sinnesepithels  entgegen.  Auch  hier  sind  die  empfindenden  Elemente  Zellen, 
welche  dem  Ektoderm  angehören.  Wenn  wir  diesen  eine  specifische  Sinnesempfindung  glauben  zu- 
ertheilen  zu  müssen,  so  sind  wir  bei  unserer  Beurtheilung  von  folgenden  Erwägungen  geleitet  worden. 

Um  die  Natur  eines  Sinnesorganes  zu  bestimmen,  gibt  es  zwei  Mittel;  das  eine  ist  das 
physiologische  Experiment,  welches  den  Nachweis  zu  bringen  hat,  dass  ein  bestimmtes  Sinnes- 
organ allein  auf  einen  bestimmten  Reiz  reagirt;  das  zweite  Mittel  ist  die  morphologische  Unter- 
suchung, welche  bisher  bei  diesen  Fragen  am  meisten  den  Ausschlag  gegeben  hat  und  auch  von 
uns  im  vorliegenden  Fall  ausschliesslich  gehandhabt  worden  ist. 

Aus  dem  Bau  eines  Sinnesorgans  können  wir  seine  Function  desswegen  bestimmen,  weil, 
wie  die  zahlreichen  Untersuchungen  der  verschiedensten  Thiere  uns  gelehrt  haben,  der  specifischen 
Function  stets  auch  eine  specifische  Organisation  zu  Grunde  liegt.  Die  morphologischen  Merkmale, 


139 


durch  die  wir  hierbei  in  unserem  Urtheil  bestimmt  werden,  lassen  sich  in  zwei  Gruppen  sondern. 
Es  zeigen  nämlich  entweder  schon  die  Sinneszellen  selbst  in  ihrem  feineren  Bau  besondere  Modi- 
ficationen,  die  mit  ihrer  Function  in  ursächlichem  Zusammenhang  stehen,  oder  es  sind  mit  ihnen 
noch  besondere  Hülfsapparate  verbunden,  welche  bewirken,  dass  ihnen  nur  specifische  Sinnes- 
eindrücke vermittelt  werden.  Das  erste  Merkmal  kann  bei  der  Beurtheilung  eines  Sinnesorgans 
nur  in  beschränktem  Maass  zur  Anwendung  kommen,  da  bei  der  Beschaffenheit  unserer  jetzigen 
Erkenntnissmittel  es  zwar  in  einzelnen  Fällen,  aber  nicht  durchweg  möglich  ist,  die  Sinneszellen 
nach  ihrer  feineren  Constitution  zu  unterscheiden.  Einen  grösseren  Werth  für  die  morphologische 
Deutung  besitzt  daher  das  zweite  Merkmal,  dass  mit  den  Sinneszellen  meist  noch  besondere  Hülfs- 
apparate verbunden  sind.  Wenn  wir  hinter  lichtbrechenden  Medien  Sinneszellen  angebracht  und 
sie  noch  ausserdem  von  Pigment  eingescheidet  sehen , so  wird  Niemand  darüber  in  Zweifel  sein, 
dass  ein  Sehorgan  vorliegt.  Wenn  in  einem  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Bläschen  Sinneszellen  sich 
finden,  die  steife  Haare  tragen,  und  wenn  hierzu  noch  eine  leicht  bewegliche  aus  Kalk  bestehende 
Concretion  hinzukommt,  so  schliessen  wir  nach  Analogie  auf  ein  Gehörorgan. 

Von  dem  hier  angedeuteten  Gesichtspunkt  aus  haben  wir  bei  den  Medusen  dreierlei  ver- 
schiedene Sinnesorgane:  Tast-,  Seh-  und  Gehörorgane  unterschieden. 

Als  Tastorgane  bezeichnen  wir  Sinneszellen,  die  mit  langen  steifen  über  die  Oberfläche 
hervorragenden  Borsten  versehen  sind.  Wir  beurtheilen  hier  nach  der  Anwesenheit  einer  Borste, 
welche  von  Berührungen  zumeist  betroffen  werden  muss,  die  specifische  Function  der  Zelle.  Bei 
den  Trachynemiden  sind  derartige  Tastapparate  in  reichem  Maasse  entwickelt.  An  den  keulen- 
förmig verdickten  Enden  der  interradialen  Tentakeln  von  Rhopalonema  sind  borstentragende  Tast- 
zellen in  mehreren  Kreisen  angebracht.  Bei  derselben  Meduse  sowie  bei  Aglaura  ist  der  Schirmrand 
mit  eigen thümlichen  Tastkämmen  besetzt,  die  aus  Gruppen  von  10 — 15  in  einer  Linie  nebeneinander 
gereihter  Tastzellen  bestehen.  Sie  sind  zur  Seite  der  Tentakeln  und  zwischen  ihnen  immer  paar- 
weise angeordnet  und  sind  fast  unmittelbar  mit  dem  oberen  Nervenring  verbunden. 

Als  die  am  weitesten  verbreiteten  Tastorgane  der  Medusen  haben  wir  möglicher  Weise  die 
Nesselzellen  zu  betrachten,  deren  verschieden  lange  Cnidocils  wir  Tastborsten  gleichstellen  können;  wir 
sagen  möglicher  Weise:  denn  bei  unseren  Isolationen  ist  es  uns  nie  gelungen,  einen  Zusammenhang 
mit  Nervenfibrillen  zu  beobachten.  Es  muss  daher  vorläufig  noch  dahin  gestellt  bleiben,  ob  von 
dem  Cnidocil  der  Reiz  nur  in  der  Nesselzelle  allein  ausgelöst  oder  ob  er  gleichzeitig  auch  von 
dieser  durch  Nervenleitung  auf  andere  Tlieile  des  Körpers,  wie  auf  die  Musculatur,  übertragen  wird. 
Nur  in  letzterem  Falle  würde  die  Nesselzelle  den  Tastorganen  zuzurechnen  sein. 

Ein  zweites  specifisches  Sinnesorgan  der  Medusen  ist  in  den  Oc eilen  gegeben,  mit  denen 
eine  Anzahl  von  Acraspeden  (Nausithoe,  Aurelia  und  Charybdea)  und  eine  Abtheilung  der  Cras- 
pedoten,  die  Ocellaten,  versehen  sind.  Im  Bau  dieser  Sinnesorgane  lassen  sich  zwei  Grade  der 
Ausbildung  unterscheiden.  Die  einfachsten  Ocellen  erscheinen  als  kleine  Pigmentflecke  im  übrigen 
Sinnesepithel  und  sind  Gruppen  von  Sinneszellen,  die  von  Pigmentzellen  eingehüllt  werden.  Mit 
diesen  Theilen  verbindet  sich  bei  der  zweiten  höher  entwickelten  Form  noch  ein  besonderer  kleiner 
lichtbrechender  Körper,  der  aus  einer  Verdickung  der  Cuticula  des  Epithels  hervorgegangen  ist. 
(Lizzia,  Eleutheria,  Cladonema,  Nausithoe,  Charybdea.)  Bei  den  Ocellaten  sind  die  Sehflecke  an 
der  meist*  bulbusartig  angeschwollenen  Basis  der  Tentakeln  angebracht  und  zwar  finden  sie  sich 
je  nach  der  Haltung  der  letzteren  entweder  an  ihrer  inneren  oder  äusseren  Seite  vor.  Nach  aussen 
liegen  sie  bei  den  meisten  Medusen,  deren  Tentakeln  vom  Schirmrand  gerade  nach  abwärts  hängen; 
bei  den  Bougainvilliden  dagegen  liegen  sie  auf  der  Innenseite,  werden  aber  hier  dadurch,  dass 

18* 


140 


die  Tentakelbüschel  am  Schirmrand  beim  ruhigen  Schweben  des  Thieres  in  die  Höhe  geschlagen 
werden,  gleichfalls  nach  Anssen  gewandt.  Bei  den  Acraspeden  bilden  die  Ocellen  einen  Theil  des 
Sinnesepithels  der  Sinneskörper. 

Wenn  wir  diese  Bildungen  als  Sehorgane  primitivster  Art  in  Anspruch  nehmen,  so  brauchen 
wir  diese  Deutung  wohl  kaum  zu  rechtfertigen.  Zu  derselben  werden  wir  einmal  durch  die  Er- 
wägung geführt,  dass  Pigment  bei  der  Zusammensetzung  eines  jeden  Sehorgans  eine  sehr  wesentliche 
Rolle  spielt,  und  dass  zweitens  zwischen  einfachen  Pigmentflecken  und  besser  charakterisirten  Augen 
in  der  Thierreihe  und  zum  Theil  auch  bei  den  Medusen  alle  möglichen  Uebergänge  zu  erkennen 
sind.  So  manifestirt  sich  wenigstens  der  einfache  Pigmentfleck  bei  einigen  Medusen  durch  den  Besitz 
einer  Linse  schon  deutlicher  als  lichtpercipirender  Apparat.  Ferner  muss  es  wohl  auch  von  vorn- 
herein einleuchten,  dass  in  Pigment  eingehüllte  Sinneszellen  bei  der  lichtabsorbirenden  Eigenschaft 
desselben  unter  ganz  anderen  Bedingungen  stehen  müssen,  als  die  übrigen  Sinneszellen  am  Schirm- 
rand. Sie  werden  dadurch  für  das  Licht  empfindlicher  gemacht  werden.  Besonders  aber  wird  die 
Richtigkeit  unserer  Deutung  durch  die  Beobachtung  und  durch  das  physiologische  Experiment  be- 
wiesen, aus  welchem  mit  Sicherheit  hervorgeht,  dass  die  Medusen  das  Vermögen  besitzen,  Licht  und 
Dunkel  zu  unterscheiden,  und  dass  dieses  Vermögen  an  die  Ocellen  gebunden  ist.  Schon  Sars  (78) 
hat  vor  mehreren  Jahrzehnten  gefunden,  dass  junge  Ocellaten  immer  die  Lichtseite  des  Gefässes 
aufsuchen.  Entscheidende  Experimente  hat  dann  neuerdings  Romanes  (75)  angestellt.  Er  brachte 
in  eine  im  Dunkeln  gehaltene  grosse  Glasglocke  300  Exemplare  von  Sarsia.  Wenn  er  nun  einen 
intensiven  Lichtstrahl  in  das  Wasser  einfallen  liess,  so  sammelten  sich  in  seinem  Bereich  die 
Medusen  am  zahlreichsten  an  der  dem  Licht  zunächst  gelegenen  Seite  des  Gefässes  an.  Sie  bil- 
deten hier  einen  dichten  Haufen,  welcher  allen  Bewegungen  des  Lichtes  folgte.  Dass  nun  gerade 
die  Ocelli  der  Sitz  der  Lichtempfindung  sind,  geht  aus  einem  zweiten  von  Romanes  angestellten 
Experimente  hervor.  Unter  den  gleichen  Verhältnissen  wie  oben  wurden  in  ein  Gefäss  neun 
der  Augenflecke  beraubte  und  drei  gesunde  Individuen  gesetzt.  Während  letztere  das  Licht  auf- 
suchten, schwammen  erstere  hierhin  und  dorthin,  ohne  dem  Lichtstrahl  irgend  welche  Beachtung 
zu  schenken. 

Die  dritte  und  letzte  Art  specifischer  Sinnesorgane,  welche  wir  bei  den  Medusen  auf  ihren 
Bau  genauer  untersucht  haben,  sind  die  Gehörorgane.  Dieselben  sind  sowohl  in  morphologischer 
als  auch  in  physiologischer  Hinsicht  besonders  interessante  Organe,  so  dass  uns  auch  ihr  Studium 
am  meisten  angezogen  und  beschäftigt  hat. 

Die  von  uns  als  Gehörorgane  gedeuteten  Bildungen,  die  wir  jetzt  zunächst  vom  morpholo- 
gischen Gesichtspunkt  aus  näher  in  das  Auge  fassen  wollen,  finden  sich  nur  auf  einzelne  Abthei- 
lungen der  Medusen  beschränkt.  Sie  sind  stets  in  vielfacher  Anzahl  bei  dem  grössten  Theil  der 
Vesiculaten,  bei  allen  Trachymedusen  und  bei  allen  Acraspeden  entwickelt,  fehlen  dagegen  allen 
Ocellaten.  Innerhalb  der  drei  genannten  Abtheilungen  lassen  sich  zwei  nach  Bau 
und  Genese  ganz  abweichende  Typen  von  Gehörorganen  unterscheiden.  Der  eine 
Typus  ist  für  die  Vesiculaten,  der  andere  dagegen  für  die  Trachymedusen  und 
Acraspeden  charakteristisch. 

I.  Die  Gehörorgane  des  ersten  Typus  sind  in  jeder  Beziehung  am  einfachsten  gebaut, 
indem  sie  erstens  allein  von  verschiedenartig  modificirten  Zellen  des  Ektoderms  gebildet  werden  und 
zweitens  von  jenem  schmalen  Streifen  Epithelzellen  abstammen,  welcher  sich  auf  der  unteren  Seite 
des  Velum,  unmittelbar  unter  dem  unteren  Nervenring,  hinzieht  und  die  Muskelzellen  der  Subum- 
brella  von  denen  des  Velum  trennt. 


141 


Die  Epitlielzellen  sind  in  den  Gehörorganen  der  Vesiculaten  in  einer  dop- 
pelten Weise  um  ge  hi  Id  et.  Zum  Theil  sind  sie  von  einer  Flüssigkeit  erfüllt  und  stellen  grosse 
mit  einer  derben  Wandung  versehene  Blasen  vor,  die  einerseits  mit  abgeplatteter  Basis  der  unter 
ihnen  liegenden  Stützmembran  aufsitzen,  andererseits  mit  der  entgegengesetzten  kugelig  gewölbten 
Seite  über  die  Oberfläche  des  Epithels  weit  vorspringen.  In  der  Flüssigkeit  liegt  jedesmal  ein 
Concrement,  das  etwa  halb  so  gross  als  die  Blase  selbst  ist  und  am  peripheren  gewölbten  Ende  der 
Zelle  fest  sitzt.  Es  besteht  aus  einer  organischen  Grundsubstanz  und  einer  in  Säuren  leicht  löslichen 
Kalkverbindung.  Es  ist  entweder  vollkommen  rund  oder  oval  oder  es  besitzt  auf  einer  Seite  eine 
kleine  grubenförmige  Vertiefung.  Der  Kern  der  Concrementzelle  ist  der  Blasen  wand  dicht  an- 
geschmiegt. Eine  zweite  Form  bilden  die  sehr  eigentümlich  gestalteten  Hörzellen.  Je  nach  den 
einzelnen  Medusenarten  sind  sie  in  wechselnder  Anzahl  um  eine  Concrementblase  in  der  Weise  an- 
geordnet, dass  sie  stets  ihrer  proximalen  Seite  in  einer  einfachen  Reihe  anliegen.  Es  sind  niedrige 
und  abgeplattete  Elemente,  welche  der  Stützlamelle  fest  anhaften.  Ihre  Basis  verlängert  sich  proximal- 
wärts in  eine  Nervenfibrille,  distal  geht  sie  in  einen  spatelförmigen  Fortsatz  über,  der  sich  zwischen 
die  Stützlamelle  und  die  kugelig  vorspringende  Concrementblase  einschiebt  und  einen  schmalen 
Zwischenraum  zwischen  beiden  ausfüllt.  Hierdurch  gewinnt  die  Hörzelle,  von  der  Fläche  gesehen, 
eine  bandförmige  Gestalt.  Vom  peripheren  Zellenende  entspringt  ein  kurzes,  aber  ziemlich  dickes 
Haar ; es  entspringt  von  einer  kleinen  Firste,  welche  gerade  an  der  Abgangsstelle  des  spatelförmigen 
Fortsatzes  sich  vorfindet  und  an  der  Wand  der  Concrementblase  parallel  zu  ihr  verläuft.  Das  kurze 
Hörhaar  ist  wie  ein  Bügel  gebogen,  so  dass  man,  um  es  vollständig  zu  übersehen,  auf  verschiedene 
Ebenen  das  Mikroskop  einstellen  muss;  hierdurch  schmiegt  es  sich  der  gekrümmten  Oberfläche  der 
Concrementblase  dicht  an.  Die  letztere  wird  somit  von  den  Hörhaaren  der  in  einer  Reihe  angeord- 
neten fünf  bis  zehn  Sinneszellen  gewissermaassen  wie  von  einer  Bahre  getragen. 

In  dem  Besitz  und  der  Anordnung  dieser  zwei  typischen,  dem  Ektoderm  angehörenden  Zellen- 
formen stimmen  die  Gehörorgane  aller  Vesiculaten  überein,  zeigen  aber  im  Uebrigen  in  ihrem  Bau 
verschiedene  Modificationen  bei  den  einzelnen  Familien  und  Arten.  Indem  das  eine  Mal  die  Concre- 
ment- und  Hörzellen  frei  auf  der  Oberfläche  des  Integuments  etwas  nach  aussen  vom  unteren 
Nervenring  lagern,  das  andere  Mal  in  ein  Bläschen  eingeschlossen  sind,  haben  wir  bei  den  Vesicu- 
laten eine  freie  und  eine  geschlossene  Form  des  Gehörorgans  zu  unterscheiden. 

Mit  freien  Gehörorganen  ist  die  von  uns  genauer  untersuchte,  von  Haeckel  (36)  entdeckte 
Mitrocoma  Annae,  sowie  die  von  den  beiden  Agassiz  (2  und  4)  beschriebene  Tiaropsis  diademata, 
Halopsis  cruciata  und  II.  ocellata  ausgestattet.  Bei  Mitrocoma  Annae  liegen  die  Gehörorgane  auf  der 
unteren  Seite  des  Velum  genau  an  der  Stelle,  wo  dasselbe  vom  Schirmrand  entspringt.  Sie  bilden 
hier  ungefähr  80  muldenförmige  Vertiefungen,  welche  auf  der  oberen  Seite  des  Velum  als  ebenso 
viele  Erhebungen  hervorragen.  Die  tiefste  Stelle  der  Muhle  wird  von  etwa  zwanzig  Concrement- 
zellen  eingenommen,  die  in  2 — 3 Reihen  angeordnet  sind.  An  die  dem  Schirmrand  zunächst  ge- 
legene Reihe  treten  Sinneszellen  heran,  von  denen  jedesmal  etwa  fünf  auf  eine  Concrementzelle 
kommen.  Ueber  den  Hügeln,  welche  auf  der  oberen  Seite  des  Velum  durch  die  muldenförmigen 
Vertiefungen  hervorgerufen  werden,  ist  das  Epithel  eigenthümlicli  modificirt  und  besteht  aus  cylin- 
drischen,  derbwandigen,  von  Flüssigkeit  erfüllten  Zellen,  die  sich  gegenseitig  abplatten  und  gemein- 
sam einen  bienenwabenartigen  Ueberzug  bilden. 

Aus  den  grubenförmigen  Gehörorganen  sind  die  bläschenförmigen  der  übrigen  Vesiculaten 
in  der  Weise  entstanden,  dass  die  primitive  Grube  sich  vertieft  und  ihre  nach  unten  gelegene  Aus- 
mündung sich  geschlossen  hat.  Ein  solcher  Entstehungsmodus  ergiebt  sich  leicht  aus  der  genaueren 


142 


Untersuchung'  der  grossen  Hörbläschen  einer  Aequorea,  Octorchis,  Eucheilota  u.  s.  w.  Die  Bläschen 
ragen  hier  auf  der  dorsalen  Seite  des  Velum  hervor  und  liegen  dicht  nach  aussen  und  unten  vom 
oberen  Nervenring,  den  sie  aus  seinem  ursprünglichen  Verlauf  ein  wenig  weiter  nach  oben  verdrängt 
haben.  Sie  werden  auf  ihrer  Oberfläche  von  einer  einfachen  Lage  platter  Zellen,  einem  Theil  des 
oberen  Velumepithels  überzogen.  An  der  unteren  Velumseite  ist  die  Membran  des  Bläschens  — 
was  für  das  Verständniss  seiner  Genese  besonders  wichtig  ist  — nicht  vollständig  geschlossen, 
sondern  besitzt  eine  mehr  oder  minder  grosse  Oeffnung,  die  allein  von  Epithelz eilen  der  ventralen 
Fläche  ausgefüllt  wird.  Durch  diese  Oeffnung  dringen  Ganglienzellen  und  Nervenfibrillen  vom 
unteren  Nervenring  in  den  Binnenraum  ein  und  bilden  ein  Polster,  von  dem  dann  weiter  die  Gruppen 
der  zu  den  Concrementblasen  tretenden  proximal  gelegenen  Hörzellen  ihren  Ursprung  nehmen.  Die 
durch  den  Zellenpfropf  geschlossene  Oeffnung  in  der  Membran  ist  ohne  Zweifel  der  weiten  Mündung 
der  Hörgrube  von  Mitrocoma  zu  vergleichen  und  durch  eine  stattgehabte  Verengerung  von  ihr 
abzuleiten. 

Die  Hörbläschen  der  einzelnen  Vesiculaten  zeigen  ausserdem  noch  untereinander  Verschieden- 
heiten in  ihrer  Grösse,  in  der  Anzahl  der  in  ihnen  enthaltenen  Concrementzellen,  in  ihrer  Lage  am 
Schirmrand  und  in  dem  Zahlen verhältniss,  in  welchem  sie  an  diesem  auftreten.  Die  Anzahl  der 
Otolithen  ist  entweder  eine  für  jede  Art  constante,  — so  besitzen  z.  B.  Octorchis  Gegenbauri  acht 
und  Eucheilota  deren  vier,  die  Eucopiden  nur  einen  einzigen  — oder  ihre  Zahl  ist  eine  schwankende 
(l  —5)  wie  hei  den  Aequoriden.  Bei  diesen  ist  auch  die  Vertheilung  der  Sinnesorgane  auf  den 
Schirmrand  eine  regellose,  während  sie  bei  den  übrigen  durch  die  Ursprungsverhältnisse  der  Ten- 
takeln mehr  oder  minder  genau  bestimmt  wird.  Auch  in  der  Anzahl  der  am  Schirmrand  entwickelten 
Hörbläschen  zeigt  sich  mit  Ausnahme  der  Aequoriden  in  der  Regel  für  jede  Species  eine  gewisse 
Constanz.  Hierbei  ist  aber  zu  bemerken,  dass  in  gleicher  Weise  wie  bei  den  Tentakeln,  so  auch 
bei  den  Gehörorganen  eine  gesetzmässige  Zunahme  bis  zu  einem  für  die  Art  bestimmten  Maximum 
mit  dem  zunehmenden  Alter  der  Meduse  zu  beobachten  ist.  So  kann  ihre  Anzahl  in  einzelnen 
Intervallen  von  4 auf  8,  IG  u.  s.  w.  ansteigen. 

II.  Die  nach  dem  zweiten  Typus  gebauten  Gehörorgane  der  Trachymedusen 
und  Aeraspeden  besitzen  eine  Anzahl  übereinstimmender  Merkmale,  in  denen  sic  von  den  analogen 
Bildungen  der  Vesiculaten  abweichen;  dabei  zeigen  sie  aber  untereinander  in  ihrem  Bau  so  erheb- 
liche Differenzen,  dass  eine  getrennte  Besprechung  beider  Gruppen  geboten  erscheint. 

1.  Die  Gehörorgane  der  Trachymedusen  sind  im  Unterschied  zu  den  Vesiculaten 
am  Schirmrand  oberhalb  des  Velum  zur  Entwicklung  gekommen,  wo  sie,  wenn  wir  von  Carmarina 
absehen , dem  oberen  Nervenring  unmittelbar  aufsitzen.  Je  nach  den  einzelnen  Familien  der  Aegi- 
niden,  der  Trachynemiden  und  der  Geryoniden  bieten  sie  untereinander  geringere  und  ^grössere 
Modificationen  dar  und  lassen  sich  auf  Grund  derselben  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Vesiculaten 
in  einer  continuirlichen  Entwicklungsreihe  anordnen.  An  den  Anfang  dieser  Entwicklungsreihe 
kommen  die  Gehörorgane  der  Aeginiden  zu  stehen;  ihnen  schliessen  sich  diejenigen  der  Trachyne- 
miden nahe  an,  während  bei  den  Geryoniden  die  am  meisten  abgeänderten  Zustände  vorliegen. 

An  den  Gehörorganen  der  Aeginiden  haben  wir  zwei  Theile,  das  Hörpolster  und  das 
Hörkölbchen  unterschieden.  Das  erstere  ist  eine  modificirte  hüglig  hervorgewölbte  Partie  des  den 
oberen  Nervenring  überziehenden  Sinnesepithels  und  kommt  dasselbe  in  einfacher  Weise  dadurch  zu 
Stande,  dass  an  einer  umgrenzten  Stelle  die  Zellen  des  Epithels  beträchtlich  verlängert  sind.  Das 
Polster  besteht  mithin  aus  langen  cvlindrischen  Hörzellen,  die  an  ihrem  freien  Ende  je  ein  sehr 
langes  Hörhaar  tragen  und  an  ihrer  Basis  unmittelbar  in  die  Fibrillen  des  oberen  Nervenrings  über- 


143 


gehen.  Bei  Cunina  lativentris  und  Aeginopsis  springt  das  Polster  über  die  Oberfläche  des  Sinnes- 
epithels nur  wenig  vor,  es  ist  breit  und  flach  gewölbt,  bei  Cunina  sol  maris  dagegen  bildet  es  einen 
bedeutenderen  Vorsprung  und  nimmt  die  Form  einer  Papille  an,  die  an  ihrer  Basis  eingeschnürt, 
nach  ihrer  freien  Fläche  zu  verbreitert  und  hier  mit  einer  kleinen  Vertiefung  versehen  ist. 

In  der  Mitte  des  Polsters  ist  das  Hörkölbchen  befestigt,  das  frei  in  das  Wasser  herabhängt 
und  allseitig  bis  zu  seiner  Spitze  von  den  Hörhaaren  umgeben  wird.  Es  besitzt  bei  Cunina  lati- 
ventris den  grössten  Umfang  und  eine  walzenförmige  Gestalt;  bei  Aeginopsis  und  Cunina  sol  maris 
ist  es  bedeutend  kleiner  und  bei  ersterer  mehr  eiförmig,  bei  letzterer  mehr  rundlich  beschaffen.  Bei 
allen  Arten  ist  es  durch  ein  sehr  kurzes  feines  Stielchen  mit  dem  Polster  leicht  beweglich  ver- 
bunden. Das  Kölbchen  setzt  sich  aus  einem  deutlich  abgegrenzten  Axentheil  und  einer  denselben 
umhüllenden  einfachen  Epithelschicht  zusammen,  von  welcher  kürzere  und  längere  Haare  entspringen. 
Der  Axentheil  ist  bei  den  einzelnen  Arten  der  Aeginiden  in  verschiedenem  Maasse,  am  stärksten 
bei  Cunina  lativentris  entwickelt.  Während  er  hier  aus  einer  Reihe  grosser  Zellen  besteht,  wie  sie 
in  ähnlicher  Weise  in  den  soliden  Tentakeln  der  Medusen  Vorkommen,  wird  er  bei  Cunina  sol  maris 
und  Aeginopsis  im  Ganzen  nur  von  zwei  Zellen  gebildet.  Die  am  Ende  des  Kölbchens  gelegene 
Axenzelle  ist  stets  dadurch  ausgezeichnet,  dass  in  ihr  ein  Concrement  ausgeschieden  ist,  welches 
eine  mehr  oder  minder  rundliche,  nach  den  einzelnen  Arten  etwas  abweichende  Form  zeigt.  Das 
Concrement  oder  der  Otolith,  welcher  wahrscheinlich  phosphorsauren  Kalk  enthält,  löst  sich  wie  bei 
den  Vesiculaten  schon  in  verdünnten  Säuren  auf  und  lässt  nur  eine  geringe  organische  Grund- 
substanz zurück.  Bei  Cunina  lativentris  sind  ausser  diesem  Hauptotolithen  in  den  nächstfolgenden 
Zellen  noch  einige  kleinere  Nebenotolithen  wahrzunehmen.  — Die  beiden  Bestandteile  des  Hör- 
kölbchens, der  Axentheil  und  sein  Epithelüberzug,  sind  von  einander  durch  eine  homogene  Membran 
getrennt.  Dieselbe  zieht  sich  an  der  Basis  in  ein  feines  Fädchen  aus,  welches  nach  aussen  von 
spärlichen  Nervenfibrillen  und  von  Fortsätzen  der  Epithelzellen  umgeben  die  Axe  und  die  Haupt- 
masse des  Stielehens  bildet,  durch  welches  die  Befestigung  am  Schirmrand  bewerkstelligt  wird.  Das 
Fädchen  tritt  nämlich  durch  die  Mitte  des  Iiörpolsters  hindurch  und  geht,  wie  sich  an  Macerations- 
präparaten  nachweisen  lässt,  in  die  Stützlamelle  über,  welche  den  Ektodermbildungen,  dem  Sinnes- 
epithel und  oberen  Nervenring,  zur  Grundlage  dient. 

Die  Entwicklung  der  Hörkölbchen  kann  bei  jungen  Exemplaren  von  Cunina  lativentris  leicht 
verfolgt  werden.  Es  ergiebt  sich  hierbei  das  wichtige  Resultat,  dass  die  Axenzellen  vom  Entoderm 
abstammen.  Durch  Wucherung  von  Zellen  des  Ringkanals  wird  ein  kleines  Hügelchen  gebildet, 
welches  vor  sich  das  Sinnesepithel  des  oberen  Nervenrings  emporwölbt.  Die  Entodermknospe  schnürt 
sich  dann  vollkommen  ab,  und  bleibt,  indem  sie  in  den  Axentheil  des  Kölbchens  auswächst,  nur 
noch  vermittelst  der  zu  einem  dünnen  Faden  ausgezogenen  Stützlamelle  mit  dem  Ringkanal,  ihrem 
Mutterboden,  in  Verbindung.  Die  Otolithenzellen  werden  mithin  hier  vom  Entoderm  geliefert. 

Die  Gehörorgane  der  Trachynemiden  reihen  sich  unmittelbar  an  diejenigen  der  Aegi- 
niden an.  Bei  Aglaura  hängen  acht  sehr  kleine  und  wie  bei  Aeginopsis  geformte  Hörkölbchen  vom 
Sinnesepithel  des  oberen  Nervenrings  frei  in  das  Wasser  hinab.  Sie  enthalten  nur  zwei  Entoderm- 
zellen,  von  welchen  die  an  der  Spitze  gelegene  einen  runden  Otolithen  einschliesst.  Unterhalb  des 
letzteren  ist  der  Epithelüberzug  des  Kölbchens  verdickt  und  mit  langen  steifen  Haaren  besetzt.  Die 
Befestigung  am  Schirmrand  wird  durch  die  zu  einem  dünnen  Faden  ausgezogene  Stützmembran  ver- 
mittelt. In  mancher  Beziehung  liegt  hier  eine  noch  primitivere  Bildung  als  bei  den  Aeginiden  vor, 
insofern  nämlich  das  Sinnesepithel  des  oberen  Nervenrings  sich  nicht  zu  einem  besonderen  Hör- 
polster erhoben  hat.  Ebenso  wie  bei  Aglaura  sind  die  Gehörorgane  bei  den  Jugendformen  von 


144 


Rhopalonema  velatum  beschaffen.  Bei  älteren  Tliieren  dagegen  tritt  eine  Weiterentwicklung  ein, 
die  dazu  führt,  dass  die  ursprünglich  freien  Hörkölbchen  in  Hörbläschen  einge- 
schlossen werden.  Es  geschieht  dies  in  folgender  Weise:  Im  Umkreis  des  Kölbchens  wuchert 
das  den  oberen  Nervenring  bedeckende  Epithel  und  bildet  eine  kleine  ringförmige  Falte.  Durch 
Vergrösserung  derselben  entsteht  ein  Grübchen,  und  dieses  wandelt  sich  allmählich,  indem  seine 
freien  Ränder  sich  nähern  und  zuletzt  verwachsen,  in  ein  kleines  Bläschen  um,  dessen  Wand  zwei 
Lagen  flimmernder  platter  Epithelzellen  zeigt,  die  von  einander  durch  eine  zarte  Membran  getrennt 
sind.  Am  Grund  des  Bläschens  ist  das  kleine  Gehörkölbchen  mit  seinem  dünnen  Stiel  befestigt. 
Von  dem  es  bedeckenden  Sinnesepithel  entspringen  starke  Haare,  die  mit  ihren  peripheren  Enden 
an  die  Wandung  des  Bläschens  anstossen  und  in  dem  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Raum  gleichsam  wie 
Saiten  ausgespannt  sind;  dagegen  fehlen  längere  Haare  in  der  Umgebung  der  Insertion  des  Kölb- 
chens. Die  Verbreitung  der  Hörzellen  ist  daher  gerade  entgegengesetzt  wie  bei  den  Aeginiden,  bei 
denen  die  langen  Haare  vom  Hörpolster  entspringen  und  auf  dem  Epithelüberzug  des  Kölbchens 
nur  kürzere  Haare  sich  finden.  Zwischen  diesen  beiden  Zuständen  bilden  gewissermaassen  ein 
Stadium  der  Indifferenz  die  Aglauren  und  jungen  Rhopälonemen , bei  welchen  sowohl  an  dem  Hör- 
kölbchen, als  auch  an  dem  es  umgebenden  Sinnesepithel  des  oberen  Nervenrings  längere  Haare  zu 
beobachten  sind. 

Die  Gehörorgane  der  Geryoniden  entfernen  sich  am  weitesten  von  der  primitiven 
Grundform,  welche  wir  in  den  freien  Hörkölbclien  kennen  gelernt  haben.  Sie  sind  wie  bei  Rho- 
palonema allseitig  geschlossene  Bläschen  von  nicht  unbeträchtlicher  Grösse,  sitzen  aber  nicht  frei 
dem  oberen  Nervenring  auf,  sondern  sind  allseitig  in  die  Schirmgallerte  eingebettet.  Sie  liegen 
nach  einwärts  vom  Nesselwulst,  dicht  Uber  dem  Ringkanal,  und  werden  auf  ihrer  Aussenfläche 
von  einem  festen  Stützgebilde,  der  centripetalen  Mantelspange,  bedeckt.  Von  dieser  vollkommen 
veränderten  Lage  abgesehen,  stimmen  sie  in  den  wesentlichen  Theilen  ihres  Baues  mit  den  homo- 
logen Bildungen  von  Rhopalonema  überein.  An  dem  Grund  des  Bläschens,  welcher  sich  dem 
Nesselwulst  gegenüber  befindet,  ist  an  einem  dünnen  Stiel  ein  Hörkölbchen  befestigt,  das  sich  aus 
einem  Axentheil  und  einer  Epithelhülle  zusammensetzt.  Sein  Axentheil  enthält  nur  zwei  Zellen, 
von  welchen  die  an  der  Spitze  gelegene  einen  grossen  ovalen  Otolithen  ausgeschieden  hat.  Der 
einschichtige  Epithelüberzug  ist  auf  einer  Seite  zu  einem  starken  Polster  verdickt  und  besteht  hier 
aus  Hörzellen,  die  in  lange  Nervenfibrillen  übergehen  und  ziemlich  dicke  bis  zur  Bläschenwand 
ausgespannte  Haare  tragen.  An  der  Bläschenwand  unterscheidet  man  eine  homogene  Membran,  die 
in  die  Stützlamelle  des  Nesselwulstes  übergeht  und  hier  eine  kleine  Oeffnung  zeigt,  und  zweitens 
einen  endothelartig  dünnen  Epithelüberzug.  In  Folge  der  veränderten  Lage  des  Bläschens  müssen 
die  Nervenfibrillen,  in  welche  die  Hörzellen  sich  verlängern,  um  bis  zum  oberen  Nervenring  zu 
gelangen,  einen  weiten  Weg  zurücklegen.  Sie  lassen  sich  mit  Deutlichkeit  als  zwei  Faserbündel 
verfolgen,  die  von  der  Insertion  des  Kölbchens  ausgehen,  an  der  Innenwand  des  Bläschens  nach 
dem  entgegengesetzten  Pol  desselben  verlaufen,  durch  die  hier  befindliche  kleine  Oeffnung  in  den 
Nesselwulst  eintreten  und  ihn  durchkreuzend  mit  dem  Nervenring  sich  verbinden. 

Da  nach  dieser  Darlegung  die  Gehörbläschen  von  Carmarina  und  Rhopalonema  in  ihren 
wichtigsten  Bestandteilen  (Besitz  eines  Hörkölbchens)  mit  einander  übereinstimmen,  da  ferner  gering- 
fügigere Verschiedenheiten,  wie  die  Hörnerven  der  Geryoniden,  sich  aus  einer  veränderten  Lage- 
beziehung ableiten  lassen,  so  werden  wir  beide  Formen  für  homolog  erklären  müssen.  Zwischen 
den  Hörbläschen  von  Rhopalonema  und  denen  der  Geryoniden  ergiebt  sich  nur  der  eine  wichtige 
Unterschied,  dass  die  einen  am  Schirmrand  frei  liegen,  die  andern  in  die  Mantelgallerte  eingebettet 


145 


sind.  Dieser  Unterschied  lässt  sich  aber  wohl  darauf  zurückführen,  dass  in  dem  einen  Fall  die 
Hörkölbchen  durch  Umwachsung,  in  dem  andern  Fall  durch  Einsenkung  in  ein  Bläschen  ein- 
geschlossen werden. 

Hinsichtlich  der  Anzahl  variiren  die  Gehörorgane  bei  den  Trachymedusen  in  derselben  Weise 
wie  hei  den  Vesiculaten  nicht  allein  nach  den  einzelnen  Arten,  sondern  auch  nach  dem  Alter  des 
einzelnen  Thieres.  Bei  Cunina  lativentris  und  Cunina  sol  maris  können  sie  hei  grossen  Exemplaren 
gegen  100  betragen;  hei  Aeginopsis  dagegen  ist  ihre  Anzahl  auf  acht  beschränkt.  Bei  den  Trachy- 
nemiden  und  bei  Glossocodon  werden  zuerst  vier,  bei  Carmarina  sechs  Gehörorgane  angelegt  und 
findet  später  eine  Verdoppelung  dieser  Zahlen  statt. 

Aus  den  hier  kurz  zusammengestellten  Beobachtungen  rechtfertigt  es  sich  wohl  von  selbst, 
wenn  wir  die  Gehörorgane  der  Vesiculaten  und  der  Trachymedusen  nicht  für  homologe  Bildungen, 
sondern  für  Organe  halten,  die  unabhängig  von  einander  entstanden  und  nach  einem  ganz  ver- 
schiedenen Typus  entwickelt  sind.  Dieser  verschiedene  Typus  spricht  sich  nicht  nur  in  ihrer 
Lagerung,  sondern  auch  in  ihrem  gesammten  feineren  Bau  aus.  Während  die  Gehörorgane  bei 
den  Vesiculaten  unterhalb  des  Velum  am  Schirmrand  zur  Entwicklung  gelangen  und  demgemäss 
vom  unteren  Nervenring  auch  innervirt  werden,  entspringen  sie  bei  den  Trachymedusen  vom  oberen 
Schirmrand  und  stehen  mit  dem  oberen  Nervenring  in  Verbindung.  Während  ferner  bei  den  Vesi- 
culaten die  Gehörorgane  in  ihren  wesentlichen  Bestandtheilen  nur  von  verschiedenartig  modificirten 
Zellen  des  Ektoderms,  von  Otolitlien-  und  von  Hörzellen,  gebildet  werden,  nehmen  bei  den  Trachy- 
medusen an  ihrer  Zusammensetzung  sowohl  Ektoderm-  als  auch  Entodermzellen  Antheil.  Die  Hör- 
zellen stammen  vom  Sinnesepithel  des  oberen  Nervenrings  ab,  die  Otolithenzellen  dagegen  vom 
Entoderm  des  Ringkanals,  aus  dessen  Wucherung  das  Hörkölbchen  der  Trachymedusen  hervor- 
gegangen ist. 

2.  Eine  eigenartige  Stellung  nehmen  die  Sinneskörper  der  Acraspeden  ein.  Die- 
selben lassen  sich  morphologisch  an  die  Gehörorgane  der  Trachymedusen  und  zwar  an  die  als 
Hörkölbchen  bezeiehnete  Grundform  derselben  anreihen;  physiologisch  dagegen  entfernen  sie  sich 
von  ihnen,  insofern  als  ihr  feinerer  Bau,  wie  wir  später  sehen  werden,  bei  der  Mehrzahl  keinen 
Schluss  auf  eine  specifische  Sinnesfunction  gestattet.  Wir  haben  daher  auch  vorgezogen,  ihnen  den 
indifferenten  Namen  der  Sinneskörper  zu  geben. 

Bei  allen  Acraspeden  sind  die  Sinneskörper  Fortsatzbildungen  des  Schirmrandes,  welche  an 
ihrem  peripheren  Ende  in  Zellen,  die  vom  Entoderm  abstammen,  eine  Anzahl  von  Concrementen 
umschliessen.  Für  alle  sind  folgende  drei  Punkte  besonders  charakteristisch:  Erstlich  liegen  die 
Sinneskörper  in  tiefen  Ausbuchtungen  des  Schirms  und  werden  seitlich  von  je  zwei  Sinneslappen 
begrenzt.  Zweitens  ist  ihr  Inneres  ausgehöhlt,  indem  eine  Verlängerung  des  Gastrovascularsystems 
in  dasselbe  mehr  oder  minder  weit  eindringt.  Drittens  sind  die  Sinneskörper  zugleich  die  einzigen 
Centralorgane  des  Nervensystems  und  sind  als  solche  bereits  früher  von  uns  besprochen  worden. 
Bei  den  Acraspeden  sind  somit  die  Sinnesorgane  und  das  centrale  Nervensystem  noch  weniger  als 
bei  den  Craspedoten  von  einander  differenzirt. 

Während  in  diesen  drei  Punkten  alle  Acraspeden  übereinstimmen  und  hierdurch  gemeinsam 
von  den  Trachymedusen  abweichen,  lassen  sie  sich  selbst  nach  einzelnen  Modificationen  im  Bau 
ihrer  Sinneskörper  in  drei  Gruppen  bringen,  von  welchen  die  erste  und  dritte  allein  durch  Nausithoe 
und  die  Charybdeiden  vertreten  wird,  die  zweite  alle  übrigen  Arten  umfasst. 

Bei  Nausithoe  treten  die  Fortsatzbildungen  des  Schirmrandes,  die  acht  Sinneskörper,  am 
Grund  zwischen  je  zwei  zusammengehörigen  Sinneslappen  frei  hervor  und  sind  in  einer  besonders 

llertwig,  Medusen.  19 


146 


charakteristischen  Weise  deutlich  in  zwei  functionell  verseliiedene  Abschnitte  gesondert.  Der  untere 
Abschnitt  oder  der  Sinneshügel  besitzt  die  Gestalt  eines  abgestumpften  Kegels  und  umschliesst 
allein  den  Hohlraum,  der  mit  dem  Gastrovascularsystem  zusammenhängt.  Von  ihm  ist  der  periphere 
Theil  als  Hörkölbchen  scharf  abgegliedert,  solid  beschaffen  und  ähnlich  gebaut  wie  das  gleich- 
namige Gebilde  der  Trachymedu sen . Es  ist  an  seinem  distalen  Ende  kolbig  verdickt  und  geht 
proximalwärts  in  einen  diinen  Stiel  über,  der  in  der  Mitte  des  Sinneshügels  inserirt.  Wie  bei  den 
Trachymedusen  lässt  es  einen  Axentheil,  der  von  Entodermzellen  abstammt,  und  eine  Epithelhülle 
erkennen.  Letztere  ist  auf  der  ventralen  Seite  des  Kölbchens  dünn,  dorsalwärts  dagegen  von  hohen 
und  feinen  Cylinderzellen  gebildet,  die  mit  langen  und  starren  Haaren  besetzt  sind.  Der  Axentheil 
enthält  nur  zwei  Concrementzellen , von  welchen  die  distal  gelegene  einen  grossen  mit  polygonalen 
Flächen  versehenen  Otolithen,  die  proximale  einige  kleinere  Concremente  birgt  und  mittels  eines 
feinen  im  Stiel  des  Kölbchens  gelegenen  Ausläufers  mit  dem  Epithel  der  gastrovascularen  Aus- 
stülpung im  Sinneshügel  zusammenhängt.  Ausser  dem  Hörkölbchen  erhebt  sich  noch  von  der 
Rückenfläche  des  Sinneshügels  baldachinartig  die  Hörfalte,  eine  Gallertlamelle,  welche  von  einem 
dünnen  Platten epithel  überzogen  wird.  Indem  sie  von  oben  und  von  den  Seiten  das  Kölbchen 
umfasst,  kommt  dieses  in  eine  nach  unten  offene  Nische  zu  stehen,  aus  der  es  allein  nach  abwärts 
herausgedrängt  werden  kann. 

Die  Sinneskörper  aller  übrigen  Acraspeden  zeigen  in  ihrer  Form  nicht  die  für  Nausithoe 
allein  eigenthiimliche  Zusammensetzung  aus  zwei  verschiedenen  Abschnitten. 

Bei  den  zur  zweiten  Gruppe  gehörigen  Arten,  bei  Pelagia,  Aurelia,  Phacellophora, 
Cyanea  u.  s.  w.  bilden  die  Sinneskörper  einen  walzenförmigen,  am  freien  Ende  abgerundeten,  finger- 
förmig gekrümmten  Fortsatz,  in  welchen  eine  Ausstülpung  des  Gastrovascularsystems  ein  wenig 
über  die  Hälfte  hineindringt.  Das  Ende  des  Fortsatzes  ist  solid  und  von  Entodermzellen  erfüllt, 
die  zahlreiche  Krystalle  enthalten  und  dadurch  in  ihrer  Gesammtheit  das  sogenannte  Krystall- 
säckchen  früherer  Forscher  zusammensetzen.  Der  aus  dem  Entoderm  entstandene  Axentheil  der 
Sinneskörper  wird  durch  eine  dicke  Stützlamelle  vom  äusseren  Epithel  geschieden.  Dieses  besteht 
über  dem  Krystallsäckehen  aus  platten  Elementen,  im  unteren  Abschnitt  dagegen  aus  hohen  Cylinder- 
zellen, die  sich  in  Nervenfibrillen  verlängern  und  auf  ihrer  Oberfläche  Haare  tragen.  Bei  jungen 
Tliieren  finden  sich  die  hier  beschriebenen  Organe  frei  in  der  Bucht  zwischen  den  Sinneslappen 
des  Schirmrandes,  später  werden  sie  von  diesen  allseitig  umhüllt.  Sie  kommen  hierbei  in  einen 
kanalartigen  Raum  zu  liegen,  der  nach  oben  von  der  Deckplatte,  nach  unten  von  den  über  einander 
geschlagenen  Sinnesfalten  gebildet  wird  und  durch  Aufheben  der  letzteren  in  ganzer  Ausdehnung 
geöffnet  werden  kann.  Die  Anzahl  der  Sinneskörper  ist  bei  den  oben  genannten  Acraspeden  eine 
geringe  und  bei  jungen  und  alten  Tliieren  eine  und  dieselbe;  bei  den  meisten  Arten  beschränkt 
sie  sich  auf  8,  bei  einigen  wenigen  steigt  sie  auf  12  oder  16. 

Bei  den  Charybdeiden,  der  dritten  von  uns  aufgestellten  Gruppe,  sind  die  stets 
in  Vierzahl  vorhandenen  Sinneskörper  in  nischenförmigen  Vertiefungen  der  Schirmoberfläche  angebracht. 
Sie  zeichnen  sich  besonders  dadurch  aus,  dass  ihre  Basis  zu  einem  Stiel  eingeschnürt,  ihr  Endtheil 
dagegen  kugelig  aufgetrieben  ist.  Der  letztere  ist  von  einer  runden  flimmernden  Höhle,  der  Ampulle, 
eingenommen,  die  durch  einen  engen  Kanal  im  Stiel  mit  dem  Gastrovascularsystem  communicirt. 
In  der  Wand  der  Ampulle  findet  sich  ein  Krystallsäckehen,  im  verdickten  Ektoderm  sind  mehrere 
Ocelli  eingebettet,  die  unter  allen  Medusen  wohl  die  grössten  lichtbrechenden  Körper  enthalten. 

Wenn  wir  nach  dieser  kurzen  Zusammenstellung  die  dem  zweiten  Typus  zugerechneten 
Gehörorgane  der  Trachymedusen  und  die  Sinneskörper  der  Acraspeden  unter  einander  vergleichen,  so 


147 


werden  wir  unsere  schon  früher  ausgesprochene  Ansicht,  dass  hier  homologe  Theile  gegeben  sind, 
nur  mit  wenigen  Worten  zu  rechtfertigen  haben.  Denn  trotz  der  zahlreichen  und  mannigfaltigen 
Modificationen  kommt  doch  in  allen  diesen  Organen  die  übereinstimmende  Grundform  immer  wieder 
zum  Vorschein.  Ueberall  lässt  sich  eine  kolbenförmig  gestaltete  Fortsatzbildung  des  Schirmrandes 
nachweisen,  welche  entweder  frei  auf  der  Körperoberfläche  angebracht  oder  secundär  in  ein  Bläschen 
eingeschlossen  ist.  Ueberall  sind  an  ihrer  Zusammensetzung  in  gleichem  Maasse  das  Ektoderm  und 
das  Entoderm  betheiligt,  wobei  das  erstere  zum  Theil  zu  einem  Sinnesepithel  umgewandelt  ist,  das 
letztere  ein  oder  zahlreiche  Concremente  an  der  Spitze  des  Fortsatzes  ausgeschieden  hat.  Die 
grosse  Uebereinstimmung  dieser  Grundform  mit  den  Tentakeln,  den  ursprünglichsten  Organen  des 
Schirmrandes,  ist  offenbar,  da  ihr  Bau,  ihre  Lage,  ihre  Genese  aus  dem  Epithel  des  Ringkanals 
im  Grossen  und  Ganzen  die  gleiche  ist.  Die  Verschiedenheiten  zwischen  diesen  beiden  Bildungen 
reduciren  sich  vornehmlich  einerseits  auf  die  abweichenden  Grössenverhältnisse,  die  bei  morpholo- 
gischen Vergleichungen  so  wenig  ins  Gewicht  fallen,  andererseits  auf  das  Vorhandensein  oder  den 
Mangel  der  Concremente.  Beide  Punkte  sind  von  untergeordneter  Bedeutung.  Wir  stehen  daher 
nicht  an,  die  Hörkölbchen  der  Trachy medusen  und  die  Sinneskörper  der  Acraspeden 
für  modificirte  Tentakeln  zu  erklären,  an  deren  Spitze  in  Zellen  des  Entoderms  sich  Con- 
cremente angehäuft  haben.  Wie  bei  den  Tentakeln  können  wir  auch  bei  ihnen  zwischen  soliden 
und  hohlen  schlauchförmigen  Bildungen  unterscheiden.  Mit  einer  soliden  Axe  sind  die  Hörkölbchen 
der  Tracliymedusen  versehen,  die  grösseren  Sinneskörper  der  Acraspeden  dagegen  sind  durch  Fort- 
sätze des  Gastrovascularsystems  bis  an  ihr  concrementhaltiges  Ende  ausgehöhlt.  Eine  Mittelstellung 
nimmt  gewissermaassen  Nausithoe  ein,  insofern  an  ihrem  Sinneskörper  ein  solider  kölbchenartiger 
Endtheil  von  einem  hohlen  Basaltheil  abgegliedert  ist.  Schon  von  einigen  früheren  Forschern  ist 
die  morphologische  Verwandtschaft  dieser  Organe  erkannt  worden.  So  bemerkt  Leuckakt  (58) 
in  seiner  Medusenfauna  von  Nizza  bei  Besprechung  von  Aglaura,  dass  hier  und  in  anderen  Fällen 
das  Hörbläschen  so  augenscheinlich  eine  tentakelartige  Gestalt  hat,  dass  eine  morphologische  Be- 
ziehung zu  den  Randfäden  dadurch  höchst  wahrscheinlich  wird.  Ebenso  hält  L.  Agassiz  (3  und  4) 
die  Randkörper  der  Acraspeden  für  modificirte  Tentakeln ; indessen  verliert  bei  ihm  dieser  Vergleich 
dadurch  an  Schärfe  und  Werth,  dass  er  überhaupt  alle  Organe  des  Schirmrandes,  wie  z.  B.  auch 
die  Hörbläschen  der  Vesiculaten,  als  tentakelartige  Bildungen  bezeichnet.  — 

Bei  unseren  morphologischen  Erörterungen  haben  wir  bisher  von  den  Gehörorganen  und 
Sinneskörpern  der  Medusen,  von  Hörzellen  und  von  Otolithen  gesprochen,  ohne  dass  wir  an  irgend 
einer  Stelle  diese  Namengebung  zu  begründen  versucht  hätten.  Das  Versäumte  soll  jetzt  nach- 
geholt werden,  indem  wir  noch  im  Zusammenhang  über  die  physiologische  Bedeutung  der 
erst  anatomisch  besprochenen  Organe  handeln.  Hierbei  können  wir  uns  nicht  — so 
wünschenswert  dies  wäre  — auf  physiologische  Experimente  berufen,  die  weder  wir  selbst  noch 
Andere  angestellt  haben,  obwohl  sie  gewiss  bei  geeigneten  Vorkehrungen  gut  ausgeführt  werden 
könnten.  Unsere  Deutungen  stützen  sich  daher  einzig  und  allein  auf  morphologische  Ana- 
logieen,  deren  Werth  für  die  Beurteilung  der  Sinnesorgane  wir  schon  früher  betont  haben. 

Wir  vergleichen  die  Gehörorgane  der  Vesiculaten,  der  Tracliymedusen  und  der  Nausithoe 
den  Hörbläschen  der  wirbellosen  Thiere  und  wollen  die  Berechtigung  dieses  Vergleiches  im  Ein- 
zelnen jetzt  näher  durchzuführen  versuchen. 

Bei  fast  allen  Wirbellosen,  bei  den  Würmern,  Mollusken  und  Crustaceen  sind  die  Gehör- 
organe kleine,  in  das  Körperparenchym  eingebettete,  mit  Flüssigkeit  erfüllte  Bläschen,  an  deren 
Wand  der  Hörnerv  sich  verbreitet.  Während  frühere  Forscher  auf  diese  Beschaffenheit  ein  grosses 


148 


Gewicht  legten  (eine  Auffassung,  die  auch  in  der  Geschichte  unseres  Gegenstandes  ihre  Rolle  ge- 
spielt hat),  ist  man  in  den  letzten  20  Jahren  mehr  und  mehr  zu  der  Ansicht  gekommen,  dass  die 
Bläschenform,  wenn  auch  sehr  wichtig,  doch  nicht  wesentlich  für  das  Zustandekommen  von  Schall- 
empfindungen sei.  Denn  einmal  zeigte  die  Entwicklungsgeschichte,  dass  die  Hörbläschen  von  der 
Hautoberfläche  aus  entstehen,  dass  Grüben  sich  bilden  und  allmählich  sich  abschnüren;  zweitens 
lernte  man  bei  einzelnen  Thierarten,  wie  z.  B.  bei  unserem  Flusskrebs,  nach  aussen  offene  Gruben 
des  Integuments  als  Gehörorgane  deuten.  Es  drängt  somit  sowohl  die  Entwicklungsgeschichte,  als 
auch  die  vergleichende  Anatomie  darauf  hin,  zwischen  freien  und  geschlossenen  Gehör- 
organen zu  unterscheiden  und  die  ersteren  als  die  ursprünglichen,  die  letzteren  als  die  aus  ihnen 
abgeleiteten  Bildungen  zu  betrachten.  So  wird  sich  denn  von  dieser  Seite  aus  kein  ernstlicher 
Einwand  dagegen  erheben  lassen,  dass  wir  nicht  nur  bei  den  Geryoniden,  Aequoriden  und  Euco- 
piden,  sondern  auch  bei  den  Aeginiden  und  Trachynemiden , bei  Nausithoe  und  Mitrocoina  von 
Gehörorganen  reden.  Wir  können  dies  um  so  eher  thun,  als  wir  zwischen  der  freien,  auf  der 
Hautoberfläche  gelegenen  und  der  geschlossenen,  zu  einem  Bläschen  umgewandelten  Form  überall 
den  genetischen  Zusammenhang  bei  den  von  uns  untersuchten  Medusen  sicher  nachgewiesen  haben. 

Nach  den  Ergebnissen  genauerer  histologischer  Untersuchungen  haben  wir  als  wesentliche 
Bestandtheile  der  Gehörorgane  zweierlei  Elemente  anzusehen:  1)  mit  steifen  Haaren  ausgestattete 
Sinneszellen  und  2)  die  Otolithen,  deren  Bedeutung  für  den  Akt  des  Hörens,  wie  aus  ihrer  weiten 
Verbreitung  in  allen  Stämmen  des  Thierreichs  geschlossen  werden  kann , gewiss  keine  geringe  ist. 
Hörzellen  sowohl  als  Otolithen  sind  bei  den  Medusen  von  uns  aufgefunden  worden,  so  dass  wir, 
um  nach  allen  Richtungen  die  einzelnen  Analogieen  festzustellen,  jetzt  nur  noch  auf  das  Verhältniss, 
in  welchem  diese  zwei  Bestandtheile  in  den  Gehörorganen  der  Medusen  und  der  übrigen  Wirbel- 
losen zu  einander  stehen,  näher  einzugehen  haben.  Namentlich  sind  cs  zwei  Punkte,  die  hier  nicht 
unberücksichtigt  bleiben  dürfen,  erstens,  die  verschiedene  Befestigungsweise  der  Otolithen  und 
zweitens  die  verschiedene  Stellung,  welche  die  Hörzellen  zu  ihnen  einnehmen. 

Was  den  eisten  Punkt  betrifft,  so  haben  schon  frühere  Forscher  (41  und  95)  die  Gehörorgane 
in  zwei  Gruppen  gesondert,  je  nachdem  die  Otolithen  befestigt  oder  beweglich  angebracht  sind. 
Befestigte  Otolithen  beobachten  wir  bei  den  meisten  Würmern  und  bei  den  Tunicaten,  bei  denen  das 
kleine  Concrement  durch  ein  dünnes  und  kurzes  Stielchen  mit  der  Bläschenwand  verbunden  ist.  In 
diese  Gruppe  sind  auch  die  Gehörorgane  der  Medusen  zu  zählen,  deren  Otolithen  in  einer  zweifach 
verschiedenen  Weise  befestigt  sind.  Bei  den  Vesiculaten  liegen  die  Otolithen  in  Epithelzellen,  die 
durch  Ansammlung  von  Flüssigkeit  blasig  aufgetrieben  und  zu  Halbkugeln  umgcstaltet  sind,  welche 
mit  breiter  Fläche  an  der  Stützlamelle  haften.  Das  Hörsteinchen,  welches  nur  zur  Hälfte"  den  von 
Flüssigkeit  erfüllten  Raum  einnimmt,  sitzt  an  der  gewölbten,  über  die  Oberfläche  vorspringenden 
inneren  Fläche  der  elastischen  Zellmembran  fest.  Bei  den  Trachymedusen  und  hei  Nausithoe  da- 
gegen sind  die  Concremente  in  kolbenförmigen  Fortsätzen  des  Schirmrands  in  Entodermzellen  ein- 
gebettet *).  — Wenn  wir  im  Vorhergehenden  die  Hörsteinchen  der  aufgeführten  niederen  Thierklassen 
als  befestigte  bezeichnet  und  sie  den  beweglichen  anderer  Thiere  gegenübergestellt  haben,  so  soll 
hiermit  keineswegs  ausgedrückt  sein,  dass  die  ersteren  selbst  auch  unbeweglich  seien.  Im  Gegen- 
theil,  ihre  Befestigungsweise  ist,  wie  unsere  Untersuchungen  gezeigt  haben,  eine  solche,  dass  durch 


1)  Nach  diesem  bei  den  Medusen  erhaltenen  Resultat  wäre  es  jetzt  gewiss  von  Interesse,  zu  erfahren,  wie  die  Otolithen  bei 
den  Würmern  und  Tunicaten  entstehen,  oh  die  sie  umschliessenden  Kölbchen  nur  modificirte  an  der  Bläschenwand  vorspringende 
Epithelzellen  oder  vielleicht  gar  Fortsatzbildungen  des  Mesoderms  sind! 


149 


Bewegungen  des  umgebenden  Medium  auch  die  Concremente  sehr  leicht  in  Mithewegung  versetzt 
werden ; bei  den  Trachymedusen  werden  die  an  einem  feinsten  Stielclien  aufgehängten  Hörkölbchen, 
bei  den  Vesiculaten  die  dünnen,  den  Stein  tragenden  elastischen  Wandungen  der  Concrementblase 
mitschwingen.  Aelinliches  wird  bei  den  Würmern  und  Tunicaten  stattfinden.  Mit  einem  Wort,  die 
Otolithen  sind  überall  beweglich  auf  ihrer  Unterlage  befestigt. 

In  der  zweiten  Gruppe  bieten  uns  die  Mollusken  die  lehrreichsten  Beispiele  dar.  In  einem 
mit  Flüssigkeit  erfüllten  Bläschen  sind  kleine  Otolithen  suspendirt,  die  durch  ein  die  Wandung 
überziehendes  Wimperepithel  in  beständig  rotirender  Bewegung  erhalten  werden.  Zwischen  diesen 
Wimperzellen  vertheilt  oder  nur  auf  einen  Bezirk  beschränkt  sind  noch  besondere  Hörzellen  mit 
steiferen  Hörhaaren  an  verschiedenen  Objecten  aufgefunden  worden;  dass  diese  letzteren  und  nicht 
die  Flimmerzellen  die  empfindenden  Theile  sind,  kann  jetzt  wohl  als  sicher  angenommen  werden. 

In  welchem  Verhältniss  stehen  nun  diese  schwingenden  Otolithen  zu  den  an  der  Bläschen- 
wand befestigten?  Schon  Harless  (95)  suchte  den  Zweck  der  Bewegung’  in  der  Weise  zu  er- 
klären, dass  durch  die  Thätigkeit  eines  Flimmerorgans  die  Otolithen  immer  von  der  Innenwand  des 
Bläschens  entfernt  gehalten  würden.  In  dieser  Erklärung  hat  Harless  schon  vor  Jahren  das 
Richtige  getroffen.  Es  lässt  sich  nämlich  nach  weisen,  dass  die  Hörbläschen  mit  schwingenden 
Otolithen  von  solchen  mit  befestigten  Otolithen  abgeleitet  werden  müssen,  dass  die  letzteren  daher 
nicht  in  einem  Gegensatz  zu  ersteren  stehen,  sondern  nur  durch  später  erworbene  Modificationen 
sich  abgeändert  haben.  Fol  (92)  macht  uns  in  seinen  Studien  über  die  Entwicklung  der  Mollusken 
mit  der  bemerkenswerthen  Thatsache  bekannt,  dass  die  Otolithen  nicht  wie  man  nach  ihrem  späteren 
Verhalten  glauben  könnte,  durch  einen  Niederschlag  in  der  Flüssigkeit  der  Hörbläschen,  sondern 
an  der  Wand  derselben  in  einer  Epithelzelle  entstehen.  Der  Otolith  springt  mehr  und  mehr  über 
die  Oberfläche  der  Wand  vor  und  bleibt  ihr  bei  einigen  Arten  längere  Zeit,  bei  andern  kürzere 
Zeit  noch  angeheftet;  dann  fällt  er  in  den  Bläschenraum  und  wird  durch  das  Flimmerepithel  der 
Wandung,  welches  vielleicht  selbst  durch  seine  Schwingungen  die  Ablösung  des  Otolithen  mit  herbei- 
geführt hat,  in  Rotation  versetzt.  Die  Flimmern  übernehmen  jetzt  die  Rolle  des  Stielchens,  welches 
ursprünglich  den  Otolithen  getragen  hat,  indem  sie  durch  ihre  Bewegungen  den  letzteren  in  der 
Mitte  des  Bläschens  in  Schwebe  erhalten.  In  der  ganzen  Einrichtung  ist  daher  nichts  anderes  als 
ein  modificirter  und  verbesserter  Aufhängeapparat  zu  suchen,  indem  die  in  der  Flüssig- 
keit von  Qilien  getragenen  Otolithen  auf  Schallschwingungen  wohl  noch  besser  als  solche  Otolithen 
reagiren  müssen,  die  mit  der  Bläschenwand  durch  ein  Fädchen  verbunden  sind.  Hiermit  treten 
die  schwingenden  zu  den  befestigten  Otolithen  sowohl  anatomisch  als  physio- 
logisch in  ein  sehr  nahes  Verhältniss. 

Der  zweite  und  letzte  Punkt,  der  von  uns  noch  erörtert  werden  muss,  ist  die  verschiedene 
Stellung,  welche  die  Hörzellen  zu  den  Otolithen  einnehmen  können.  Bei  den  genauer  untersuchten 
Gehörorganen  der  Mollusken  und  Arthropoden  treten  die  Hörhaare  ausnahmslos  von  der  Bläschen- 
wand mit  ihren  peripheren  Enden  an  die  Concremente  heran.  Dagegen  sind  wir  innerhalb  der 
einzelnen  Abtheilungen  der  Medusen  mit  viel  mannigfaltigeren  Lagebeziehungen  bekannt  geworden. 
Bei  den  Vesiculaten  umgreifen  die  in  einer  Reihe  angeordneten  Hörhaare  der  Vesiculaten  von  einer 
Seite  mit  ihren  gekrümmten  Borsten  die  kugelig  gewölbte  Wand  je  einer  Concrementblase  und 
schmiegen  sich  ihr  dicht  an.  Bei  den  Aeginiden  werden  die  leicht  beweglichen  Hörkölbchen  all- 
seitig von  parallel  verlaufenden  langen  steifen  Borsten  umgeben,  die  von  Sinneszellen  an  ihrer 
Basis  entspringen.  Bei  den  bläschenförmigen  Gehörorganen  der  Trachynemiden , der  Geryoniden 
und  der  Nausithoe  endlich  sind  die  Sinneszellen  nicht  an  der  Bläschenwand,  wie  bei  den  übrigen 


150 


Wirbellosen,  sondern  am  Kölbchen  selbst  angebracht,  so  dass  ihre  steifen  Hörhaare  mit  ihren  Enden 
die  Wandung'  und  nicht  den  Otolithen  berühren.  Es  liegt  hier  also  geradezu  ein  dem  Typischen 
entgegengesetztes  Verhältnis  vor.  Indessen  lässt  sich  doch  bei  allen  diesen  Variationen  ein  ein- 
heitliches Princip  nicht  verkennen,  welches  sowohl  für  die  Medusen,  als  auch  für  die  übrigen 
Wirbellosen  Geltung  besitzt.  Ueberall  sind  die  Hörhaare  so  angebracht,  dass  eine  Einwirkung  der 
Otolithen  auf  sie  möglich  ist.  Welcher  Art  diese  Einwirkung  ist,  lassen  wir  dahingestellt,  da  die 
gewiss  äusserst  wichtige  Rolle  der  Otolithen  beim  Hörakt  bis  jetzt  experimentell  so  wenig  bearbeitet 
worden  ist  und  nach  dem  vorliegenden  Material  ein  sicherer  Entscheid  in  dieser  Frage  wohl  schwer 
gewonnen  werden  kann.  Doch  wollen  wir,  um  unsere  Ansicht  zu  veranschaulichen,  den  Fall  setzen, 
dass  durch  Schallschwingungen  der  Otolith  mit  erschüttert  wird.  Dann  werden  von  diesen  Be- 
wegungen in  allen  Fällen  auch  die  Hörhaare  direct  mit  beeinflusst  werden  müssen,  mögen  sie  nun 
wie  bei  den  Mollusken  und  Arthropoden  oder  wie  bei  den  Vesiculaten  und  Trachymedusen  etc.  an- 
gebracht sein.  Es  muss  hierbei  von  untergeordneter  Bedeutung  sein,  ob  die  Hörhaare  von  der 
Bläschenwand  oder  vom  vibrirenden  Kölbchen  selbst  entspringen. 

Mit  dieser  Darlegung  glauben  wir  die  im  speciellen  Tlieil  angewandte  Namengebung  be- 
gründet zu  haben  und  dürfen  wir  jetzt  wohl  mit  gleichem  Recht,  wie  bei  den  ‘übrigen  Wirbellosen, 
auch  bei  einzelnen  Abtheilungen  der  Medusen  von  Gehörorganen  sprechen,  wobei  wir  uns  freilich 
jedes  Urtheils  über  die  Qualität  dieses  Hörens  enthalten.  Es  ist  selbstverständlich,  dass  man  auch 
hier,  wie  bei  andern  Sinnesorganen,  zwischen  niederen  und  höheren  Graden  der  Leistung  zu  unter- 
scheiden hat.  Speciell  von  den  Gehörorganen  aber  sei  noch  hervorgehoben,  dass  sie  in  ihren  ersten 
Anfängen  von  den  Tastapparaten  nicht  so  scharf  zu  sondern  sein  dürften. 

Indem  wir  hiermit  unsere  Betrachtung  über  die  Gehörorgane  der  Medusen  abschliessen, 
machen  wir  noch  besonders  auf  zwei  Punkte  aufmerksam,  die  uns  beim  Studium  dieser  Gebilde 
morphologisch  und  physiologisch  von  Interesse  zu  sein  scheinen:  erstens,  dass  dieselbe  functionelle 
Einrichtung  in  einer  so  kleinen  Thierabtheilung  auf  eine  morphologisch  zweifache  Weise  erreicht 
worden  ist;  zweitens,  dass  diese  Organe  sowohl  in  ihren  primitivsten  Anfängen,  als  auch  in  höherer 
Ausbildung  mannigfach  modificirt  uns  vorliegen.  Wir  sehen  hier  gleichsam  die  Hörorgane  in  ihrem 
Werden  vor  uns.  Sinneszellen  des  allgemeinen  Sinnesepithels  werden  bei  den  Vesi- 
culaten zu  Hörzellen,  indem  sie  mit  einer  Ektodermzelle,  in  der  ein  Concrement 
sich  entwickelt  hat,  in  Verbindung  treten.  In  anderer  Weise  bildet  sich  bei  den 
Trachymedusen  und  bei  Nausithoe  ein  Gehörorgan,  indem  eine  Tentakelanlage 
rudimentär  wird,  an  ihrer  Basis  sich  einschnürt  und  in  ihrem  Ende  Concremente 
ausscheidet,  und  indem  gleichzeitig  die  Sinneszellen  im  Umkreis  oder  auf  der  so 
modificirten  Tentakelanlage  zu  Hörzellen  werden.  Die  auf  morphologisch  ganz 
verschiedener  Grundlage  entstandenen  primitivsten  Gehörorgane  werden  bei 
Vesiculaten  und  Trachymedusen  in  gleicherweise  vervollkommnet.  Sie  scheiden 
von  der  Körperoberfläche  aus,  werden  zuerst  in  grubenförmigen  Vertiefungen 
und  dann  in  vollständig  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Bläschen  geborgen. 

Bei  der  physiologischen  Beurtheilung  haben  wir  bis  jetzt  von  den  Acraspeden  allein  Nausithoe 
berücksichtigt,  alle  übrigen  Arten  dagegen  ausgeschlossen.  Es  geschah  dies  aus  dem  Grund,  weil 
wir  den  Sinneskörpern  derselben,  obwohl  sie  morphologisch  den  Gehörorganen  der  Trachymedusen 
verwandte  Bildungen  sind,  doch  keine  specifische  Sinnesfunction  glauben  zuertheilen  zu  dürfen. 
Denn  einmal  ist  bei  den  Acraspeden  weder  der  Sinneskörper  als  Ganzes  betrachtet  beweglich  an 
der  Deckplatte  befestigt,  noch  ist  der  otolithenhaltige  Theil  desselben  wie  bei  Nausithoe  zu  einem 


151 


leicht  beweglichen  Kölbchen  abgegliedert.  Zweitens  ist  das  Sinnesepithel  auf  seiner  Oberfläche 
zwar  mit  Haaren  bedeckt,  diese  sind  aber  von  zarterer  Beschaffenheit,  als  die  stärkeren  und  längeren 
Hörhaare  der  übrigen  Medusen.  Es  will  uns  daher  richtiger  erscheinen,  für  diese  Sinnesorgane  der 
Acraspeden,  obwohl  in  ihnen  bereits  einige  für  die  Ausbildung  eines  Gehörorgans  günstige  Momente 
gegeben  sind,  eine  mehr  indifferente  Sinnesfunction  anzunehmen  und  sie  demgemäss  auch  mit  einem 
allgemeineren  Namen  als  Sinneskörper  zu  bezeichnen. 


i 


152 


Zweiter  Abschnitt. 

Systematische  Bedeutung  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  der  Medusen. 

Das  Nervensystem  lind  die  Sinnesorgane  der  Medusen  zeigen  in  ihrem  Bau  erhebliche  Ver- 
schiedenheiten, deren  Verbreitung  vielfach  mit  den  Grenzen  grösserer  Abteilungen  zusammcnfällt. 
Sie  müssen  somit  als  Theile  von  hervorragender  systematischer  Bedeutung  angesehen  werden. 

Für  die  Gehörorgane  ist  diese  Ansicht  schon  vor  Jahren  von  Will  (86)  aufgestellt  worden. 
Obwohl  derselbe  nur  unvollkommen  über  die  Structur  und  das  Vorkommen  der  Gebilde  unterrichtet 
war,  so  äusserte  er  gleichwohl  gestützt  auf  sein  unzureichendes  Beobachtungsmaterial  die  Ver- 
mutung, dass  genauere  Untersuchungen  gewiss  typische  Verhältnisse  aufdecken  würden,  die  für  die 
Charakteristik  grösserer  und  kleinerer  Abtheilungen  der  Schirmquallcn  mit  Vorteil  benutzt  werden 
könnten.  Wenige  Jahre  später  begründete  Forbes  (29)  sein  Medusensystem  auf  die  Beschatfenhcit 
der  Randkörper,  indem  er  die  Gruppen  der  Gymnophthalmata  und  Steganophthalmata  unterschied. 
Auch  Gegenbaur  (32  und  33)  räumte  ein,  dass  die  Randkörper  häufig  einen  besseren  Aufschluss 
über  die  Stellung  des  Thieres  geben,  als  die  Körperform  und  die  Verhältnisse  der  Tentakeln,  obwohl 
er  es  im  Uebrigen  beanstandete,  wie  Forbes  die  genannten  Organe  zum  obersten  Einfheilungs- 
princip  zu  machen. 

In  der  Neuzeit  ist  es  bei  der  Systematik  der  Ilydromedusen  mehr  und  mehr  Brauch  ge- 
worden, die  Einteilung  der  Hydroidengeneration , sofern  eine  solche  vorhanden  ist,  zu  Grunde  zu 
legen  und  den  auf  diese  Weise  erhaltenen  Hauptgruppen  die  Medusen  einzuordnen;  um  so  mehr 
möchte  es  hier  am  Platz  sein  darauf  hinzuweisen,  dass  auch  bei  diesen  sich  wichtige  Unterscheidungs- 
merkmale vorfinden,  welche  zur  Aufstellung  grösserer  Abtheilungen  geeignet  sind,  und  dass  solche 
Merkmale  namentlich  durch  den  Bau  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  geboten  werden. 

In  Bezug  auf  das  Nervensystem  liegen  die  Verhältnisse  sehr  einfach.  Nach  seiner  Be- 
schaffenheit würden  wir  zwei  Gruppen  bilden  können,  Medusen  mit  einem  Nervenring  und  Medusen 
mit  getrennten  Nervencentren.  Die  ersteren  sind  die  Trachymedusen  und  alle  frei  schwimmenden 
Geschlechtstliiere  von  Hydroidpolypen , beides  Organismen,  die  sich  durch  die  Anwesenheit  eines 
ächten  Velum  auszeichnen;  die  letzteren  sind  Medusen,  welche  entweder  gar  kein  Velum  oder  doch 
nur  wie  die  Aurelien  ein  Pseudovelum  besitzen.  Der  Bau  des  Nervensystems  bestätigt  somit  die 
Richtigkeit  der  von  Gegenbaur  vorgeschlagenen  Einteilung  in  Acraspeden  und  Craspedoten. 

Die  verschiedenen  Arten  der  Sinnesorgane  sind  offenbar  von  sehr  ungleichem  Werth  für  die 
Systematik.  Am  unwichtigsten  unter  ihnen  sind  wohl  die  Tastapparate,  welche  im  Allgemeinen 
sehr  indifferent  gebaut  und  auch  zur  Zeit  noch  nicht  genügend  durch  die  gesammte  Medusengruppe 
hindurch  verfolgt  sind.  Immerhin  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  die  eigenthümlich  ge- 
formten Tastkämme,  welche  wir  bei  Rhopalonema  und  Aglaura  aufgefunden  haben,  wahrscheinlich 
ein  der  Tracliynemidengruppe  gemeinsames  Merkmal  darstellen  werden. 

Die  systematische  Bedeutsamkeit  der  Ocellen  ist  bisher  vielfach  überschätzt  worden.  Wir 
haben  in  denselben  Organe  vor  uns,  die  bei  niederen  Thieren  sehr  oft  wiederkehren  und  sich  ganz 
sicher  unzählige  Male  unabhängig  von  einander  entwickelt  haben.  Auch  bei  den  Medusen  lässt 
sich  Nichts  zu  Gunsten  der  Ansicht  geltend  machen,  dass  die  Augenflecke  einen  einmal  entstan- 
denen, vielfach  vererbten  Charakter  der  Gruppe  bilden,  vielmehr  muss  gerade  das  Gegentheil 


153 


angenommen  werden,  wenn  wir  ihre  Verbreitungs' weise  lind  ihre  Lagerung  berücksichtigen.  Was 
den  ersten  Punkt  anlangt,  so  finden  sich  die  Ocellen  bei  allen  Hauptabtheilungen  der  Medusen 
mit  Ausnahme  der  Trachymedusen.  Sporadisch  treten  sie  bei  den  Acraspeden  (Aurelia,  Nausithoe) 
und  den  Vesiculaten  (Tiaropsis  nach  Agassiz)  auf;  weit  verbreitet  sind  sie  unter  den  sogenannten 
Oeellaten;  allein  auch  bei  diesen  sind  sie  so  wenig  typisch,  dass  sie  ganzen  Familien  vollständig 
fehlen  können.  Nirgends  sind  die  Ocellen  somit  ein  constantes  Merkmal. 

Die  gleiche  Regellosigkeit  spricht  sich  in  der  Lagerung  der  Ocellen  aus.  Bei  einem  Theil 
der  Medusen  sind  sie  zwischen  den  Tentakeln,  bei  einem  anderen  Theil  an  der  Basis  derselben 
und  hier  wiederum  bald  auf  ihrer  oberen,  bald  auf  ihrer  unteren  Seite  angebracht.  Die  hervor- 
gehobenen Verschiedenartigkeiten  sind,  wie  wir  -schon  früher  bemerkt  haben,  zum  grössten  Theil 
durch  physiologische  Verhältnisse  bedingt,  indem  die  Augenflecke  überall  gleichsam. Orte  aufsuchen, 
welche  ihnen  den  einfallenden  Lichtstrahlen  gegenüber  eine  günstige  Stellung  gewähren.  Auch 
dieses  Moment  berechtigt  zu  dem  Schluss,  dass  die  Ocellen  häufig  nur  physiologisch,  nicht  mor- 
phologisch gleichartige  Bildungen  sind,  welche  eine  geringe  systematische  Bedeutung  besitzen 
und  bei  der  anatomischen  Charakteristik  grösserer  Abtheilungen,  wie  der  Oeellaten,  nicht  verwandt 
werden  können.  Wenn  letztere  nach  Ausschluss  der  von  Haeckel  (38)  ihnen  früher  zugerechneten 
Thaumantiaden  eine  natürliche  Gruppe  bilden,  so  kommt  dies  daher,  dass  bei  ihrer  Zusammen- 
fassung auch  anderweitige  wichtigere  Merkmale  Berücksichtigung  gefunden  haben.  Unter  diesen 
Merkmalen  scheint  uns  das  wichtigste  die  Lage  der  Geschlechtsorgane  in  den  Wandungen  des 
Magens  zu  sein,  da  ja  bei  den  übrigen  Craspedoten  die  Radialkanäle  mit  der  Erzeugung  der  Ge- 
schlechtsproducte  betraut  sind. 

Im  Gegensatz  zu  den  Tastapparaten  und  den  Ocellen  sind  die  Gehörorgane  nicht  allein 
für  den  Morphologen  und  Physiologen,  sondern  auch  für  den  Systematiker  von  hohem  Interesse, 
denn  sie  ermöglichen  uns  Gruppen,  die  früher  nur  nach  ihrer  Entwicklung  auseinander  gehalten 
werden  konnten,  auch  anatomisch  zu  unterscheiden;  es  sind  dies  die  Vesiculaten  und  Trachymedusen. 

Die  bisher  gemachten  Versuche,  die  Medusen,  welche  sich  direct  aus  dem  Ei  entwickeln 
und  diejenigen,  welche  von  Campanulariden  aufgeammt  werden,  schon  an  ihrer  Organisation  zu 
erkennen,  müssen  wohl  als  gescheitert  angesehen  werden.  Wir  mögen  ein  Organsystem  heraus- 
greifen, welches  wir  wollen,  stets  ist  die  Verschiedenartigkeit  desselben  innerhalb  einer  Gruppe 
grösser,  als  es  zwischen  den  sich  am  meisten  ähnelnden  Familien  beider  Gruppen  der  Fall  ist. 
Die  Geryoniden  gleichen  zweifellos  im  Bau  ihres  Gastrovascularsystems  und  ihrer  Geschlechts- 
organe, sowie  in  der  Beschaffenheit  ihrer  Schwimmglocke  den  Geryonopsiden  in  viel  höherem  Maasse 
als  den  Aeginiden ; namentlich  gilt  dies  von  der  vierstraliligen  Gattung  Liriope.  Die  meisten  Trachy- 
nemiden,  wie  z.  B.  die  Rhopalonemen  und  Trachynemen,  nähern  sich  ganz  ausserordentlich  den 
Eucopiden,  mit  denen  sie  Gegenbaur  (33),  ausgehend  von  ihrer  Anatomie,  ganz  folgerichtig  vereint 
hat;  andererseits  entfernen  sie  sich  in  vielen  Theilen  ihrer  Organisation  so  sehr  von  den  übrigen 
Trachymedusen,  dass  nur  die  Art  ihrer  Entwicklung  bisher  ihre  Vereinigung  mit  denselben  recht- 
fertigen  konnte. 

Die  Gehörorgane  allein  liefern  uns  durchgreifende  Charaktere,  um  auch  ohne  Kenntniss  der 
Ontogenese  Trachymedusen  und  Vesiculaten  aus  einander  zu  halten.  Eine  craspedote  Meduse  mit 
tentakelartigen  Hörkölbchen,  deren  Sinneszellen  aus  dem  Ektoderm,  deren  Otolithen  aus  dem 
Entoderm  stammen,  können  wir  mit  Sicherheit  der  erstgenannten  Gruppe  zurechnen,  mag  nun  das 
Hörkölbchen  dem  Nervenring  frei  aufsitzen  oder  in  ein  besonderes  Bläschen  eingeschlossen  sein. 
Auf  der  anderen  Seite  werden  wir  über  die  Zugehörigkeit  zu  den  Vesiculaten  nicht  zweifelhaft 

Hertwig,  Moduson.  20 


1 54 


sein,  wenn  wir  bei  einer  Meduse  als  Theile  des  Gehörorgans  blasige  dem  Ektoderm  angehörige 
Otolithenzellen  und  zarte  vom  unteren  Nervenring  aus  versorgte  Hörzellen  mit  den  charakteristisch 
angeordneten  Hörhaaren  entweder  am  Grund  einer  Hörgrube  oder  im  Innern  eines  Hörbläschens 
nachgewiesen  haben. 

Die  Bedeutsamkeit  der  Gehörorgane  für  die  Systematik  lässt  sich  noch  weiter  ins  Einzelne 
verfolgen,  indem  bestimmte  Formen  derselben  sogar  für  bestimmte  Familien  charakteristisch  sind. 

Unter  den  Trachymedusen,  für  welche  das  Gesagte  ganz  besonders  anwendbar  ist,  zeichnen 
sich  die  Aeginiden  dadurch  aus,  dass  sie  freie  Hörkölbclien  besitzen,  die  sich  auf  besonderen  Hör- 
polstern erheben.  Bei  den  Trachynemiden  dagegen  befestigen  sich  die  Hörkölbchen  direct  auf  dem 
Nervenring,  wobei  sie  entweder  in  das  umgebende  Wasser  hervorragen  oder  vom  Epithel  umwuchert 
und  in  ein  Bläschen  eingeschlossen  werden.  Auch  hierin  spricht  sich,  indem  sich  Aglaura  und 
Rhopalonema  sehr  ähnlich  verhalten,  die  nahe  Verwandtschaft  beider  Gattungen  aus,  auf  die  wir 
schon  gelegentlich  bei  Besprechung  der  Tastkämme  hingewiesen  haben.  In  wie  hohem  Grade  end- 
lich die  in  die  Tiefe  eingesenkten  Hörbläschen  mit  ihren  seitlichen  Nervenbändern  für  die  Geryo- 
niden  typisch  sind,  bedarf  kaum  besonderer  Erwähnung. 

Eigentümliche  Verhältnisse  finden  sich  hinsichtlich  der  Verbreitung  und  Beschaffenheit  der 
Gehörorgane  bei  den  VeSiculaten  oder  richtiger  gesagt  bei  den  von  Campanulariden  aufgeammten 
Medusen.  Nach  den  in  der  Literatur  vorliegenden  Angaben  sind  nur  bei  einem  Theil  der  genannten 
Thieye  Hörbläschen  oder  Ilörgruben  erkennbar,  bei  dem  anderen  Theil  — hier  sind  besonders  die 
Laodiceiden  und  Melicertiden  zu  nennen  — sind  sie  bisher  nicht  beobachtet  worden.  Zwischen  den 
Arten  der  beidien  Abtheilungen,  in  welche  somit  die  Campanulariden  zerfallen  würden,  herrscht  eine 
überraschende  Formenähnlichkeit,  die  zuweilen  so  gross  ist,  dass  bei  oberflächlicher  Betrachtung 
Arten  der  einen  Abtheilung  mit  Arten  der  anderen  verwechselt  werden  könnten.  Sprechende  Bei- 
spiele hierfür  sind  die  Thaumantias  mediterranea  und  die  Mitrocoma  Annae,  zwei  Medusen,  von 
denen  die  eine  keine  Gehörorgane,  die  andere  Hörgruben  besitzt,  während  beide  sonst  im  Bau  der 
Geschlechtsorgane,  des  Magens,  der  Gallertscheibe,  sowie  darin,  dass  sie  mit  zweierlei  Tentakeln, 
hohlen  Haupt-  und  soliden  Nebententakeln,  ausgerüstet  sind,  einander  nahezu  völlig  gleichen.  Wenn 
nun  auch  bei  den  meisten  übrigen  Arten  die  systematische  Zusammengehörigkeit  nicht  so  offen- 
kundig ist,  wie  bei  den  beiden  genannten,  so  ist  doch  ein  gemeinsames  Merkmal  durch  die  ganze 
Reihe  hindurch  zu  verfolgen,  die  Lagerung  der  Geschlechtsorgane  in  der  Gestalt  von  bandartigen 
Falten  längs  den  Radialkanälen.  Dieses  Merkmal  in  Verbindung  mit  anderweitigen  Aehnlichkeiten 
ist  wichtig  genug,  um  die  Vesiculaten,  auch  abgesehen  von  ihrer  gleichartigen  Abstammung,  als 
eine  zusammengehörige  Gruppe  zu  betrachten,  und  so  könnte  denn  die  Ansicht  aufgestellt  werden, 
dass  sich  bei  den  Vesiculaten  die  verwandtschaftlichen  Beziehungen,  wie  sie  sich  aus  der  Ver- 
breitung der  Gehörorgane  ergeben,  sich  keineswegs  mit  denen  decken,  zu  welchen  uns  die  Berück- 
sichtigung anderweitiger  Merkmale  hinführt.  Indessen  müssen  hier  noch  zwei  weitere  Möglichkeiten 
in  Erwägung  gezogen  werden. 

Einmal  ist  es  denkbar,  dass  bei  den  Laodiceiden  und  Melicertiden  Gehörorgane  vorhanden, 
aber  bisher  noch  nicht  aufgefunden  worden  sind.  Schon  Mc.  Crady  (63)  hat  eine  derartige  Ver- 
muthung  ausgesprochen;  er  hält  es  auf  Grund  der  Analogie  von  Thaumantias  mit  Eucopc  für  wahr- 
scheinlich, dass  die  erstere,  wenn  auch  vielleicht  nur  auf  frühen  Stufen  ihrer  Entwicklung,  durch 
Randbläschen  charakterisirt  sein  möchte.  Wir  unsererseits  haben  noch  mehr  Veranlassung,  daran 
zu  denken,  dass  die  Gehörorgane  bei  den  Laodiceiden  u.  s.  w.  bisher  nur  übersehen  worden  sind. 
Der  gesammte  Entwicklungsgang,  den  die  Hörbläschen  in  der  Reihe  der  Vesiculaten  genommen 


155 


haben,  nöthigt  uns  zu  der  schon  oben  erörterten  Annahme,  dass  noch  ein  ursprünglicherer  Zustand 
existirt  haben  muss,  als  er  noch  jetzt  bei  Mitrocoma  erhalten  ist.  Bevor  die  Hör-  und  Otolithen- 
zellen  sich  gruppenweise  ansammelten  und  zu  einem  Organ  vereint  in  eine  besondere  grubenförmige 
Vertiefung  oder  ein  Bläschen  geborgen  wurden,  muss  ein  Stadium  durchlaufen  worden  sein,  auf 
dem  die  Elemente  im  Bereich  des  unteren  Nervenrings  in  einer  Ebene  ausgebreitet  und  unregel- 
mässig zerstreut  waren.  Solche  Gehörorgane  primitivster  Art  werden  sich  aber  sehr  leicht  der 
Beobachtung  entziehen  können,  so  lange  nicht  die  Aufmerksamkeit  auf  sie  gelenkt  ist;  wir  halten 
es  daher  nicht  für  unwahrscheinlich , dass  es  noch  gelingen  werde,  bei  den  Laodiceiden  und  Meli- 
certiden  die  hypothetische  Grundform  des  Gehörorgans  der  Vesiculaten  aufzufinden. 

Uebrigens  sind  wir  keineswegs  zu  der  Annahme,  die  wir  hier  wahrscheinlich  zu  machen 
gesucht  haben,  genöthigt;  denn  unter  allen  Umständen  ist  noch  die  zweite  Möglichkeit  gegeben, 
dass  die  Gehörorgane  sich  erst  innerhalb  der  Vesiculateugruppe  entwickelt  haben,  und  dass  ein 
Theil  noch  auf  dem  primitiven  Zustand  verharrt,  wo  Gehörorgane  überhaupt  fehlen. 

Mag  nun  der  Entscheid  durch  erneute  Beobachtungen  zu  Gunsten  der  einen  oder  der  anderen 
Möglichkeit  gefällt  werden,  so  müssen  wir  in  beiden  Fällen  die  Melicertiden  und  Laodiceiden  im 
Vergleich  zu  den  übrigen  Vesiculaten  als  die  niedriger  organisirten  Formen  betrachten,  welche  den 
gemeinsamen  Grundformen,  aus  denen  sich  auf  der  einen  Seite  die  Vesiculaten,  auf  der  anderen 
die  Ocellaten  entwickelt  haben,  näher  stehen.  Diese  Auffassung  findet  darin  eine  Stütze,  dass 
die  genannten  Medusenfamilien  theilweise  wenigstens  auch  im  Bau  der  Geschlechtsorgane  eine  An- 
näherung an  die  Ocellaten  zeigen.  Bei  letzteren  entstehen  bekanntlich  die  Geschlechtsorgane  in 
den  Wandungen  des  Magens,  während  sie  bei  den  typischsten  Vesiculaten,  als  welche  wir  wegen 
der  Beschaffenheit  der  Hörbläschen,  in  Uebereinstimmung  mit  A.  Agassiz  (2),  die  Eucopiden  ansehen, 
möglichst  weit  vom  Magen  nahe  dem  Schirmrand  an  den  Radialkanälen  liegen.  Einige  der  Vesiculaten 
ohne  Hörbläschen  nehmen  hierin  eine  vermittelnde  Stellung  ein,  indem  die  Geschlechtsorgane  zwar 
noch  den  Radialkanälen  angehören,  aber  schon  im  Umkreis  des  Magens  unter  einander  zusammen- 
fiiessen;  nach  Agassiz  ist  dies  bei  Melicertum,  Lafoea  und  einigen  anderen  der  Fall.  Den  Ocellaten 
noch  ähnlicher  wird  die  Gattung  Leptoscyplms , bei  welcher  Gehörorgane  ebenfalls  noch  nicht 
beobachtet  sind;  Allman  (5)  hebt  von  derselben  ausdrücklich  hervor,  dass  die  Geschlechtsproducte 
sich  hier  wie  bei  den  Ocellaten  in  der  Magenwand  ausbilden.  Uebrigens  hat  auch  A.  Agassiz 
schon  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  einige  Medusen  aus  der  Campan ularidengruppe,  wie  Meli- 
certum, Ptychogena  und  Stauropliora  sich  den  Ocellaten  näher  anschliessen,  insofern  bei  ihnen  die 
Geschlechtsorgane  mit  dem  Magenraum  verbunden  sind  und  Hörbläschen  fehlen.  Von  hohem  Interesse 
ist  es  ferner,  dass  auch  die  zu  den  Laodiceiden  und  Melicertiden  zugehörigen  Ilydroidengenerationen 
eine  vermittelnde  Stellung  einzunehmen  scheinen,  wie  denn  A.  Agassiz  die  Hydroiden  von  Meli- 
certum und  Lafoea  als  Uebergangsformen  zwischen  den  Campanulariden  und  Tubulariden  hinstellt. 
Alles  dies  spricht  dafür,  dass  die  Campanulariden  und  ihre  Medusen  eine  aufsteigende  Reihe 
darstellen,  innerhalb  welcher  eine  parallele  Fortbildung  von  einer  Anzahl  wichtiger  Charaktere 
Statt  findet. 

Zum  Schluss  noch  einige  Worte  über  die  Acraspeden!  Die  Sinneskörper  derselben,  die 
eine  Art  sehr  primitiver  Gehörorgane  darstellen,  wenn  sie  überhaupt  als  solche  gedeutet  werden 
können,  sind  ihrem  Bau  nach  durchgängig  modificirte  holile  schlauchförmige  Tentakeln,  welche  in 
drei  verschiedenen  Gestalten  auftreten.  Bei  der  Hauptmasse  sind  sie  fingerförmig;  bei  den  Cliaryb- 
deiden  am  Ende  keulenförmig  angeschwollen;  bei  Nausithoe  endlich  durch  eine  Furche  in  einen 
peripheren  und  einen  basalen  Abschnitt  zerfallen.  Auch  liier  würden  wir  kaum  irren,  wenn  wir 

20* 


156 


im  Anschluss  an  clie  Bildung-  der  Sinneskörper  drei  Gruppen  unter  den  Aeraspeden  aufstellten,  von 
denen  die  eine  nur  von  Nausithoe  gebildet  wird,  die  zweite  die  Cliarybdeiden,  die  dritte  alle  übrigen 
Aeraspeden,  die  Rhizostomeen,  Semaeostomeen  u.  s.  w.  umfasst.  Jedenfalls  ist  es  ein  unberechtigtes 
Verfahren,  die  Nausithoe  den  Pelagiden  zuzurechnen,  wie  es  bisher  geschehen  ist,  wenn  wir  auch 
auf  der  anderen  Seite  nicht  in  Abrede  stellen  wollen,  dass  die  genannte  Meduse  und  die  übrigen 
Aeraspeden  einander  näher  stehen  als  den  Cliarybdeiden. 

Vom  Bau  der  Sinnesorgane  ausgehend  könnte  man  ferner  an  eine  Verwandtschaft  der  Acras- 
peden  und  Trachymedusen  denken,  da  in  beiden  Gruppen  aus  Umbildung  von  Tentakeln  Organe 
entstehen,  die  eine  grosse  morphologische  und  zum  Theil  auch  physiologische  Aehnlichkeit  besitzen. 
Wenn  wir  nun  auch  die  vielfach  erörterte  Frage  nach  dem  gegenseitigen  Verhältniss  der  Trachy- 
medusen und  Aeraspeden  nicht  bestimmt  entscheiden  möchten,  so  lange  als  der  Bau  und  die  Ent- 
wicklung der  interessanten  Familie  der  Cliarybdeiden  nur  unvollkommen  erkannt  ist,  so  können 
wir  doch  hier  schon  hervorheben,  dass  wir  die  Bedeutung  der  genannten  Aelmlichkeiten  nicht 
überschätzen  möchten.  Bei  dem  jetzigen  Stand  unserer  Kenntnisse  scheint  es  uns  am  wahrschein- 
lichsten zu  sein,  dass  sich  die  Craspedoten  einerseits  und  die  Aeraspeden  andererseits  selbstständig- 
entwickelt  haben. 


157 


Dritter  Abschnitt. 

Phylogenetische  Bedeutung  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  der  Medusen. 

Wie  bei  der  vergleichend  anatomischen  Stellung  der  Medusen  nicht  anders  zu  erwarten 
war,  haben  sich  im  Bau  ihres  Nervensystems  und  ihrer  Sinnesorgane  bei  näherer  Untersuchung  so 
ausserordentlich  primitive  Verhältnisse  ergeben,  wie  sie  bisher  in  keiner  anderen  Thierabtheilung 
beobachtet  worden  sind.  Die  ermittelten  Tliatsachen  sind  daher  geeignet,  auf  die  complieirten  Ein- 
richtungen der  höheren  Thierstämme  ein  Licht  zu  werfen  und  hier  auch  neue  Gesichtspunkte  zur 
Lösung  der  Frage  nach  der  ersten  Entstehung  des  Nervensystems  im  Thierreich  zu  bieten.  Be- 
sonders hat  uns  dieser  letztere  Punkt  im  Laufe  der  Arbeit  häufig  beschäftigt  und  uns  zu  einer 
Theorie  geführt,  die  wir  jetzt  noch  im  Zusammenhang  darlegen  wollen.  In  dieser  Theorie  werden 
wir  nur  das  animale  Nervensystem  behandeln,  die  Genese  des  Sympathicus  dagegen  unberück- 
sichtigt lassen. 

Den  Boden  für  weitere  Auseinandersetzungen  glauben  wir  uns  am  besten  dadurch  vorzu- 
bereiten, dass  wir  über  die  geschichtliche  Entwicklung  und  den  augenblicklichen  Stand  des  von 
uns  zu  behandelnden  Problems  einen  kurzen  Ueberblick  geben. 

Die  jetzt  herrschenden  Vorstellungen  von  der  Entstehung  des  Nervensystems  und  der  Sinnes- 
organe sind  zum  Theil  durch  die  fruchtbringenden  entwicklungsgeschichtlichen  Untersuchungen  der 
letzten  50  Jahre  hervorgerufen  worden,  zum  Theil  beruhen  sie  auf  der  Kenntniss,  welche  wir  vom 
feineren  Bau  der  Sinnesorgane  an  der  Hand  verbesserter  histologischer  Methoden  gewonnen  haben. 

Beim  Studium  der  Wirbelthierentwicklung  wurden  zuerst  die  grundlegenden  Thatsachen 
ermittelt,  dass  das  Medullarrohr  und  die  höheren  Sinnesorgane  sich  durch  eine  Verdickung  und 
Einstülpung  des  Ektoderms  bilden.  Die  Bedeutung  dieser  Entdeckungen  wuchs,  als  man  die  Beob- 
achtung auf  die  Wirbellosen  ausdehnte  und  auch  für  diese  die  Gültigkeit  des  gleichen  Bildungs- 
princips  mit  stets  wachsender  Sicherheit  feststellte.  Unter  den  älteren  Embryologen  hat  wohl  am 
meisten  Remak  (104.  S.  100 — 101)  diese  Ergebnisse  der  Entwicklungsgeschichte  gewürdigt,  indem 
er  das  obere  Keimblatt  in  seiner  Gesammtlieit  als  Sinnesblatt  oder  sensorielles  Blatt  bezeichnete, 
„um  diejenige  Leistung  hervorzuheben,  welche  allen  Theilen  gemeinsam  der  Zeit  nach  die  erste 
und  dem  physiologischen  Werth  nach  die  edelste  ist“.  Remak  betrachtet  die  ursprüngliche  Ober- 
fläche des  Körpers  als  eine  sensorielle,  die  sich  im  Laufe  der  Entwicklung  in  kleinere  sensorielle 
Bezirke  sondert,  und  erblickt  hierin  eine  Anschauung,  welche  durch  die  vergleichende  Anatomie  schon 
längst  hätte  gewonnen  werden  können.  Im  Einzelnen  aber  leidet  die  Auffassung  Remak’s  von  der 
Bedeutung  des  Ektoderms  an  der  ungenügenden  Erkenntniss,  Avelche  man  zu  seiner  Zeit  von  dem 
feineren  Bau  der  Sinnesorgane  und  <Jer  Endigung  der  peripheren  Nerven  besass.  Remak  lässt  das 
obere  Keimblatt  bei  der  Entstehung  der  Sinneswerkzeuge  nur  in  sofern  eine  Rolle  spielen,  als  es 
durch  die  blasigen  Ausstülpungen,  welche  es  in  das  mittlere  Keimblatt  hineinsendet,  in  diesem  den 
Anstoss  zur  Bildung  besonderer  qualitativ  verschiedener  sensorieller  Bezirke  giebt;  dagegen  verkennt 
er  noch,  wie  die  übrigen  Forscher  seiner  Zeit,  den  Werth,  welchen  die  epithelialen  Erzeugnisse  des 
oberen  Keimblattes  für  den  Bau  und  die  Function  der  Sinneswerkzeuge  besitzen,  und  hält  ihn  für 
einen  jedenfalls  untergeordneten  gegenüber  der  nervenbildenden  Schicht,  welche  dem  mittleren  Keim- 
blatte angehört. 


158 


Hiermit  ist  der  Punkt  bezeichnet,  wo  die  histologische  Forschung1  fördernd  eingriff,  indem 
sie  den  Antheil  bestimmte,  welchen  das  Ektoderm  an  der  Zusammensetzung1  der  Sinnesorgane  hat. 
Nach  der  älteren  Anschauungsweise,  von  der  noch  Remak  beeinflusst  war,  sollten  die  feinsten  Nerven- 
fibrillen  unterhalb  des  Epithels  im  bindegewebigen  Stratum  selbst  schon  ihr  Ende  finden,  sei  es 
dass  sie  schlingenförmig  umbiegen,  sei  es  dass  sie  fein  zugespitzt  oder  kolbenförmig  verdickt  plötzlich 
aufhören.  Durch  die  Beseitigung  dieser  lange  Zeit  dogmatisch  festgehaltenen  Lehre  hat  sich  na- 
mentlich M.  Schultze  (105)  ein  grosses  Verdienst,  erworben.  Durch  seine  Untersuchungen  der  Nasen- 
schleimhaut und  der  Retina  zeigte  er,  dass  die  percipirenden  Elemente  Epithelzellen  sind,  welche 
in  Nervenfibrillen  übergehen.  Er  lehrte,  dass  die  specifischen  Functionen  der  Sinnesorgane  auf  der 
verschiedenen  Beschaffenheit  der  Sinneszellen  beruhen , und  unterschied  daher  zwischen  Riech-, 
Schmeck-,  Hör-  und  Sehzellen.  Auch  hier  wurden  die  am  Studium  der  Wirbelthiere  begründeten 
Anschauungen  durch  die  Untersuchung  der  niederen  Thierklassen  bald  noch  weiter  bestätigt. 
Namentlich  ist  durch  die  Arbeiten  von  Lf.ydic,  F.  Eiliiaiid  Schulze,  Hensen,  Haeckel  u.  s.  w. 
in  sehr  zahlreichen  Fällen  der  Nachweis  geliefert  worden,  dass  sensible  Nerven,  mögen  dieselben 
nun  Tast-,  Riech-,  Hör-  oder  Sehnerven  sein,  mit  besonders  modificirten  Epidermiszellen  in  Zusammen- 
hang stehen.  Hierdurch  wurde  die  Erfahrung,  dass  die  Sinnesorgane  aus  dem  oberen  Keimblatte 
abstammen,  in  ein  ganz  neues  Licht  gestellt. 

Die  kurz  skizzirten  entwicklungsgeschichtlichen  und  histologischen  Entdeckungen  bilden  die 
Grundlage,  auf  welcher  sich  unsere  jetzigen  Anschauungen  über  die  Entstehung  des  Nervensystems 
und  der  Sinnesorgane  auf  bauen.  Auf  dieser  Grundlage  ist  ein  Fortschritt  dadurch  herbeigeführt 
worden,  dass  man  den  mitogenetischen  Thatsachen  einen  mehr  philosophischen  Gehalt  gegeben  hat, 
indem  man  von  ihnen  ausgehend  sich  ein  Urtheil  über  die  phylogenetische  Entwicklung  der  beiden 
Organsysteme  zu  bilden  versuchte.  Durch  derartige  Deductionen  zeichnen  sich  namentlich  die  Schriften 
von  Gegenbaur  und  Haeckel  aus.  So  erklärt  der  Letztere  in  seiner  Anthropogcnie  (94.  S.  533 
und  6G0)  im  Anschluss  an  die  Entstehung  des  Med  ul  larroh  rs : „Wenn  man  über  die  historische  Ent- 
wicklung der  Seelen-  und  Sinnesthätigkeiten  nachdenkt,  so  muss  man  nothvvcndig  zu  der  Vorstellung 
kommen,  dass  die  Zellen,  welche  dieselben  vermitteln,  ursprünglich  an  der  äusseren  Oberfläche  des 
Thierkörpers  gelegen  haben  müssen.  Nur  solche  äusserlich  gelegenen  Elementar-Organe  konnten  die 
Eindrücke  der  Aussemvelt  unmittelbar  aufnehmen  und  vermitteln.  Später  zog  sich  dann  allmählich 
unter  dem  Einflüsse  der  natürlichen  Züchtung  derjenige  Zelleneomplex  der  Haut,  der  vorzugsweise 
„empfindlich“  wurde,  in  das  geschütztere  Innere  des  Körpers  zurück  und  bildete  hier  die  erste  Grund- 
lage eines  nervösen  Central-Organs.  Bei  den  niedersten  Thieren  ist  die  einfache  Zellenschicht  des 
Ektoderms  Hautdecke,  Locomotionsapparat  und  Nervensystem  zugleich.“  In  seiner  vergleichenden 
Anatomie  bezeichnet  Gegenbaur  (35)  das  Ektoderm  der  Hydroiden  als  indifferentes  Empfindungsorgan. 
„Aus  der  Fortbildung  einer  Strecke  dieser  Schicht  ergiebt  sich,“  so  folgert  Gegenbaur  weiter,  „die 
Differenzirung  eines  Nervensystems,  für  dessen  ersten  Zustand  eine  oberflächliche  Lagerung  am 
Körper  vorauszusetzen  ist.“  Von  diesem  ersten  Zustand  ist  das  Nervensystem  der  höheren  Thiere 
durch  allmählich  erfolgende  Einbettung  in  das  Innere  des  Körpers  abzuleiten.  „Die  Entwicklung 
muss  hierbei  als  ein  mit  der  fortschreitenden  Differenzirung  und  der  damit  erlangten  höheren  Poten- 
zirung  erworbener  Vorgang  gelten,  durch  den  das  für  den  Organismus  werth vollere  Organ  in  das 
Innere  des  ersteren  geborgen  wird.“ 

Eine  primitive  Form  des  Nervensystems,  wie  sie  den  theoretischen  Folgerungen  Gegenbaur’s 
und  Haeckel’s  entspricht,  glaubt  neuerdings  Eimer  (90)  bei  Beroe  aufgefunden  zu  haben.  Er  be- 
schreibt hier  eine  oberflächliche  Schicht  des  Körpers  als  Nervea  und  erblickt  die  Bedeutung  dieses 


159 


Befundes  darin,  dass  die  Haut  oder  ein  Theil  derselben  bei  diesen  niedrig-  stehenden  Thieren  als 
Centralnervensystem  aufgefasst  werden  müsse,  eine  Auffassung,  ,,die  mit  dem  Connex  zwischen 
Entwicklungsgeschichte  und  Phylogenie  in  höchster  Uehereinstimmung  stehe.“  Nach  Eimer  verhalten 
sich  die  uns  interessirenden  Verhältnisse  bei  Beroe  kurz  folgendermaassen : 

Bei  den  Rippenquallen  wird  der  Körper  von  einem  einschichtigen  platten  Epithel  bedeckt, 
unter  welchem  eine  derbe,  diinne,  homogene  Membran  liegt.  Diese  Membran  ist  die  äusserste  Lage 
einer  muskelfreien  Gallertschicht,  welche  von  dem  die  Muskelfasern  enthaltenden  Theil  der  Gallerte 
überall  scharf  abgegrenzt  ist.  Das  Epithel  wird  der  Epidermis,  die  Membran  und  die  muskelfreie 
Gallertschicht  dagegen  werden  der  Cutis  der  höheren  Thiere  verglichen  und  werden  die  beiden 
letzteren  ausserdem  noch  mit  dem  besonderen  Namen  der  Nervea  belegt,  weil  sie  sich  durch  einen 
grossen  Reichthum  an  Nervenfasern  und  Ganglienzellen  .auszeichnen,  welche  durch  complicirte  Netze 
von  Primitivfibrillen  mit  äusserst  feinen,  drei-  und  vieleckigen  Maschen  Zusammenhängen.  Die  auf 
der  Nervea  befindlichen  Epithelzellen  treten  insgesammt  mit  feinsten  Primitivfibrillen  in  Verbindung, 
welche  aus  dichotomisch  sich  theilenden  Nervenfasern  hervorgehen.  Diese  können  nach  abwärts 
durch  die  Gallerte  verfolgt  und  als  die  directe  Fortsetzung  von  Muskelfasern  erkannt  werden,  wobei 
das  Neurilemm  in  das  Sarcolemm  und  die  Nerven  Substanz  allmählich  in  die  contractile  Substanz 
übergeht.  Auch  kommt  es  vor,  dass  die  Primitivfibrillen  gleich  direct  von  der  Muskelfaser  und 
dann  zwar  meist  von  einem  bestimmten  Punkt  in  grösserer  Anzahl  entspringen  und  pinselförmig’ 
nach  verschiedenen  Richtungen  ausstrahlen.  Der  Uebergang  zwischen  nervösen  und  contractilen 
Fasern,  welche  beide  zusammen  Neuromuskelfasern  genannt  werden,  geschieht  an  der  inneren  Grenze 
der  Nervea.  Eine  weitere  Eigentümlichkeit  des  Nervengewebes  der  Beroiden  besteht  darin,  dass 
sich  überall  „vollständige  Uebergangsformen  zwischen  den  ausgebildeten  Ganglienzellen  und  den 
Varikositäten  der  Nervenfasern  vorfinden.“  Die  Nerven  können  als  „Ketten  von  Ganglienzellen  oder 
„Ganglienkernen“  betrachtet  werden.“  Die  Nervea  hält  nun  Eimer  für  das  Centralnervensystem  der 
Beroiden,  da  in  ihrem  Körper  kein  anderes  besonders  differenzirtes  Centralorgan  vorhanden  sein  soll. 

Indem  wir  es  zukünftigen  Untersuchungen  zur  Entscheidung  überlassen,  in  wie  weit  den  von 
Beroe  beschriebenen  Bildungen  die  Bedeutung  von  Ganglienzellen  und  Nervenfibrillen  zukommt,  — 
was  wir  für  verschiedene  Theile,  die  uns  mehr  reich  verzweigten  Bindesubstanzzellen  ähnlich  zu  sein 
scheinen,  als  fraglich  betrachten  möchten,  — wollen  wir  nur  auf  die  allgemeine  Seite  von  Eimer’s 
Arbeit  eingehen.  Hier  haben  wir  denn  hervorzuheben,  dass  wir  im  Nervensystem  von  Beroe,  wie 
es  uns  beschrieben  wird,  weder  die  besonders  betonte  Ueberein Stimmung  mit  Entwicklungsstadien 
der  höheren  Thiere  noch  Verhältnisse  erkennen  können,  die  zu  Gunsten  der  Ableitung  des  Nerven- 
systems aus  dem  Ektoderm  sprechen.  Die  Nervea  ist  nach  der  Darstellung  von  Eimer,  welcher 
sie  der  Cutis  vergleicht,  ein  Theil  des  Mesoderms.  Wie  bei  den  höheren  Thieren  verbreiten  sich 
daher  auch  bei  Beroe  die  Nerven  unter  der  Epidermis  und  sind  nur  die  beiden  Unterschiede  hervor- 
zuheben, dass  hier  die  Nervenfasern  isolirt  verlaufen,  dort  zu  Stämmen  vereinigt  sind,  und  dass  zweitens 
ein  dem  Centralnervensystem  vergleichbarer  Theil  fehlt.  Ob  ein  solcher  nicht  in  der  verdickten 
Epithelpartie  des  Sinneskörpers  gegeben  ist,  wie  frühere  Forscher  angenommen  haben,  Eimer  aber 
neuerdings  in  Abrede  stellt,  können  wir  aus  Mangel  eigener  Untersuchungen  nicht  entscheiden, 
möchten  es  aber  nach  Analogie  mit  den  Verhältnissen,  die  wir  bei  den  Medusen  kennen  gelernt 
haben,  fast  erwarten.  Auf  jeden  Fall  wird  durch  die  Befunde  bei  Beroe  auf  die  Genese  des  Nerven- 
systems im  Thierreich  kein  Licht  geworfen  und  namentlich  wird  durch  dieselben  die  Ontogenese 
des  Centralorgans  der  höheren  Thiere  nichts  weniger  als  erklärt,  vielmehr  muss  bei  Beroe  selbst 
die  Entstehung  der  Nerven  aus  dem  Ektoderm  durch  ontogenetisclie  Untersuchungen  noch  dargethan 


160 


werden,  was  auch  Eimer  uns  an  einer  Stelle  auszudrücken  scheint,  indem  er  seinen  Folgerungen 
die  Einschränkung  hinzufügt,  „sobald  wir  die  Nervea  als  Abkömmling  des  Ektoderms  betrachten“  ■). 

Für  die  namentlich  von  C.  Gegenbaur  und  E.  Haeckel  deductiv  gewonnenen  Ansichten  von 
der  Phylogenese  des  Nervensystems  glauben  wir  jetzt  den  empirischen  Beweis  durch  die  Unter- 
suchung der  Medusenorganisation  geliefert  zu  haben.  Wir  sind  bei  den  Medusen  mit  einer  Form 
des  Nervensystems  bekannt  geworden,  die  an  die  allerersten  Entwicklungszustände  des  Nerven- 
systems der  höheren  Thiere  Anknüpfungen  bietet  und  den  allgemeinen  Vorstellungen  entspricht,  welche 
man  sich,  wenn  auch  in  unbestimmter  Weise,  von  einer  so  primitiven  Form  etwa  gebildet  hat.  Wie 
bei  den  übrigen  Thieren  beim  Beginn  der  Entwicklung  ist  das  Nervensystem  der  Medusen  dauernd 
ein  Tlieil  der  Körperoberfläche  und  gehört  mit  allen  seinen  einzelnen  Bestandteilen , mit  seinen 
Ganglienzellen,  Nervenfibrillen,  dem  Ektoderm  oder  dem  oberen  Keimblatte  an.  Das  Gleiche  gilt 
von  allen  Sinnesorganen,  welche  ursprünglich  insgesammt  an  der  freien  Hautoberfläche  gelegen 
haben  und  erst  secundär  bei  einzelnen  Medusen  durch  Umwachsung,  in  bläschenförmige  Hohlräume 
eingeschlossen  und  so  zu  einem  höheren  Ausbildungsgrad  übergeführt  worden  sind.  Ueberall  sind 
die  Endorgane  der  sensibel»  Nerven  ursprünglich  frei  an  der  Oberfläche  gelegene  Sinneszellen; 
eine  andere  Endigungsweise  ist  überhaupt  bei  den  Medusen  nirgends  nachweisbar.  Wenn  wir  jetzt 
alle  die  verschiedenen  Momente  zusammenfassen:  die  an  höheren  Thieren  durch  entwicklungs- 
geschichtliche und  histologische  Forschung  gewonnenen  Erfahrungen,  sowie  die  Resultate  der  von 
uns  an  den  Medusen  durchgeführten  Untersuchungen,  so  ergeben  sich  daraus  folgende  zwei  für  die 
Genese  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  fundamentale  Sätze: 

1.  Die  vermittelnden  Theile  des  Nerven  System  s,  Ganglienzellen  und  Nerven- 
fibrillen, gehören  ursprünglich  dem  Ektoderm  oder  oberen  Keimblatte  an. 

2.  Die  Endorgane  der  sensibeln  Nerven  sind  aus  dem  Ektoderm  stammende 
Sinneszellen,  die  ursprünglich  die  freie  Oberfläche  des  Körpers  mit  bedecken 
helfen. 

Gegen  eine  allgemeinere  Gültigkeit  des  zweiten  der  von  uns  aufgestellten  Sätze  können  ein- 
zelne Ergebnisse  der  Histologie  der  Wirbelthiere  als  Einwände  erhoben  werden,  die  wir  nicht  mit 
Stillschweigen  übergehen  dürfen.  Man  kann  geltend  machen,  dass  es  bei  den  Wirbelthieren  ausser 
einer  Endigung  in  Sinneszellen  auch  eine  freie  Endigung  peripherer  Nerven  giebt,  und  kann  hierbei 


1)  Es  scheint  uns  hier  der  Ort  zu  sein,  mit  einigen  Worten,  auf  einen  Angriff  zu  erwidern,  den  Eimer  kürzlich  in  einer  vom 
17.  October  1S77  datirteu  vorläufigen  Mittheilung  (’JI),  veranlasst  durch  unseren  vom  14.  Juli  datirten  Aufsatz  „über  das  Nervensystem 
und  die  Sinnesorgane  der  Medusen“  (42),  gegen  uns  gerichtet  hat.  Eimer  drückt  seine  Ueberraschung  aus,  welche  er  heim  Lesen 
unserer  Mittheilung  darüber  empfunden  habe,  „dass  wir  uns  des  Breiteren  einleitend  darüber  auslassen,  welche  morphologischen  Er- 
wägungen uns  zur  Behandlung  des  Themas  veranlasst  haben,  und  wie  wir  an  die  Untersuchung  gegangen  seien  in  der  Hoffnung,  durch 
Anwendung  der  histologischen  Methoden,  wie  sie  hauptsächlich  durch  Max  Schultze  eingeführt  seien,  zu  bestimmten  Resultaten  zu 
gelangen.  Es  dürfte  für  jeden  mit  der  bezüglichen  Literatur  Vertrauten  klar  sein,  dass  es  nach  seinen  Arbeiten  angestrengter  Re- 
flexionen nicht  mehr  bedurfte,  um  zu  wissen,  welche  Methoden  man  zur  Untersuchung  des  Nervensystems  der  Quallen  amvenden  müsse 
(Beroe),  um  zu  vermuthen,  wo  und  iu  welcher  Form  dasselbe  zu  suchen  sei,  endlich,  um  zu  schliessen,  welche  phylogenetische  Bedeu- 
tung dieses  Decknervensystem  habe“. 

Wir  können  diese  Worte  nicht  anders  auffassen,  als  dass  Eimer  mit  denselben  sagen  will,  wir  hätten  unserer  Arbeit  Motive 
vorgeschoben,  um  dadurch  seine  Verdienste  zu  verdecken.  Eine  derartige  durch  Nichts  gerechtfertigte  und  von  uns  nicht  provocirte 
Insinuation  können  wir  nicht  mit  Stillschweigen  übergehen  und  haben  wir  hiergegen  sowie  gegen  den  Satz  des  Herrn  Professor  Eimer, 
dass  „jeder  Zoologe  ihn  mit  der  Untersuchung  des  Nervensystems  der  Medusen  beschäftigt  gewusst  häbe“,  zu  bemerken,  dass  weder 
letzteres  für  uns  zutrifft,  noch  dass  wir  aus  Eimer’s  Untersuchung  über  Beroe  (die  Arbeit  über  Aurelia  (25)  war  uns  vor  einem  Jahre 
noch  nicht  bekannt)  irgend  welche  Anregung  zur  Bearbeitung  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  der  Medusen  empfangen  haben. 
Im  Uebrigen  mögen  Fachgenossen  beim  Lesen  der  hierher  bezüglichen  Schriften  selbst  entscheiden,  in  wie  weit  durch  Eimbr’s  „Thätig- 
keit  die  leitenden  Fragen  gestellt,  in  wie  weit  zur  Lösung  für  Andere  vorbereitet  und  in  ihrer  Bedeutung  von  vornherein  gewürdigt 
worden  sind“. 


161 


auf  die  an  der  Cornea  gewonnenen  Beobachtungen  sowie  auch  auf  die  Tastkörperchen  der  höheren 
Wirbelthiere  hinweisen.  Indessen  scheint  uns,  als  ob  in  diesen  histologischen  Untersuchungen 
schwieriger  Art  nicht  ohne  Weiteres  die  Möglichkeit  auszuschliessen  sei,  dass  auch  hier  eine  Nerven- 
endigung in  Zellen  vorliege.  An  der  Cornea  können  die  in  das  Epithel  eintretenden  Nervenenden 
irgend  einer  Ektodermzelle  zugehören;  an  den  Tastkörperchen  aber  hat  Merkel  (102)  vor  einigen 
Jahren  einen  zelligen  Bau  erkannt,  und  spricht  in  seinen  Angaben  Manches  dafür,  dass  die  Tast- 
körperchen Gruppen  von  Sinneszellen  sind,  die  sich  aus  dem  Ektoderm  abgeschnürt  haben.  Wir 
glauben  daher  wohl  die  Hoffnung  aussprechen  zu  dürfen,  dass  weitere  Untersuchungen  auch  für 
die  Wirbelthiere  die  Gültigkeit  des  an  niederen  Thieren  gewonnenen  Satzes  feststellen  werden: 
dass  die  Endigung  derjenigen  Nerven,  welche  dem  Körper  von  Aussen  kommende  sinnliche  Ein- 
drücke vermitteln,  durchweg  nach  einem  allgemeinen  Princip  in  Ektodermzellen  stattfindet. 

Bei  dieser  Darlegung  haben  wir  bisher  das  motorische  Endorgan  des  Nervensystems,  die 
Muskelzelle,  ganz  ausser  Acht  gelassen;  wir  kommen  daher  jetzt  auf  sie  zurück  und  suchen  die 
Frage  nach  ihrem  Ursprung  in  derselben  Weise,  wie  es  für  die  Sinnes-  und  Ganglienzelle  ge- 
schehen ist,  zu  beantworten.  Bei  dieser  Frage  lassen  uns  die  embryologischen  Untersuchungen  an 
höheren  Thieren  ganz  im  Stich.  Da  die  Differenzirung  von  Muskelfibrillen  erst  sehr  spät  im  Ent- 
wicklungsleben eintritt,  so  fällt  es  schwer  zu  entscheiden,  woher  die  embryonalen  Muskelzellen  des 
mittleren  Keimblattes  abstammen.  Wenn  daher  auch  die  meisten  Embryologen  dieselben  vom  pri- 
mären oberen  Keimblatt  ableiten,  so  bleibt  diese  Annahme  doch  immerhin  ein  Gegenstand  berech- 
tigter Discussion,  so  lange  wir  uns  bloss  auf  die  Beobachtung  der  Wirbelthiere  beschränken.  Weit 
einfacher  sind  die  Verhältnisse  bei  den  niederen  Thieren  und  besonders  bei  den  Coelenteraten. 
Bei  diesen  liegen  die  Muskelzellen,  welche  nach  der  Stützlamelle  zu  ein  Stratum  quergestreifter 
Fibrillen  differenzirt  haben,  ganz  deutlich  im  Ektoderm  und  nehmen  meist  sogar  wie  die  Sinneszellen 
an  der  Epithelbekleidung  des  Körpers  Theil;  sie  können  dann  mit  vollem  Rechte  als  Epithel- 
muskelzellen bezeichnet  werden,  ein  Name,  in  welchem  ihre  morphologische  und  physiologische 
Bedeutung  gleichzeitig  zum  Ausdruck  kommt.  Diese  Epithelmuskelzellen  sind  bei  den  Medusen 
die  Endorgane  motorischer  Nerven,  was  daraus  erschlossen  werden  kann,  dass  die  Ausläufer  der 
Ganglienzellen  mit  ihren  feinsten  Kamificationen  sich  zwischen  der  Fibrillenlage  und  dem  proto- 
plasmatischeu  Theil  der  Epithelmuskelzellen  ausbreiten. 

Den  bei  den  Coelenteraten  so  einfachen  Verhältnissen  möchten  wir  eine  weitergehende  Be- 
deutung auch  für  die  Frage  nach  der  Genese  der  animalen  Musculatur  der  übrigen  Tliiere  bei- 
messen, da  Vieles  dafür  spricht,  dass  die  wichtigen  histologischen  Differenzirungen  von  Nerven, 
Sinnes-  und  Muskelzellen  sich  im  ganzen  Thierreich  in  übereinstimmender  Weise  werden  vollzogen 
haben.  Die  oben  aufgestellten  zwei  Sätze  ergänzen  Avir  daher  noch  durch  den  dritten  Satz: 

3.  Das  Endorgan  der  motorischen  Nerven  sind  Ektodermzellen,  die  ur- 
sprünglich als  Epithelmuskelzellen  die  Oberfläche  des  Körpers  mit  begrenzt 
haben,  bei  allen  höheren  Thieren  dagegen  schon  früh  in  tiefere  Körperschichten 
eingelagert  werden.  — 

Wir  haben  es  auf  den  vorhergehenden  Seiten  wahrscheinlich  machen  können,  dass  bei  allen 
Thieren  ursprünglich  die  drei  wesentlichen  Elemente  des  Nervensystems,  das  sensible  und  das 
motorische  Endorgan  und  die  zwischen  beiden  vermittelnde  Ganglienzelle  Bestandtheile  des  Ekto- 
derms gewesen  sind.  Es  hat  sich  ein  solcher  Zustand  dauernd  bei  den  Medusen  erhalten,  bei 
welchen  die  genannten  drei  Elemente  auf  der  Körperoberfläche  gleichsam  noch  in  einer  Ebene 
neben  einander  angeordnet  sind.  Die  Frage  nach  der  Genese  des  Nervensystems  spitzt  sich  daher 

Bertwig,  Medusen.  21 


162 


jetzt  in  die  weitere  Frage  zu:  in  welcher  Weise  ist  die  ursprüngliche  Form,  wie  sie  noch  hei  den 
Medusen  beobachtet  werden  kann,  entstanden?  Hierbei  haben  wir  namentlich  einen  Punkt  von 
fundamentaler  Bedeutung  zu  beantworten:  Wie  hat  sich  der  Zusammenhang  zwischen  den 
drei  Elementen  des  Nervensystems,  zwischen  den  Sinnes-,  Muskel-  und  Ganglien- 
zellen, gebildet?  Wie  sind  im  Laufe  der  Entwicklung  die  Sinnesorgane  und  Mus- 
keln mit  ihrem  oft  so  weit  entfernten  Centralorgan  in  Verbindung  getreten? 

Schon  von  mehreren  Forschern  ist  dieser  schwierige  Punkt  in  älterer  und  in  neuerer  Zeit 
erörtert  und  in  verschiedener  Weise  beantwortet  worden.  Die  von  ihnen  aufgestellten  Ansichten 
werden  wir  daher,  ehe  wir  unsere  eigene  entwickeln,  zuvor  kurz  besprechen,  wobei  wir  sie  zur 
besseren  Uebersicht  in  zwei  Gruppen  sondern. 

Die  erste  Gruppe  umfasst  die  Ansichten  derer,  welche  einen  secundären 
Zusammenhang  zwischen  Nerv  und  Endorgan  annehmen.  Namentlich  haben  sieh 
Forscher  (99.  S.  265 — 267),  welche  die  Entwicklung  der  Wirbelthiere  untersucht  haben,  für  einen 
solchen  Bildungsmodus  ausgesprochen.  Am  schärfsten  ist  wohl  dieser  Standpunkt  in  den  Worten 
von  His  (98.  S.  39)  gekennzeichnet:  ,, Die  Beziehungen  zwischen  den  Elementen  des  archiblastischen 
Körpergerüstes  bilden  sich  grossentheils  erst  secundär  aus.  Secuiulär  treten  die  aus  dem  Medullar- 
rolir  hervorsprossenden  Nerven  zu  den  Muskeln,  secundär  treten  sie  zu  den  verschiedenen  empfin- 
denden Flächen  und  zu  den  Drüsen  und  secundär  wachsen  sie  auch  von  den  sensiblen  Ganglien 
aus  ins  Medullarrohr  hinein.  Auf  die  Gliedeningen  und  vollständigen  Trennungen,  welche  im  Be- 
reich des  Hauptkeimes  frühzeitig  sich  geltend  machen,  folgt  die  Anknüpfung  neuer  Verbindungen 
zwischen  den  bereits  geschiedenen  Theilen,  und  so  treten  diese  schliesslich  in  jenen  inneren  Ver- 
band, welcher  die  ausgebildetste  Centrirung  aller  ihrer  Leistungen  möglich  macht.“ 

Von  der  hier  referirten  Auffassung  entfernt  sich  in  manchen  Punkten  eine  Ansicht,  die 
Claus  (20.  S.  29)  im  Anschluss  an  seine  Untersuchungen  der  Acalephen  wahrscheinlich  zu  machen 
gesucht  hat.  Im  Gegensatz  zu  His,  der  die  Sinnesorgane  sowohl  wie  die  Muskeln  secundär  mit 
den  Ganglienzellen  sich  vereinigen  lässt,  spricht  sich  Claus  nur  für  die  secundäre  Verbindung  von 
Muskel-  und  Ganglienzellen  aus,  hebt  dagegen  ausdrücklich  hervor,  dass  Sinnes-  und  Ganglien- 
zellen gemeinsam  entstanden  sind.  ,, Während  für  die  einen  Zellen“,  heisst  es  in  den  Acalephen- 
studien,  „die  contractile  Beschaffenheit  besonders  in  den  Vordergrund  trat,  wurden  unabhängig  von 
derselben,  aber  im  Zusammenhänge  mit  der  Ausbildung  des  Gemeingefühls  und  der  einfachsten 
Sinnespereeption  besondere  Zellgruppen  des  Ektoderms  zunächst  zu  Trägern  der  Empfindung  und 
Sinneswahrnehmungen  und  traten  erst  dann  mit  den  bereits  früher  vorhandenen  und  für  sich 
erregbaren  contractilen  Apparaten  secundär  in  Verbindung.“  „Mit  der  bejahenden  Antwort, 
welche  das  Nervensystem  seiner  Entstehung  nach  in  viel  innigere  und  directere  Beziehung  zu  den 
einfachen  Sinnesorganen  setzt  und  die  Verbindung  mit  der  Musculatur  erst  als  eine  secundär  ge- 
wonnene Beziehung  darstellt“,  hält  Claus  auch  „die  in  der  Physiologie  angenommene  Irritabilitäts- 
lehre des  Muskels  im  phylogenetischen  Zusammenhang  für  verständlicher.“  — Er  erklärt  sich  daher 
gegen  die  von  Kleinenbekg  aufgestellte  Neuromuskeltheorie. 

Allen  Theorien,  welche  durch  ein  secundäres  Zusammentreten  der  einzelnen  Theile  des 
Nervensystems,  sei  es  in  dieser  oder  jener  Weise,  das  aufgeworfene  Problem  zu  lösen  suchen, 
können  wir  von  vornherein  aus  allgemeinen  Gründen  nicht  beistimmen.  Denn  wie  einerseits  der 
Begriff  eines  Nervensystems  den  Zusammenhang  seiner  einzelnen  Theile  voraussetzt,  so  verlangen 
andererseits  auch  seine  einzelnen  Theile  das  Vorhandensein  eines  Nerven  Systems;  das  Ganze  und 
seine  Theile  bedingen  sich  daher  gegenseitig.  Eine  Sinneszelle,  die  Erregungen  für  sich  behält, 


163 


sie  nicht  einem  Centralorgan  zuleiten  und  durch  Vermittlung  desselben  auf  motorische  Endapparate 
übertragen  kann,  ist  für  den  gesammten  Organismus  werthlos  und  functionslos.  Das  Gleiche  gilt 
für  die  Muskelzelle;  zwar  wird  sich  diese,  da  sie  für  sich  schon  reizbar  ist,  auch  ohne  Nerven- 
erregung contrahiren  können,  wird  aber  nie  als  Tlieil  einer  Musculatur  eine  Bedeutung  erlangen,  so 
lange  nicht  alle  Muskelzellen  sich  gleichzeitig  auf  einen  Reiz  hin  contrahiren,  das  heisst,  durch 
Nervenleitung  in  Zusammenhang  gebracht  sind.  Ganz  undenkbar  endlich  ist  eine  Ganglienzelle,  die 
weder  mit  einer  Muskel-  noch  mit  einer  Sinneszelle  oder  nur  mit  einer  derselben  sich  verbindet; 
sie  ist  in  der  That  ein  Messer  ohne  Heft  und  ohne  Klinge;  denn  erst  dadurch,  dass  eine  Zelle 
Reize  empfängt  und  überträgt,  wird  sie  zur  Ganglienzelle. 

Aus  diesen  allgemeinen  Gründen  neigen  wir  mehr  den  Ansichten  zu,  die  einen  pri- 
mären Zusammenhang  zwischen  den  einzelnen  Theilen  des  Nervensystems  anneh- 
men und  die  jetzt  an  zweiter  Stelle  von  uns  besprochen  werden  sollen. 

Bereits  C.  E.  v.  Baer  (87.  S.  110)  bemerkte  der  herrschenden  Meinung  der  Embryologen 
gegenüber:  ,,Dass  die  Nerven  aus  den  sich  bildenden  Muskeln  oder  anderen  Theilen  in  den  Central- 
theil  hineinwachsen,  ist  mir  wenigstens  ebenso  unwahrscheinlich,  als  das  Entgegengesetzte,  da  eine 
solche  Entwicklung  irgend  eines  Theils  von  einem  Ende  zum  anderen  fort,  so  dass  das  eine  Ende 
neuen  Ansatz  bekommt,  mir  sonst  nirgends  vorgekommen  ist.  Vielmehr  scheint  jeder  Tlieil  gleich 
ganz  da  zu  sein  und  nur  aus  sich  eine  Entwicklung  zu  erfahren.  Hiernach  ist  es  wahrscheinlich, 
dass,  so  bald  eine  hinlängliche  Differenzirung  in  den  Bauchplatten  oder  anderen  Theilen  da  ist, 
um  Nervenmasse  von  anderer  Masse,  sei  es  auch  nur  auf  der  untersten  Stufe  der  Differenzirung, 
zu  scheiden,  der  Nerv  seiner  Ausdehnung  nach  immer  ganz  da  ist  und  beide  Enden  hat,  das 
centrale  wie  das  peripherische.“ 

Am  eingehendsten  hat  sich  wohl  Hensen  (96)  über  unseren  Gegenstand  in  seinem  Aufsatz : 
„Ueber  die  Entwicklung  der  Nerven  im  Schwänze  der  Froschlarven“  ausgesprochen.  Er  bezweifelt, 
„dass  irgendwo  vom  Centralorgan  oder  im  Centralorgan  Nerven  frei  auswaclisen,  um  ihren  physio- 
logischen Endapparat  zu  suchen  und  sich  mit  ihm  zu  verbinden“.  Dagegen  nimmt  er  an,  „dass 
alle  Nerven  durch  unvollkommene  Trennung  der  Anfangs-  und  Endzeilen  entstanden  sind“.  Für 
die  sensibeln  Nerven  macht  er  eine  Endigung  in  Ektodermzellen  wahrscheinlich,  welche  zu  keiner 
Zeit  von  dem  Ursprungsganglion  geschieden  sein  sollen.  Ebenso  lässt  er  die  ersten  Zellen  des 
Rückenmarks  sich  bei  ihrer  Theilung  nicht  vollständig  von  einander  trennen,  sondern  durch  einen 
Faden,  den  Nerven,  stets  mit  einander  im  Zusammenhang  bleiben.  Dieser  soll  sich  bei  weiterer 
Spaltung  der  Zellen  auch  selbst  mehr  oder  weniger  vollständig  spalten  können.  Indem  die  Theilung 
der  Nerven  eine  unvollkommene  ist  und  die  getheilten  Nerven  mit  der  Zeit  auseinanderrücken,  muss 
— so  nimmt  Hensen  an  — mit  der  Zeit  ein  unendliches  Netzwerk  von  Fasern  entstehen.  Von  diesem 
Netzwerk  bleibt  nur  dasjenige  zurück  und  erhält  sich,  was  für  den  Körper  verwendbar  ist  und 
benutzt  wird,  die  nicht  thätigen  Wege  dagegen  atrophiren. 

Da  die  Betrachtungen  Hensen’s  nur  an  die  sehr  verwickelten  Zustände  der  Wirbelthiere 
anknüpfen,  so  tragen  sie  selbstverständlich  einen  rein  hypothetischen  Charakter;  doch  weisen  sie 
immerhin  auf  die  Möglichkeit  eines  anderen  Entwicklungsmodus  des  Nervensystems  hin,  als  ihn 
gemeiniglich  die  Embryologen  annehmen. 

Eine  concretere  Gestalt  hat  der  Versuch,  die  Entstehung  des  Nervensystems  zu  erklären, 
bei  Kleinenberg,  v.  Beneden,  Eimer,  Haeckel  und  Gegenbaur  gewonnen,  die  gleich  uns  von  der 
Untersuchung  der  Coelenteraten  ausgegangen  sind.  Wir  können  diesen  Versuch  kurz  als  die 
Neuromuskeltheorie  bezeichnen.  Ihr  Urheber  ist  Kleinenberg  (49.  S.  22 — 27),  der  in  seiner 

21  * 


164 


bekannten  Schrift  eine  so  genaue  histologische  Analyse  vom  Bau  unserer  Süsswasserhydra  ver- 
öffentlicht hat.  Kleinenbeeg  zeigt,  dass  die  Muskellamelle  von  Hydra  aus  Zellenfortsätzen  besteht, 
die  stets  in  Zusammenhang  mit  den  grossen  Zellenkörpern  des  Ektoderms  bleiben.  Da  nur  die 
Fortsätze  Contractilität  besitzen,  die  dazu  gehörigen  Zellenkörper  dagegen  bei  den  Bewegungen 
sich  passiv  verhalten,  will  er  nicht  die  ganze  Zelle  als  Muskelzelle  aufgefasst  wissen.  Er  hält  es 
nicht  für  berechtigt,  ein  so  beschaffenes  Gewebe  morphologisch  einem  der  bekannten  Gewebe 
anderer  Thiere  gleichzusetzen  oder  ihm  physiologisch  nur  eine  Function  zuzuerkennen,  vielmehr 
erblickt  er  in  ihm  den  niedrigsten  Entwicklungszustand  des  ganzen  ,,Nerven-Muskelsystems,  in 
welchem  eine  anatomische  Sonderung  der  beiden  Systeme  in  der  Weise,  wie  sie  bei  allen  höheren 
Thieren  vorkommt,  noch  nicht  stattgefunden  hat“.  Jede  einzelne  Zelle  ist  nach  Kleinenberg’s 
Theorie  die  Trägerin  einer  doppelten  Function,  indem  die  Theile  derselben,  die  als 
lange  Fortsätze  in  der  Mitte  der  Körperwandung  verlaufen,  contractil  sind  und  als  Muskel  functio- 
niren,  während  der  Zellkörper,  von  dem  sie  ausgehen  und  der  in  unmittelbarer  Berührung  mit  dem 
umgebenden  Medium  steht,  Reize  leitet  und  durch  Uebertragung  derselben  auf  die  Fortsätze  die 
Contractionen  dieser  auslöst,  d.  h.  als  motorischer  Nerv  wirkt.  Eine  so  beschaffene  Zelle  wird 
daher  als  Neuromuskelzelle  bezeichnet. 

Kleinenbeeg  ist  geneigt,  den  bei  Hydra  aufgefundenen  Verhältnissen  eine  weitere  Bedeutung 
beizumessen  und  in  der  embryonalen  Entwicklung  der  höheren  Thiere  das  Nerven-  und  das  Muskel- 
system in  ähnlicher  Weise  wie  bei  Hydra  aus  einem  einheitlichen  Nervenmuskelsystem  abzuleiten. 
Eine  Stütze  für  diese  Neuromuskcltheorie  erblickt  er  darin,  dass  es  weder  Thiere  giebt,  die  Mus- 
keln haben  und  der  Nerven  entbehren,  noch  solche,  die  ein  Nervensystem  ohne  Musculatur  besitzen, 
dass  im  Thierreich  überall,  wo  eine  Musculatur  in  die  Organisation  des  Körpers  eingreift,  auch  ein 
Nervensystem  entwickelt  ist. 

Die  Neuromuskeltheorie  von  Kleinenberg  wurde  von  einigen  Forschern,  wie  namentlich  von 
Allman  (9)  und  Claus  (20)  beanstandet,  von  dem  grössten  Theil  dagegen  mit  Beifall  aufgenom- 
men; v.  Beneden  und  Eimer  brachten  zu  ihren  Gunsten  neue  Beobachtungen  vor,  Gegenbaur  und 
Haeckel  zogen  aus  ihr  weitere  Consequenzen. 

ln  der  vielbesprochenen  Schrift:  de  la  distinction  originelle  du  testicule  et  de  l’ovaire  be- 
schreibt E.  v.  Beneden  (88)  bei  Hydractinia  eine  höhere  Ausbildung  des  Neuromuskelsystems.  Einer 
Stützlamelle  liegen  Muskelfasern  auf,  deren  jede  von  einer  dünnen  Protoplasmalage  mit  Kern  be- 
deckt ist.  Ein  Protoplasmafaden,  ein  wahrer  motorischen  Nerv,  stellt  die  Verbindung  mit  einer 
Ektodermzelle  her,  welche  physiologisch  gleichzeitig  die  Stelle  einer  Sinnes-  und  Ganglienzelle 
vertritt.  Die  Neuromuskelzelle  von  Hydra  hat  sich  daher  bei  Hydractinia  in  eine 
neuroepitheliale  Zelle,  in  eine  Nervenfaser  und  eine  Muskelzelle  gesondert. 

Ein  noch  höherer  Entwicklungsgrad  ist  nach  Eimer  (90.  S.  78)  an  einer  Neuromuskel- 
faser  von  Beroe  zu  beobachten,  an  welcher  wir  „den  ganzen  Empfindungs-,  Leitungs-,  Umsetzungs- 
und Bewegungsapparat,  welcher  bei  den  höheren  Thieren  durch  Haut-  und  peripherische  Ganglien- 
zellen, leitende  sensible  Nerven,  Gehirnzellen,  motorische  Nerven,  Muskelfasern  hergestellt  ist,  - 
nur  Alles  auf  einen  kurzen  Strang  zusammengedrängt  finden.“ 

Indem  Gegenbaur  (35)  und  Haeckel  (94.  S.  660)  die  Theorie  weiter  auszubilden  versuchen, 
erblicken  sie  in  den  Neuromuskelzellen : „die  ersten  Anfänge  der  in  höher  differenzirten  Zuständen 
in  dem  Zusammenhang  von  Ganglienzelle,  Nervenfaser  und  Muskelfaser  ausgesprochenen  Einrichtung.“ 
„AVenn  wir  annehmen“  bemerkt  Gegenbaur  im  Grundriss  der  vergleichenden  Anatomie,  „dass  die 
bei  Hydra  nur  als  Fortsätze  von  Zellen  erscheinenden  Fasern  allmählich  einen  Kern  erhalten,  indem 


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das  Theilungsproduct  des  Kernes  der  Zelle  auf  die  Faser  gelangt,  dass  ferner  die  Ektodermzelle 
nicht  mehr  so  unmittelbar,  sondern  durch  einen  gesonderten  Fortsatz  mit  der  somit  gleichfalls  selbst- 
ständiger gewordenen  Faser  sich  verbindet,  so  ist  damit  ein  Uebergang  zu  jenem  differenzirteren 
Zustande  gegeben ; Nerven  wie  Muskeln  erscheinen  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  als  die  Producte 
der  Sonderung  einer  und  derselben  Gewebsschichte  des  Ektoderms.  Damit  wird  zugleich  ein  phy- 
siologisches Postulat  erfüllt;  denn  es  ist  völlig  undenkbar,  dass  Nerv  oder  Muskel  in  ihren  Elementen 
einmal  von  einander  gesondert  bestanden,  und  dass  der  die  Functionen  beider  bestimmende  Zusammen- 
hang das  Ergebniss  einer  späteren  Verbindung  sei.“  Aehnlich  äussert  sich  Haeckel  in  seiner  An- 
thropogenie:  ,,die  merkwürdigen  Neuromuskel-Zellen  vereinigen  noch  in  einem 
einzigen  Individuum  erster  Ordnung  dieFunction  zweier  Organsysteme.  Ein  Schritt 
weiter:  die  innere  muskulöse  Hälfte  der  Neuromuskelzelle  bekommt  ihren  eigenen  Kern  und  löst 
sich  von  der  äusseren  nervösen  Hälfte  ab  - — und  beide  Organsysteme  besitzen  ihr  selbstständiges 
Formelement.  Die  Abspaltung  des  muskulösen  Hautfaserblattes  von  dem  nervösen  Hautsinnesblatte 
bei  den  Embryonen  der  Würmer  bestätigt  uns  diesen  wichtigen  phylogenetischen  Process.“ 

Hiermit  schliessen  wir  unsere  historische  Uebersicht  ab  und  bemerken  zu  den  in  der  zweiten 
Gruppe  zusammengestellten  Ansichten,  dass  wir  sie  für  richtig  halten,  insofern  in  ihnen  ein  primärer 
Zusammenhang-  zwischen  den  Elementen  des  Nervensystems  angenommen  wird,  dass  wir  dagegen 
der  speciellen  Form,  in  welcher  man  sich  die  Phylogenese  des  Nervensystems  gedacht  hat,  nicht 
beistimmen  können.  Wir  glauben  darthun  zu  können,  dass  die  zuerst  von  Kleinenherg  aufgestellte 
und  von  anderen  Forschern  weiter  durchgeführte  Neurom uskeltheorie  erstens  in  ihren 
Grundlagen  nicht  gesichert  ist  und  zweitens  als  Erkläru ngsprincip  nicht  aus- 
reicht, da  sie  weder  die  Lebenserscheinungen  einer  Hydra  noch  auch  die  Beschaffenheit  des 
Nervensystems  der  höheren  Thiere  zu  erklären  vermag. 

1.  Prüfen  wir  zunächst  die  Grundlagen  dieser  Theorie  und  sehen  wir,  mit  welchem 
Rechte  man  die  contractilen  Zellen  von  Hydra  als  Neuromuskelzellen  deutet!  Wenn  wir  die  Mus- 
culatur  der  Hydromedusen  vergleichend  betrachten,  so  finden  wir,  dass  die  bald  quergestreiften  bald 
glatten  Muskelfibrillen  überall  Tlieile  des  Ektoderms  sind.  Gemeinsam  werden  sie  zu  einer  ein- 
fachen Schicht,  einer  Art  Muskelhaut,  die  auf  einer  Stützlamelle  befestigt  ist,  verbunden.  Die  ein- 
zelnen Fibrillen  hängen  mit  Ektodermzellen  zusammen,  die  ihnen  an  Zerzupf ungspräparaten,  wie  dies 
schon  Brücke  (89)  gezeigt  hat,  häufig  anhaften  bleiben.  Die  Verbindung  der  Zellen  mit  den  con- 
tractilen Fasern  erfolgt  gewöhnlich  in  der  Weise,  dass  sie  mit  breiter  Basis  der  Muskellamelle  auf- 
sitzen;  in  anderen  Fällen  dagegen  verschmälern  sie  sich  basalwärts  und  erreichen  dann  nur  durch 
einen  dünnen  Fortsatz  die  Muskelfasern,  die  in  rechtem  Winkel  zu  und  unter  ihnen  verlaufen.  Das 
eine  ist  bei  fast  allen  von  uns  untersuchten  Medusen  der  Fall,  das  andere  ist  eine  Eigenthümlichkeit 
von  Hydra  und  ist  als  eine  Modification  des  gewöhnlichen  Verhaltens  zu  betrachten  und  in  ein- 
facher Weise  daraus  zu  erklären,  dass  zwischen  die  sogenannten  Neuromuskelzellen  sich  noch  ein 
interstitielles  Gewebe  dazwischendrängt,  nämlich  die  ausgebildeten  und  die  in  Neubildung  begriffenen 
Nesselzellen.  Ob  daher  die  Ektodermzelle  unmittelbar  breit  oder  mit  verschmächtigter,  fortsatzartiger 
Basis  sich  mit  den  Muskelfasern  verbindet,  ist  ein  Unterschied  sehr  untergeordneter  Art.  — Bei 
den  meisten  Medusen  nehmen  die  Muskelzellen  an  der  epithelialen  Bekleidung  der  Körperoberfläche 
Theil,  bei  anderen  dagegen  sind  sie  aus  der  Oberflächenschicht  ausgeschieden  und  werden  dann 
gewöhnlich  noch  von  einer  einfachen  Lage  platter  Zellen  überzogen. 

Vom  histologischen  Gesichtspunkt  aus  betrachtet  gehören  die  soeben  beschriebenen  Ektoderm- 
zellen und  die  ihnen  anhaftenden  Muskelfasern  innig  zusammen,  indem  die  ersteren  die  Bildungs- 


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zellen,  die  letzteren  ihre  Bildungsproducte  sind;  sie  stehen  daher,  wie  wir  in  Uebereinstimmung  mit 
Fr.  Eilhard  Schulze  (79)  und  Claus  (20)  annehmen,  in  demselben  genetischen  Verhältniss  zu 
einander,  wie  bei  den  höheren  Thieren  die  Muskelkörperehen  zu  den  Muskelfibrillen.  Denn  darauf, 
dass  die  Muskelkörperchen  bei  den  höheren  Thieren  gewöhnlich  allseitig  und  bei  den  Medusen  nur 
einseitig  contractile  Substanz  ausgeschieden  haben,  wird  man  gewiss  kein  Gewicht  legen  wollen.  Aus 
dem  histologischen  Verhalten  der  Theile  können  wir  somit  kein  Argument  ausfindig  machen,  welches 
sieh  zu  Gunsten  der  Neuromuskeltheorie  verwerthen  Hesse. 

Dagegen  verlangt  eine  nähere  Prüfung  jetzt  noch  der  Umstand,  dass  die  Muskelkörperchen 
der  Hydromedusen  zugleichen  Epithelzellen  sind  und  als  solche  in  den  meisten  Fällen  mit  ihren 
peripheren  Enden  an  die  Oberfläche  reichen.  Ist  nun  dieser  Unterschied  bedeutsam  genug,  um 
daraufhin  die  Muskelzellen  der  Hydromedusen  als  etwas  wesentlich  anderes  zu  betrachten  und  um 
in  ihnen  noch  die  Bestandteile  eines  Nervensystems  zu  vermuthen,  wie  dies  Kleinenherg  und 
andere  Forscher  gethan  haben?  Gewiss  werden  die  Neuromuskelzellen  als  Theile  des  Epithels 
vielfach  äusseren  Reizen  ausgesetzt  sein,  welche  vom  Protoplasma  direct  auf  die  Muskelfibrille  fort- 
geleitet werden;  sie  verhalten  sich  in  der  Beziehung  wohl  ganz  wie  eine  Vorticelle,  deren  soge- 
nannter Stielmnskel  sich  sofort  auf  jeden  den  Körper  treffenden  Reiz  contrahirt.  Aber  hieraus  lässt 
sich  noch  keineswegs  folgern,  dass  deswegen  auch  der  Protoplasmatheil  das  morphologische  Aequi- 
valent  einer  Sinnes-  und  Ganglienzelle  und  eines  Nerven  sei.  Reizbarkeit  ist  eine  allgemeine 
Eigenschaft  des  Protoplasma,  und  wenn  die  Muskelzellen  der  Hydromedusen  auch  ohne  Nerv  irri- 
tabel sind,  so  ist  demgegenüber,  wie  bereits  Claus  (20.  S.  29)  mit  Recht  hervorgehoben  hat,  geltend 
zu  machen,  dass  nach  dem  heutigen  Stande  der  Physiologie  die  Muskeln  der  Wirbelthiere  gleich- 
falls durch  directe  Reize  ohne  Vermittlung  eines  Nerven  sieh  contrahiren  können,  dass  wir  es  somit 
mit  einer  Eigenschaft  zu  thun  haben,  die  vielleicht  den  Muskeln  der  Hydromedusen  in  höherem 
Grade  zukommt,  aber  auch  den  Muskeln  der  Wirbelthiere  nicht  fehlt.  Kurz:  es  liegen  weder  ver- 
gleichend histologische  noch  auch  physiologische  Gründe  vor,  welche  uns  zur  Annahme  zwingen 
könnten,  dass  bei  den  Hydromedusen  die  bei  höheren  Thieren  gesonderten  Elemente,  Sinnes-,  Ganglien-, 
Muskelzelle  und  Nerv,  noch  in  einer  Zelle  vereinigt  seien.  Wir  haben  daher  auch  den  Namen 
Neuromuskelzelle  durch  das  Wort  Epithel  muskelzelle  ersetzt,  um  dadurch  die  phylogenetisch 
so  bedeutungsvolle  Lage  des  Gebildes  im  Ektoderm  zum  Ausdruck  zu  bringen. 

Die  Neuromuskeltheorie  lehrt  weiter,  dass  eine  höhere  Differenzirung  der  bei  Hydra  zu  beob- 
achtenden primitivsten  Form  des  Nervenmuskelsystems  dadurch  eintrete,  dass  der  Kern  der  Neuro- 
muskelzelle sich  theile  und  das  eine  Theilungsproduct  auf  die  Muskelfaser  überwandere;  hierdurch  werde 
eine  ächte  Sinneszelle  und  eine  ächte  Muskelzelle  gebildet,  die  beide  durch  einen  Nerven  verknüpft 
sind.  Zur  Stütze  dieser  Ansicht  können  die  oben  referirten  Befunde  v.  Beneden’s  (88)  an  Hydrac- 
tinia  dienen.  Diese  Stütze  ist  indessen  anfechtbar,  da  von  v.  Beneden  die  Entstehung  der  von  ihm 
beobachteten  Theile  aus  einer  Zelle  nicht  direct  nachgewiesen,  sondern  nur  erschlossen  worden  ist, 
so  dass  andere  Deutungen  möglich  sind.  Wir  haben  es  also  im  vorliegenden  Falle  nur  mit  einer 
blossen  Annahme  zu  thun,  deren  grössere  oder  geringere  Wahrscheinlichkeit  zu  prüfen  ist. 

Theoretisch  betrachtet  scheint  uns  die  von  v.  Beneden  gemachte  Annahme,  welcher  auch 
Gegenraur  und  Haeckel  gefolgt  sind,  keine  naturgemässe  zu  sein;  denn  sie  setzt  eine  Form  der 
histologischen  Differenzirung  voraus;  die  im  Thierreich  ohne  Analogie  dasteht.  Bei  den  Infusorien, 
wo  die  grössten  histologischen  Sonderungen  im  Rahmen  einer  Zelle  zu  beobachten  sind,  wird  trotz- 
dem nie  die  morphologische  Einheit  der  functionell  verschiedenen  Theile  aufgegeben ; bei  den  höheren 
Thieren  aber  erfolgt  die  histologische  Sonderung  nicht  in  der  Weise,  dass  eine  Zelle  gleichzeitig 


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zwei  Functionen  besonders  ausbildet  und  dann  entsprechend  den  beiden  different  gewordenen  Theilen 
in  zwei  functioneil  verschiedene  Zellindividuen  zerfällt,  vielmehr  sehen  wir,  dass  es  stets  schon  ge- 
sonderte, ursprünglich  gleichartige  Zellen  sind,  die  unter  sich  die  Arbeit  theilen  und  sich  zu  dieser 
oder  jener  Function  besonders  weiter  entwickeln.  Die  histologischen  Sonde rungsprocesse 
beruhen  nicht,  wie  die  Neuromuskeltheorie  annimmt,  auf  der  Trennung  und  auf 
einem  Selbstständigwerden  verschieden  differenzirter  Zelltheile,  sondern  auf  der 
verschiedenen  Differenzirung  getrennter  und  ursprünglich  gleichartiger  Zellen. 

2.  Wenn  schon  bei  der  vorgenommenen  Prüfung  ihrer  Grundlagen  die  Neuromuskeltheorie 
in  Frage  gestellt  werden  kann,  so  ist  dies  in  noch  höherem  Maasse  der  Fall,  wenn  sich  zeigt,  dass 
sie  auch  als  Erklärungsprincip  nicht  ausreicht,  dass  sie  weder  die  Lebenserscheinungen 
einer  Hydra,  noch  auch  die  Beschaffenheit  des  Nervensystems  der  höheren  Thiere  erklärt.  Bei 
Hydra  erklärt  die  Neuromuskeltheorie  nicht  die  Thatsache,  dass  der  Reiz,  der  einen  einzigen  Punkt 
betrifft,  sich  dem  ganzen  Organismus  mittheilt  und  eine  momentan  erfolgende  Thätigkeit  des  ge- 
sammten  Muskelsystems  auslöst,  dass  die  Berührung  der  Spitze  auch  nur  eines  Tentakels  sofort 
alle  Tentakeln  und  den  ganzen  Körper  zur  Contraction  veranlasst.  Die  Neuromuskelz eilen  Kleinen- 
berg’s  sind  eben  isolirte  Elemente  und  sind  nicht  zu  einer  gemeinsamen  Action  durch  ein  Nerven- 
system verbunden,  welches  indessen  bei  Hydra,  nach  den  physiologischen  Leistungen  zu  scliliessen, 
vorhanden  sein  muss.  Denselben  Schwierigkeiten  begegnen  wir  in  noch  erhöhtem  Maass,  wenn  wir 
die  Neuromuskeltheorie  auf  die  Verhältnisse  der  höheren  Thieren  übertragen.  Denn  setzen  wir  den 
Fall,  dass  die  Neuromuskelzellen  in  der  postulirten  Weise  sicli  weiter  entwickeln  und  dass  daraus 
Sinneszellen  entstehen,  die  durch  einen  langen  Ausläufer,  einen  Nerven,  mit  den  in  die  Tiefe  ge- 
rückten Muskelzellen  Zusammenhängen,  so  haben  wir  allerdings  ein  Thier  vor  uns  mit  vielen  isolirten 
Nervenleitungen,  aber  nicht  mit  einem  Nervensystem.  Von  einem  solchen  können  wir  erst  'dann 
reden,  wenn  die  einzelnen  Leitungen  untereinander  verbunden  sind,  was  durch  die  Ganglienzellen, 
das  dritte  und  nicht  minder  wesentliche  Element  des  Nervensystems,  geschieht.  Diesen  Zusammen- 
hang aber  und  damit  den  Ursprung  der  Ganglienzelle  lässt  die  Neuromuskeltheorie 
unberücksichtigt. 

Aus  den  angeführten  Gründen  können  wir  dem  Ideengang  der  Neuromuskeltheorie  nicht 
beistimmen,  sondern  müssen  uns,  wenn  wir  die  rhylogenese  des  Nervensystems  zu  erklären  ver- 
suchen wollen,  nach  einer  anderen  Grundlage  umsehen;  wir  glauben  dieselbe  in  dem  Nervensystem 
der  Medusen  gefunden  zu  haben. 

Bei  den  Medusen  sind  die  drei  von  uns  als  wesentlich  bezeichneten  Elemente  des  Nerven- 
systems, die  Sinnes-,  Ganglien-  und  Muskelzelle  durch  Beobachtung  nachgewiesen.  Sie  sind  unter- 
einander durch  Nervenfibrillen  verbunden  und  liegen  insgesammt  im  Ektoderm,  welches  ja  auch  bei 
allen  höheren  Thieren  nach  dem  Zeugniss  der  Entwicklungsgeschichte  der  Mutterboden  des  Nerven- 
systems ist.  Wenn  in  diesen  Verhältnissen  sich  schon  eine  sehr  primitive  Beschaffenheit  ausspricht, 
so  ist  auf  der  anderen  Seite  doch  nicht  zu  verkennen,  dass  am  Nervensystem  der  Medusen  bereits 
mannigfache  Differenzirungen  eingetreten  sind,  die  wir  uns  aufgehoben  denken  müssen,  um  eine 
noch  primitivere  Grundform  zu  erhalten.  Diese  Differenzirungen  betreffen  erstens  die  Anordnung 
und  zweitens  die  Form  der  Nervenelemente. 

1.  Bei  den  Medusen  lassen  sich  an  der  Körperoberfläche  besondere  sensible,  motorische  und 
indifferente  Bezirke  unterscheiden.  An  der  unteren  Seite  des  Velum  und  der  Subumbrella  hat  sich 
fast  ausschliesslich  die  motorische  Function  des  Ektoderms  entwickelt,  indem  hier  Epithelmuskel-  und 
motorische  Ganglienzellen  entstanden  sind.  Der  Schirmrand,  an  dem  der  Nervenring  mit  seinem  Sinnes- 


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epithel  und  seinen  speeifischen  Sinnesorganen  liegt,  ist  vorzugsweise  der  empfindliche  Theil  des 
Körpers,  an  welchem  sich  das  Nervensystem  am  meisten  localisirt  und  zu  einem  Centralorgan 
differenzirt  hat.  Die  ganze  obere  Seite  des  Velum  und  der  Schwimmglocke  wird  fast  ausschliesslich 
von  Deckepitlielien  eingenommen.  Die  Tentakeln  endlich,  welche  sich  sowohl  durch  contractile  als 
auch  durch  sensorielle  Eigenschaften  auszeichnen,  sind  die  am  meisten  indifferenten  Bezirke,  in  denen 
die  Stütz-,  Ganglien-,  Sinnes-  und  Muskelzellen  am  gleichmässigsten  im  Ektoderm  vertheilt  sind. 

Eine  derartig  verschiedenartige  Differenzirung  des  Ektoderms  auf  den  einzelnen  Theilen  der 
Körperoberfläche  kann  nicht  mehr  als  ein  primitiver  Zustand  angesehen  werden , doch  lässt  sich 
daraus  ein  solcher  leicht  ableiten,  wenn  wir  uns  die  Differenzirung  aufgehoben  denken  und  somit 
einen  Weg  einschlagen,  auf  welchen  uns  vergleichend  anatomische  Erwägungen  hinweisen.  Nach 
Aufhebung  der  erwähnten  Differenzirung  würden  die  vierfach  verschiedenen  Elemente  des  Ektoderms, 
die  Stütz-,  Sinnes-,  Ganglien-  und  Muskelzellen  gleichmässig  über  die  Körperoberfläche  vertheilt 
sein;  unter  der  so  entstandenen  dünnen  Zellenschicht  würden  sich  die  Nervenfibrillen  überall  plexus- 
artig verbreiten  und  würden  selbstverständlich  die  einzelnen  Endorgane  auf  kürzerem  Wege  mit 
einander  verbinden,  als  dies  bei  den  Medusen,  bei  denen  sich  ein  Nervenring  einschaltet,  thatsächlich 
der  Fall  ist.  Eine  solche  Beschaffenheit  des  Nervensystems  hat  sich  an  den  Tentakeln  der  Medusen 
noch  erhalten  und  wird,  wie  wir  vermuthen,  wohl  auch  bei  Hydra  und  allen  Hydroiden  vorhanden 
sein,  deren  Ektoderm  an  allen  Stellen  des  Körpers  einen  gleichen  Bau  besitzt. 

2.  Der  zweite  Punkt,  wo  wir  eine  Vereinfachung  an  dem  Nervensystem  der  Medusen  vor- 
nehmen können,  betrifft  die  Lage  und  Form  der  Ganglienzellen.  Wie  unsere  Untersuchungen  ge- 
zeigt haben,  sind  bei  den  Medusen  nur  die  Sinnes-  und  Muskelzellen  echte  Epithelzellen , welche 
an  der  Oberflächenbegrenzung  des  Körpers  unmittelbaren  Antheil  haben;  die  Ganglienzellen  dagegen, 
sind  zwar  auch  noch  im  Ektoderm  gelegen,  aber  nicht  in  der  oberflächlichen,  epithelartig  angeord- 
neten , einfachen  Schicht.  In  der  Subumbrella  z.  B.  werden  sie  stets  noch  von  den  Protoplasma- 
körpern der  Epithelmuskelzellen  zugedeckt.  Wir  halten  dies  nicht  für  ihre  primäre  Lage,  nehmen 
vielmehr  an,  dass  sie  ursprünglich  auch  Epithelzellen  gewesen  und  erst  secundär  mehr  in  die  Tiefe 
gerückt  sind.  Unsere  Annahme  stützt  sich  auf  die  bei  Carmarina  erhaltenen  Befunde,  wo  wir  im 
oberen  Nervenring  Uebergangsformen  zwischen  Ganglienzellen,  die  noch  Tlieile  des  Sinnesepithels 
und  solchen,  die  aus  ihm  ausgeschieden  sind,  aufgefunden  haben.  Wir  zeigten  dort,  wie  diese 
Zellen  besonders  durch  den  Reichthum  an  Ausläufern  charakterisirt  sind,  und  glauben  jetzt  auch  die 
Vermuthung  aussprechen  zu  dürfen,  dass  in  diesem  Reichthum  an  Ausläufern  das  ursächliche  Moment 
zu  suchen  ist,  warum  die  Ganglienzellen  von  allen  drei  Elementen  des  Nervensystems  am  frühesten 
aus  der  Epithelbekleidung  des  Körpers  ausgeschieden  sind.  Es  hat  sich  bei  ihnen  vorzugsweise 
der  untere,  die  Nervenfibrillen  entsendende  und  durch  die  allseitig  auf  ihn  übertragenen  Reize  in 
erhöhtem  Maass  functionirende  Protoplasmatheil  entwickelt. 

Das  Resultat  unserer  Betrachtungen  lässt  sich  jetzt  kurz  dahin  zusammenfassen:  In  der 
primitiven  Form  des  Nervensystems  sind  Sinnes-,  Muskel-  und  Ganglienzellen  zu- 
gleich Epithelzellen;  durch  ihre  Lage  sind  alle  drei  befähigt,  direct  auf  äussere 
Reize  zu  reagiren;  sie  unterscheiden  sich  nur  dadurch  von  einander,  dass  eine 
jede  noch  eine  besondere  Function  in  hervorragender  Weise  ausgebildet  und  da- 
her auch  morphologisch  sich  in  divergenter  Richtung  differenzirt  hat.  Die  Epitliel- 
muskelzellen  haben  contractile  Fibrillen  ausgeschieden,  die  Epithelganglienzellen  besitzen  besonders 
zahlreiche  Verbindungen  untereinander  und  mit  den  sensiblen  und  muskulösen  Zellen,  die  Sinnes- 
zellen endlich  sind  durch  die  Anwesenheit  specifischer  Endapparate  (Tasthaare,  Pigmentumhüllung, 


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Linse,  Verbindung'  mit  einer  Concrementzelle)  besonders  geschickt  geworden,  sinnliche  Eindrücke 
aufzunehmen.  Alle  drei  Elemente  sind  mit  Epithelstützzellen  untermischt  über  die 
Körperoberfläche  gleichmässig  verbreitet  und  unter  einander  durch  ein  plexus- 
artig  ausgebreitetes  Netz  von  Nervenfibrillen  verbunden,  in  welchem  die  Ganglien- 
zellen gewissermaassen  besondere  Knotenpunkte  bilden. 

Bis  zu  diesem  Entwicklungsstadium  können  wir  von  den  Medusen  ausgehend  die  Genese  des 
Nervensystems  zurückverfolgen.  Von  hier  ab  sind  wir  bei  der  Feststellung  noch  früherer  Stadien 
ausschliesslich  auf  theoretische  Erwägungen  angewiesen.  Dieselben  sind  indessen  sehr  einfacher 
Art.  Da  uns  die  Entwicklungsgeschichte  lehrt,  dass  das  äussere  Keimblatt  ursprünglich  aus  gleich- 
artigen embryonalen  Zellen  besteht,  und  da  wir  ferner  auch  voraussetzen  müssen,  dass  bei  den 
niedersten  Metazoen  gleichfalls  alle  Ektodermzellen  untereinander  keine  Verschiedenheiten  gezeigt 
haben,  so  bleibt  uns  jetzt  noch  allein  der  Punkt  zur  Entscheidung  übrig:  wie  die  soeben  aufge- 
stellte primitivste  Form  des  Nervensystems  aus  den  gleichartigen  Zellen  des  Ektoderms  abgeleitet 
werden  kann.  Hier  sind  zwei  Fälle  von  vornherein  nur  denkbar:  entweder  ist  die  Differenzirung 
der  drei  Elemente  des  Nervensystems  primär  und  ihre  Verbindung  erst  secundär  eingetreten  oder 
umgekehrt:  die  Verbindung  der  Zellen  ist  das  Primäre  und  ihre  Differenzirung  das  Secundäre. 

Gegen  die  Annahme  des  ersten  Falles,  der  ja  im  Princip  auf  die  Ansichten  hinausläuft,  die 
wir  in  der  ersten  Gruppe  in  unserer  historischen  Einleitung  zusammengefasst  und  besprochen  haben, 
lassen  sich  natürlich  alle  bereits  dort  hervorgehobenen  Momente  geltend  machen;  wir  werden  uns 
daher  gleich  für  den  zweiten  Fall  zu  entscheiden  und  nun  weiter  zu  prüfen  haben,  wie  sich  auf 
dieser  Grundlage  die  Entstehung  des  Nervensystems  gestalten  wird. 

Wenn  wir  von  der  Voraussetzung  ausgehen,  dass  die  Differenzirung  der  nervösen  Elemente 
eine  secundäre,  ihre  Verbindung  aber  eine  primäre  ist,  so  gelangen  wir  zu  der  Vorstellung,  dass 
die  ursprünglich  gleichartigen  Zellen  einer  Ektodermschicht  entweder  insgesammt  oder  theilweise 
durch  Fortsätze  ihres  Protoplasma  untereinander  vereinigt  waren.  Bei  Festhaltung  einer  scharfen 
Begriffsbestimmung  werden  wir  hier  selbstverständlich  noch  nicht  von  einem  Nervensystem  reden 
dürfen,  da  die  wesentlichen  Theile  desselben  morphologisch  noch  nicht  zu  unterscheiden  sind,  und 
schlagen  wir  demgemäss  vor,  diese  Form  als  Zell  verband  zu  bezeichnen.  Im  Zellverband  besitzt 
noch  eine  jede  Zelle  in  gleicher  Weise  die  beiden  Grundeigenschaften  des  Protoplasma,  auf  welche 
es  bei  unseren  Erörterungen  ankommt,  Reizbarkeit  und  Contractilität.  Ferner  werden  sich  in  ihm 
die  Erregungszustände  einer  Zelle  bei  der  Continuität  des  Protoplasma  Nachbarzellen  mittheilen 
müssen.  Die  Theile  eines  Zellverbandes  werden  daher  zu  einer  gemeinsamen  Action  befähigt  sein, 
wobei  eine  jede  Zelle,  je  nachdem  sie  den  Reiz  empfängt,  überträgt  oder  in  Bewegung  umsetzt, 
sich  ähnlich  wie  Sinnes-,  Ganglien-  oder  Muskelzelle  functioneil  verhalten  wird.  Es  liegt  auf  der 
Hand,  dass  die  Bedingungen  zur  Ausbildung  eines  Nervensystems  in  einem  der- 
artigen Zellenverband  gegeben  sind.  Wenn  auf  dieser  Grundlage  zwischen  den  gleichartigen 
Zellen  eine  Arbeitsteilung  allmählich  eintritt,  wenn  unter  Ausscheidung  specifischer  Muskel-  und 
Nervensubstanz  sich  Muskel-,  Ganglien-  und  Sinneszellen  differenziren,  dann  wird  der  Zellenverband 
in  ein  Nervensystem  und  die  Protoplasmaleitung  in  eine  Nervenleitung  umgewandelt  werden. 

Wir  könnten  hiermit  unsere  Deductionen  abschliessen,  da  wir  das  Nervensystem  auf  einen 
Zustand  vollkommener  Indifferenz  - — auf  einen  einfachen  Zellenverband  — zurückgeführt  haben. 
Denn  wie  dieser  letztere  entstanden  sein  mag,  ist  für  unsere  Aufgabe  an  und  für  sich  gleichgültig. 
Doch  mag  auch  in  Betreff  dieses  Punktes  noch  hervorgehoben  sein,  dass  wir  den  Zellenverband 
uns  nicht  aus  unvollkommener  Zellteilung  entwickelt  denken,  wie  es  Hensen  (96)  thut.  Dies 

Hertwig,  Medusen.  22 


170 


würde  uns  zu  der  den  Beobachtungen  widersprechenden  Ansicht  führen , dass  von  der  ersten  Ei- 
theilung  an  eine  Protoplasmaverbindung  sicli  zwischen  den  einzelnen  Theilproducten  erhalten  müsste. 
Wir  nehmen  vielmehr  an,  dass  ursprünglich  getrennte  Zellen  erst  nachträglich  durch 
Verschmelzung  von  Protoplasmafortsätzen  Verbindungen  eingegangen  sind. 

An  der  Hand  von  Beobachtungen  und  mit  Hülfe  theoretischer  Erwägungen  haben  wir  uns 
bisher  bemüht,  Gesichtspunkte  festzustellen,  welche  auf  die  Frage  nach  der  Genese  des  Nerven- 
systems Licht  verbreiten  möchten;  die  so  gewonnenen  Anschauungen  wollen  wir  jetzt  noch  zu  einem 
einheitlichen  Bild  zusammenfassen  und  hierbei  zugleich  durchzuführen  versuchen,  in  wie  weit  bei 
niederen  Thierstämmen  noch  heute  in  der  Beschaffenheit  ihres  Nervensystems  wichtige  Stadien  der 
phyletischen  Entwicklung  zum  Ausdruck  kommen,  und  in  wie  weit  dieselben  verwerthet  werden 
können,  um  die  so  complicirten  Verhältnisse  des  Nervensystems  der  höheren  Thiere  zu  erklären : 

1.  Wir  nehmen  an,  dass  bei  allen  Metazoen  das  Ektoderm,  aus  welchem  das 
animale  Nervensystem  mit  seinen  motorischen  und  sensiblen  Endapparaten  ent- 
standen ist,  ursprünglich  sich  aus  einer  einfachen  Schicht  gleichartiger  Zellen 
zusammengesetzt  hat  in  der  Weise,  wie  dies  überall  in  den  frühesten  ontogene- 
tischen  Stadien  der  Fall  ist.  Wir  nehmen  ferner  an,  dass  diese  Zellen  wenigstens 
theilweise  schon  frühzeitig  durch  Protoplasmafortsätze  untereinander  in  Zusam- 
menhang getreten  sind  und  dadurch  einen  innigeren  Zellenverband  gebildet  haben. 
Aus  dem  Verband  hat  sich  allmählich  — so  lautet  unsere  Hypothese  — durch 
Arbeitsteilung  zwischen  den  mit  einander  vereinigten  Zellen  ein  Nervensystem 
primitiver  Art  entwickelt.  Indem  ein  Thcil  der  Zellen  contractile  Substanz  aus- 
scliied,  ein  anderer  auf  seiner  Oberfläche  mit  Tastborsten  ausgerüstet  wurde, 
ein  dritter  endlich  besonders  zahlreiche  Verbindungen  einging,  haben  sich  nach 
und  nach  im  einschichtigen  Ektoderm  zwischen  den  einfachen  Epithelzellen  die 
drei  Elemente  des  Neuromuskclsystems,  epitheliale  Muskel-,  Sinnes-  und  Ganglien- 
zellen, mehr  oder  minder  gleichzeitig  differenzirt.  Hand  in  Hand  damit  haben 
sich  ihre  Protoplasmaverbindungen  durch  Bildung  specifischer  Nervensubstanz 
in  einen  Nervenfibr illcnplexus  umgewandelt.  Als  später  das  Ektoderm  seine  ein- 
schichtige Beschaffenheit  verlor,  sind  von  den  drei  genannten  Elementen  die 
Ganglienzellen  zuerst  aus  dem  Oberflächenepithel  ausgeschieden  und  sind  in 
die  Tiefe  gerückt. 

Auf  einer  derartigen  niedrigen  Entwicklungsstufe  scheint  uns  das  Nervensystem  der  meisten 
Hydroiden  zu  stehen,  bei  denen  Epithelmuskelzellen  und  Sinneszellen  gleichmässig  über  die  Körper- 
oberfläche verbreitet  sind.  Zu  den  Sinneszellen  möchten  wir  die  mit  Cnidocils  versehenen  Nesselzellen 
rechnen,  an  deren  basalem  Ende  schon  öfters  fadenartige  Verlängerungen  beschrieben  worden  sind; 
auch  die  Existenz  von  Ganglienzellen  halten  wir  für  sehr  wahrscheinlich.  Bei  Isolationspräparaten 
von  Hydra,  die  nach  Kleinenberg’s  Angaben  an  gefertigt  wurden,  fielen  uns  zwischen  den  isolirten 
Theilen  im  interstitiellen  Gewebe  kleine  sternförmige  Zellen  mit  zahlreichen  Ausläufern  auf,  die  wohl 
für  Ganglienzellen  gelten  könnten.  Vervollkommnete  Methoden  werden  in  Zukunft  uns  zweifellos 
noch  Aveitere  Aufklärung  über  den  feineren  Bau  des  Ektoderms  und  über  den  von  uns  vermutheten 
principiell  so  wichtigen  Zusammenhang  der  verschiedenartig  differenzirten  Ektodermzellen  bringen. 

2.  Die  Urform  des  Nervensystems,  wie  sie  wohl  bei  Hydra  und  anderen 
Hydroiden  noch  erhalten  ist,  hat  sich  zu  einer  nächst  höheren  Form  dadurch 
entwickelt,  dass  zwischen  den  verschiedenen  Bezirken  des  Ektoderms  eine  Ar- 


171 


beitstheilung  stattgefunden  hat,  dass  sich  in  der  Körperoberfläche  besonders 
musculose  und  besonders  sensible  Bezirke  von  mehr  indifferenten  Bezirken  ge- 
sondert haben.  Auf  diesem  Wege  hat  sich  am  Nervensystem  allmählich  eine 
Trennung  in  einen  centralen  und  in  einen  peripheren  Tlieil  vollzogen,  wobei 
beide  noch  vollständig  im  Ektoderm  gelegen  sind.  Der  periphere  Theil  hat  in 
seiner  Verbreitung  die  ursprüngliche  plexusartige  Anordnung  seiner  Elemente 
beibehalten,  der  centrale  dagegen  ist  durch  Ansammlung  von  Ganglienzellen 
und  Nervenfibrillenbündeln  leicht  kenntlich  geworden  als  ein  strangartiges,  von 
den  umgebenden  Geweben  deutlich  zu  sonderndes  Organ,  dessen  Localisation, 
wie  wir  hier  hervorheben  möchten,  durch  die  Ausbildung  besonders  sensibler 
Strecken  bedingt  und  im  Anschluss  an  die  Lage  der  Sinnesorgane  erfolgt  ist. 

Im  Stamm  der  Coelenteraten  ist  eine  Arbeitsteilung  zwischen  den  einzelnen  Bezirken  der 
Körperoberfläche  bei  den  Medusen  in  der  Weise  eingetreten,  dass  die  untere  Seite  des  Schirms  und 
des  Velum  von  der  Musculatur,  die  obere  Seite  von  indifferenten  Epithelzellen  eingenommen  wird; 
die  Sinneszellen  dagegen  und  das  Centralnerv eusystem  haben  sich  am  Schirmrand  entwickelt  und 
bilden  hier,  wenn  wir  von  den  Acraspeden  abselien,  einen  geschlossenen  oberen  und  unteren  Nerven- 
ring, der  bei  den  Aequoriden  noch  sehr  breit  und  dünn,  bei  den  meisten  Craspedoten  zu  einem 
dickeren  Strang  zusammengedrängt  und  bei  den  Geryoniden  am  meisten  concentrirt  ist.  Dass  zu 
der  höher  entwickelten  Form  des  Nervensystems  der  Medusen  sieh  bei  den  Coelenteraten  Ueber- 
gangsformen  finden  werden,  ist  sehr  wahrscheinlich.  Vielleicht  kommt  es  bei  den  am  höchsten 
stehenden  Hydroiden,  den  Tu b ularien,  bereits  schon  am  Rand  des  Peristoms  zwischen  den  Ten- 
takeln zur  Ausbildung  eines  besonderen  Strangs  von  Nervenfibrillen,  in  welchem  alsdann  ein  Homologon 
des  Nervenrings  der  Medusen  zu  erblicken  wäre.  Aelmlic lies  wird  wohl  auch  bei  den  Actinien  nach- 
zuweisen gelingen,  deren  Ektoderm,  nach  den  so  eben  erschienenen  histologischen  Untersuchungen 
von  Helder  (97)  zu  urth eilen,  sehr  zahlreiche  Sinneszellen  besitzt.  Heider  sah  sowohl  die  Nessel- 
zellen , als  auch  den  grössten  Theil  der  cylinder-  oder  spindelförmigen  Epithelzellen  in  feine  mit 
Knötchen  besetzte  Fibrillen  übergehen;  zwischen  ihnen  und  der  Muskellamelle  beobachtete  er  auf 
Durchschnitten  eine  feinkörnige  Substanz. 

Eigenartige  und  in  mancher  Beziehung  weiter  differenzirte  Zustände  liegen  bei  den  Beroiden 
vor,  wie  wir  aus  den  Untersuchungen  Eimer’s  schliessen.  Das  periphere  Nervensystem  ist  hier 
bereits  aus  dem  Ektoderm  ausgeschieden,  indem  Muskel-  und  Ganglienzellen  mit  den  von  ihnen 
entspringenden  Nervenfibrillen  in  die  Gallerte  des  Körpers  eingebettet  sind;  dagegen  hat  der  Central- 
tlieil,  sofern  unsere  Ansicht  „vom  ganglienartigen  Körper“  der  Beroiden  eine  richtige  ist,  seine 
ursprünglichen  Beziehungen  zur  Körperoberfläche  beibehalten. 

Nächst  den  Coelenteraten  besitzen  eine  primitive  Form  des  Nervensystems  die  Ecliino- 
dermen,  soweit  sich  dies  jetzt  schon  aus  den  vorliegenden  Untersuchungen  (107)  ersehen  lässt. 
Es  wird  in  Zunkunft  besonders  darauf  zu  achten  sein,  ob  nicht  zwischen  dem  Nervenring  und  den 
Ambulacral nerven  einerseits  und  dem  unmittelbar  aufliegenden  Epithel  andererseits  bei  den  Asteriden, 
Ophiuren  und  Crinoiden  ein  ähnlicher  Zusammenhang  wie  bei  den  Medusen  besteht.  Auch  die 
niederen  Abtheilungen  der  Würmer  dürften  nach  den  Untersuchungen  Semper’s  (106)  manche  Aus- 
beute ergeben. 

Bei  allen  übrigen  Thierstämmen  haben  sich  die  ursprünglichen  Beziehungen  des  Nervensystems 
zum  Ektoderm  nur  noch  in  ihrer  Ontogenese  erhalten  und  haben  schon  vielfach,  wie  oben  bereits 
erörtert  wurde,  zu  Speculationen  über  die  Genese  des  Nervensystems  Veranlassung  gegeben. 

22* 


172 


3.  Nachdem  das  im  Ektoderm  gelegene  Nervensystem  sich  in  einen  centralen 
und  in  einen  peripheren  Theil  gesondert  hat,  geht  es  endlich  seiner  dritten  und 
höchsten  Ausbildungsstufe  entgegen,  auf  welcher  es  die  lange  Zeit  allein  be- 
kannte und  für  typisch  gehaltene  Beschaffenheit  annimmt.  Sein  centraler  sowohl 
als  sein  peripherer  Abschnitt  lösen  sich  von  ihrem  Mutterboden,  dem  Ektoderm, 
ab  und  werden  zu  einem  selbstständigen,  scharf  abgegrenzten  und  im  Inneren  des 
Körpers  geborgenen  Organsystem.  Dieser  Process  steht  in  Zusammenhang  und 
geht  Hand  in  Hand  mit  der  Bildung  des  Mesoderms,  in  dessen  Gewebe  das  Nerven- 
system mit  Ausschluss  seiner  sensiblen  Endapparate  unmittelbar  zu  liegen  kommt. 

Am  frühesten  scheint  uns  die  Ausscheidung  am  peripheren  Theil  eingetreten 
und  dadurch  veranlasst  worden  zu  sein,  dass  die  Epithelmuskelzellen  aus  der  Haut- 
oberfläche in  das  Mesoderm  hineingerückt  sind  und  einen  Hautmuskelschlauch 
zusammengesetzt  haben.  Aus  den  ursprünglich  plexusartig  angeordneten  Nerven- 
fibrillen  haben  sich  hierbei  allmählich  periphere  Nervenstämme  gesondert,  ein 
Vorgang,  der  leicht  verständlich  wird,  wenn  wir  im  Auge  behalten,  dass  im  Laufe 
der  fortschreitenden  Entwicklung  die  sensiblen  und  motorischen  Endzeilen  zu 
Zellengruppen,  sich  vereinigen.  Je  mehr  an  der  Hautoberfläche  begrenzte  sen- 
sorielle Bezirke,  besondere  Sinnesorgane  entstehen,  je  mehr  die  ursprünglich 
lamellenartig  ausgebreiteten  Muskelfibrillen  zu  besonderen  Muskeln  sich  differen- 
ziren,  und  je  mehr  die  genannten  Theile  sich  ausbilden  und  an  Volum  zunehmen,  um 
so  mehr  müssen  auch  die  sie  versorgenden  Nervenfibrillen  ihre  plexusartige  Anord- 
nung aufgeben  und  ihren  Endorganen  entsprechend  zu  Stämmen  verbunden  werden. 

Der  Ausscheidung  des  peripheren  folgt  die  Ausscheidung  des  centralen 
Nervensystems  nach,  welches  sich  bei  den  bilateral  symmetrischen  Thieren  in  der 
Längslinie  des  Körpers  sei  es  dorsal,  sei  es  ventral  localisirt  hat.  Von  der  Ober- 
fläche ausgeschlossen  verliert  das  Centralnervensystem*,  — wenn  wir  von  den 
Gehör-  und  Sehorganen  absehen,  die  bei  manchen  Thieren  aus  dem  Gehirn  sich 
anlegen,  — die  Function  als  Sinnesorgan,  welche  ihm  bei  seiner  ersten  Lage  zu- 
kam, und  spielt  jetzt  allein  noch  die  Rolle  von  einem  Vermittlungsorgan,  welches 
vermöge  seines  zunehmenden  Reichthums  an  Ganglienzellen  durch  die  von  ihm 
allseitig  ausstrahlenden  Nervenfasern  die  peripheren  sensiblen  und  motorischen 
Endapparate  in  der  mannigfaltigste n Weise  verknüpft.  — 

Bei  der  gegebenen  Zusammenfassung  haben  wir  die  Sinnesorgane  nur  in  so  weit  berück- 
sichtigt, als  sie  für  die  Genese  des  Nervensystems  von  Belang  sind.  Wir  kommen  daher  anhangs- 
weise noch  einmal  auf  sie  zu  sprechen,  um  besonders  auf  zwei  Punkte  aufmerksam  zu  machen,  die 
sich  uns  beim  Studium  der  Medusen  ergeben  haben.  Diese  beiden  Punkte  sind:  erstens  die 
genetischen  Beziehungen  der  verschiedenen  Sinnesorgane  zu  einander  und  zweitens 
ihr  Lageverhältniss  zum  Centralnervensystem. 

1.  Bei  unserer  Beurtheilung  der  Sinnesorgane  der  Medusen  glauben  wir  die  Ansicht  durch- 
geführt und  begründet  zu  haben,  dass  die  specifischen  Sinnesorgane  aus  indifferenten 
Sinneszellen  entstehen,  wie  sie  sich  auf  dem  oberen  und  unteren  Nervenring  und  auch  an 
anderen  Stellen  des  Medusenkörpers  vorfiuden.  Indem  indifferente  Sinneszellen  in  ihrer  Structur 
Veränderungen  erleiden  und  Tast-  oder  Hörhaare  oder  Sehstäbchen  bilden,  indem  sie  ferner  mit  be- 
nachbarten eigenartig  raodificirten  Theilen,  mit  Otolithen,  oder  mit  Pigmentzellen,  mit  Linsenbildungen 


173 


u.  s.  w.  in  functioneile  Beziehungen  treten,  werden  sie  allmählich  für  die  Zuleitung  specifischer 
Sinneseindrücke  befähigt  und  bilden  sich,  indem  sie  noch  gruppenweise  zusammentreten,  zu  Tast-, 
Gehör-,  Seh-,  Geschmacks-  und  Geruchsorganen  um.  Dieser  Entstehung  gemäss  werden  sich  die 
Sinnesorgane,  je  mehr  wir  uns  ihrem  Ursprung  nähern,  um  so  weniger  scharf  in  Bau  und  Function 
von  einander  unterscheiden,  wie  denn  namentlich  zwischen  Tast-  und  Gehörorganen  wohl  kaum  eine 
Grenze  zu  ziehen  ist. 

Wenn  wir  indifferente,  in  der  Haut  überall  verbreitete  Sinneszellen  als  das  noth wendige  Sub- 
strat für  die  Genese  specifischer  Sinnesorgane  betrachten,  dann  wird  unserem  Verständniss  auch  die 
Erscheinung  näher  gerückt,  dass  in  vielen  Thierabtheilungen  sich  höhere  Sinnesorgane  an  den  ver- 
schiedensten Körperregionen  bilden , wo  sie  nahe  verwandten  Arten  fehlen , dass  z.  B.  Augen  am 
Mantelrand  von  Pecten  und  Gehörorgane  am  Postabdomen  von  Mysis,  sowie  am  Abdomen  oder  an 
der  Tibia  der  Heuschrecken  Vorkommen. 

2.  Was  den  zweiten  Punkt  betrifft,  so  haben  unsere  Untersuchungen  an  den  Medusen  in  der 
Lagerung  der  Sinnesorgane  und  des  Nervensystems  die  innigsten  Beziehungen  zwischen  diesen  beiden 
Theilen  nachgewiesen.  Dieser  Umstand  erklärt  uns  einige  Erscheinungen  in  der  Verbreitung  und 
in  der  Entstehungsweise  der  Sinnesorgane  bei  den  höheren  Thieren.  Auch  für  diese  werden  wir, 
wie  schon  früher  bemerkt  wurde,  ein  phylogenetisches  Entwicklungsstadium  voraussetzen  dürfen, 
auf  welchem  das  an  der  Hautoberfläche  befindliche  Centralnervensystem  Vermittlungsorgan  und  Sinnes- 
organ zugleich  ist.  Durch  den  Einschluss  in  das  Mesoderm  mussten  diese  Verhältnisse  geändert 
werden ; es  mussten  diejenigen  Sinneszellen  eine  Rückbildung  erfahren,  w elche,  um  zu  functioniren, 
auf  die  Hautoberfläche  angewiesen  sind,  wie  die  Tast-,  Geruchs-  und  Geschmacksorgane;  dagegen 
brauchten  die  Seh-  und  Gehörorgane,  auch  wenn  sie  in  den  Hohlraum  eines  centralen  Nerven- 
systems mit  eingeschlossen  wurden,  nicht  notlwendigerweise  dadurch  in  ihrer  Function  geschädigt 
zu  werden.  So  sehen  wir  denn  in  der  That  auch  bei  vielen  Thieren  Auge  und  Gehörorgan  als 
ein  Theil  des  Gehirnes  selbst  entstehen.  Bei  den  Larven  der  A sei  dien  ist  an  der  Innenwand  des 
abgeschnürten  und  vorn  blasig  erweiterten  Nervenrohrs  ein  pigmentirter  Ocellus  mit  Linse  und  ein 
einfachstes  Gehörorgan  durch  Kowalewsky  (100)  und  Kupffer  (101)  nachgewiesen  worden.  Beim 
Amphioxus  (103)  findet  sich  an  gleicher  Stelle  auch  beim  envaehsenen  Thier  ein  braun  pigmentirter 
Sehfleck.  Bei  allen  Wirbelthieren  endlich  von  den  Cyclostomen  an  entwickelt  sich  das  Auge  durch 
Ausstülpung  aus  der  Vorderhirnblase.  Dies  sind  Thatsachen, . welche  wohl  für  die  Richtigkeit  der 
oben  angestellten  Reflexionen  sprechen  dürften. 

Man  hat  es  oft  als  eine  wunderbare  Erscheinung  bezeichnet,  dass  bei  den  Wirbelthieren  die 
Schichtenfolge  in  der  Retina  gerade  die  entgegengesetzte,  wie  bei  allen  übrigen  Thieren  ist.  Auch 
diese  Erscheinung  erklärt  sich  aus  dem  Lageverhältniss  des  Auges  zum  Nervensystem.  Bei  den 
Wirbelthieren  bildet  sich  das  Auge  aus  einem  Theil  derjenigen  Epithelschicht,  welche  ursprünglich 
das  Centralnervensystem,  solange  es  noch  im  Ektoderm  lagert,  als  Sinnesepithel  überzieht,  bei  den 
Wirbellosen  dagegen  entsteht  es  ausserhalb  jenes  Bezirkes.  Während  nun  bei  letzteren  die  Augen- 
anlage an  Ort  und  Stelle  in  allen  ihren  Theilen  sich  weiter  entwickelt,  indem  die  Sehzellen,  wie 
Grenaciier  (93)  bei  Arthropoden  gezeigt  hat,  in  die  Tiefe  rücken  und  andere  Zellen  desselben 
Hautbezirks  zu  Linse  und  Glaskörper  u.  s.  w.  sich  umbilden,  macht  die  Augenanlage  der  Wirbel- 
thiere  alle  jene  Lageveränderungen,  welche  das  centrale  Nervensystem  erfährt,  mit  durch  und  wird 
mit  in  die  Hirnblase  eingestülpt.  Selbstverständlich  kehren  die  Sehzellen  nach  diesem  Ortswechsel 
dem  Hirnventrikel  ihr  peripheres  Ende,  ihr  centrales  aber  der  Hautoberfläche  zu,  so  dass  jetzt  ihre 
Lage  der  ursprünglichen  gerade  entgegengesetzt  ist.  Dieses  Verhältniss  erhält  sich  nun  auch  bei 


174 


allen  ferneren  Wandlungen,  welche  das  Auge  der  Wirbel thiere  noch  durchzumachen  hat.  Während 
es  hei  den  Larven  der  Tunicaten  und  beim  Amphioxus  in  der  Hirnblasen  wandung  gelagert  bleibt, 
tritt  bei  den  Wirbelthieren , wie  wir  aus  der  Entwicklungsgeschichte  schliessen  können,  die  licht- 
empfindende Hautstrecke,  welche  durch  die  Einstülpung  zu  einem  Theil  des  Gehirns  geworden  ist, 
secundär  mit  lichtbrechenden  Medien  in  Verbindung,  die  von  anderen  Strecken  der  Hautoberfläche 
geliefert  werden.  Diese  Verbindung  kann  jetzt  nur  in  der  Weise  erfolgen,  dass  die  Retinazellen 
ihr  centrales  Ende  dem  dioptrischen  Apparat  zukehren.  Mit  einem  Wort:  Die  entgegengesetzte 
Schichtenfolge  in  der  Retina,  wie  sie  uns  bei  den  Würmern,  Arthropoden  und 
Mollusken  einerseits,  bei  den  Wirbelthieren  andererseits  entgegentritt,  wird  da- 
durch bedingt,  dass  bei  den  ersteren  alle  Theile  des  Auges:  Linse,  Glaskörper 

und  Retina  sich  aus  derselben  Ektodermschicht  durcji  Abschnürung  anlegen,  bei 
letzteren  dagegen  auf  zwei  räumlich  gesonderte  Ektodermbezirke  zurückzuführen 
sind,  die  durch  einen  complicirten  Ortswechsel  secundär  zusammengetreten  sind. 
Dieser  verschiedene  Entwicklungsmodus  erklärt  sich  wiederum  in  der  Weise, 
dass  bei  den  Wirbelthieren  das  Auge  aus  dem  Sinnesepithel  des  Centralnerven- 
systems, bei  den  meisten  Wirbellosen  ausserhalb  dieses  Bezirkes  ursprünglich 
entstanden  ist. 

ln  unseren  Schlussbetrachtungen  haben  wir  bei  Aufstellung  einer  Theorie  über  die  Genese 
des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane  theoretischen  Speculationen  vielleicht  einen  weiteren  Raum 
gewährt,  als  wohl  Manchem  bei  dem  geringen  empirischen  Material,  auf  dem  sich  einzelne  Schluss- 
folgerungen aufbauen,  gerechtfertigt  erscheinen  möchte.  Gleichwohl  glauben  wir  uns  vor  dem  Vor- 
wurf voreiliger  Verallgemeinerung  sicher.  Wir  befinden  uns  hier  auf  einem  noch  wenig  cultivirten 
Gebiet,  auf  dem  nur  von  Arbeiten,  die  mit  bestimmt  formulirten  Fragen  an  die  Aufgabe  herantreten, 
auch  unsere  Detailkenntnisse  eine  raschere  Förderung  erfahren  werden.  Die  der  Gunst  des  Zufalls 
sich  an  vertrauende  Beobachtung  wird  auf  einem  solchen  Gebiet  wie  so  häufig  über  die  wichtigsten 
Verhältnisse  hinwegsehen,  sie  wird  da,  wo  die  Schwierigkeiten  anheben,  wo  aber  zugleich  die 
interessanten  Probleme  beginnen,  halt  machen  oder  nur  allmählich  Bruchstücke  zusammenlesen,  wo 
eine  planmässige  Untersuchung  mit  geringerem  Zeitaufwand  Zusammenhänge  ermittelt.  Und  so  glauben 
wir  auch  da,  wo  wir  aus  einem  allzugeringen  Beobachtungsmaterial  falsche  Schlüsse  gezogen  haben 
sollten,  nicht  geschadet  zu  haben.  Wir  selbst  haben  an  dem  Beispiel  der  geschichtlich  so  bedeu- 
tungsvollen Neuromuskeltheorie  erfahren,  in  wie  hohem  Grade  der  Versuch,  allgemeinen  Vorstellungen 
durch  Verknüpfung  mit  empirischen  Thatsaehen  eine  bestimmtere  Gestalt  zu  verleihen,  die  Frage- 
stellung späteren  Arbeiten  erleichtert  und  auf  die  Mittel  und  Wege  zu  ihrer  Beantwortung  hinweist. 


LITERATURVERZEICHNIS. 


a.  Literatur  zum  analytischen  Tlieil. 


1 . Agassiz  , Alexander  , The  mode  of  development  of  II. 
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2.  Agassiz,  Alexander,  lllustrated  Catalogue  of  the  Museum 
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3.  Agassiz,  Louis,  Contributions  to  the  history  of  the 
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Academy  of  Arts  and  Sciences.  Vol.  IV.  T.  II.  1850. 

4.  Agassiz,  Louis,  Contributions  to  the  natural  history  of 
the  United  States  of  America.  Vol.  III.  1860.  Vol.  IV. 

1862. 

5.  Allman,  G.  James,  On  the  construction  and  limitation 
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6.  Allman,  G.  James,  Note  on  the  structure  of  certain 
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10.  v.  Beneden,  P.  J. , Memoire  sur  les  campanulaires  de 
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Brandt,  J.  F.,  Ausführliche  Beschreibung  der  von  C.  H. 
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13.  Bronn,  II.  G.,  Klassen  und  Ordnungen  des  Thierreichs. 
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14.  Busk,  George,  Observations  on  certain  points  in  the 
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17.  Claparede,  Ed.,  Beobachtungen  über  die  Anatomie  und 
Entwicklungsgeschichte  wirbelloser  Tliiere.  Leipzig  1863. 

18.  Claus,  C.,  Bemerkungen  über  Ctenophoren  und  Medusen. 
Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XIV.  1864. 

19.  Claus,  C.,  Grundzüge  der  Zoologie.  1872. 

20.  Claus,  C.,  Studien  über  Polypen  und  Quallen  der 
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T.  XII.  p.  204. 

22.  Dujardin,  F.,  Döveloppement  des  Meduses  et  des  Po- 


176 


lypes  hydraires.  Annales  d.  scienc.  nat.  Ser.  III.  T.  IV. 
p.  257. 

23.  Edwards  - Milne  , Observations  sur  la  structure  et  les 
fonctions  de  quelques  Zoophytes,  Mollusques  et  Crustacees 
des  Cötes  de  la  France.  Annales  des  scienc.  nat.  Zool. 
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30.  Forskal,  Petrus  Descriptiones  animalium  quae  in 
itinere  orientali  observavit  P.  Forskal.  Hauniae  1775. 

31.  Gaede,  H.  M.,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Physiologie 
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33°.  Gegenbaur,  C. , Versuch  eines  Systems  der  Medusen 
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33b.  Gegenbaur,  C.,  Zur  Lehre  vom  Generationswechsel  und 
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Naturwissenschaft.  Bd.  I u.  II.  1864.  1866. 

38.  Haeckel,  Ernst,  Generelle  Morphologie  der  Organismen. 
Bd.  II.  Berlin  1866. 

39.  Haeckel,  Ernst,  Ueber  die  Crambessiden , eine  neue 
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f.  wiss.  Zool.  Bd.  XIX.  1869. 

40.  Harting,  P.,  Notices  zoologiques.  Niederländisches 
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4 1 . Hensen,  V.,  Studien  über  das  Gehörorgan  der  Decapoden. 
Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XIII.  1863. 

42.  Hertwig,  Oscar  u.  Richard,  Ueber  das  Nervensystem 
und  die  Sinnesorgane  der  Medusen.  Jenaische  Zeit- 
schrift. Bd.  XI.  1877. 

43.  Hincks,  Thom.as,  History  of  the  british  hydroid  zoo- 
phytes. London  1868. 

44.  v.  d.  Hoeven,  J.,  Handbuch  der  Zoologie.  Leipzig  1850.  j 


45.  IIuxley,  Th.,  On  the  anatomy  of  the  Medusae.  Philo- 
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46.  Huxley,  Th.,  A manual  of  the  anatomy  of  invertebrated 
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47.  Keferstein,  W.  u.  Ehlers,  E.,  Zoologische  Beiträge. 
Ueber  einige  in  Neapel  und  Messina  beobachtete  Quallen. 
1861. 

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49.  Kleinenberg,  Nicolaus,  Hydra.  Leipzig  1872. 

50.  Ivölliker,  A.,  Ueber  die  Randkörper  der  Quallen,  Po- 
lypen und  Strahlthiere.  Froriep’s  neue  Notizen.  Bd.XXV. 

' S.  81.  1843. 

51.  Kölliker,  Gegenbaur,  Müller,  Berichte  über  einige 
im  Herbste  1852  in  Messina  angestellte  vergleichend 
anatomische  Untersuchungen.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool. 
Bd.  IV. 

52.  Kölliker,  A.,  Icones  histiologicae.  Leipzig  1864.  1865. 

53.  Krohn,  Aug.,  Einige  Bemerkungen  und  Beobachtungen 
über  die  Geschlechtsverhältnisse  bei  den  Sertularinen. 
Archiv  f.  Anatomie  u.  Physiologie.  1843. 

54.  Iyrohn,  Aug.,  Ueber  Podocoryna  carnea.  Archiv  f. 
Naturgeschichte.  1851.  Bd.  1. 

55.  Kroiin,  Aug.,  Ueber  die  frühesten  Entwicklungsstufen 
der  Pelagia  noctiluca.  Archiv  f.  Naturgeschichte.  1855. 
1kl.  1. 

56.  Krohn,  Aug.,  Beobachtungen  Uber  den  Bau  und  die 
Fortpflanzung  von  Eleutheria.  Archiv  f.  Naturgesch. 
Jahrg.  27.  Bd.  1.  1861. 

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1840.  T.  III.  p.  119. 

58.  Leuckart,  Ran.,  Beiträge  zur  Kcnntniss  der  Medusen- 
fauna von  Nizza.  Archiv  f.  Naturgeschichte.  185.6. 
Bd.  1.. 

59.  Leuckart,  Rud.,  Archiv  f.  Naturgeschichte.  Jahrg.  29. 
Bd.  2.  1863.  S.  232. 

60.  Leuckart,  Rud.,  Archiv  f.  Naturgeschichte.  Jahrg.  38. 
Bd.  2.  1872. 

61.  Loven,  S.  L. , Beitrag  zur  Kcnntniss  der  Gattungen 
Campanularia  und  Syncoryne.  Archiv  f.  Naturgeschichte. 
1837.  Bd.  1. 

62.  Mc.  Crady,  Description  of  Oceania  and  the  embryo- 
logical  history  of  a singulär  Medusan  larva  found  in 
the  cavity  of  its  bell.  Proceedings  of  the  Elliot  Society 
of  natural  history.  Bd.  I.  1859. 

63.  Mc.  Crady,  J.  Gymnophthalmata  of  Charleston  harbour. 
Proceedings  of  the  Elliot  Society  of  natural  history. 
Bd.  I.  1859. 

64.  Mecznikow,  Elias,  Verhandl.  der  Kaiserl.  Gesellsch. 
der  Freunde  der  Natur  in  Moscau.  T.  VIII.  S.  295  — 370. 
Beiträge  zur  Kenntniss  der  Siphonophoren  u.  Medusen 
citirt  nach:  Zool.  Jahresbericht.  Archiv  f.  Naturge- 
schichte. Jahrg.  38.  Bd.  2.  1872. 

65.  Mecznikow,  Elias,  Studien  Uber  die  Entwicklung  der 


177 


der  Medusen  und  Siphonophoren.  Zeitschr.  f.  wiss. 
Zoologie.  Bd.  24.  Leipzig  1874. 

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1779—1784.  Bd.  II.  p.  110  — 111. 

67.  Müller,  Fritz,  Polypen  und  Quallen  von  S.  Catharina. 
Archiv  f.  Naturgesch.  Jahrg.  25.  Bd.  1.  1859. 

68.  Müller,  Fritz,  Zwei  neue  Quallen  von  S.  Catharina. 
Abhandl.  der  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Halle. 
Vol.  V.  1859. 

69.  Müller,  Fritz,  Cunina  Koellikeri.  Beitrag  zur  Natur- 
geschichte der  Aeginiden.  Archiv  f.  Naturgeschichte. 
Jahrg.  27.  Bd.  1.  1861. 

70.  Müller,  Fritz,  Ueber  die  systematische  Stellung  der 
Charybdeiden.  Archiv  f.  Naturgeschichte.  Jahrg.  27. 
Bd.  1.  1861. 

71.  Müller,  Fritz,  Ueber  die  Randbläschen  der  Hydroid- 
quallen.  Archiv  f.  microsc.  Anatomie.  Bd.  1.  1865. 

72a.  Müller,  Joh.,  Ueber  die  Erzeugung  von  Schnecken  in 
Holothurien.  Archiv  f.  Anatomie  u.  Physiologie.  1852. 

72b.  Müller,  Joh.,  Ueber  eine  eigenthümliche  Meduse  des 
Mittelmeers  und  ihren  Jugendzustand.  Archiv  f.  Ana- 
tomie u.  Physiologie.  1851. 

73.  Oken,  L.,  Allgemeine  Naturgeschichte.  Bd.  V.  1835. 

74.  Quatrefages,  A.,  Memoire  sur  l’Eleutherie  dichotome, 
nouveau  genre  de  Rayonnes , voisin  des  Hydres.  An- 
nales  des  scienc.  nat.  Zool.  Ser.  2.  T.  18. 

75.  Romanes,  G.  J.,  Preliminary  Observations  on  the  loco- 
motor  System  of  Medusae.  Philosophical  Transactions 


of  the  royal  society  of  London.  Vol.  166.  part  1. 
London  1876. 

76.  Rosenthal,  F.,  Beitrag  zur  Anatomie  der  Quallen. 
Zeitschrift  f.  Physiologie  v.  Treviranus.  Bd.  I.  p.  318. 
1825. 

77.  Sars,  M. , Beskrivelser  og  Jagttagelser  over  nogle 
maerkelige  etc.  Bergen  1835.  Citirt  nach:  Archiv  f. 
Naturgeschichte.  Jahrg.  2.  Bd.  2.  1836. 

78.  Sars,  M.,  Fauna  littoralis  Norvegiae.  Heft  1.  1846. 
79a.  Schulze,  Franz  Eilhard,  Ueber  den  Bau  von  Syncoryne 

Sarsii  und  die  zugehörige  Meduse  Sarsia  tubulosa. 
Leipzig  1873. 

791'.  Schulze,  Franz  Eilhard,  Ueber  die  Cuninenknospen- 
ähren  im  Magen  von  Geryonien.  Mittheilungen  des 
Naturwiss.  Vereins  für  Steiermark.  Jahrg.  1875.  S.  125. 

80.  Semper,  Carl,  Reisebericht.  Zeitschr.  f.  wissenschaftl. 
Zool.  Bd.  XIII  u.  XIV. 

81.  v.  Siebold,  Th.,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Anatomie. 
1848. 

82.  Steenstrüp,  J.,  Ueber  den  Generationswechsel.  1842. 

83.  Tilesius,  W.  G.,  Beiträge  zur  Naturgeschichte  der  Me- 
dusen. Nova  acta,  phys.-med.  Acad.  C.  L.  Carolinae. 
Bd.  XV.  pars  II.  Bonn  1831. 

84.  Wagner,  Rudolph,  Ueber  den  Bau  der  Pelagia  noctiluca 
und  die  Organisation  der  Medusen,  zugleich  als  Prodromus 
seines  zootomischen  Handatlasses.  Leipzig  1841. 

85.  Will,  F.,  Zur  Anatomie  der  Rippenquallen.  Froriep’s 
neue  Notizen.  Nr.  599.  1843. 

86.  Will,  F.,  Horae  tergestinae.  Leipzig  1844. 


1).  Literatur  zum  Synthetischen  Theil. 


87.  von  Baer,  C.  E.,  Ueber  Entwicklungsgeschichte  der 
Thiere.  Beobachtung  und  Reflexion.  Königsberg  1828. 

88.  van  Beneden,  E.,  De  la  distinction  originelle  du  testi- 
cule  et  de  l’ovaire.  Bruxelles  1S74.  Bulletins  de 
l’Academie  royale  de  Belgique.  2mo  ser.  t.  37.  n.  5. 

89.  Brücke,  E.,  Ueber  die  mikroskopischen  Elemente,  welche 
den  Schirmmuskel  der  Medusa  aurita  bilden.  Sitzungs- 
berichte der  kaiserlichen  Academie  der  Wissenschaften. 
Matli.-naturw.  Classe.  Bd.  48.  p.  156.  1863. 

90.  Eimer,  Th.,  Zoologische  Studien  auf  Capri.  I.  Ueber 
Beroe  ovatus.  Ein  Beitrag  zur  Anatomie  der  Rippen- 
quallen. 1873. 

91.  Eimer,  Th.,  Ueber  künstliche  Theilbarkeit  und  über 
das  Nervensystem  der  Medusen.  Vortrag,  gehalten  am 
21.  September  1877  in  der  zoologischen  Section  der 
50.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte 
zu  München.  Archiv  für  mikrosk.  Anatomie.  Bd.  14. 

Heitwig,  Meduseu. 


92.  Fol,  H.,  £tudes  sur  le  developpement  des  Mollusques. 
Paris  1875. 

93.  Grenacher,  H.,  Untersuchungen  über  das  Arthropoden- 
Auge.  Beilageheft  zu  den  klinischen  Monatsblättern 
für  Augenheilkunde.  XV.  Jahrgang.  Rostock  1877. 

94.  Haeckel,  E.,  Anthropogenie.  3.  Auflage.  Leipzig  1877. 

95.  Harlers,  E.,  Wagner’s  Handwörterbuch  der  Physiologie. 
Bd.  IV.  1853.  Artikel  Hören. 

96.  Hensen,  V.,  Ueber  die  Entwicklung  des  Gewebes  und 
der  Nerven  im  Schwänze  der  Froschlarve.  Virchow’s 
Archiv.  Bd.  31.  Berlin  1864. 

97.  v.  Heider,  A.,  Sagartia  troglodytes,  ein  Beitrag  zur 
Anatomie  der  Actinien.  Sitzungsb.  der  k.  Acad.  der 
Wissenscli.  Math.-nat.  CI.  Bd.  75.  1.  Abth.  Wien  1877. 

98.  His,  W. , Untersuchungen  über  die  erste  Anlage  des 
Wirbelthierleibes.  Leipzig  1868. 


178 


99.  Kölliker,  A.,  Entwicklungsgeschichte  des  Menschen 
und  der  höheren  Thiere.  1.  Auflage.  Leipzig  1861. 

100.  Kowalevsky,  A.,  Weitere  Studien  über  die  Entwicklung 
der  einfachen  Ascidien.  Archiv  f.  mikroskop.  Anatomie. 
Bd.  VII. 

101.  Ivupffer,  C.,  Die  Stammverwandtschaft  zwischen  Asci- 
dien und  Wirbelthieren.  Archiv  f.  mikrosk.  Anatomie. 
Bd.  VI.  — Zur  Entwicklung  der  einfachen  Ascidien. 
Ebendas.  Bd.  VIII. 

102.  Merkel,  Fr.,  Tastzellen  und  Tastkörperchen  bei  den 
Hausthieren  und  beim  Menschen.  Archiv  f.  mikrosk. 
Anatomie.  Bd.  XI. 

103.  Müller,  W.,  Ueber  die  Stammesentwicklung  des  Seh- 
organs der  Wirbelthiere.  Beitr.  zur  Anatomie  und 
Physiologie  als  Festgabe  für  Carl  Ludwig.  Leipzig  1874. 

104. Remak,  R.,  Untersuchungen  Uber  die  Entwickelung  der 
Wirbelthiere.  Berlin  1855. 

105.  Schultze,  Max,  Untersuchungen  Uber  den  Bau  der 
Nasenschleimhaut.  Halle  1862. 

106.  Semper,  C. , Die  Verwandtschaftsbeziehungen  der  ge- 


gliederten Thiere.  Arbeiten  aus  dem  zoologisch  - zoo- 
tomischen  Institut  in  Wiirzburg.  Bd.  III.  Heft  2 u.  3. 
Hamburg  1876. 

107.  In  Bezug  auf  das  Nervensystem  der  Echinodermen  ver- 
weisen wir  auf : 

Greeff,  R.,  Ueber  den  Bau  der  Echinodermen. 
Vorläufige  Mittheilungen  in  den  Marburger  Sitzungs- 
berichten. 

Ludwig,  H.,  Beiträge  zur  Anatomie  der  Crinoideen. 
Zeitschr.  f.  wissenschaftl.  Zool.  Bd.  XXVIII.  Beiträge  zur 
Anatomie  der  Asteriden.  Ebendas.  Bd.  XXX. 

Teuscher,  R.,  Beiträge  zur  Anatomie  der  Echino- 
dermen. Jenaische  Zeitschrift  Bd.  X. 

108.  Balfour,  F.  M. , The  development  of  elasmobranch 
fishes.  Journ.  of  Anatomy  und  Physiology  Vol.  XI. 
(Mit  dieser  Arbeit  wurden  wir  nach  Beendigung  des 
Drucks  des  allgemeinen  Theils  bekannt  und  machen 
hier  noch  nachträglich  auf  sie  aufmerksam,  da  sich  in 
ihr  (p.  435)  eine  ähnliche  Erklärung  der  eigenthüm- 
lichen  Schichtenfolge  der  Retina  der  Wirbelthiere  findet, 
wie  wir  sic  auf  Seite  173  gegeben  haben.) 


TAFEL- ERKLÄRUNG. 


ERKLÄRUNG  DER  ABBILDUNGEN. 


Für  alle  Figuren  gelten  folgende  Bezeichnungen: 


a Sinneszellen.  Sinnesepithel, 
b Stützzellen, 
c Cuticula. 

d Ektodermzellen,  d1  der  oberen  Schirmfläche , d2  der 
unteren  Schirmfläche. 

e Entodermzellen  der  Gallerte  der  Acraspeden  und  Ento- 
dermlamelle  der  Craspedoten. 
en  Entoderm. 

f Hohlräume  in  der  Umgebung  des  Nervenrings. 
g Ganglienzellen, 
ga  Gastro vascular System, 
go  Geschlechtsorgane, 
h Hörzellen, 
hb  Hörbläschen. 

hf  Fortsätze  der  Hörzellen  der  Yesiculaten. 

hg  Hörgrube. 

hh  Hörhaare. 

hk  Hörkölbchen. 

hp  Hörpolster. 

i Tasthaare. 

k Tastkämme. 

1 Linse. 

m Muskelfibrillen,  m1  der  Subumbrella,  m2  des  Velum, 
mr  radialer  Muskelstrang, 
n Nervenstrang, 
np  Nervenpolster. 

nr  Nervenring,  nr1  oberer  Nervenring,  nr2  unterer  Ner- 
venring. 

ns  radialer  Nervenstrang, 
o Otolith. 
oc  Ocellus. 
p Pigmentzellen. 


q Sinnespolster  zwischen  zwei  Hörkölbchen  von  Aeginopsis. 
r Ringkanal,  r1  oberes  Epithel  desselben,  r2  unteres  Epi- 
thel desselben, 
rc  Centripetalkanal. 
rr  Radialkanal. 

.s  Stützlamelle, 
sb  Sinnesbucht, 
se  Sehzellen, 
sf  Sinnesfalten, 
sh  Sinneshügel, 
sk  Sinneskörper, 
sl  Sinnesläppchen, 
t Tentakeln. 

ta  Blasige  Zellen  der  Tentakelaxe. 
tb  Tentakelbasis, 
tl  Tentakellappen, 
ti  Interradiale  Tentakeln, 
tn  Nebenten takeln, 
tn 1 Nebententakeln  von  Mitrocoma. 
tr  Radiale  Tentakeln. 
tr1  Tentakelstümpfe  bei  Aequorea. 
tw  Tentakelwarzen, 
u Subumbrellapapillen. 
v Velum. 
w Nesselwulst, 
x Nesselstreifen, 
y Mantelspangen, 
z Nesselzellen. 

S Schirmsaum  der  Aeginiden. 

Sch.  Schirmscheibe  der  Aeginiden. 

<)  Deckplatte  über  den  Sinneskörpern  der  Acraspeden. 

/a  Magentasche  der  Aeginiden. 


182 


Tafel  I. 


Aeginiden : Cunina  lativentris  (Fig.  1 — G)  und  Canina  sol  maris  (Fig.  7—10). 


Fig.  1.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand.  Osm.  Alk.  Präp. 
F.  Oc.  I. 

Fig.  2.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  an  der  Ursprungsstelle 
des  Gehörorgans.  Letzteres  ist  der  ganzen  Länge  nach  ge- 
troffen, so  dass  man  das  Fädchen  sieht,  welches  die  Stützlamelle 
des  Hörkölbchens  mit  der  den  Ringkanal  umgehenden  Membran 
verbindet.  Das  Verbindungsfädchen  theilt  den  oberen  Nerven- 
ring in  zwei  Hälften.  Auch  der  Nesselstreifen  ist  vom  Schnitt 
getroffen.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  3.  Ansicht  des  Gehörorgans  nach  Behandlung  mit  dünner 
Osmiumsäure;  die  Concretionen  nach  einem  frischen  Präparat 
eingezeichnet.  F.  Oc.  I. 

Fig.  4—6.  Verschiedene  Stadien  der  Entwicklung  des  Gehörorgans 
nach  Behandlung  mit  dünner  Osmiumsäure.  Fig.  4;  Anlage 
der  Axe  des  Hörkölbchens  in  Form  eines  aus  dem  Epithel  des 


Ringkanals  hervorsprossenden  Höckers..  Fig.  5.  u.  6;  die  An- 
lage hat  sich  abgeschnürt.  F.  Oc.  I. 

Fig.  7.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand.  Osm.  Alk.  Präp. 
F.  Oc.  I. 

Fig.  8.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  an  der  Ursprungsstelle 
des  Gehörorgans;  derselbe  zeigt  im  Wesentlichen  die  gleichen 
Verhältnisse  wie  der  Querschnitt  von  Cunina  lativentris  (Fig.  2). 
Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  9.  Ansicht  des  Gehörorgans  nach  Behandlung  mit  dünner 
Osmiumsäure;  Concretion  nach  einem  frischen  Präparat  ge- 
zeichnet. F.  Oc.  I. 

Fig.  10.  Isolirte  Hörzellen  eines  in  dünner  Osmiumsäure  macerirten 
Gehörorgans;  zum  Theil  hängen  die  Zellen  noch  an  der  Cuti- 
cula fest.  Die  Hürhaare  sind  abgefallcn,  zumeist  ist  nur  ein 
Nervenfortsatz  erhalten,  bei  einer  Zelle  zwei.  F.  Oc.  I. 


Tafel  II. 

Aeainiden  und  Gervonideii. 


Fig  1 . Ansicht  des  Schirmrands  von  Liriope  im  frischen  Zustand. 
Mantelspange,  Hörbläschen  und  Tentakelbasis  sind  sichtbar. 

Fig.  2.  Gehörorgan  von  Aeginopsis  mediterranea.  Fig.  2 a.  Quer- 
schnitt durch  dasselbe;  die  Verbindung  des  Ilörkölbchens  mit 
dem  Rudiment  des  Ringkanals  ist  sichtbar  (vergl.  Fig.  2.  Taf.  I). 
Fig.  'Iß.  Macerationspräparat  in  Osmium-Essigsäure;  Nerven- 
ring und  Sinnesepithel  durch  Klopfen  entfernt,  so  dass  nur 
die  Axenzellen,  die  Anschwellung  des  rudimentären  Ringkanals, 
die  umhüllenden  Membranen  und  die  Verbindung  der  letzteren 
übrig  geblieben  sind.  F.  Oc.  I. 

Fig.  3.  Der  untere  Nervenring  von  Cunina  sol  maris  von  der 
Fläche  betrachtet  nach  Behandlung  mit  dünner  Osmiumsäure. 
Zwischen  den  grossen  Epithelzellen  der  Subumbrella  und  den 
kleinen  des  Velum  zieht  sich  ein  Strang  von  Ganglienzellen  (nr-) 
hin;  dieselben  sind  von  Epithelzellen  bedeckt;  einige  ragen  an 
den  Rissenden  hervor.  Mit  dem  unteren  Nervenring  stehen 
Ganglienzellen  (g)  der  Subumbrella  in  Verbindung.  Die  Muskel- 
fasern des  Velum  und  der  Subumbrella  sind  nicht  mit  eingezeich- 
net, ebenso  die  Kerne  der  Epithelzellen,  welche  die  Ganglien- 
zellen bedecken,  weggelassen.  D.  Oc.  11.  Fig.  3«.  Eine  Ganglien- 
zelle der  Subumbrella  bei  stärkerer  Vergrösserung.  F.  Oc.  I. 

Fig.  4.  Isolirte  Epithelzellen  vom  Hörkölbchen  von  Cunina  lati- 
ventris. Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  5.  Isolirte  Zellen  aus  dem  Nesselstreifen  von  Cunina  lati- 
ventris. « Sinneszellen,  ß Blasige  Zellen  mit  einem  oder  meh- 
reren Kernen.  F.  Oc.  I. 


Fig.  6.  Ein  Stück  des  im  Radialstrang  von  Cunina  sol  maris  ver- 
laufenden Nerven.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  7.  9.  10.  Querschnitte  durch  den  Radialstrang  von  Cunina 
lativentris.  Fig.  7 in  der  Nähe  der  Tentakelbasis;  Fig.  9 in 
der  Mitte  an  der  schmälsten  Stelle;  Fig.  10  in  der  Nähe  des 
Schirmrands.  Osm.  Alk.  Präp.  D.  Oc.  I. 

Fig.  8.  Isolirte  Sinneszellen  mit  1 — 2 Ausläufern  vom  Ringnerv 
der  Cunina  lativentris  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  11.  Querschnitt  durch  den  Radialstrang  von  Cunina  sol  maris 
in  der  Mitte  seines  Verlaufs.  Osm.  Alk.  Präp.  D.  Oc.  I. 

Fig.  12.  Macerationspräparat  des  Ringkanalrudiments  und  des 
Hörkölbchens  von  Cunina  sol  maris.  Die  den  Ringkanal  um- 
gebende Membran  hängt  mittels  eines  Stranges  mit  der  Mem- 
bran zusammen,  welche  die  zwei  Axenzellen  des  Hörkölbchens 
umschliesst;  drei  Zellen  von  der  epithelialen  Umhüllung  des 
letzteren  sind  erhalten.  F.  Oc.  I. 

Fig.  13.  Oberer  Nervenring  isolirt  mit  anhaftenden  Sinnesepithel- 
zellen von  Cunina  lativentris.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  14.  Ein  Stück  des  unteren  Nervenrings  von  Cunina  sol  maris 
isolirt;  man  sicht,  wie  die  Epithelzellen  die  unterliegenden 
Ganglienzellen  einscheiden.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  15.  Isolirte  Epithelzellen  des  unteren  Nervenrings  von  Cunina 
sol  maris.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  16.  Isolirte  Ganglienzellen  von  Cunina  sol  maris;  a aus  dem 
Nervenring;  ß aus  dem  Radialstrang.  Osm.  Essigs.  Präp. 
F.  Oc.  I. 


Tafel  III. 

Tracliynemiden  und  Aeginiden. 


Fig.  1 . Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Aglaura  hemistoma. 
Auf  dem  Schnitt  ist  das  Hörkölbchen  hk  getroffen,  das  den 
oberen  Nervenring  nr'  durch  seinen  Stiel  in  eine  obere  und 
untere  Partie  theilt.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  2.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Rhopalonema  vela- 


tum.  Auf  dem  Schnitt  ist  der  Tastkamm  k getroffen.  Osm. 
Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  das  Hörbläschen  von  Rhopalonema  vela- 
tum.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  4.  Stück  vom  Nesselwulst  von  Rhopalonema  velatum  von  der 


183 


Fläche  betrachtet.  Man  sieht  ein  in  Bildung  begriffenes  Hör- 
kölbchen hk.  Nach  kurzer  Behandlung  mit  verdünnter  Osmium- 
säure. F.  Oc.  I. 

Fig.  5.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Rhopalonema  vela- 
tum  an  der  Ursprungsstelle  eines  Tentakels.  Osm.  Alk.  Präp. 
F.  Oc.  I. 

Fig.  6.  Ansicht  vom  Hörkölbchen  von  Aeginopsis  mediterranea. 
Nach  kurzer  Behandlung  mit  verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  7.  Isolirte  Tastzellen  vom  Tastkamm  von  Rhopalonema  vela- 
latum,  an  einem  Macerationspräparat  (Osm.  Essigs.)  durch 
Abpinseln  freigelegt.  F.  Oc.  I. 

Fig.  8.  Tastzellen  vom  Tastkamm  von  Rhopalonema  velatum,  zum 
Theil  freigelegt,  zum  Theil  von  einer  Lage  platter  Epithel- 
zellen bedeckt.  Präparation  wie  in  Fig.  7.  F.  Oc.  I. 

Fig.  9.  Ansicht  von  einem  unvollkommen  geschlossenen  Hörbläs- 
chen von  Rhopalonema  velatum.  Optischer  Durchschnitt.  Nach 
kurzer  Behandlung  mit  verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  10.  Ansicht  der  Anschwellung  des  Sinnesepithels,  welche 
mitten  zwischen  zwei  Hörkölbchen  liegt;  Aeginopsis  mediter- 
ranea. Nach  kurzer  Behandlung  mit  verdünnter  Osmiumsäure. 
F.  Oc.  I. 

Fig.  11.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Aglaura  hemistoma 
an  der  Urspjungssfelle  eines  Tentakels.  Osm.  Alk. Präp.  F.Oc.  I. 

Fig.  12.  Ansicht  von  einem  Hörbläschen  von  Rhopalonema  vela- 
tum, welches  noch  eine  kleine  Oeffnung  an  seiner  freien  Fläche 
besitzt.  Optischer  Durchschnitt.  Nach  kurzer  Behandlung  mit 
verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 


Fig.  13.  Ansicht  vom  Hörkölbchen  eines  noch  wenig  entwickelten 
Rhopalonema  velatum,  nach  kurzer  Behandlung  mit  verdünnter 
Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  14.  Ansicht  vom  Hörkölbchen  von  Aglaura  hemistoma,  nach 
kurzer  Behandlung  mit  verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  15.  Schirmrand  von  Rhopalonema  velatum  mit  einem  Paar 
von  Tastkämmen  (k).  Flächenbild  eines  mit  verdünnter  Os- 
miumsäure behandelten  Präparates.  F.  Oc.  I. 

Fig.  16.  Schirmrand  von  Aglaura  hemistoma  mit  einem  Paar  von 
Tastkämmen  (k).  Flächenbild  eines  mit  verdünnter  Osmium- 
säure behandelten  Präparates.  F.  Oc.  I. 

Fig.  17.  Schirmrand  von  Rhopalonema  velatum  mit  einem  Ten- 
takel und  dem  zugehörigen  Paar  von  Tastkämmen  (k).  Vom 
Tentakel  ist  nur  die  verdickte  Basis  und  das  keulenförmige  Ende 
mit  dem  Kranz  von  Tastborsten  in  der  Figur  dargestellt. 
Flächenbild  eines  mit  verdünnter  Osmiumsäure  behandelten 
Präparates.  F.  Oc.  I. 

Fig.  18.  Isolirter  und  zum  Theil  zerzupfter  unterer  Nervenring  von 
Rhopalonema  velatum.  Macerationspräparat.  (Osm.  Essigs.) 
F.  Oc.  I. 

19.  Isolirter  und  zum  Theil  zerzupfter  oberer  Nervenring  von 
Rhopalonema  velatum.  Macerationspräparat.  (Osm.  Essigs.) 
F.  Oc.  I. 

Fig.  20.  Isolirte  Sinneszellen  vom  Sinnesepithel  des  oberen  Nerven- 
rings  von  Rhopalonema  velatum.  Macerationspräparat.  (Osm. 
Essigs.)  F.  Oc.  I. 


Tafel  IY. 

Greryoniden : Carmarina  hastata  Fig.  1 — 3,  5 — 14,  und  Glossocodon  mucronatum  Fig.  4. 


Fig.  1.  Hörbläschen  von  der  Fläche  gesehen.  Nach  Behandlung 
mit  verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  2.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand.  Osm.  Alk.  Präp.  D. 
Oc.  II. 

Fig.  3.  Hörbläschen  bei  seitlicher  Ansicht.  Nach  Behandlung  mit 
verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  4.  Hörbläschen  von  Glossocodon  mucronatum,  von  der  An- 
satzstelle des  Hörkölbchens  aus  gesehen.  Nach  Behandlung 
mit  verdünnter  Osmiumsäure.  F.  Oc.  I. 

Fig.  5.  Querschnitt  durch  den  Tentakelursprung  von  Carmarina 
hastata.  Osm.  Alk.  Präp.  C.  Oc.  II. 

Fig.  6.  Isolirtes  und  zerzupftes  Hörbläschen.  Macerationspräparat. 
(Osm.  Essigs.)  F.  Oc.  I. 

Fig.  7.  Isolirte  Hörzellen  vom  Ilörkölbchen.  Macerationspräparat. 
(Osm.  Essigs.)  F.  Oc.  I. 

Fig.  8.  Tangentialschnitt  durch  den  Schirmraud;  der  obere  Theil  | 


des  Hörbläschens  und  die  Mantelspange  (y)  sind  von  dem 
Schnitt  getroffen.  Osm.  Alk.  Präp.  D.  Oc.  II. 

Fig.  9.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand ; das  Hörbläschen  und  die 
Mantelspange  sind  vom  Schnitt  getroffen.  Osm.Alk.Präp.  D.Oc.II. 

Fig.  10.  Querschnitt  durch  den  oberen  und  unteren  Nervenring 
von  einem  mittelgrossen  Thier.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  1 1 . Querschnitt  durch  den  oberen  und  unteren  Nervenring  von 
einem  erwachsenen  Thier.  Oberer  und  unterer  Nervenring  sind 
durch  ein  Nervenfädchen  * verbunden.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  12.  Isolirte  Zellen  aus  dem  Nesselzellenwulst.  Macerations- 
präparat. (Osm.  Essigs.)  F.  Oc.  II. 

I Fig.  13.  Zwei  Ganglienzellen  aus  der  Subumbrella.  Osm.  Essigs. 
Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  1 4 . Parallel  verlaufende  Nervenfibrillen  mit  zwei  Ganglienzellen 
aus  der  Subumbrella  in  der  Nähe  eines  Centripetalkanals.  Osm. 
Essigs.  Präp.  F.  Oc.  II. 


Tafel  Y. 

Geryoniden : Carmarina  hastata.  (Macerationspräparate.  Fig.  1 — 12  in  Osmium-Essigs.,  Fig.  8b  in  Essigs.  F.  Oc.  II.) 


Fig.  1.  Radialvcrlaufendcr  Nervenstrang  aus  der  Subumbrella  am 
Rande  des  Genitalblattes. 

Fig.  2.  Oberer  Nervenring  mit  seinem  Sinnescpithel , in  situ  von 
der  oberen  Fläche  betrachtet.  Auf  der  rechten  Seite  des  Prä- 
parates ist  die  Stützlamelle  mit  den  Durchtrittsöffnungeu  für 
die  Nervenbündelchen  (*)  durch  Abpinseln  blossgelegt  worden. 

Big.  3.  Ein  Stück  Subumbrella  mit  zwei  Ganglienzellen. 

Fig.  4.  Unterer  Nervenring,  in  situ  von  der  unteren  Fläche  be- 


trachtet. Auf  der  linken  Seite  des  Präparates  ist  der  Nerven- 
ring von  einer  dünnen  Epithellage  überzogen,  rechts  ist  die 
letztere  durch  Abpinsehl  entfernt. 

Fig.  5.  Ein  Stück  Subumbrella  mit  einer  Ganglienzelle.  Das  Epi- 
thel über  derselben  ist  durch  Abpinseln  entfernt. 

Fig.  6.  Der  untere  Nervenring  isolirt  und  in  seine  einzelnen  Be- 
standteile: Nervenfibrillen,  Nervenfasern,  Ganglienzellen  (g) 
und  Sinueszellen  (a)  zerlegt. 


184 


Fig  7.  Unterer  Nervenring,  in  situ  von  der  oberen  Fläche  be- 
trachtet, nachdem  durch  Abpinseln  der  Nesselwulst  und  der 
obere  Nervenring  von  der  Stützlamclle  entfernt  sind. 

Fig.  S».  Isolirte  Sinneszellen  aus  dem  oberen  Nervenring. 

Nr.  1.  2.  8.  Beträchtlich  grosse  Sinneszellen. 

Nr.  3.  4.  5.  6.  Gewöhnliche  kleine  Sinneszellen. 

Nr.  7.  Grosse  Ganglienzelle. 

Fig.  8l>.  Isolirte  Nervenfibrillen  aus  dem  oberen  Nervenring. 


Fig.  9.  Isolirte  Stützzellen  aus  dem  Nesselzellenwulst  und  dem 
Sinuesepithel  des  oberen  Nervenrings. 

Fig.  10.  Isolirter  und  zerzupfter  oberer  Nerveuring. 

Fig.  11.  Isolirtes  und  zerzupftes  Stückchen  vom  Sinnesepithel  des 
oberen  Nervenrings  mit  einem  Theil  der  unterliegenden  Nerveu- 
tibrillen. 

Fig.  12.  Isolirtes  und  zerzupftes  Stückchen  vom  Sinuesepithel  des 
oberen  Nervenrings. 


Tafel  VI. 


Yesiculaten:  Aequorea  Forskalea. 


Fig.  1.  Querschnitt  durch  den  Nervenring,  in  dessen  unterer  Por- 
tion einige  der  starken  Nervenfasern  (*)  zum  Theil  mit,  zum 
Theil  ohne  Kerne  sichtbar  sind.  Osm.  Alk.  Priip.  F.  Oc.  I. 

Fig.  2.  Querschnitt  durch  den  Schirmraud.  Osm.  Alk  Präp.  C.  Oc.  II. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  eine  Tentakel warzc.  Osm.  Alk.  Präp. 
C.  Oc.  II. 

Fig.  4.  Macerationspräparat  (Osm.  Essigs.)  von  einem  Sinuesbläs- 
chen.  Das  Epithel  der  oberen  Seite  ist  entfernt,  das  Binuen- 
epithel  ist  etwas  zusammengcfallen,  die  Stützmembran  dadurch 
freigelegt.  Letztere  geht  in  die  Stützlamelle  des  Veluin  über. 
Vom  Binueuepithel  strahleu  Ganglienzellen  und  Nervenfasern 
aus,  welche  die  Verbindung  mit  dem  unteren  Nervenring  ver- 
mitteln. F.  Oc.  I. 

Fig.  5.  Querschnitt  durch  ein  Siuuesbläschen.  Mau  sieht  den  Zell- 
strang, der  das  Binnenepithel  mit  dem  unteren  Nervenring 
verbindet.  Die  Hörzellen  mit  den  Hörhaaren  sind  nach  dem 
nächstfolgenden  Schnitt  eingezeichnet.  Im  Epithel  des  unteren 
Nervenrings  eine  Sinneszellc  (a).  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  0.  Ganglienzellen  aus  dem  unteren  Nerveuring  durch  Macc- 
ration  in  dünner  Osmiumsäure  isolirt.  « bipolare,  ß multi- 
polare Zellen;  y breite  Fasern.  F.  Oc.  II. 

Fig.  7.  Isolirte  Epithelzcllcn , « yom  unteren  Nerveuring,  ß von 
der  Subumbrellapapillc.  Düuuc  Osmiums.  F.  Oc.  II. 

Fig.  h.  Isolirte  Sinneszelleu  « vom  unteren  Nerveuring,  ß von  der 
Subumbrellapapiile.  Dünne  Osmiums.  F.  Oc.  II. 

Fig.  9.  Ganglienzellen  der  Subumbrella;  das  Epithelhäutchcn  der 
Subumbrclla  von  der  unterliegenden  Muskelzcllenschicht  ab- 
gezogen und  von  ihrer  inneren  Seite  aus  botrachtot.  Fig.  9».  Iso- 
lirte Ganglienzellen.  Dünne  Osmiums.  F.  Oc.  II. 

Fig.  10.  Mautelraud  von  Aequorea  von  der  unteren  Seite  be- 


trachtet. Das  Velum,  welches  au  der  Linie  SS  entspringen 
und  den  oberen  Nervenring  sammt  dem  Sinnesbläscheu  ver- 
decken würde,  ist  iu  der  Zeichnung  weggelassen.  Mau  sieht 
die  vom  Epithel  bedeckte  Muskellage  der  Subumbrella  und  iu 
Folge  der  Maccration  durch  einen  Spalt  von  ihr  getrennt  den 
unteren  Nervenring,  der  gleichfalls  vom  Epithel  bedeckt  ist. 
Aus  letzterem  biegen  Nervenfasern  in  die  Subumbrella  über. 
Ferner  sieht  man  den  Zusammenhang  des  unteren  Nervenrings 
mit  dem  Binnenepithel  des  Ilörbläschens.  Osm.  Essigs.  Präp. 
D.  Oc.  II. 

Fig.  1 1 . Der  au  die  Subumbrella  grenzende  Theil  des  unteren  Nerven- 
rings bei  stärkerer  Vergrösserung;  das  ihn  bedeckende  Epithel 
auf  der  linken  Seite  der  Zeichnung  weggelassen.  F.  Oc.  I. 

Fig.  12.  Isolirte  Sinneszelleu  im  Zusammenhang  mit  den  unter- 
liegenden Nervenfasern.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  13.  Theil  eines  Querschnitts  durch  den  oberen  Nervenring. 
Zelle  für  Zelle  genau  copirt.  Man  sieht  die  Fortsätze  der 
Sinneszellcn , auf  denen  zum  Theil  noch  die  Haare  erhalten 
sind,  in  den  Nerveuring  eintreten.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  14.  Oberer  Nervenring  mit  dem  angrenzenden  Theil  des  Ve- 
lum von  der  Fläche  betrachtet.  Rechts  treten  unter  dem 
Mosaik  des  Siunesepithels  Büschel  von  Ganglienzellen  und 
Nervenfasern  hervor.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  H. 

Fig.  15.  Isolirte  Sinneszellen  vom  oberen  Nervenring,  zum  Theil 
mit  einem,  zum  Theil  mit  zwei  Ausläufern.  Osm.  Essigs. 
Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  lti.  Isolirte  Ilörzellen.  « Ansicht  von  der  Fläche,  ß seitliche 
Ansicht.  Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  17.  Isolirte  Ganglienzellen  des  oberen  Nervenrings.  Osm. 
Essigs.  Präp.  F.  Oc.  II. 


Tafel  VII. 

Yesiculaten. 


Fig.  1.  Hörbläschen  und  Tentakelbasis  von  Obelia  polystyla  nach 
Behandlung  mit  dünner  Osmiumsäure.  Concretion  nach  einem 
frischen  Präparat  eingezeichnet.  Imm.  2 Oc.  I. 

Fig.  2.  Verschiedene  Ansichten  des  Hörbläschens  einer  Obelia 
nach  Behandlung  mit  dünner  Osmiumsäure;  Concretion  nach 
einem  frischen  Präparat  eingezeichnet,  a Ansicht  von  oben 
bei  Einstellung  auf  das  Ende  der  Hörzellen ; ß Ansicht  von 
oben  bei  Einstellung  auf  halbe  Höhe;  y Ansicht  von  oben  bei 
Einstellung  auf  die  untere  Wand  der  Concrementblase;  S An-  i 
sicht  von  der  Seite.  1mm.  2 Oc.  I. 

Fig.  3 und  4.  Hörbläschen  von  Octorchis  nach  Behandlung  mit  ' 
dünner  Osmiumsäure,  bei  hervorgezogenem  Velum  von  oben  | 


betrachtet.  Fig.  3.  Optischer  Durchschnitt;  die  Concretionen 
nach  einem  frischen  Präparat  eingezcichuet.  Fig.  4.  Bei  Ein- 
stellung auf  die  proximale  Wand  des  Bläschens,  in  der  die 
Hörzellen  liegen.  F.  Oc.  I. 

Fig.  5.  Hörbläschen  von  Phialidium  mit  zwei  Concretionen  nach 
einem  frischen  Präparat.  Imm.  2 Oc.  II. 

Fig.  6.  Ganglienzellen  aus  einer  Flächenansicht  der  Subumbrella. 

von  Phialidium.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  7.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Phialidium.  Osm. 
Alk.  Präp.  Imm.  2 Oc.  II. 

Fig.  8.  Querschnitt  durch  ein  Hörbläschen  von  Phialidium.  Osm. 
Alk.  Präp.  Imm.  2 Oc.  II. 


185 


Fig.  9.  Anlage  eines  Tentakels  von  Obelia  polystyla,  nach  Behand- 
lung mit  dünner  Osmiumsäure.  Man  sieht  den  Zusammenhang 
der  Tentakelaxe  mit  den  Zellen  des  Kingkanals.  F.  Oc.  I. 

Fig.  10.  und  11.  Hörgruben  von  Mitrocoma  Annae  nach  Behand- 
lung mit  dünner  Osmiumsäure.  Fig.  10.  bei  Betrachtung  von 
oben  bei  hervorgezogenem  Yelum.  Auf  der  rechten  Seite  sieht 
man  das  Mosaik  der  blasigen  oberen  Zellen,  auf  der  linken 
Seite  bei  tieferer  Einstellung  die  Zellen  der  unteren  Seite 
1.  die  Concrementzellen , 2.  die  Hörzellen  und  3.  die  indiffe- 
renten Epithelzellen;  unter  den  Concrementzellen  entbehrt  eine 
(ol)  des  Otolithen.  Fig.  11.  Bei  Betrachtung  von  unten  bei 
hervorgezogenem  Yelum.  Letzteres,  welches  die  Zeichnung  von 
oben  bedecken  würde,  so  wie  die  distale  Wand  der  Hörgrube 
ist  weggelassen,  so  dass  man  die  Wölbung  der  Grube  auf  dem 
optischen  Durchschnitt  und  die  proximale  Wand  der  Grube 
sieht.  F.  Oc.  I.  etwas  verkleinert. 

Fig.  12.  Sinnesbläschen  von  Aequorea  Forskalea,  beider  Betrach- 
tung von  oben  nach  Behandlung  mit  dünner  Osmiumsäure.  Zwei 
Bläschen  von  einem  gemeinsamen  Epithel  bedeckt.  An  dem 
Präparate  konnte  man  sehr  deutlich  sehen,  dass  die  Hörzellen 
sich  über  die  Stelle  hinaus,  an  der  die  Hörhaare  entspringen, 
in  spatelförmige  Fortsätze  verlängern,  die  sich  zwischen  die 
Stützlamelle  und  die  Concrementzellen  eiuschieben.  Das  Prä- 
parat erhielten  wir  erst  nach  der  schriftlichen  Ausarbeitung  der 

Tafel 

Ocellaten  un< 

Fig.  1.  Ausgeschnittenes  Stück  vom  Schirmrand  von  Aurelia  aurita 
von  der  Seite  betrachtet.  Man  sieht  den  Sinneskörper  mit  den 
Sinneslappen;  * buckelförmige  Verdickung  der  Deckplatte  (5). 

Fig.  2.  Ausgeschnittenes  Stück  vom  Schirmrand  von  Aurelia  aurita 
von  der  oberen  Fläche  betrachtet.  Man  sieht  zwischen  den 
zwei  Tentakellappen  den  Sinneskörper  mit  den  Sinneslappen. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  die  untere  Wand  des  Sinneskörpers  von 
Aurelia  aurita.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  4.  Stück  eines  Querschnittes  durch  den  concrementhalligen 
oberen  Theil  und  den  Ocellus  des  Sinneskörpers  von  Aurelia 
aurita.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  1. 

Fig.  5.  Querschnitt  durch  ein  Hörbläschen  von  Octorchis.  Man 
sieht  von  innen  auf  die  Wand,  in  der  zwei  Concrementzellen 
mit  den  zugehörigen  Hörzellen  liegen.  An  den  Hörzellen  sind 
die  spatelförmigen  Fortsätze  und  deren  Lage  zum  Ursprung 
der  Hörhaare  gut  zu  erkennen.  Osm.  Alk.  Präp.  Imm.  2.  Oc.  II. 

Fig.  6.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Aurelia  aurita  an 
dem  Ursprung  des  Sinneskörpers,  welcher  der  Länge  nach  ge- 
troffen ist.  Osm.  Alk.  Präp.  A.  Oc.  I. 

Fig.  7.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Oceania  conica  an 
der  Ursprungsstelle  eines  Tentakels.  Auf  dem  Schnitt  ist  der 
Ocellus  (Oc)  getroffen.  Osm.  Alk.  Präp.  D.  Oc.  I. 

Fig.  8.  Isolationspräparat  vom  Ocellus  von  Oceania  conica;  hach 
Behandlung  mit  0,2°,’o  Essigs.  F.  Oc.  II. 

Fig.  9.  Isolationspräparate  vom  Ocellus  von  Lizzia  Koellikeri;  nach 
Behandlung  mit  0,2  °/o  Essigs.  F.  Oc.  II. 


Beschreibung  (S.  89) ; die  daselbst  vermuthungsweise  geäusserte 
Ansicht  vom  Bau  der  Hörzellen  hat  sich  somit  bestätigt.  F.  Oc.  I. 

Fig.  13.  Querschnitt  durch  das  Hörbläschen  von  Octorchis.  Osm. 
Alk.  Präp.  F.  Oc.  I. 

Fig.  14.  Querschnitt  durch  die  Hörgrube  von  Mitrocoma.  Osm. 
Alk.  Präp.  D.  Oc.  I. 

Fig.  15.  Hörbläschen  von  Phialidium  nach  Behandlung  mit  dünner 
Osmiumsäure  von  oben  gesehen.  F.  Oc.  II. 

Fig.  16.  und  17.  Hörbläschen  von  Eucheilota  behandelt  und  ge- 
zeichnet wie  die  von  Octorchis  (Fig.  3.  und  4.)  F.  Oc.  I. 

Fig.  IS.  Theile  des  Nervenrings  von  Mitrocoma  Annae;  a.  aus 
dem  oberen,  ß.  aus  dem  unteren  Nervenring.  F.  Oc.  II. 

Fig.  19.  Theil  einer  Hörgrube  von  Mitrocoma  Annae  von  oben 
gesehen  bei  Einstellung  auf  das  Ende  der  Hörzellen,  nach  Be- 
handlung mit  dünner  Osmiumsäure,  mit  eingezeichneten  Con- 
cretionen.  F.  Oc.  I. 

Fig.  20.  a.  Die  mit  den  Hörzellen  abschliessende  Sinneszellen- 
schicht, welche  die  proximale  Seite  der  Hörgrube  bedeckt,  im 
Zusammenhang  durch  Zerzupfen  abgelöst,  ß.  Isolirte  Hörzellen. 
Osm.  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  21.  Ganglienzellen  aus  der  Subumbrella  von  Octorchis  aus 
einem  Flächenbild  der  Subumbrella.  Osm.  Alk.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  22.  Concrementzelle  von  Aequorea  Forskalea.  F.  Oc.  I. 

VIII. 

Acraspeden. 

Fig.  10.  Ocellus  von  Lizzia  Koellikeri  von  der  Seite  gesehen;  nach 
Behandlung  mit  verdünnter  Osm.  F.  Oc.  II. 

Fig.  11.  Querschnitt  durch  den  Schirmrand  von  Lizzia  Koellikeri. 
Osm.  Präp.  D.  Oc.  I. 

Fig.  12».  Isolirte  Ganglienzelle  von  der  Tentakelbasis  von  Lizzia 
Koellikeri  (0,2  °/o)  Essigs.  Präp.  F.  Oc.  II. 

Fig.  12i>.  Isolirte  Ganglienzelle  aus  der  Subumbrella  von  Lizzia 
Koellikeri.  Macerationspräparat.  Osm.  Essigs.  F.  Oc.  II. 

Fig.  12c.  Isolirte  Nervenfibrillen  mit  Ganglienzellen  aus  dem  obe- 
ren Nervenring  von  Lizzia  Koellikeri.  Macerationspräparat. 
(Osm.  Essigs.)  F.  Oc.  II. 

Fig.  13.  Isolirter  und  zerzupfter  oberer  Nervenring  mit  Sinnes- 
epithel von  Lizzia  Koellikeri.  Macerationspräparat  (Osm.  Essigs.) 
F.  Oc.  II. 

Fig.  14.  Ein  Stückchen  Subumbrella  mit  zwei  Ganglienzellen  aus 
der  Gegend  des  Radialkanals;  die  quergestreifte  Ringmuskel- 
schicht ist  zum  Theil  von  der  Epithelschicht  durch  Zerzupfen 
entfernt.  Macerationspräparat.  (Osm.  Essigs.)  F.  Oc.  H. 

Fig.  15.  Ein  Tentakelbüschel  von  Lizzia  Koellikeri  von  der  unte- 
ren Fläche  betrachtet.  Die  Tentakeln  sind  dicht  oberhalb  des 
Ocellus  (Oc)  abgeschnitten.  Nach  Behandlung  mit  verdünnter 
Osmiumsäure. 

Fig.  16.  Ringmuskelschicht  der  Subumbrella  von  Lizzia  Koellikeri. 
Macerationspräparat.  (Osm.  Essigs.)  F.  Oc.  II. 

Fig.  17.  Isolirte  Muskelzellen  von  der  Tentakelbasis  von  Lizzia 
Koellikeri;  nach  Behandlung  mit  0,2  °/o  Essigs.  F.  Oc.  II. 


Tafel  IX. 


Acraspeden. 


Fig.  1.  Sinneskörper  einer  Ephyra  von  Pelagia.  Osm.  F.  Oc.  I. 
Fig.  2.  Längsschnitt  durch  den  Sinneskörper  von  Nausithoe  albida. 
Osm.  F.  Oc.  I. 

Fig.  3.  Randlappen  einer  Ephyra  von  Pelagia.  C.  Oc.  II. 

Hertwig,  Medusen. 


Fig.  4.  Sinnesbucht  mit  Sinneskörper  einer  Pelagia  noctiluca. 
A.  Oc.  I. 

Fig.  5.  Sinneskörper  von  Nausithoe  albida  von  der  ventralen  Fläche 
betrachtet.  Osm.  F.  Oc.  I. 


24 


186 


Fig,  6.  Längsschnitt  durch  den  Sinneskörper  von  Pelagia.  A.  Oc.  1. 

Fig.  7.  Isolationspräparat  vom  Sinnesepithel  des  Randkörpers  der 
Pelagia.  Osm.  Essigs.  F.  Oc.  II. 

Fig.  8.  Isolirte  Sinneszellen  aus  dem  Epithel  der  Sinneskörper 
von  Pelagia.  Osm.  Essigs.  F.  Oc.  II. 

Fig.  9.  Sinneskörper  von  Charybdea  marsupialis  (nach  Gegenbaue) 
bei  stärkerer  Vergrösserung. 

Fig.  10.  und  11.  Isolirte  Sinneszellen  vom  Sinneskörper  der  Nau- 
sithoe albida.  Essigsäurepräparat.  F.  Oc.  II. 


Fig.  12.  Sinnesepithel  vom  Sinneskörper  der  Pelagia.  Macerations- 
präparat.  Osm.  Essigs.  F.  Oc.  II. 

Fig.  13.  Isolirte  Zellen  aus  dem  Ocellus  von  Nausithoe.  Mace- 
rationspräparat.  Osm.  Essigs.  F.  Oc.  II. 

Fig.  14.  Sinneskörper  von  Charybdea  marsupialis  (nach  Gegen- 
bauk)  bei  schwacher  Vergrösserung. 

Fig.  15.  Situspräparat  vom  Sinneskörper  der  Phacellophora  camt- 
schatica  bei  schwacher  Vergrösserung. 


Tafel  X. 


Schematische  Flächenbilder  vom  Schirmrand  der  untersuchten  Medusen  bei  Betrachtung  von  oben.  Das  Yelum 
ist  überall  nach  aussen  geschlagen.  Der  jeder  Figurenerklärung  beigefügte  Bruch  bezeichnet  die  Grösse  des  vom 

Schirmrand  dargestellten  Theils. 


Fig. 

1. 

Rhopalonema  velatum.  (‘/O 

Fig. 

11. 

Octorchis  Gegenbauri.  (l/a) 

Fig. 

2. 

Aglaura  hemistoma.  (lji) 

Fig. 

12. 

Oceania  conicä.  (74) 

Fig. 

3. 

Carmarina  hastata.  (>/«) 

Fig. 

13. 

Eucheilota.  (‘/s) 

Fig. 

4. 

Cunina  lativentris.  (‘/i  2) 

Fig. 

14. 

Aurelia  aurita  nach  L.  Agassiz. 

(7<) 

Fig. 

5. 

Aeginopsis  mediterranea.  ('/*) 

Fig. 

15. 

Ephyra  von  Pelagia  noctiluca. 

Fig. 

6. 

Cunina  sol  maris.  (‘/ta) 

Fig. 

16. 

Phacellophora  camtschatica.  (70 

Fig. 

7. 

Obelia  polystyla.  0/4) 

Fig. 

17. 

Nausithoe  albida.  ( 74 ) 

Fig. 

8. 

Mitrocoma  Annae.  (7«) 

Fig. 

18. 

Pelagia  noctiluca.  (74) 

Fig. 

9. 

Aequorea  Forskalea.  (l/so) 

Fig. 

19. 

Aurelia  aurita  auf  einem  älteren 

Ephyrastadium  nach 

Fig. 

10. 

Phialidium  viridicans.  (70 

L. 

Agassiz.  (74) 

Die  Bezeichnungen  der  Linsen  beziehen  sich  auf  ZEiss’sche  Systeme. 


Druck  Ton  J.  B.  Hirsch feld  in  Leipzig. 


Tat .1. 


Verldg  von  F.  C.W. Vogel  in  Leipzig. 


Intli  Änst.v.  S-  AFunk , Leipzig. 


Fi«.  1 


EC.V'Vogclm 


Taf.  IV. 


Kgl. 


IW. 


1*1. 


V.-rhfr,  : Fl'!'  V„grl 


Taf.Y 


Vertag  von  P.  C. Vf.  Vogel  in  Loip&ig.  M.A».  t v.K.A  Jm.l'e , h.-\? 


Taf.  VIL 


He.  I. 


Kg.  10. 


Fig;15. 


\6rh*  V.111  r.fi.w.YnM 


Taf  VH. 


Verlag  von  T.  (’.WTogol : 


Taf.IX. 


Uthjtast.vI’.A.}